Der Jüdische Friedhof Twistringen ist ein einigermaßen gut erhaltener jüdischer Friedhof in Twistringen (Landkreis Diepholz, Niedersachsen). Er ist ein geschütztes Kulturdenkmal.
Beschreibung
Der ca. 600 m² große Friedhof liegt nördlich vom Kernbereich Twistringen an der Straße „Zur Poggenmühle“. Der Friedhof liegt an der Straße nach Binghausen inmitten von Feldern am Rand eines Gehölzes.
Insgesamt sind 47 sehr unterschiedlich gestaltete Grabsteine bzw. Grabstein-Reste (Bruchstücke, Sockel, Torsen) vorhanden. Zum großen Teil handelt es sich um ausgesprochen schöne und künstlerisch gestaltete Grabsteine, die Zeugnis ablegen vom künstlerischen Gestaltungswillen und von der künstlerischen Gestaltungsfähigkeit des jeweiligen Steinmetzen. 46 Grabsteine bzw. deren Reste kennzeichnen jüdische Grabstellen.
Ein Grabstein aus (Granit) mit der Inschrift „Drei Russische Kriegsgefangene“ markiert ein Sammelgrab aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs für drei sowjetische Zwangsarbeiter.
Geschichte
Ihren Friedhof in der Nähe der Straße nach Harpstedt muss die kleine jüdische Gemeinde, zu der auch die Juden aus Heiligenloh und Ehrenburg gehörten, vor 1805 eingerichtet haben. Zwar dokumentiert der älteste datierbare Grabstein eine jüdische Bestattung erst im Jahr 1839. Aber schon auf einer Karte aus dem Jahr 1805 (von Lecoq) ist der Twistringer Jüdische Friedhof als „Juden-Kirchhof“ eingezeichnet.
Die letzte jüdische Bestattung auf dem Twistringer Friedhof fand 1939 statt. Der jüngste jüdische Grabstein dokumentiert allerdings das Todesjahr 1935.
Zerstörungen
Der Twistringer Jüdische Friedhof ist ein Beispiel für größere Zerstörungen, für Vandalismus und Grabschändungen. Derartige Vorfälle gab es am 23. Juni 1983 und am 21. Juli 1983. Auffallend ist die hohe Zahl an beschädigten oder zerstörten Grabsteinen, die nicht mehr reparabel sind:
- ein Grabstein wurde aus den nur teilweise aufgefundenen Bruchstücken wieder zusammengesetzt
- drei Grabplatten sind durchgebrochen, es ist nur noch ein Teil der Inschrift vorhanden
- bei neun Grabsteinen wurden die oberen Teile abgebrochen, sodass nur noch „Stümpfe“, Sockel oder gar nur kümmerliche Reste im Untergrund vorhanden sind
- zwei Inschriftenplatten fehlen
- vier Grabsteine wurden durchgebrochen; sie ließen sich wieder – ohne dass die Beschädigungen größere Spuren hinterlassen haben – zusammenfügen (Bruchkanten bleiben sichtbar)
Literatur
- Lydia Funke-Westermann u. Friedrich Kratzsch: Geachtet und Geächtet. Twistringen und seine Juden 1933–1943. Harpstedt 1985; 2., überarbeitete Auflage 1990, 62 S.
- Heinz-Hermann Böttcher: Der Jüdische Friedhof in Twistringen – Dokumentation. (Typoskriptdruck im Eigenverlag), Syke 2003, 120 S.
- Nancy Kratochwill-Gertich u. Antje C. Naujoks: Twistringen. In: Herbert Obenaus (Hrsg. in Zusammenarbeit mit David Bankier und Daniel Fraenkel): Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Band 1 und 2 (1668 S.), Göttingen 2005, S. 1475–1482
Weblinks
- Twistringen. In: Übersicht über alle Projekte zur Dokumentation jüdischer Grabinschriften auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland; hier: Niedersachsen
- Twistringen. In: Jüdische Regionalgeschichte im Landkreis Diepholz.
- darin: Jüdischer Friedhof Twistringen, (rechte Spalte, links, 2. von oben)
- Verdener Familienforscher e.V.: Friedhof der Synagogengemeinde Twistringen
Koordinaten: 52° 48′ 46,5″ N, 8° 38′ 34,7″ O