In Namibia wird die sexuelle Orientierung, darunter auch Homosexualität, von Menschen in Beruf und Beschäftigung rechtlich durch ein allgemeines Verbot von Diskriminierung laut der namibischen Verfassung geschützt. Dieses wurde seit Ende der 1990er Jahre in mehreren Gerichtsfällen anders entschieden.

Gesellschaftliche Situation

Homosexualität ist in Namibia weiterhin in Teilen der Gesellschaft tabuisiert, findet aber in der Öffentlichkeit in den letzten Jahren (Stand 2017) mehr Gehör. So sind mittlerweile öffentliche Umzüge von Schwulen und Lesben akzeptiert. Die Niederländisch-reformierte Kirche hat im November 2016 zur Gleichbehandlung Homosexueller aufgerufen. Im Afrobarometer äußerte 2016 eine Mehrheit von 55 % der Namibianer, kein Problem mit Homosexualität zu haben und homosexuelle Nachbarn zu akzeptieren, eine der tolerantesten Haltungen aller afrikanischen Staaten.

Eine homosexuelle Community gibt es nur in kleinem Umfang in der Hauptstadt Windhoek und anderen Orten. Dort sind LGBT-Organisationen wie Rainbow Project tätig. Erste große Veranstaltungen mit mehr als 500 Teilnehmern fanden im Juli 2005 in Windhoek statt. 2009 fand in Namibia die erste Demonstration für die Rechte homosexueller Menschen in Keetmanshoop statt.

Rechtslage

Homosexuelle Handlungen von Männern (Sodomie) ist, auf Grundlage eines Gesetzes aus der Apartheidsära, verboten. Sie werden seit mindestens Mitte der 1990er Jahre nicht mehr strafrechtlich verfolgt.

Gleichgeschlechtliche Paare werden weder im Wege der Eingetragenen Partnerschaft noch im Rahmen einer Gleichgeschlechtlichen Ehe anerkannt. Ein Präzedenzfall in diesem Zusammenhang (in welchem es aber nur um im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen geht) beschäftigt seit Ende 2017 die namibischen Gerichte, und wurde am 20. Januar 2022 vom High Court entschieden. Es lehnte die Anerkennung aufgrund einer Verfassungsgerichtsentscheidung aus dem Jahr 2001 ab (siehe Liz Frank). Die drei Richter betonten aber zugleich, dass man mit dem Urteil unglücklich sei.

Gesetzesänderungen wurden Mitte 2023 auf den Weg gebracht, die eine höchstrichterliche Entscheidung revidieren sollen. Demnach werden gleichgeschlechtliche Ehen und Partnerschsaften, auch wenn sie im Ausland geschlossen wurden, ausdrücklich nicht anerkannt.

Entwicklung seit 2021

Seit April 2021 kommt es zu großer Aufmerksamkeit dieser Thematik, ausgelöst durch mehrere Klagen gegen die Gesetzgebungen. Die Justizministerin Yvonne Dausab stellte im Mai 2021 die Abschaffung in Aussicht. Die Jugendliga der Regierungspartei SWAPO sowie der Ältestenrat sprachen sich vehement und deutlich gegen Homosexualität aus. Es fielen Worte wie „satanisch“ und „dämonisch“. Wie auch vielfach die Medien behaupteten diese, dass Homosexualität in Namibia illegal sei, was faktisch falsch ist. Die SWAPO-Führung wollte sich in dem Zusammenhang zu der Thematik nicht offiziell äußern.

Am 26. Mai 2021 wurde die Abschaffung der Gesetzgebungen zur Sodomie und unnatürlichen sexuellen Handlungen offiziell empfohlen.

Im November 2021 sorgte Ex-Jugendminister Jerry Ekandjo für Aufregung, nachdem er eine Legalisierung u. a. der Homosexualität in Namibia strikt ablehne. So etwas gehöre nicht in das Land und habe keinen Platz in der Gesellschaft, betonte Ekandjo. Es gab gegen seine Äußerung massive Kritik.

