Jovan Stojković, genannt Babunski (serbisch-kyrillisch Јован Стојковић – Бабунски; * 25. Dezember 1878 in Martolci bei Veles, Osmanisches Reich; † 17. Februar 1920 in Veles, heute Nordmazedonien) war ein serbischer Wojwode und eine führende Persönlichkeit der serbischen Tschetnik-Bewegung in Vardar-Mazedonien. In der serbischen Geschichtsschreibung wird Babunski als Nationalheld verehrt. In Nordmazedonien und Bulgarien hingegen gilt Babunski als ein Verräter, besonders wegen seiner zahlreichen Verbrechen an der Bevölkerung Makedoniens und seiner Brutalität gegenüber der bulgarischen Bevölkerung.

Leben

Familie und Laufbahn als serbischer Lehrer in Makedonien

Jovan Babunski wurde am 25. Dezember 1878 im bulgarischen Dorf Martolci als Jovan Stoilkov Stojkov geboren. In der serbischen Geschichtsschreibung wird hingegen der Geburtsname als Jovan Stojković angegeben. Sein Pseudonym Babunski leitet sich von der Region Babuna ab, wo er als serbischer Tschetnik operierte.

Er besuchte für zwei Jahre eine Dorfschule in Omorani bei Veles. Babunskis Vater Stoilko meldete ihn später als zehnjährigen an der bulgarischen Grundschule in Veles an, wo er etwa ein Jahr blieb. Babunski verließ abermals die Schule und besuchte die bulgarischen Grundschulen in Vojnica und Bogomila, wo er die vierte Klasse abgeschlossen hat. Aufgrund finanzieller Sorgen schickte sein Vater ihn nach Belgrad, wo Jovan als Stipendiat der nationalistischen Sveti-Sava-Gesellschaft ein Gymnasium besuchte. Als persönlicher Betreuer Jovans wurde Miloš Milojević eingeteilt, ein serbischer Historiker und Nationalist, der als wichtiger Ideologe Großserbiens und der serbischen Propaganda in Makedonien gilt. Im Jahr 1891 trat er in ein Seminar ein. Nach seiner Schließung 1892 setzte er seine Bildung in Valjevo fort, wo er im örtlichen Gymnasium einen Abschluss erlangte. Danach besuchte er die Pädagogischen Schulen von Niš und Belgrad, die er Abschloss.

Als überzeugter Serbe kehrte Jovan Babunski um 1900 zurück nach Makedonien, wo er in Teovo und Bogomila in der Region Azot an serbischen Schulen unterrichtete.

Tschetnik-Führer in Makedonien

Als zwischen 1893 und 1908 in Makedonien eine Reihe von sozialen, politischen, kulturellen und militärischen Konflikten zwischen Bulgaren, Griechen und Serben ausbrach galt Babunski als wichtigster Propagandist des Serbentums in Makedonien. Zu den serbischen Zielen gehörte es, gegen die in 1893 in Thessaloniki gegründete Innere Makedonisch-Adrianopeler Revolutionäre Organisation (kurz IMARO) Widerstand zu leisten und deren revolutionären bulgarischen Freiheitskampf in Makedonien zu unterbinden.

Aufgrund der Spionage zugunsten der osmanischen Behörden tötete der aus Bitola stammende, bulgarische Wojwode der IMARO Georgi Sugarew den Vater und Bruder Jovans. Nach dem Ilinden-Preobraschenie-Aufstand von 1903 floh Babunski zum Königreich Serbien. 1905 bildete er in Vranje eine Tscheta (bewaffnete Gruppe) von 35 Personen aus, überquerte am 26. März des Jahres die Grenze und kehrte in Veles zurück. Seine Familie zog inzwischen nach Belgrad um, wo Babunski ein Haus kaufte

