Infinitesimal (lateinisch infinitus, „unbegrenzt, unbestimmt“) ist in der Mathematik eine mathematische Größe, die gegen Null geht, aber nicht identisch Null ist.

Allgemeines

Infinitesimal ist eine „ins unendlich Kleine gehende“ stetige reelle Variable oder Größe. Nähert sich eine stetige reelle Variable oder Größe einem Grenzwert infinitesimal an, so wird der Betrag der Differenz zwischen variablem und festem Wert unendlich klein. Er geht gegen null, ist aber nicht identisch null.

Formale Definition

Eine Zahl ${\displaystyle s\in \mathbb {R} ^{*}}$ (kurz ${\displaystyle s\sim 0}$) heißt infinitesimal, falls sie für alle Standard ${\displaystyle r,r'}$ mit ${\displaystyle r<0}$ und ${\displaystyle 0>r'}$ die Bedingung ${\displaystyle r<s<r'}$ erfüllt.

Mathematik

Seine Hauptbedeutung hat der Begriff im Zusammenhang mit der Infinitesimalrechnung und der darauf aufbauenden Darstellung vieler physikalischer Gesetze. Der Umgang mit infinitesimal kleinen Größen wie ${\displaystyle \mathrm {d} x}$ hat historisch zu Problemen geführt, die durch den strengen Aufbau der Analysis behoben wurden. Wenn man sagt, ein Körper der Geschwindigkeit ${\displaystyle v}$ lege in der infinitesimalen Zeit ${\displaystyle \mathrm {d} t}$ die Strecke ${\displaystyle \mathrm {d} x=v\,\mathrm {d} t}$ zurück, so ist gemeint, dass der Aufenthaltsort ${\displaystyle x}$ eine Funktion der Zeit ${\displaystyle t}$ ist, deren Ableitung an einer betrachteten Stelle gerade ${\displaystyle v}$ ist, das heißt ${\displaystyle v={\tfrac {\mathrm {d} x}{\mathrm {d} t}}}$, und das ist nichts weiter als die Definition der Momentangeschwindigkeit. Die Schreibweise suggeriert, dass man die Gleichung ${\displaystyle \mathrm {d} x=v\,\mathrm {d} t}$ mittels Division durch ${\displaystyle \mathrm {d} t}$ nach ${\displaystyle v}$ aufgelöst habe. Solange klar bleibt, welche Grenzprozesse dahinterstecken, treten keine Probleme auf.

Weitere Wissenschaften

In der Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre gibt es eine Vielzahl von betriebswirtschaftlichen oder volkswirtschaftlichen Kennzahlen, die mit infinitesimalen Geld- oder Mengeneinheiten rechnen. Hierzu gehören insbesondere Grenzertrag, Grenzkosten, Grenznutzen, Grenzprodukt, Grenzproduktivität oder Grenzsteuersatz. So sind Grenzkosten die Kosten, die durch die Produktion einer zusätzlichen, infinitesimal kleinen Mengeneinheit eines Produktes oder einer Dienstleistung entstehen. Das gilt auch für Elastizitäten. So ist beispielsweise die Nachfrageelastizität die relative Änderung der nachgefragten Menge bezogen auf eine relative, (infinitesimal) kleine Änderung des Preises oder eine (infinitesimal) kleine Änderung des Einkommens.

Eine infinitesimal kleine Geldeinheit ist beispielsweise 1 Eurocent, eine infinitesimal kleine Mengeneinheit ist 1 Stück. Beide Einheiten sind im Hinblick auf ihre Handelbarkeit nicht mehr teilbar.

Siehe auch

• Infinitesimalzahl

Weblinks

Einzelnachweise

1. ↑ Ursula Hermann, Knaurs etymologisches Lexikon, 1983, S. 214; ISBN 3-426-26074-3
2. ↑ Ziya Sanal, Mathematik für Ingenieure: Grundlagen, Anwendungen in Maple und C++, Vieweg+Teubner, 2. Auflage, 2009, S. 205; ISBN 978-3-658-10641-6
3. ↑ Guido Walz, Lexikon der Mathematik, Band 4, 2017, S. 65
4. ↑ Thieß Petersen, Mikroökonomie Schritt für Schritt, 2021, S. 24
5. ↑ Springer Fachmedien Wiesbaden (Hrsg.), Kompakt-Lexikon Wirtschaftstheorie, 2013, S. 267