Das namibische Verfassungsgericht hat im Mai 2023 erstmalig zwei im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen anerkannt und damit die Entscheidung des High Court aufgehoben. Standesämter müssen bestehende Ehen anerkennen, wenn diese legal im Ausland geschlossen wurden. Vor allem Stimmen aus der Politik gegen dieses Urteil wurden anschließend laut. Premierministerin Saara Kuugongelwa-Amadhila kündigte Anfang Juni 2023 an, dass man gesetzlich schnellstmöglich ein Verbot von homosexuellen Ehen umsetzen wolle. Dafür habe man eine Lücke in der Verfassung entdeckt. Zwei dementsprechende Änderungsvorschläge für Gesetze wurden im Juli 2023 auf den Weg gebracht und von der Nationalversammlung am 11. Juli 2023 verabschiedet. Demnach bestehe eine Ehe immer zwischen Partner unterschiedlichen Geschlechts und die Anerkennung oder Verheiratung gleichgeschlechtlicher Partner werde ausdrücklich verboten. Das Gesetz wurde zum 19. Juli 2023 von beiden Kammern des Parlaments verabschiedet.

Siehe auch

Literatur

  • Suzanna LaFont und Dianne Hubbert: Unravelling Taboos – Gender and Sexuality in Namibia, Legal Assistance Centre, Windhoek 2007. (online abrufbar unter www.lac.org.na; PDF; 2,8 MB)

Einzelnachweise

  1. Disability Rights Education and Defense Fund: Affirmative Action and Complaints in Relation to unfair discrimination or harrassment (Memento des Originals vom 22. Dezember 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (englisch)
  2. Für Toleranz und Respekt: In Swakopmund wehen Regenbogen-Flaggen. Allgemeine Zeitung, 13. Dezember 2017.
  3. Homosexuelle gleich vor Gott. Allgemeine Zeitung, 11. November 2016.
  4. Colin Stewart: Africa’s most and least homophobic countries. Afrobarometer, 9. März 2016, abgerufen am 29. November 2021.
  5. BBC: Namibia gay rights row, 2. Oktober 2000
  6. Washington Post: Namibia Chips Away at African Taboos on Homosexuality, 24. Oktober 2005 (englisch)
  7. Rainbow Project will Massen erreichen, Allgemeine Zeitung, 8. Juli 2005 (Memento vom 9. März 2012 im Internet Archive)
  8. 365gay: Namibia city hosts first gay rights march (Memento vom 6. September 2009 im Internet Archive)
  9. Sodomy law in Cabinet's hands. The Namibian, 18. Mai 2021.
  10. Testfall beschäftigt Gericht. Allgemeine Zeitung, 15. Dezember 2017.
  11. Gericht lehnt Anerkennung gleichgeschlechtlicher Paare ab. Hitradio Namibia, 20. Januar 2022.
  12. We cannot police people's sex lives – Dausab. The Namibian, 27. Mai 2021.
  13. SPYL goes after 'satanic' homosexuals. The Namibian, 21. Mai 2021.
  14. God created Adam and Eve, says Swapo Elders Council. Informanté, 31. Mai 2021.
  15. Shaningwa sweeps away gay debate. The Namibian, 26. Mai 2021.
  16. LRDC highlights its achievements,26 May 2021. Parliament of the Republic of Namibia, 26. Mai 2021.
  17. Ekandjo lashes out at gay marriage, abortion and dagga. The Namibian, 17. November 2021.
  18. Ekandjo faces gay marriage, abortion and dagga storm. The Namibian, 18. November 2021.
  19. Namibia recognises same-sex marriages concluded abroad with foreign spouse. In: France 24. 16. Mai 2023, abgerufen am 16. Mai 2023 (englisch): „Namibia's Supreme Court on Tuesday recognised same-sex marriages contracted abroad between citizens and foreign spouses, a landmark ruling in a country where homosexuality is illegal. The decision overturns a ruling reached last year by the High Court, which refused to accept same-sex marriages concluded outside Namibia.“
  20. Politicians rise up against same-sex marriage. The Namibian, 22. Mai 2023.
  21. ‘Marriage is between a man and a woman’. In: The Namibian, 7. Juni 2023, Ausgabe 37, Nr. 187, S. 1 f.
  22. Swapo backs Ekandjo’s anti-same sex bill. The Namibian, 9. Juli 2023.
  23. Ekandjo’s anti-gay marriage bills sail through National Council. The Namibian, 19. Juli 2023.
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