In Veles angekommen, durchstreifte er mit seiner Tscheta die Regionen Azot und Poreče, wo eine serbische bzw. serbophile Bevölkerung existierte. Diese Regionen wurden nach 1900 Schauplatz blutiger Kämpfe und Scharmützel zwischen den bulgarischen Komitadschi der Inneren Makedonisch-Adrianopeler Revolutionären Organisation (IMARO) und den serbischen Tschetniks, welche diese als Zufluchts- und Rückzugsorte nutzten. Dort kämpfte Babunski unter anderem gegen die Tschetas von Iwan Naumow Aljabaka, Blaže Birintscheto, Stefan Dimitrow, Pantscho Konstantinow und Georgi Sugarew. Im Jahr 1907 schickte Babunski Drohbriefe an die Dorfbewohner von Kriva Kruša sowie weiteren Dörfern, die unter dem Bulgarischen Exarchat standen. In dem Brief werden die Dorfbewohner angefordert, aus dem bulgarischen Exarchat auszutreten.

Im Jahr 1907 wurde das Dorf Drenovo in der Azot-Region bei Veles von serbischen Tschetniks angeführt von Jovan Babunski angegriffen, wobei der bulgarische Wojwode Stefan Wardarski und 4 weitere seiner Mitkämpfern starben. Etwa 11 Häuser wurden in Drenovo von den serbischen Tschetniks angezündet. Aus diesem Ereignis entstand das bekannte serbische Volkslied Spremte se spremte, četnici (deutsch: ‚Macht euch bereit, Tschetniks‘), welche zu Ehren Babunskis komponiert wurde. Nach der jungtürkischen Revolution 1908 beendete er seine Guerilla Aktivität in Makedonien.

Balkankriege, Erster Weltkrieg und Tod

Babunski kämpfte während des Ersten Balkankrieges in der Königlich Serbischen Armee und wurde in einem Gefecht mit osmanisch-türkischen Streitkräften verwundet, während er dem Kommandant Vojin Popović diente. Während des Zweiten Balkankrieges kämpfte er in einer serbischen Freiwilligenabteilung in der Schlacht von Bregalnica.

Unmittelbar nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Juli 1914 führte er erneut eine bewaffnete Tscheta. Er kämpfte in Belgrad, wo er drei Tage lang die Sava-Eisenbahnbrücke verteidigte. Nach dem Ende der Mobilisierung trat seine Tscheta der regulären Armee bei. Nach der Niederlage Serbiens im November 1915 zog er sich mit der französischen Division aus Veles zurück. Er kämpfte an der neu gebildeten Salonikifront. Babunski wurde anschließend mit hohen serbischen und französischen Militärorden ausgezeichnet.

Als nach dem Bukarester Vertrag Vardar-Mazedonien dem Königreich Serbien zugesprochen wurde und Serbien nach dem Ersten Weltkrieg seine Herrschaft über die Region etablierte, stellte Babunski seine Tschetnik-Tätigkeit wieder her und führte eine große bewaffnete Gruppe mit sich. Diese wurden als Instrumente der serbischen Denationalisierungs- und Assimilationspolitik in Vardar-Mazedonien benutzt, welche mit Terror, Einschüchterungen und Morden den Geist der bulgarischen Bevölkerung Makedoniens brechen und den Widerstand der Inneren Makedonischen Revolutionären Organisation (kurz IMRO) eindämmen sollten. Etwa 50.000 serbische Soldaten wurden in Südserbien, wie Vardar-Mazedonien genannt wurde, stationiert.

Im Zuge des Tikveš-Aufstands, welcher 1913 in Vardar-Mazedonien ausbrach und sich gegen die neue serbische Herrschaft richtete, operierten serbische Tschetniks mit Unterstützung von 250 türkischen Başı Bozuk unter der Führung von Jovan Babunski und Arif Ağa zusammen in der Region, um den Aufstand niederzuschlagen. Dabei wurden zahlreiche Verbrechen an der bulgarischen Bevölkerung verübt. Etwa 1000 Bulgaren (darunter sind hauptsächlich die Vorfahren der heutigen Mazedonier zu verstehen) wurden bei diesem Aufstand getötet, etwa 2700 inhaftiert und misshandelt. Mehr als 260 Dörfer wurden dem Erdboden gleichgemacht. Von der Kleinstadt Negotino wurden 750 der insgesamt 800 Häusern niedergebrannt.

