Johannes Hüppi (* 31. März 1965 in Baden-Baden) ist ein schweizerisch-deutscher Künstler und Maler. Seine Bilder sind überwiegend surreal naturalistisch, ältere Arbeiten tragen auch Züge der Neuen Sachlichkeit. Im Mittelpunkt seines Gesamtwerkes steht die universelle, stereotype Frau in wechselnden gesellschaftlichen Rollen.

Leben

Johannes Hüppi ist der Sohn von Alfonso Hüppi und Brigitta Hüppi-Weber sowie der Bruder von Thaddäus Hüppi. Von 1984 bis 1990 studierte Hüppi an der Kunstakademie Düsseldorf bei Fritz Schwegler und Dieter Krieg. Von 1997 bis 2000 hatte er ein Atelier in New York City und in den Jahren 2000/2001 in Miami, Florida, 2002 in Italien, 2004 bis 2011 in Basel, 2012 in Spanien und Korea. Seit 2012 lebt und arbeitet er in Baden-Baden.

Von 2004 bis 2007 war Johannes Hüppi Professor für Malerei an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig, 2006 hatte er eine Professur an der Universidad de las Américas (UDLA) in Puebla, Mexico.

Johannes Hüppi hatte über die Eltern schon frühen Kontakt zu Künstlern wie Dieter Roth, Joseph Beuys und vielen anderen Vertretern der Post-war Kunst. Somit begann für ihn bereits in jungen Jahren eine intensive Auseinandersetzung mit Bildern. „Meine Eltern haben es hinbekommen, dass zwei Kinder Künstler werden, indem sie ihnen die Augen geöffnet haben für eine künstlerische Wirklichkeitswahrnehmung“. Ohne Fernsehen im Hause Hüppi war Malerei das beherrschende Thema. Mit 15 Jahren besuchte er die New Yorker Museen und war von Balthus´ berühmter Straßenszene von 1933 und ihrer atmosphärischen Dichte fasziniert. Ein Schlüsselerlebnis für seine künstlerische Karriere.

Starken Einfluss auf seine Arbeiten haben die Film-Klassiker. In einem eigens angelegten Film-Lexikon sammelte Hüppi emotional aufgeladene Schlüsselszenen, die er auch subtil in seinen Werken verarbeitet.

Während zu Beginn der 90er Jahre zahlreiche Absolventen der Düsseldorfer Kunstakademie wie Thomas Ruff, Thomas Struth, Andreas Gursky eine fotografische Karriere starteten, entschied sich Johannes Hüppi für die naturalistische Malerei und damit gegen den herrschenden Zeitgeist. Er schloss sich nie einer Künstlergruppe oder Schule an, sondern verfolgt ein eigenständiges Werk.

Werk

Frauen sind das beherrschende Thema im Werk von Johannes Hüppi. Abgesehen von Porträts schöpfen seine ikonographischen Erzählungen aus analogen alterslosen und damit universellen Frauengestalten mit meist dunklen Haaren und mandelförmigen Augen. Die stereotype Kopf- und Gesichtsform entwickelt Hüppi aus einer Verschmelzung des Gesichtes seiner Mutter und seinem eigenen. Je nach Sujet weist Hüppi den Damen Haltungen oder Stimmungen zu, mal liebreizend, mal aggressiv, mal melancholisch-traurig oder erwartungsvoll-gespannt. Als Kulissen der erotischen Visionen dienen pittoreske Landschaften, Wasser oder Museen.

Hüppis Werke lassen sich in zwei schöpferische Phasen unterteilen. Die frühen Gemälde tragen starke autobiographische Züge: „Ich war vollkommen fixiert auf das, was ich erlebt habe“. Neuere Arbeiten spiegeln die Auseinandersetzung mit kunsthistorischen, literarischen, mythologischen und filmischen Vorbildern und stärker individualisierten Gesichtszügen seiner Protagonistinnen. „Heute muss man tiefer in die Bilder hinein gehen, man muss die Ikonographie, auf die sie sich beziehen, die Geschichte der Malerei und ihrer Akteure – von Salome bis zum Heiligen Georg – kennen“.

