Insekten

Honigbiene (Apis mellifera)

Systematik
ohne Rang: Bilateria
ohne Rang: Urmünder (Protostomia)
Überstamm: Häutungstiere (Ecdysozoa)
Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Unterstamm: Sechsfüßer (Hexapoda)
Klasse: Insekten
Wissenschaftlicher Name
Insecta
Linnaeus, 1758
Unterklassen

Insekten (Insecta), auch Kerbtiere oder Kerfe genannt, sind die artenreichste Klasse der Gliederfüßer (Arthropoda) und zugleich die mit absoluter Mehrheit auch artenreichste Klasse der Tiere überhaupt. Beinahe eine Million Insektenarten sind bisher wissenschaftlich beschrieben worden (925.000 nach Grimaldi/Engel 2005, 865.000 nach Nielsen/Mound 1997). Damit sind mehr als 60 Prozent aller beschriebenen Tierarten Insekten. Nach verschiedenen Hochrechnungen rechnet man allerdings mit einem Vielfachen, wobei vor allem in den tropischen Regenwäldern noch Millionen unentdeckter Arten vermutet werden. Alleine aus Deutschland sind 2022 etwa 34.000 Arten von Insekten bekannt. Fossil lassen sich Insekten zum ersten Mal vor rund 400 Millionen Jahren im Devon nachweisen.

Das Wort „Insekt“ (aus lateinisch īnsectum „eingeschnitten“) wurde im 18. Jahrhundert als Fremdwort übernommen und bedeutet demnach „eingeschnittenes (Tier)“, was sich auf die stark voneinander abgesetzten Körperteile bezieht. Es ist eine Lehnübersetzung von altgriechisch ἔντομα [ζῶα] éntoma zōa, deutsch Insekten, Kerbtiere (wörtlich ‚eingeschnittene [Tiere]‘; zu ἐντέμνειν entémnein, deutsch einschneiden), das in Entomologie (Insektenkunde) enthalten ist. Der Begriff „Kerbtier“ geht auf den deutschen Schriftsteller Philipp von Zesen zurück. Früher wurde auch der wissenschaftliche Name Hexapoda (griechisch für „Sechsfüßer“) verwendet, der heute für eine übergeordnete Gruppe reserviert ist (siehe Abschnitt zur Systematik).

Äußere Anatomie

Die Größe der Insekten variiert sehr stark und liegt bei den meisten Arten zwischen einem und 20 Millimetern. Die kleinsten Arten sind in Eiern anderer Insekten parasitierende Hautflügler (Zwergwespen), die Männchen der kleinsten bekannten Art (Dicopomorpha echmepterygis) werden 0,14 bis 0,24 mm lang. Die kleinsten frei lebenden Insekten sind Zwergkäfer mit einer minimalen Körperlänge von etwa 0,4 mm. Die größten bekannten Insekten sind Stabschrecken mit etwa 33 Zentimetern Körperlänge sowie der Riesenbockkäfer (Titanus giganteus) mit einer Körperlänge von 15 Zentimetern. Entsprechend ihrer Lebensweise kann der Körper der Insekten langgestreckt, abgeflacht oder mehr oder weniger kugelig sein.

Allen Insekten gemeinsam ist ein Exoskelett aus dem verfestigenden Strukturprotein Sklerotin und dem Polysaccharid Chitin sowie die anatomisch meist deutlich sichtbare Gliederung in die drei Abschnitte (Tagmata) Kopf (Caput), Brust (Thorax) und Hinterleib (Abdomen) und das Vorhandensein von genau drei Beinpaaren. Alle Körperteile bestehen aus einzelnen Segmenten, die eine Rückenplatte (Tergit), eine Bauchplatte (Sternit) sowie Seitenplatten (Pleurite) aufweisen. Seitlich der einzelnen Segmente sind im Grundbauplan Öffnungen des Tracheensystems, so genannte Stigmen, angelegt, deren tatsächliche Anzahl jedoch bei den einzelnen Taxa der Insekten stark schwanken kann. Auch Extremitäten und deren Teile (Mundwerkzeuge, Styli, Gonopoden) können an jedem einzelnen Segment jeweils in Paaren vorkommen. Der Thorax trägt sechs Beine (drei Paare). Jedes Segment besitzt außerdem ein Ganglienpaar im Bauchmark, wobei die Ganglien des Kopfes zu einem Oberschlund- und einem Unterschlundganglion verschmolzen sind. Zwischen den einzelnen Segmenten befinden sich dehnbare Häutchen, die Intersegmentalhäute, die eine Beweglichkeit der Segmente gegeneinander sowie eine Volumenveränderung des Körpers bei der Eiproduktion, Nahrungsaufnahme oder Atmung ermöglichen. Bei starr verschmolzenen Segmenten, etwa im Kopf, sind diese Häutchen nicht vorhanden.

