Jürgen Gerner (* 29. Juli 1952 in Hagenow) ist ein deutscher Ingenieur sowie Maler und Grafiker. Er war bei der Modernisierung der leistungsstärksten Rangierbahnhöfe der maßgebende zulassende Ingenieur. Seine amtlichen Zulassungen für Rangiertechnische Einrichtungen werden in der EU und Russland bis heute genutzt.
Leben
Der Sohn des Piloten und Reichsbahnangestellten Kurt Gerner und dessen Frau Else, geb. Schmidt, wohnte seit August 1952 in Schwerin und absolvierte hier eine zehnklassige polytechnische Schulbildung. Er lernte ab 1969 im Bahnbetriebswerk Schwerin und studierte Schienenfahrzeugtechnik, mit der Unterbrechung für die Ableistung des Wehrdienstes, bei der Deutschen Reichsbahn bis 1980 an der Ingenieurschule für Verkehrstechnik Dresden. Sein erstes hauptsächliches Arbeitsgebiet war die Rangiertechnik der Reichsbahndirektion Schwerin. Er wurde von der Zentrale der Reichsbahn durch die Präsidentin zum Sekretär der Kontrollgruppe für Rangiertechnik berufen; in dieser Funktion übernahm er auch die Rangieranlagen der Rbd Greifswald mit dem Breitspurgüterbahnhof Mukran auf Rügen. Der Schienengüterverkehr der DDR in den 1980er Jahren hatte ein extrem hohes Verkehrsaufkommen in den modernen automatisierten Rangierbahnhöfen. Um dieses Aufkommen zu bewältigen, wurden bei der DR autokratische Strukturen eingeführt. Er war Fachvorgesetzter der Gleisbrems- und Rangiertechnik im Norden der DR und arbeitete mit der VES-M Halle zusammen. 1989 und 1990 war er im Neuen Forum aktiv und Mitglied des Runden Tisches der Rbd. 1990 kam die Gleichstellung zu den Ingenieuren in den alten Bundesländern mit dem Titel Dipl.-Ing.(FH). Er wurde von den Fachdiensten der Deutschen Bundesbahn, dem BZA in München und Minden eingeladen, sie stellten ihm die westdeutsche Gleisbremstechnik vor. Jürgen Gerner wurde danach als Typzulasser für Rangier- und Wägetechnik im alten Bundesgebiet angefordert. Von 1995 bis 2015 arbeitete er beim Eisenbahn-Bundesamt. In Deutschland war er der Ingenieur, der die maschinentechnische Rangiertechnik der nun vereinten Deutschen Bahnen nach den neuen europäischen Normen zuließ. Die Typzulassungen waren eine Voraussetzung, die Rangierbahnhöfe mit neuer innovativer Rangiertechnik auszurüsten und umzubauen – meistens Investitionen in Höhe zwei bis dreistelliger Millionen-Euro-Beträge. Bei der Bundesbahn gab es zuvor keine typzugelassene Rangiertechnik. Ab 1998 wurden unter seiner Direktive die Fachausdrücke, die betriebsdienstlichen und maschinentechnischen Dienstvorschriften, Richtlinien, Lastenhefte, Zulassungen, Abnahmen und Erprobungen der Rangiertechnik der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Bundesbahn vereinheitlicht und in ein neues Regelwerk der Deutschen Bahn AG überführt. Gerner war Mitglied in der Zentralen EBA-Gutachterkommission für RTE, seine Zulassungen wurden international anerkannt. Er regte bei der DB Netz AG die Durchführung eines internationalen Symposiums zur Rangiertechnik an. Bis heute wird es zweijährig unter Beteiligung von europäischen Bahngesellschaften, der Bahnindustrie und europäischen Universitäten mit Lehrstühlen für Verkehrstechnik in München durchgeführt. In Mecklenburg-Vorpommern kontrollierte Gerner die Sicherheit der Infrastruktur der Bahnanlagen. Er ist verheiratet mit Gesine Gerner, geb. Handorf, sie haben zwei Söhne.
