Kaurane sind sekundäre Naturstoffe aus der Klasse der Diterpene. Das tetracyclische Kaurangerüst besteht aus drei anellierten Cyclohexanringen sowie einem Cyclopentanring, der einen Cyclohexanring überbrückt. Bei den seco-Kauranen wurde mindestens eine C-C-Bindung des Kaurangerüstes oxidativ gespalten. Es sind Vertreter beider Enantiomere des Kaurangerüstes (Kauran und ent-Kauran) bekannt, häufig ist jedoch die absolute Stereochemie nicht experimentell geklärt, sondern nur aufgrund von Analogien hergeleitet.

Vorkommen

Kaurane kommen fast ausschließlich in Pflanzen vor. Es sind ca. 1500 unterschiedliche Kaurane sowie ca. 300 seco-Kaurane bekannt, die insbesondere in folgenden Pflanzenfamilien nachgewiesen wurden:

  • Lamiaceae: ca. 800 Kaurane. Besonders groß ist die Vielfalt in der Gattung Isodon (Synonym Rabdosia).
  • Asteraceae (Compositae): ca. 400 Kaurane, z. B. in der Gattungen Helianthus und Stevia. Ein Beispiel für ein sehr giftiges Kauranglykosid ist das Atractylosid aus Atractylis gummifera.
  • Annonaceae: ca. 80 Kaurane, z. B. in der Gattung Xylopia
  • Euphorbiaceae: ca. 40 Kaurane

In Pilzen lässt sich vor allem 19-Kaurensäure nachweisen, die ein Biosynthesezwischenprodukt zu den Gibberellinen darstellt, die sowohl in Pilzen als auch in Pflanzen vorkommen. Obwohl komplexere Kaurane in der Natur fast nur von Pflanzen produziert werden, gelingt es durch Einbau der aus den Pflanzen bekannten Biosynthesegene in kultivierbare Mikroorganismen (z. B. in die Hefe Saccharomyces) Kaurane durch Fermentation zu produzieren. Ob die durch dieses Verfahren mittels genetisch modifizierter Hefen produzierten Verbindungen als natürlich einzustufen sind, ist jedoch umstritten.

Biosynthese

Die Biosynthese der Kaurane erfolgt über Cyclisierung des acyclischen Geranylgeraniol zum bicyclischen Copalyldiphosphat (Diterpengrundgerüst Labdan). Im nächsten Schritt wird das tetracyclische Kaurangerüst durch das Enzym Kaurensynthase gebildet. Oxidationen, Veresterungen oder Glykosylierungen finden erst nach Cyclisierung zum Kaurangerüst statt. Die Biosynthese der süßen und damit kommerziell interessanten Steviolglykoside ist im Detail bis auf enzymatischer und genetischer Ebene geklärt, so dass sie mittels heterologer Expression der entsprechenden Gene in Hefen als Expressionssystem gezielt produziert werden können.

Verwendung

Einige Kauranglykoside sind bis zu 250 mal süßer als Zucker. Süße Kauranglykoside, die Stevioside, sind vor allem aus der Asteraceae Stevia rebaudiana bekannt, kommen aber auch in anderen Pflanzenarten vor, z. B. das Rubusoside in Blättern der Brombeerart Rubus suavissimus (Rosaceae). Extrakte aus Stevia rebaudiana sowie daraus isolierte Reinsubstanzen, insbesondere das nicht so sehr nach Lakritz schmeckende Rebaudiosid A, werden als natürliche Süßstoffe eingesetzt.

Einzelnachweise

  1. Pablo Anselmo García, Alaíde Braga de Oliveira, Ronan Batista: Occurrence, Biological Activities and Synthesis of Kaurane Diterpenes and their Glycosides. In: Molecules. Band 12, Nr. 3, 2007, S. 455483, doi:10.3390/12030455.
  2. Dictionary of Natural Products 26.2. CRC Press, Suche nach (Type of Compound = Kaurane and Type of Organism = Pflanzenfamilie), abgerufen am 2. Januar 2018.
  3. Miao Liu, Wei-Guang Wang, Han-Dong Sun, Jian-Xin Pu: Diterpenoids from Isodon species: an update. In: Natural Product Reports. Band 34, Nr. 9, 30. August 2017, S. 1090–1140, doi:10.1039/c7np00027h, PMID 28758169.
  4. H. Kawaide, R. Imai, T. Sassa, Y. Kamiya: Ent-kaurene synthase from the fungus Phaeosphaeria sp. L487. cDNA isolation, characterization, and bacterial expression of a bifunctional diterpene cyclase in fungal gibberellin biosynthesis. In: The Journal of Biological Chemistry. Band 272, Nr. 35, 29. August 1997, S. 21706–21712, PMID 9268298.
  5. 1 2 Patent EP2742142: Recombinant Production of Steviol Glycosides. Veröffentlicht am 18. Juni 2014, Anmelder: Evolva SA, Erfinder: Jens Houghton-Larson, Paula Hicks, Michael Naesby, Thomas Ostergaard, Jorgen Hansen, Michael Dalgaard, Espen Halkjaer, Ernoesto Simon.
  6. J. E. Brandle, P. G. Telmer: Steviol glycoside biosynthesis. In: Phytochemistry. Band 68, Nr. 14, 2007, S. 1855–1863, doi:10.1016/j.phytochem.2007.02.010.
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