Kamillenöl, Oleum Chamomillae oder Matricariae aetheroleum, ist ein ätherisches Öl, das durch Wasserdampfdestillation aus den Blütenköpfchen unterschiedlicher Arten der Kamille gewonnen wird.

Man unterscheidet das blaue Kamillenöl (auch: Deutsches Kamillenöl, FEMA 2272), das aus Blüten der Echten Kamille (Chamomilla recutita) und das römische Kamillenöl (FEMA 2275), das aus der Römischen Kamille (Chamaemelum nobile) hergestellt wird. Das marokkanische Kamillenöl wird aus Blüten der Pflanze Cladanthus mixtus gewonnen.

Gewinnung

Kamillenöl wird durch Wasserdampfdestillation aus frischen oder getrockneten Blütenköpfchen der Kamille gewonnen. Unter den bei der Destillation herrschenden Bedingungen entsteht aus dem farblosen Matricin durch Esterspaltung, Wasserabspaltung und Decarboxylierung in größeren Mengen das gefärbte Chamazulen, das dem Öl die blaue Farbe verleiht.

Das ätherische Öl macht etwa 0,3 bis 1,5 % der Pflanzenmasse aus.

Eigenschaften

Das Blaue Kamillenöl färbt sich unter dem Einfluss von Licht und Luft schnell grün bis braungelb („Vergrünen“) und wird schließlich dickflüssig braun. Es duftet süß-aromatisch, kräuterartig mit einer frisch-fruchtigen Nuance von Kakao. Der Geschmack ist aromatisch bitter.

Das Römische Kamillenöl ist ein gelbliches bis leicht grün-bläuliches Öl. Der Duft wird als frisch, süß, kräuterartig, mit teeartigen Nuancen beschrieben.

Das marokkanische Kamillenöl ist leicht gelblich und hat einen süßen, kräuterartigen, holzigen und balsamartigen Duft. Bestandteile sind Santolina- und Artemisia-Alkohol.

Inhaltsstoffe

Sicherheitshinweise
Name

Kamillenöl blau

CAS-Nummer

8002-66-2

GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: 412
P: 273501

Die Hauptbestandteile des Blauen Kamillenöls sind (−)-α-Bisabolol (5–70 %), verschiedene Bisabololoxide (A: 5–60, B: 5–60 und C: 0–8 %), trans-β-Farnesen (7–45 %), verschiedene Enindicycloether (2–30 %), sowie die Guajan-Derivate Spathulenol (rund 1 %) und Chamaviolin. Das bis zu 5 % im Öl vorkommende Chamazulen entsteht aus Matricin bei der Erhitzung von Tees und pflanzlichen Auszügen. In geringen Mengen sind Apigenin und Angelicasäure enthalten.

Das Römische Kamillenöl enthält vor allem Ester der Angelicasäure wie Isobutylangelicat, Methallylangelicat, 2- und 3-Methylbutylangelicat (Isopentylangelicat) und Isobutylbutyrat.

Verwendung

Die Anwendungsbereiche des Blauen Kamillenöls entsprechen weitgehend denen der Kamillenblüten. In der mittelalterliche Pharmazie ist das gamillenöl als öliger Auszug aus der Echten Kamille bekannt. In der Aromatherapie wird das Kamillenöl für ein besseres Hautbild verwendet.

Das Römische Kamillenöl findet in geringer Dosierung Verwendung zur Aromatisierung von alkoholischen Getränken (Likören) und zur Parfümherstellung.

Einzelnachweise

  1. Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch. 6. Auflage. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1986, S. 226 und 749.
  2. Europäisches Arzneibuch, Amtliche Österreichische Ausgabe, Band 2, 5. Ausgabe, Verlag Österreich, Wien 2005, S. 2513 ff. ISBN 978-3-7046-4693-4.
  3. Eintrag zu FEMA 2272 in der Datenbank der Flavor and Extract Manufacturers Association of the United States.
  4. Eintrag zu FEMA 2275 in der Datenbank der Flavor and Extract Manufacturers Association of the United States.
  5. 1 2 3 4 5 Eintrag zu Kamillenöle. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 20. Juli 2016.
  6. 1 2 Karl-Georg Fahlbusch et al.: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry. Flavors and Fragrances. Hrsg.: Wiley. 7th Auflage. 2007, S. 9, doi:10.1002/14356007.a11_141.
  7. 1 2 Datenblatt Kamillenöl blau (Memento des Originals vom 17. Juli 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. bei Sanabio, abgerufen am 17. Juli 2016.
  8. George A. Burdock: Fenaroli's Handbook of Flavor Ingredients. 6th Auflage. Taylor & Francis, 2010, ISBN 978-1-4200-9077-2, S. 235, CAMOMILE FLOWER (Hungarian or German).
  9. Werner Dressendörfer: Spätmittelalterliche Arzneitaxen des Münchner Stadtarztes Sigmund Gotzkircher aus dem Grazer Codex 311. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des süddeutschen Apothekenwesens. Königshausen und Neumann, Würzburg 1978 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 15), S. 245.
  10. Vgl. auch Jürgen Martin: Die ‚Ulmer Wundarznei‘. Einleitung – Text – Glossar zu einem Denkmal deutscher Fachprosa des 15. Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 1991 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 52), ISBN 3-88479-801-4 (zugleich Medizinische Dissertation Würzburg 1990), S. 129 (Gamillenöl).
  11. Michaela und Wolfgang Steflitsch: Aromatherapie, Wissenschaft – Klinik – Praxis. Springer Verlag, 2007.
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