Javier Gerardo Milei ([xaˈβjeɾ miˈlej] ; * 22. Oktober 1970 in Buenos Aires) ist ein argentinischer Ökonom, Autor und Politiker (Partido Libertario). Er gilt als Anhänger der Österreichischen Schule der Ökonomie und des Anarchokapitalismus. Er ist der Gründer der libertären und ultrarechten Parteienkoalition La Libertad Avanza und seit 2021 Mitglied des argentinischen Parlaments (Cámara de Diputados de la Nación Argentina). Seit seinem guten Abschneiden bei den Vorwahlen für die Präsidentschaftswahl 2023 gilt er als einer der Favoriten für die Wahl.
Leben
Milei wurde 1970 als Sohn eines Busfahrers und späteren Transportunternehmers in eine Familie italienischer Abstammung geboren. Er spielte bis 1989 als Torhüter in den unteren Mannschaften des Fußballvereins Chacarita Juniors. Er erwarb einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Belgrano und zwei Master-Abschlüsse am Instituto de Desarrollo Económico y Social (IDES) und an der Privatuniversität Torcuato di Tella. Er wurde Chefvolkswirt bei Máxima AFJP (einer privaten Rentenversicherungsgesellschaft), Chefvolkswirt bei Estudio Broda (einem Finanzberatungsunternehmen) und Regierungsberater beim Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten und veröffentlichte mehrere Bücher. Er arbeitete auch als Wirtschaftswissenschaftler bei HSBC und als Titularprofessor der Universidad de Belgrano. Zudem beriet er den Congreso de la Nación im Auftrag des Gouverneurs von Tucumán Antonio Domingo Bussi, der aufgrund seiner Mitwirkung an der Militärdiktatur umstritten war. Zwischen 2008 und 2021 arbeitete er für Eduardo Eurnekian, einen der reichsten Unternehmer in Argentinien und Besitzer der Corporacion America Airports, des größten privaten Flughafenbetreibers weltweit. Mit Unterstützung dieses Unternehmers schaffte Milei den Sprung in die Politik.
Bekannt wurde er durch seine regelmäßigen provokanten Fernsehauftritte, in denen er die Regierungen von Cristina Fernández de Kirchner, Mauricio Macri und Alberto Fernández kritisierte. Seit 2017 hat er seine eigene Radiosendung. 2020 wurde er Mitglied der vom Wirtschaftswissenschaftler José Luis Espert geführten libertären politischen Koalition Avanza Libertad. 2021 wurde er als Mitglied der La Libertad Avanza in die Cámara de Diputados de la Nación Argentina als Vertreter der Stadt Buenos Aires (Capital Federal) gewählt. Sein Wahlbündnis erhielt 17 % der Stimmen. Vor allem junge Wähler stimmten für ihn. Milei ist Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2023. In den Vorwahlen belegte sein Wahlbündnis mit ihm als Spitzenkandidaten den ersten Platz mit 30 Prozent der Stimmen. Das gute Ergebnis für Milei war in Umfragen nicht erwartet worden und wurde weithin in Medien als „Überraschung“ oder auch „Tsunami“ bezeichnet.
Politische Einordnung
Javier Milei, Ehrenpräsident des Partido Libertario und Gründer der Allianz La Libertad Avanza („Die Freiheit schreitet voran“), bezeichnet sich als Anarchokapitalist. Er verbindet ultraliberale mit ultrarechten Positionen. Der Staat solle seiner Ansicht nach nur für die Felder Sicherheit und Justiz zuständig sein.
Zahlreiche seiner Ansichten, insbesondere wirtschaftspolitisch, sind liberal bzw. libertär. So lehnt er die Einführung neuer Steuern ab und setzt sich für die Abschaffung der Zentralbank, die Aufhebung der Kapitalverkehrskontrollen, die Legalisierung von Drogen, die Liberalisierung des Organhandels, die Privatisierung des Bildungssystems und unbegrenzte Einwanderung ein.
Im Feld der Genderpolitik spricht er sich für gleichgeschlechtliche Ehe aus und ist selbst Anhänger der Freien Liebe. Er befürwortet gleichzeitig ein striktes Abtreibungsverbot.
Verglichen wird er häufig mit Donald Trump und Jair Bolsonaro, mit denen er rechtspopulistische bis rechtsextreme Ansichten und Argumente teilt und sich als Gegner des herrschenden Systems positioniert. So bestreitet er die Existenz des menschengemachten Klimawandels und prangert die „politische Kaste“ an, die aus „nutzlosen, parasitären Politikern“ bestehe, „die nie gearbeitet haben“. Milei unterzeichnete die Charta von Madrid, ein von einer Denkfabrik der rechtsgerichteten spanischen Partei Vox verfasstes Dokument, in dem linke Gruppen als Feinde Iberoamerikas bezeichnet werden, die an einem „kriminellen Projekt“ beteiligt sind und „unter dem Schirm des kubanischen Regimes“ stehen.