Das Exoskelett bildet die äußere Schicht des Insektenkörpers. Diese Cuticula wird von einer darunter liegenden Epidermis gebildet. In ihr eingebettet befinden sich die Sinnesorgane sowie verschiedene Drüsenausgänge des Insekts. Mit mehr oder weniger starker Beteiligung der Epidermis bildet das Exoskelett verschiedene Oberflächenstrukturen aus, zu denen Warzen, Dornen, Haare, Borsten, Schuppen und Höcker gehören. Durch die Einlagerung von Farbstoffen (Pigmentfarben) oder aufgrund spezieller lichtbrechender Oberflächen (Interferenzfarben) können die Außenschicht des Insekts oder einzelne Körperteile gefärbt sein.

Als Sinnesorgane dienen vor allem Haarsensillen, die über den Körper verteilt sind. Diese reagieren auf Erschütterungen und Schwingungen, können jedoch auch Gerüche, Feuchtigkeit oder Temperaturen wahrnehmen. Einige dieser Sinneszellen sind zu Sinnesorganen gruppiert, so etwa das Johnstonsche Organ am Pedicellus der Antenne oder die Tympanalorgane zur Geräuschwahrnehmung, die man beispielsweise bei den Langfühlerschrecken findet. Dadurch ist die Wahrnehmung von Schwingungen im Bereich von 1 Hz bis 100.000 Hz möglich. Als optische Sinnesorgane dienen die Facettenaugen sowie die Ocellen, bei vielen Larven auch die larvalen Punktaugen.

Der Insektenkopf: Augen, Antennen, Mundwerkzeuge

Der Insektenkopf besteht aus einem vorderen Abschnitt, dessen Segmentnatur umstritten ist (nach der früher vorherrschenden Articulata-Hypothese entspricht er dem Acron der Anneliden) und fünf weiteren miteinander verschmolzenen Segmenten und trägt die Augen und die Gliederantenne sowie einen typischen Apparat von Mundwerkzeugen aus paarigen Mandibeln und Maxillen sowie einem unpaaren Labium. Entsprechend befindet sich am Kopf auch die Mundöffnung, durch die Nahrung aufgenommen wird. Die von außen sichtbaren Nähte des Insektenkopfes haben mit den Segmentgrenzen bis auf eine Ausnahme, der Grenze zwischen dem fünften und sechsten Segment (Postoccipitalnaht), nichts zu tun.

Die Facettenaugen sitzen auf dem vorderen Abschnitt, daneben besitzen Insekten im Grundbauplan drei Punktaugen (Ocellen) zur Hell-Dunkelwahrnehmung. Das zweite Segment ist das Antennalsegment mit der für die Insekten typischen Geißelantenne. Diese unterscheidet sich von der Gliederantenne, die man bei den ursprünglichen Hexapoden findet, dadurch, dass sie nur ein Basal- oder auch Schaftglied mit Muskulatur besitzt, den Scapus. Das darauf folgende Wendeglied, der Pedicellus, ist gemeinsam mit der Geißel gegenüber dem Scapus beweglich. Im Pedicellus befindet sich das Johnstonsche Organ, ein Sinnesorgan, welches auf Erschütterungen und Schall reagieren kann. Die Geißel selbst ist unterschiedlich lang ausgebildet und kann auch sehr unterschiedlich geformt sein. Sie besitzt Sinneszellen, die vor allem der Geruchswahrnehmung dienen.