Eine thematische Gliederung der Werke Hüppis lässt sich bis in die frühen 1990er Jahre zurück verfolgen: Mit Mensch-Tier-Allegorien war er erstmals 1991 auf der Art Cologne vertreten, stellte mal einen Bären, mal einen Hund (Vorbild ist der Schweizer Sennenhund seiner Eltern) in Beziehung zu einer schönen Nackten; Es geht um Emotionalität, Annäherung, Liebe. In dem Tier sieht sich Johannes Hüppi selbst und spielt damit auf die unterschiedlichen emotionalen Welten an, in denen sich Männer und Frauen bewegen.

Hüppi arbeitet in Serien, entwickelt immer neue Bildvisionen und treibt seine Fiktion variantenreich bis zu einem Kulminationspunkt, der wiederum den Anstoß für Neues bringt. 1995 folgte die Mercedes-Serie. Grüner Mercedes in blühender Landschaft, ein kopulierendes Paar. 1996 entstand die Motorrad-Serie. Inspiriert durch den Film-Kuss von Grace Kelly und James Stuart in Alfred Hitchcocks Fenster zum Hof „eine unglaublicher Spannung bevor sich die Lippen berühren“ startete Hüppi 1998 die Serie Kuss-Bilder. Sie brachten seinen künstlerischen Durchbruch. Es folgten immer wieder neue Bildserien. Ab 1998 bearbeitete er variantenreich die Serie Salome, Frau mit abgetrenntem Männer-Kopf. Der Kopf gehört nicht Johannes dem Täufer, sondern ist der des Künstlers. Für Hüppi ein Symbol für vergängliche Liebe. 1999 legte er die Serie Kellnerinnen, dann Frauen am Computer (2001) und Handy-Frauen und Straßenszenen auf, die an die Neue Sachlichkeit erinnern.

2005 betrat Hüppi ein für ihn neues Genre, Vanitas Bilder, die Beziehung zwischen Tod und Leben. Ab 2007 widmete er sich dem Thema Badende, 2012 startete Hüppi mit der Serie Museum. Es ist die künstlerische Auseinandersetzung mit der um sich greifenden Ablehnung von weiblicher Nacktheit. Hüppis Museum schlägt einen kunsthistorischen Bogen des weiblichen Akts vom Mittelalter bis zur Moderne, von Giorgiones schlummernder Venus bis Vallotons La Blanche et La Noire. In Hüppis Museum stehen die Nackten aber auch vor den großen Werken der Gegenwart wie Gerhard Richters Birkenau-Zyklus oder einem salutierenden Jonathan Meese.

Stark beeinflusst ist sein Werk auch von Reiseerlebnissen. 2015 entstand die Bildserie eines schwarzen Mädchens mit bunten Tüchern nach einer Reise auf die Kapverden und 2021 die Badenden während einer Frankreich Reise.

Serien laufen oft über mehrere Jahre, mitunter vermischt Hüppi Elemente unterschiedlicher künstlerischer Reihen. So schafft er in seinem Werk surreale Beziehungen und Bezüge, die sich nur in der Fantasie entwickeln können. Hüppis Bedeutungsperspektive verlässt in einigen Werken den gewohnten Blick auf die Ferne und überhöht Protagonistinnen im Hintergrund, so die badenden Nymphen, die vorne klein und hinten riesenhaft erscheinen. Seine frühen Werke in den 90er Jahren sind vielfach Aquarelle, Bleistift oder Tusche-Zeichnungen und Radierungen. Ab den 2000er Jahren überwiegen kleine wie auch großflächige Ölgemälde. Vorbilder und Vorlagen sucht sich Hüppi bei den alten Meistern der Kunstgeschichte. „Wenn ich entdecke, wie toll einer 1547 den Fußboden gemalt hat, dann versuche ich, ihn zu kopieren. Und bei nächster Gelegenheit ist das in meiner Maltechnik drin, und steht mir dann zur Verfügung“.

Auffallende Plastizität und Tiefenwirkung erhalten seine Bilder durch eine raffinierte Lichtführung. Hüppi spielt mit satten, kräftigen Farben, hell und dunkel, Licht und Schatten: Damit gelingt ihm eine räumliche dritte Dimension, die an große Meister wie Caravaggio oder Rembrandt erinnert.