Am Tag der Verkündigung des Herrn 1914 griff Jovan Babunski mit seiner Tscheta das Dorf Razlovci bei Delčevo an. Dort sammelte er alle Dorfbewohner auf die als pro-bulgarisch galten, darunter auch Geistliche, folterte und erstach diese. Anschließend wurde ihre Leichen in einem Kalkofen im Hofe der Dorfkirche St. Konstantin und Elena geworfen und verbrannt.

Im Herbst 1919 verübte Babunski mit seiner Tscheta ein Massaker in Vojnica bei Veles an, wobei 46 männliche Dorfbewohner ermordet wurden.

Nach Enthüllungen über Gräueltaten in der Veles-Region, die in der sozialistischen serbischen Zeitung Radničke Novine veröffentlicht wurden, geriet Babunski in Ungnade. Serbische Behörden kritisierten ihn aufgrund seiner Brutalität gegenüber der zivilen Bevölkerung; es wurden sogar Stimmen laut für seine Verhaftung.

Jovan Babunski starb schließlich am 17. Februar 1920 in Veles an den Folgen der Spanischen Grippe. Sein Kampfnamen Babunski wurde von seinen Nachkommen als Nachname angenommen. Unter ihnen gehören der ehemalige jugoslawische und mazedonische Fußballer Boban Babunski mit seinen Söhnen Dorian und David Babunski.