Als drittes Segment folgt das Intercalarsegment, welches wiederum keine eigenen Strukturen trägt (es entspricht dem zweiten Antennensegment der Krebstiere). Am vierten bis sechsten Segment befinden sich die Mundwerkzeuge, beginnend mit den Mandibeln und den Maxillen, die jeweils paarig vorliegen, und abschließend mit dem Labium, das durch eine Verwachsung des Basalglieds unpaar ist und den Mundraum nach hinten abschließt. Den vorderen Abschluss bildet der Clypeus mit dem Labrum. Die Mandibel besteht nur aus einem Glied. Sie stellt als Beiß- und Kauwerkzeug bei den meisten Insekten das kräftigste Mundwerkzeug dar. Die Maxille lässt den Extremitätencharakter der Mundwerkzeuge sehr deutlich erkennen und erinnert an das Spaltbein der Krebstiere. Sie besteht aus einem Basalglied, dem Coxopoditen, der durch einen Cardo und einen Stipes geteilt ist. Darauf folgen zwei Kauladen, die als Galea und Lacinia bezeichnet werden, sowie ein mehrgliedriger Taster, der Palpus maxillaris. Das Labium entspricht diesem Aufbau, mit der Ausnahme, dass hier die beiden Coxopoditen verschmolzen sind und eine gemeinsame Basalplatte bilden, die in Mentum und Submentum unterteilt ist. Auch hier gibt es auf jeder Seite zwei Kauladen, die Glossae und die Paraglossae, sowie einen Palpus, den Palpus labialis. Vor allem die Palpen besitzen Sinneszellen zur Geruchs- und Geschmackswahrnehmung. Als weitere Strukturen des Mundraumes gibt es den Hypopharynx als zungenförmige Bildung des Mundvorraums und den Epipharynx an der Innenseite des Labrums.

Der hier beschriebene Bauplan entspricht dem Grundmuster der Insekten und wird als kauend-beißender Typ bezeichnet. Durch Abwandlungen der einzelnen Strukturen in Anpassung an unterschiedliche Ernährungsweisen können sich aus diesem Typus verschiedene andere Mundwerkzeugstypen entwickeln, darunter die leckend-saugenden Mundwerkzeuge vieler Fliegen oder die stechend-saugenden Mundwerkzeuge der Mücken oder der Wanzen.

Der Thorax

Der Thorax besteht immer aus drei Segmenten und trägt bei allen Insekten die sechs Laufbeine sowie bei den geflügelten Insekten zudem die beiden Flügelpaare. Die Einzelsegmente werden aufgrund ihrer Lage zueinander als Prothorax, Mesothorax und Metathorax bezeichnet. Jedes dieser Segmente trägt ein Paar der Thorakalbeine, die gemeinhin als Laufbeine ausgeprägt sind. Diese Beine können, abhängig von ihrer Funktion, sehr unterschiedlich gestaltet sein, besitzen jedoch immer den gleichen Grundaufbau. Sie bestehen aus einer Hüfte (Coxa), einem darauf folgenden Schenkelring (Trochanter), dem Oberschenkel (Femur), der Schiene (Tibia) sowie einem gegliederten Fuß (Tarsus), der aus einem bis fünf Tarsalgliedern sowie einem Praetarsus besteht. Der Praetarsus trägt im Normalfall zwei Krallen sowie bei vielen Insekten mehrere weitere Strukturen, die vor allem dem Festhalten an verschiedenen Oberflächen dienen.

Bei den geflügelten Insekten tragen der Meso- und der Metathorax außerdem jeweils ein Paar Flügel, die bei den verschiedenen Insektengruppen unterschiedlich ausgeprägt sein können. Da Meso- und Metathorax hier eine Einheit bilden, werden sie gemeinsam auch als Pterothorax (von griech. pteron = „Flügel, Feder, Flosse“) bezeichnet.

Die ursprünglichen Insektengruppen wie die Felsenspringer und die Fischchen sind allerdings ungeflügelt, entsprechend sind Flügel nicht im Grundbauplan der Insekten vorhanden und erst später innerhalb der Insekten, mit der Entwicklung der Fluginsekten, entstanden. Stattdessen besitzen die Insekten im Grundbauplan seitlich an den Thoraxsegmenten Duplikaturen der Epidermis, die als Paranota bezeichnet und als Vorläuferstrukturen der Flügel angesehen werden.

Das Abdomen

Das Abdomen besteht ursprünglich aus elf Segmenten, von denen jedoch bei den verschiedenen Insektentaxa einzelne verschmolzen oder abhandengekommen sind. Die Abdominalsegmente tragen nur abgewandelte Extremitäten und keine echten Beine. So finden sich etwa Styli, vor allem bei Larvenformen. Außerdem besitzt eine Reihe von Insektengruppen Cerci am letzten Segment, die für unterschiedliche Funktionen ausgebildet sind. Auch die Gonopoden, die die Begattungsorgane der Männchen und den Legeapparat (Ovipositor) der Weibchen bilden, sind umgewandelte Extremitäten. Das Abdomen enthält im Gegensatz zum Thorax nur sehr wenig Muskulatur, stattdessen sind hier die meisten Organsysteme lokalisiert.