Namenforschung und Gerner-Wappen
Als Namenforscher des Nachnamens Gerner und ähnlicher forscht er seit 2003. Veröffentlicht auf der Seite Gerner (Familienname). Auf dem 55. Deutschen Genealogentag in Schwerin gründete er eine Forschergemeinschaft Gerner–Görner. Danach beteiligte er sich an der Korrektur einer digitalen Exulantenkartei des 18. Jahrhunderts bei den Universitäten Dresden und München. Die sprachlichen Umformungen der Namen Gernot, Gernert, Gerner zu Görner und umgekehrt erforschte er in Süddeutschland, Böhmen, Schlesien und Sachsen. Die Namensform Gerner, die sich aus einem patronymisch gebildeten Familiennamen aus dem Gernot des Nibelungenliedes zu Gernet–Gernert–Gerner entwickelte, wies er nach. Auch die Verschiebungen der Häufungen der Gerner-Vorkommen im deutschsprachigen Raum nach dem Zweiten Weltkrieg, bedingt durch Vertreibung und Binnenmigration, wurden von ihm analysiert. Dozenten an Universitäten für Namenforschung unterstützten ihn dabei. Zwei Sachbücher, Ortschroniken und große Stammbäume wurden publiziert. Seine grafischen Fähigkeiten halfen ihm, verschollene Familienwappen der Woith, Gerner und ähnlicher Namen mit archivarischen Blasonierungen wieder bekannt zu machen. Wappen der Gerner, Gernert, Gernet und Görner auf folgenden Seiten:
- Gerner-Wappen: Liste der Adels- und Patriziergeschlechter namens Gerner
- Gernert-Wappen: Liste der Adels- und Patriziergeschlechter namens Gernert
- Gernet-Wappen: Liste der Adels- und Patriziergeschlechter namens Gernet
- Görner-Wappen: Liste der Adels- und Patriziergeschlechter namens Görner
- Wappen-Liste deutscher Adelsgeschlechter/G
- Gernot, gen. Irrmut
- George Gernert
- Liste der Bürgermeister von Hostinne
Er schrieb und illustrierte 2021 ein Buch über das Schicksal mecklenburger Auswanderer im Dakota-Land in New Ulm/Minnesota.
Malerei und Grafik
In Malerei und Grafik ließ er sich neben seiner Ingenieurtätigkeit von 1976 an einer Bezirkskulturakademie ausbilden. Von 1986 bis 1988 war er bei Fritz Eisel Mitglied einer Malklasse. Eisel und sein Sohn Paul prägten seine Malweise und sein Kunstverständnis für Formgestaltung. Ab 2005 experimentierte Gerner in der Ersten mecklenburgischen Porzellanmanufaktur bei Kerstin Behrens an verschiedenen Porzellangestaltungen und -aufbaukeramiken. Die norddeutschen Landschaften Jürgen Gerners und sein grafisches Werk fanden Wege in zentrale Ausstellungen, u. a. ins Staatliche Museum Schwerin und in Einzelausstellungen in Mecklenburg. Als Pensionär lebt er seine Leidenschaft im KunstWasserWerk Schwerin aus.
- Montagsdemonstration Erinnerung an den 23. Oktober 1989 in Schwerin
- Impf-Wunsch = Vaccination-Wish, Kunst Heute, Jürgen Gerner, 2020
- Friedliches Jerusalem, Ostern 1992, Skizze der Haguy street
Ausstellungsteilnahmen
- 1976 u. 1980 Künstlerisches Volksschaffen, Neustädtisches Palais, Haus der DSF
- 1979 30 Jahre DDR, Staatliches Museum Schwerin
- 1980 Kreisausstellung, Neustädtisches Palais, Haus der DSF
- 1981 Wanderausstellung Schwerin, Stern-Buchholz, Wüstmark, Sternberg
- 1982 Volksbühne Berlin, Szenenbilder zu den Proben des Ensembles zum Stück Der Richter und sein Henker
- 1984 Reich und schön ist unser Leben, Wanderausstellung Neustädtisches Palais, Kulturhaus Sternberg, Gemeinde Domsühl
- 1986 40 Jahre Bodenreform, Kulturhaus Gemeinde Barkow
- 1986 Wanderausstellung zum XI. Parteitag der SED, Pädagogisches Kreiskabinett, VEB Plastmaschinenwerk, Kulturwürfel der Ingenieur-Schule in Schwerin-Lankow
- 1993 Die 25. Stunde, Kleine Galerie, Helios Kliniken Schwerin
- 1998 Unsere Bilder, Malwerkstatt der Akademie Schwerin im WURM
- 1999 ARCHI-TECH-NA-Tour, Gemeinschaftsausstellung mit seinem Schwiegervater Heinrich Handorf im Schweriner Marstall, Sozialministerium MV
- 2010 Liebstes Gut, 850 Jahre Schwerin im Staatlichen Museum Schwerin
- 2020 Kunst heute, KunstWasserWerk Schwerin
- 2021 Unser Dom wird 850, Mal- u. Fotowettbewerb, Dom zu Schwerin
- 2022 Lebensbilder, Werkschau zum 70. Geburtstag von Jürgen Gerner im KunstWasserWerk Schwerin
Literatur
- Jürgen Gerner: Sprottischwaldau: Chronik der Kolonie: 1776–1945 / Szprotawka: Kronika kolonii: 1945–2010 ().