Commons: Jovan Babunski – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Здравко Божиновски: Тука е Македонија. Заедница на издавачки дејност при НИП „Нова Македонија“, 1970, S. 555 (mazedonisch, Google Books): “[…] по лични причини и пристапи на српската пропаганда во Македонија. Стана предавник на народот и од 1905 година изврши голем број убиства на членови на ВМРО […]”
  2. Dmitar Tasić: Paramilitarism in the Balkans. Yugoslavia, Bulgaria, and Albania, 1917-1924. Oxford University Press, 2020, ISBN 978-0-19-885832-4, S. 60 (englisch, Google Books): “[…] Despite the fact that the activities of Babunski and his detachment had been succesful in term of eradication of IMRO infrastructure, after complaints made by the civil authorities, Babunski and his detachment were dismissed because of brutal misconduct […]”
  3. John Paul Newman: Yugoslavia in the Shadow of War. Veterans and the Limits of State Building, 1903–1945. Cambridge University Press, 2015, ISBN 978-1-316-38112-0, S. 103 (englisch, Google Books): “[…] Yet the "free hand" extended to the Chetniks frequently resulted in excessive terror and violence against civilians. Assigned with the task of disarming the population, Chetniks tended instead to terrorize the non-Serb population. […]”
  4. John Horne, Robert Gerwarth: War in Peace. Paramilitary Violence in Europe After the Great War. Oxford University Press, 2013, ISBN 978-0-19-968605-6, S. 146 (englisch, Google Books): “Babunski was responsible for several post-war atrocities in Albania and Macedonia”
  5. Giuseppe Motta: Less than Nations. Central-Eastern European Minorities after WWI. Band 1. Cambridge Scholars Publisher, 2013, ISBN 978-1-4438-5461-0, S. 222 (englisch, Google Books): “Serbian chetas, such as the notorious band of Jovan Babunski, terrorized many districts where military occupation soon had to face the actions of Bulgarian Komitadji”
  6. 1 2 3 Stanoje Stanojević: Narodna enciklopedija srpsko-hrvatsko-slovenac̆ka. Bibliografski zavod d.d., 1925, S. 110 (serbokroatisch, Google Books).
  7. Стефанъ Аврамовъ: Революционни борби въ Азоть (Велешко) и Порѣчието (zu dt. Die revolutionären Kämpfe in Azot, Veles Region, und Poreče), Sofia, Makedonisches Wissenschaftliches Institut, 1929. S. 141–144 (bulgarisch)
  8. Георгиев, Величко, Стайко Трифонов, История на българите 1878–1944 в документи, том 1 1878–1912, част втора, S. 291–292.
  9. Војвода Василије Трбић, Мемоари. Казивања и доживљаји војводе велешког, књига прва, Београд, 1996, S. 118.
  10. КО ЈЕ ЈОВАН БАБУНСКИ, О КОМЕ ПЈЕВА ПЈЕСМА СПРЕМТЕ СЕ, СПРЕМТЕ. frontal.rs, 2. September 2017, abgerufen am 22. Juni 2022 (serbisch).
  11. Sabrina P. Ramet: The Three Yugoslavias. State-building and Legitimation, 1918-2005. Woodrow Wilson Center Press, 2015, ISBN 978-0-253-34656-8, S. 47 (englisch, Google Books): “[…] Some 50000 Serbian Army troops and police were stationed in "southern Serbia", as Macedonia was called in Belgrade. […] The former exarchate schools (schools which had been operated by the exarchate of the Bulgarian Orthodox Church) were shut down (130 of them in the 1922–1923 academic year alone), and teachers deemed unreliable were dismissed. History textbooks were revised to prove that Macedonia's history was conjoined with Serbia's, and schoolchildren were taught to speak Serbian. Macedonians were forced to Serbianize their family names. Bulgarian clubs and societies were surpressed. As many as 2900 persons were apprehended for political reasons during the years 1918–1924 […]”
  12. Ivo Banac: The National Question in Yugoslavia. Origins, History, Politics. Cornell University Press, 2015, ISBN 978-1-5017-0193-1 (englisch, Google Books): “[…] Jovan Babunski, who terrorized the Bregalnica and Tikves Districts from September 1919, were under military orders to kill the local leaders, whose work prepared the actions of Bulgar komitas […]”
  13. Igor Despot: The Balkan Wars in the Eyes of the Warring Parties. Perceptions and Interpretations. iUniverse, 2012, ISBN 978-1-4759-4703-8, S. 200 (englisch, Google Books): “[…] The October uprising resulted in 1,000 killed isurgents. About 30,000 of the Exarchate inhabitants and Albanians fled to Albania. More than 260 villages were burnt down; the town of Negotino 750 out of 800 houses were burned. […]”
  14. Весна Илиевска-Арсова: Пијанец-Малеш, изобилство од сонце и насмевки! Национална и универзитетска библиотека “Св. Климент Охридски„ Скопје, 2011, ISBN 978-6-08652530-9, S. 28 (mazedonisch, issuu.com [PDF]).
  15. Васил Тоциновски: Поет изгнаник. Милан Војницалија. Култура, 1990, ISBN 978-86-317-0124-4, S. 197 (mazedonisch, Google Books): “[…] српскиот војвода Јован Бабунски кога во едно есенско утро на 1919 година доаѓа во село Војница и со својата чета колат четириесетишест мажи […]”
  16. Momčilo Pavlović: Gerila na Balkanu. Beograd: Institute of Contemporary History, 2007, ISBN 978-86-7403-113-1, S. 146 (serbisch, Google Books): „[…] Ubrzo zatim Jovan Babunski je pao u nemilost , čak se tražilo i njegovo hapšenje. Njegova bolest, a potom i rana smrt februara 1920. sprečili su dalju istragu. […]”
  17. Иван Петров Крайничанецъ: Спомени отъ изминалия пѫтъ въ живота ми. Книга I. Печатница Крайничанецъ А.Д., 1942, S. 86 (bulgarisch, strumski.com [PDF]).
  18. Коста Ђ. Кнежевић: Неславан крај. In: Politika. 11. Februar 2019, abgerufen am 22. Juni 2022 (serbisch).
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