Innere Anatomie und Physiologie

Nerven- und Hormonsystem

Das Nervensystem der Insekten entspricht im Wesentlichen dem gemeinsamen Grundbauplan der Mandibulata, zu denen neben ihnen auch die Krebstiere und Tausendfüßer gehören. Es besteht aus einem paarigen Bauchmarkstrang, der in jedem Segment ein Ganglienpaar aufweist. Im Kopf sind die Ganglien zu einem Oberschlundganglion, dem Gehirn, sowie zu einem Unterschlundganglion verschmolzen, beide sind miteinander über die Schlundkonnektive verbunden. Das Gehirn selbst weist einen sehr großen vorderen Bereich auf, das Protocerebrum, von dem beidseitig Bereiche in die Zentren der Komplexaugen ausstrahlen, die als Lobi optici bezeichnet werden. Auch die Ocellen werden von diesem Hirnteil innerviert. Vom Deuterocerebrum, dem zweiten Hirnabschnitt, ziehen Nerven in die Antennen und das Tritocerebrum versorgt den Vorderdarm durch eine Tritocerebralkommissur mit Nerven. Die Mundwerkzeuge werden von den im Unterschlundganglion konzentrierten Ganglien des vierten bis sechsten Segments versorgt. Durch den Thorax zieht sich das Bauchmark in Form eines typischen Strickleiternervensystems, wobei drei besonders große Ganglienpaare im Thorax die Beine und (wenn vorhanden) die Flügel versorgen. Das Abdomen enthält im Grundbauplan 7 normale Ganglienpaare und eine Ganglienmasse im achten Abdominalsegment, die aus den Ganglien aller folgenden Segmente besteht.

Das vegetative Nervensystem besteht aus drei Abschnitten. Dabei wird der vordere Abschnitt durch die Nerven des Mund- und Vorderdarmbereiches mit dem Frontal-, dem Hypocerebral- und dem Ventrikularganglion sowie den Corpora cardiaca und den Corpora allata gebildet. Den zweiten Abschnitt bildet die paarige Bauchganglienkette, der die Innervierung der Stigmen zukommt. Der hintere Darmabschnitt und die Genitalien werden vom caudalen Nerv versorgt. Besonders im Gehirn besitzen Insekten zudem neurosekretorische Drüsen, zu denen auch die bereits benannten Corpora cardiaca und Corpora allata gehören. Letztere schütten das Juvenilhormon aus, welches bei der Häutung das Entwicklungsstadium beeinflusst. Die Häutung selbst wird durch die Häutungshormone induziert, vor allem das Ecdyson.

Atmung

Als Atmungsorgane dienen bei den Insekten weitestgehend starre Röhren, die den gesamten Körper durchziehen und in immer feineren Röhren bis an die Organe und Einzelzellen reichen. Dieses System wird als Tracheensystem bezeichnet und entwickelt sich aus Einstülpungen der Epidermis nach innen. Entsprechend sind die Tracheen wie die Außenseite der Insekten mit einer Epidermis und einer Auskleidung von Chitin überzogen. Diese Cuticula wird durch Taenidien versteift, spiralförmige Strukturen, die sich um die Röhre winden, um ein Kollabieren zu verhindern. Nach außen öffnen sich die Tracheen in Atmungsöffnungen, die als Stigmen bezeichnet werden.

Der Atemvorgang ist primär passiv. Durch diese Form der Atmung ist auch bedingt, dass Insekten in wärmeren Gebieten größer werden können. In eher kalten Gebieten reicht die Molekularbewegung der Luft nicht aus, um die inneren Tracheen ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen. Der Luftaustausch wird jedoch durch eine muskulöse Kontrolle der Stigmen reguliert und kann durch Ventilation erhöht werden. Bei vielen Insekten wurde die Anzahl der Stigmen von ursprünglich einem Paar an jedem Thorax- und Abdomensegment durch Querverbindungen (Anastomosen) reduziert, außerdem haben sich bei vielen Taxa Luftsäcke zur Unterstützung der Atmung und zur Sauerstoffspeicherung entwickelt. Bei Wasserinsekten haben sich zudem weitere Anpassungen entwickelt, die eine Atmung unter Wasser ermöglichen. So findet man bei vielen Wasserkäfern und anderen Wasserinsekten einen Bereich, der es durch eine besondere Oberfläche ermöglicht, eine Luftblase zu halten (Physikalische Kieme). Andere Arten besitzen ein volumenkonstantes Plastron oder Atemrohre zur Atmung. Vor allem bei wasserlebenden Insektenlarven wird auf die Tracheenatmung vollständig verzichtet und der Sauerstoff wird stattdessen über Tracheenkiemen oder die Haut aufgenommen.