Werke in öffentlichen Sammlungen

Literatur

  • Matthias von der Bank (Hrsg.), Kunstverlag Josef Fink, Johannes und Thaddäus Hüppi, Mittelrhein Museum Koblenz 2020, ISBN 978-3-95976-265-6
  • Thomas Levy (Hrsg.), Kerber Verlag, Museum Johannes Hüppi, Ausstellungskatalog Hamburg 2018, ISBN 978-3-7356-0479-8
  • Jean-Christophe Ammann (Hrsg.), Kerber Verlag, Johannes Hüppi, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86678-540-3
  • Museum Moderner Kunst Stiftung Wörlen (Hrsg.), Johannes Hüppi, aus der Sammlung Grosshaus, Passau 2006, ISBN 3-928844-45-8
  • Zeichnungen und Aquarelle. Verlag für Moderne Kunst, Nürnberg 2005, ISBN 3-938821-18-3.
  • Klaus Gerrit Friese (Hrsg.): Johannes Hüppi, Kellnerinnen. (Ausstellungskatalog) König, Köln 2002, ISBN 3-88375-559-1.
  • Brigitte Reinhardt, Martin Stather (Hrsg.): Johannes Hüppi, Paarweise. König, Köln 1999, ISBN 3-88375-390-4.

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. Peter Paul Pisters: Künstlerinterview mit Thaddäus Hüppi und Johannes Hüppi in: Johannes und Thaddäus Hüppi. Hrsg.: Matthias von der Bank. 1. Auflage. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2020, ISBN 978-3-95976-265-6, S. 18.
  2. Belinda Grace Gardener: BÜHNEN FÜR GROSSE GEFÜHLE in: Johannes Hüppi. Hrsg.: Jean-Christophe Ammann. Kerber Verlag, Bielefeld 2011, ISBN 978-3-86678-540-3, S. 21.
  3. Peter Paul Pisters: Künstlerinterview in: Johannes und Thaddäus Hüppi. Hrsg.: Matthias von der Bank. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2020, ISBN 978-3-95976-265-6, S. 15.
  4. Chris Gebring: Zwei Hüppi. In: Matthias von der Bank (Hrsg.): Johannes und Thaddäus Hüppi. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2020, ISBN 978-3-95976-265-6, S. 10.
  5. Peter Paul Pisters: Künstlerinterview. In: Matthias von der Bank (Hrsg.): Johannes und Thaddäus Hüppi. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2020, ISBN 978-3-95976-265-6, S. 16.
  6. 1 2 3 Belinda Grace Gardener: BÜHNEN FÜR GROSSE GEFÜHLE. In: Jean-Christophe Ammann (Hrsg.): Johannes Hüppi. Kerber Verlag, Bielefeld/Leipzig/Berlin 2011, ISBN 978-3-86678-540-3, S. 20 ff.
  7. Hans-Joachim Müller: Über die Blicklust | Die neuen Bilder von Johannes Hüppi vor den Älteren gesehen. In: Thomas Levy (Hrsg.): Museum Johannes Hüppi. Kerber Verlag, Bielefeld/Berlin 2018, ISBN 978-3-7356-0479-8, S. 5 ff.
  8. Rainer Braxmaier: Unersättlich auf Reisen. Profile der Kunst am Oberrhein: Museum Hurrle zeigt Werke des Baden-Badener Künstlers Johannes Hüppi. In: Badisches Tagblatt. Nr. 175. Badisches Tagblatt, Baden-Baden 1. August 2015.
  9. Hans-Joachim Müller: 40 Jahre Sammlung Frieder Burda. In: Götz Adriani und Hans-Joachim Müller Stiftung Frieder Burda (Hrsg.): 40|10. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2014, ISBN 978-3-7757-3906-1, S. 218, 219.
  10. Peter Paul Pisters: Künstlerinterview. In: Matthias von der Bank (Hrsg.): Johannes und Thaddäus Hüppi. 1. Auflage. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg im Allgäu 2020, ISBN 978-3-95976-265-6, S. 17.
  11. Rolf-Gunter Dienst: Eigenreich | Interim der Gefühle: johannes hüppis gemalte küsse" (PDF; 0,5 MB), auf hueppi.de
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