Karsten Klingbeil (* 8. März 1925 in Stettin; † 1. Juli 2016 in Berlin) war ein deutscher Bildhauer, Sammler und Immobilienunternehmer.

Leben

Klingbeil wurde in Stettin geboren und wuchs in vermögenden Verhältnissen in einer Villa am Kleinen Wannsee in Berlin auf. Sein Vater war ein hoher Bahnbeamter und zeitweise Chef der Berliner S-Bahn. Bereits als Schüler interessierte Klingbeil sich für Lebewesen im Wasser, die er auf Paddelboottouren kennenlernte. Noch als Jugendlicher nahm er von 1940 bis 1943 Unterricht in Bildhauerei bei den Berliner Künstlern Max Esser, Renée Sintenis und Hans Haffenrichter. 1943 wurde er zur Panzerabwehr eingezogen, geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft und kehrte erst nach zweieinhalb Jahren zurück. Danach studierte er Kunst und Biologie in Berlin.

1949 gründete er sein erstes Unternehmen, den studentischen Jobvermittlungsdienst TUSMA. Danach folgten die Gründungen eines Zeitungsvertriebes, einer Werbefirma, eines Bowling-Unternehmens und ein Engagement für die Fastfoodkette Kentucky Fried Chicken. Zudem baute er 1957 bis 1964 Schau-Aquarien in Westerland auf Sylt, am Timmendorfer Strand und in Oberstdorf im Allgäu (1957–1964) und schrieb Bücher über Aquarienpflege und historische Verdienstorden.

Als seine Unternehmen gut liefen, begann er auf Empfehlung seines Steuerberaters wegen der Abschreibungen mit dem Bau von Immobilien. 1967 gründete er die Klingbeil-Gruppe, die in den 1970er und 1980er Jahren gut 150 Bauprojekte mit mehr als 1000 Wohnungen in Berlin und Westdeutschland realisierte und zum damals größten Bau- und Wohnungsunternehmen Berlins aufstieg. Das Eigenkapital stellten überwiegend gutverdienende Westdeutsche, die mit 200-prozentigen Abschreibungen und Verlusten so viel Steuern sparten, dass sie unterm Strich fast nichts in die Berliner Immobilien investierten.

Anfang der 1970er Jahre erbaute sein Unternehmen das 1975 eingeweihte Sheraton-Hotel am Frankfurter Flughafen, seinerzeit mit 555 Zimmern das größte Flughafenhotel Europas. Von der Hessischen Landesbank erhielt er einen Kredit von 84 Millionen Mark. Während er Zeit übergab Klingbeil dem Frankfurter Oberbürgermeister Rudi Arndt Parteispenden von insgesamt 1,2 Millionen Mark in mehreren Raten, was zur Spendenaffäre der Frankfurter SPD beitrug. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein, da sie einen direkten Zusammenhang von Kredit und Spende nicht beweisen konnte.

1978 nahm er Axel Guttmann und Klaus Grönke als Mitgeschäftsführer in das Unternehmen auf, das nun als Holding für 92 Einzelunternehmen fungierte und bis 1000 Mitarbeiter beschäftigte.

1985 war er in den Antes-Skandal verwickelt. Im gleichen Jahr verkaufte er die Mehrheit seiner Geschäftsanteile an seine Mitgeschäftsführer.

1991 erwarb die Klingbeil-Groenke-Guttmann-Gruppe von der Treuhand die aus 23 Luxushotels bestehende DDR-Hotelkette Interhotel für über 1 Milliarde DM, die größtenteils über Kredite finanziert wurden. Kurze Zeit später zog er sich aus seiner Firma zurück, um sich wieder der Bildhauerei und seinen Sammlungen zu widmen. Seine Nachfolger Guttmann und Groenke wandelten daraufhin die 1995 fast insolvente Unternehmensgruppe in die noch bestehende TRIGON Immobilien Holding GmbH.

2011/2012 verkaufte er seine umfangreiche Sammlung an mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Waffen und Rüstungen sowie seine über 300 Präparate umfassende Sammlung von Krustentieren.

Wirken als Bildhauer

Klingbeil stellte seine Skulpturen im eigenen großen Garten am Wannsee aus, aber auch in Monte Carlo, Paris oder Verona. Er wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet, u. a. mit der Goldmedaille für Kunst der Stadt Paris. Im Berliner Friedrichstadt-Palast steht eine von ihm geschaffene Büste von Helga Hahnemann.

Familie

Karsten Klingbeil war viermal verheiratet, zuletzt über 50 Jahre mit seiner ehemaligen Chefsekretärin Ulla Klingbeil. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Ulla Klingbeil engagiert sich im Wohltätigkeitsbereich. Die Klingbeils bezahlten unter anderem eine (wenn auch letztlich nicht erfolgreiche) alternative Krebstherapie für Tamara Danz.

Immobilienprojekte (Auswahl)

Schriften

  • mit G. Keuer u. a.: Das bunte Aquarien-Buch. Bertelsmann, Gütersloh 1964
  • mit Andreas Thies: Orden: 1700-2000, in 4 Bänden. Klingbeil, Berlin 2008–2011, ISBN 978-3-00-022480-5

Film

In dem 2001 erschienenen Dokumentarfilm Berlin Babylon wird Klingbeil in seinem Atelier zur Stadtentwicklung in Berlin und seinem Ausstieg aus dem Bauträgergeschäft interviewt.

„Es bringt nichts, der reichste Mann auf dem Friedhof zu sein.“

Karsten Klingbeil: über seinen Ausstieg aus dem Bauträgergeschäft

Auszeichnungen

  • Goldmedaille für Kunst der Stadt Paris

Literatur

Commons: Karsten Klingbeil – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Christoph Stollokowsky: Karsten Klingbeil ist tot: Der Tausendsassa. In: tagesspiegel.de. 24. Juli 2016, abgerufen am 30. März 2019.
  2. September 2010. In: berlin-art-spot.blogspot.com. Abgerufen am 30. März 2019.
  3. Barbara Jänichen: Bildhauer Karsten Klingbeil lebt in Wannsee seinen Traum. In: morgenpost.de. 6. März 2005, abgerufen am 30. März 2019.
  4. 1 2 Ralf Schönball: Die Party sollte nie zu Ende gehen. In: tagesspiegel.de. 31. Oktober 2001, abgerufen am 30. März 2019.
  5. 1 2 Peter Sandmeyer, Harf Zimmermann: Der letzte Krebsgang. In: mare. Band 95, 2012.
  6. The Karsten Klingbeil collection, part II, antique arms & armour = Sammlung Karsten Klingbeil, Teil II, alte Waffen & Rüstungen.Hermann Historica, München 2012; Auktion der Sammlung Karsten Klingbeil bei der Hermann Historica oHG in München mit exzellenten Ergebnissen.
  7. The Karsten Klingbeil Collection / Premiere vente - First Auction: Le ‘musee fantastique’ de Karsten Klingbeil - Crabes et Crustaces - Crabs and Crustaceans. Pierre Berge, Hermann Historica, Bruxelles / München 2011, S. en.
  8. Bauherr und Bildhauer Karsten Klingbeil gestorben. In: morgenpost.de. 21. Juli 2016, abgerufen am 30. März 2019.
  9. Die Klingbeils: Glück seit 50 Jahren. In: B.Z. Berlin. 27. Mai 2012, abgerufen am 30. März 2019.
  10. Alexander Osang: Tamara Danz – Legenden. Ch. Links Verlag, Berlin 1997, ISBN 3-86153-124-0, S. 150 ff.
  11. PROTAGONISTEN. In: berlinbabylon.de. Abgerufen am 30. März 2019.
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