Die Hungersnot im Libanon von 1916 bis 1918 war die Folge des Ersten Weltkrieges sowie in geringerem Ausmaß des hohen Spezialisierungsgrades der damaligen libanesischen Landwirtschaft, welche z. B. in Weinbau und Seidenraupenzucht bestand, während Grundnahrungsmittel importiert wurden.
Während des Ersten Weltkrieges wurde die von 1860 bis 1915 autonome osmanische Provinz Libanonberg durch türkische und deutsche Truppen militärisch besetzt. Gleichzeitig verhängten die Entente-Mächte eine Seeblockade über die osmanische Küste.
Infolge der Seeblockade und Requirierungen von Lebensmitteln der im Libanon operierenden deutschen und türkischen Heeresverbände kam es im Libanon zu Hungersnöten und Seuchen, in deren Folge ca. 100.000 der damals in der Provinz lebenden 450.000 Menschen, vor allem Christen, umkamen.
Während die deutschen Stellen dem Schicksal der Libanesen weitgehend tatenlos zusahen (die orientalisch aussehenden, aber überwiegend Französisch sprechenden und katholischen „Levantiner“ waren der protestantisch-preußisch dominierten deutschen Elite suspekt) kam es vor allem in den Vereinigten Staaten zu gewaltigen Protestaktionen, die u. a. von libanesischen Emigranten wie Khalil Gibran organisiert wurden. Viele Libanesen wanderten in dieser Zeit aus, vor allem in die USA, Kanada, Lateinamerika, Australien und nach Südafrika. Heute gibt es weltweit allein ca. sechs Millionen aus dem Libanon abstammende Maroniten. Gleichzeitig kam es zur Einwanderung von mehreren hunderttausend Armeniern, die vor allem im Beiruter Stadtteil Bourj Hammoud leben.
Ein deutscher Augenzeuge der damaligen Ereignisse war der von 1917 bis 1918 in Baalbek tätige Archäologe Theodor Wiegand.
Literatur
- Gerhard Wiegand (Hrsg.): Halbmond im letzten Viertel. Briefe und Reiseberichte aus der alten Türkei von Theodor und Marie Wiegand 1895 bis 1918. München 1970 (enthält Tagebuchaufzeichnungen des Archäologen Theodor Wiegand, der 1917–18 die Ausgrabungen in Baalbek leitete, über die libanesische Hungerkatastrophe 1916–18)