Milei bezeichnet sich als Katholik, lehnt allerdings die Autorität der römisch-katholischen Kirche ab.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Tjerk Brühwiller: Vorwahlen in Argentinien: Ein politischer Rockstar ist geboren. In: faz.net. 16. August 2023, abgerufen am 16. August 2023.
- ↑ Juan Manuel Compte: Milei, entre la solidez técnica y la aspereza de un exarquero de Chacarita. 27. November 2017, abgerufen am 20. August 2023 (spanisch).
- 1 2 José Pablo Criales: Ultra, libertario y ‘anarco-capitalista’, así es Javier Milei, el grito de la Argentina más enfadada. 13. August 2023, abgerufen am 14. August 2023 (es-AR).
- ↑ Javier Gerardo Milei. Abgerufen am 24. Januar 2022 (englisch).
- ↑ Javier Gerardo Milei. Abgerufen am 25. Januar 2022 (englisch).
- ↑ Segundo round entre Santoro y Milei: “Vos trabajaste para un dictador”. 1. September 2021, abgerufen am 25. Januar 2022 (spanisch).
- ↑ Cómo Eurnekian ayudó a Milei a entrar en la política y los medios. 12. Juli 2023, abgerufen am 15. August 2023 (spanisch).
- 1 2 Sol Amaya: ¿Quién es Javier Milei, el precandidato presidencial de derecha que irrumpió en la política argentina? In: CNN. 7. Juni 2023, abgerufen am 9. Juni 2023 (spanisch).
- 1 2 3 Federico Rivas Molina: Javier Milei, el político argentino inclasificable. 28. März 2023, abgerufen am 9. Juni 2023 (es-AR).
- ↑ Javier Milei supera el 17% de los votos y se posicionó como tercera fuerza en la Ciudad de Buenos Aires. 15. November 2021, abgerufen am 25. Januar 2022 (spanisch).
- ↑ Tobias Käufer: Javier Milei: Der Mann, den sowohl die Linke als auch die Rechte fürchten. In: DIE WELT. 24. Januar 2022 (welt.de [abgerufen am 24. Januar 2022]).
- ↑ Javier Milei, la sorpresa que pasó de las redes a las urnas, Clarín, 14. August 2023
- ↑ El día después del tsunami Milei, La Voz del Interior, 14. August 2023
- ↑ Ayelén Oliva: La ultraderecha que sueña con replicar a Vox avanza en Argentina. 15. September 2021, abgerufen am 21. Juni 2023 (spanisch).
- ↑ Julián Pilatti: Argentina’s far-right grows amid the crisis. In: Peoples Dispatch. 19. April 2023, abgerufen am 26. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Ernesto Andrés Fuenmayor: Milei: el anarcocapitalista que crea polémica en Argentina. In: DW. 21. März 2023, abgerufen am 9. Juni 2023 (spanisch).
- 1 2 3 Javier Milei, l’ultralibéral qui joue les trublions de la politique argentine. In: Le Monde.fr. 13. Oktober 2021 (lemonde.fr [abgerufen am 24. Januar 2022]).
- ↑ Javier Milei: Warum ein rechtsliberaler Politiker in Argentinien derzeit so gut ankommt. Abgerufen am 24. Januar 2022.
- ↑ El amor, según el economista Javier Milei. 6. Oktober 2017, abgerufen am 24. Januar 2022 (spanisch).
- ↑ Wie ein Anarcho-Kapitalist Argentiniens Politik aufmischt. In: Deutsche Welle, 10. Oktober 2021. Abgerufen am 12. Februar 2022.
- ↑ Ohrfeige für Linksregierung erwartet. In: Tagesschau.de, 13. November 2021. Abgerufen am 12. Februar 2022.
- ↑ Milei y el auge global de la extrema derecha. 16. November 2021, abgerufen am 21. Juni 2023 (spanisch).
- ↑ Carta de Madrid. In: Fundación Disenso. Abgerufen am 24. Januar 2022 (spanisch).
- ↑ 12 de Octubre de 2021: Javier Milei participó en un acto de la ultra derecha española VOX: “Los animo a que continúen dando esta batalla”. Abgerufen am 24. Januar 2022 (spanisch).
- ↑ https://twitter.com/jmilei/status/915941489125003265. Abgerufen am 24. Januar 2022.