- Jürgen Gerner: Dakota-Aufstand und deutsche Auswanderer – Minnesota im Jahre 1862. Schicksal einer Neubrandenburger Familie.
- Jürgen Gerner, Podcast zum Buch Dakota-Aufstand ..... von Podcast PodBean His2Go#119
- Jürgen Gerner: Verarmter Landadel. Buchwald–Buchler–Puchler. AGoFF, Arbeitsbericht 2009, Heft 2, Berlin, S. 15.
- Jürgen Gerner: Woyt/Woyth Vorfahren in Sprottau. AGoFF, Arbeitsbericht 2009, Heft 3, Berlin, S. 30–32.
Einzelnachweise
- ↑ EBA – Homepage – Verlängerung der Typzulassung einer steuerbaren Gefälleausgleichsbremse TKG (21.72/57254 Imzb 01/05) vom 10. März 2010 (bund.de)
- ↑ EBA – Homepage – Typzulassung für die einfache zweiseitige Förderanlage Typ BDE 02 des Forschungs- und Entwicklungswerks Blankenburg GmbH (FEW) vom 11. April 2008 (bund.de)
- ↑ EBA – Homepage – Betriebserprobung der Balkengleisbremse TW-M der Fa. Sona BLW Präzisionsschmiede GmbH, 29. Februar 2008 (bund.de)
- ↑ 4. Symposium Rangiertechnik. In: www.hy-power.eu. Hy-Power Produktion und Handels GmbH, A-3021 Pressbaum, abgerufen am 6. Juni 2022.
- ↑ Autorenkollektiv: Genealogentag 2003 in Schwerin. In: genealogy.net. 2003, abgerufen am 6. Juni 2022.
- ↑ https://www.exulanten.geschichte.uni-muenchen.de/index.php?module=results&class=details&pid=10776&
- ↑ https://www.exulanten.geschichte.uni-muenchen.de/index.php?module=welcome
- ↑ Jürgen Gerner: Dakota-Aufstand und deutsche Auswanderer, Minnesota im Jahre 1862. In: Google Books. Abgerufen am 11. Oktober 2022.
- ↑ Kerstin Behrens: Erste mecklenburgische Porzellanmanufaktur. 2014, abgerufen am 1. September 2023.
- ↑ KunstWasserWerk Schwerin e.V. Abgerufen am 12. Dezember 2022.
- ↑ Malereien in der Klinik. In: Schweriner Volkszeitung. Schwerin 22. September 1993.
- ↑ Impressionistisch – Malerei. In: Schwerin-Kurier. Schwerin 26. Januar 2000.
- ↑ KunstWasserWerk Schwerin e.V. In: https://www.kultur-mv.de/. Abgerufen am 1. Juni 2022.
- ↑ Bert Schüttpelz: Mehr als 300 Schweriner setzen Dom künstlerisch in Szene. In: Schweriner Volkszeitung. Schwerin 14. Mai 2021.
- ↑ Matthias Labude: 1171–2021, 850 Jahre Dom zu Schwerin. In: Domgemeindebrief Schwerin. 1. Juni 2021.
- ↑ Anna Pfau: Kunst Orte Termine in Mecklenburg-Vorpommern. Hrsg.: Verband der Kunstmuseen, Galerien und Kunstvereine in Mecklenburg-Vorpommern. Mai bis Dezember 2022. Rostock 2022, S. 6.
- ↑ Jürgen Gerner: Dakota-Aufstand und deutsche Auswanderer – Minnesota im Jahre 1862. Schicksal einer Neubrandenburger Familie. In: Deutsche Nationalbibliothek Leipzig. Abgerufen am 28. Dezember 2021.
- ↑ Jürgen Gerner: Dakota-Aufstand und deutsche Auswanderer – Minnesota im Jahre 1862. Schicksal einer Neubrandenburger Familie. In: Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern. Jürgen Gerner, Oktober 2021, abgerufen am 6. Dezember 2021.
- ↑ Autorenkollektiv: Die Sioux und Minnesota-Aufstand-1862-Beginn-eines-brutalen-Krieges. PodBean, 20. Mai 2023, abgerufen am 22. August 2023.