Blutkreislauf

Das Blutgefäßsystem von Insekten besteht im Wesentlichen aus einem Hohlraum, dem Haemocoel, in dem alle inneren Organe in Blut (Hämolymphe) schwimmen (offener Blutkreislauf).

Als verbliebenen Teil des Blutgefäßsystems besitzen Insekten ein unverzweigtes, einfaches Rückengefäß. Dieses besitzt einen kontraktilen Teil im Abdomen, der die Hämolymphe in den Körper pumpt und entsprechend Herz (nach caudal geschlossen) genannt wird, und einen Ast, der bis in den Kopf, das Gehirn und den Kopf mit Blut versorgt und Aorta (nach cranial offen) genannt wird. Der Blutstrom wird über die Peristaltik des Herzens in Bewegung gehalten, dabei wird die Hämolymphe von einem bis zwölf Paar seitlicher Öffnungen des Herzens, den Ostien, in das Herz gesaugt und nach vorn durch die Aorta in den Kopf gepumpt. Von dort verteilt es sich über den Thorax in den Hinterleib und außerdem in die Beine und Flügel des Tieres. An den Beinen, Antennen und Flügeln sorgen kleinere Pumpsysteme für eine Versorgung bis in die Enden der Strukturen. So befindet sich im Kopf ein muskulöses sogenanntes Antennenherz, es pumpt die Hämolymphe in die Antennenampullen und in die dazugehörigen Antennen. Unterhalb des Herzens liegt ein dorsales Häutchen aus Muskulatur und Bindegewebe, welches als Diaphragma den Rückenteil des Körpers (Pericardialsinus) vom Hauptraum des Körpers (Perivisceralsinus) mit dem Darm und den Geschlechtsorganen trennt. Ein weiteres Diaphragma liegt oberhalb des Bauchteils (Perineuralsinus) mit dem Bauchmark.

Die Hämolymphe selbst macht 20 bis 40 Prozent des Körpergewichts aus und besteht aus Zellen, den Hämocyten, sowie dem flüssigen Plasma. Es transportiert das bei der Atmung entstehende Kohlendioxid, Proteine, Nährstoffe, Hormone und Exkrete und dient zudem der Osmoregulation und dem Aufrechterhalten des Körperinnendrucks. Das Blut ist meist farblos, aber es kann auch grünlich-gelb sein; es transportiert nicht nur Nährstoffe zu allen Körperteilen, sondern bringt auch die Hormone zu ihrem Bestimmungsort. Das Blut enthält spezielle Zellen, die Krankheitserreger bekämpfen, und andere, die Schäden oder Wunden reparieren. Anders als das Blut von Wirbeltieren enthält das Insektenblut keine Zellen, die mit der Atmung zu tun haben.

Die traditionelle Ansicht, das Blut der Insekten hätte aufgrund des effektiven Tracheensystems seine Funktion der Sauerstoffverteilung verloren, wurde in den letzten Jahren aufgrund neuer Befunde relativiert. Vorkommen des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin sind bereits seit langem in aquatischen Insektenlarven, die unter Sauerstoffmangelbedingungen leben, wie z. B. Zuckmückenlarven, bekannt. Genomanalysen haben nun gezeigt, dass die Hämoglobinproduktion zum Grundvermögen beinahe aller Insekten gehört. Hämoglobin kommt vorwiegend in Kiemen und anderen respiratorischen Organen vor, so dass seine Funktion für die Atmung gesichert ist. Bei zahlreichen Insektenordnungen wurde außerdem der blaue Blutfarbstoff Hämocyanin nachgewiesen, zumindest für eine Steinfliege wurde auch hier eine Funktion für die Sauerstoffversorgung nachgewiesen.

Verdauung und Exkretion

Die Verdauung erfolgt im Darmsystem der Tiere. Dieses ist in drei funktionelle Abschnitte gegliedert, die entsprechend ihrer Lage als Vorder-, Mittel- und Enddarm bezeichnet werden. Der vordere und der hintere Anteil sind ektodermal gebildet und besitzen eine Auskleidung mit einer Chitincuticula, die entsprechend auch gehäutet werden muss. Der Vorderdarm beginnt mit der Mundöffnung und besteht vor allem aus dem muskulösen Pharynx. Über die Speiseröhre ist dieser Abschnitt mit dem Mitteldarm verbunden, wobei diese bei vielen Insekten auch Bereiche zur Nahrungsspeicherung (Ingluvies) oder einen Vormagen (Proventriculus) mit Kaustrukturen wie Leisten aus Chitin enthalten kann. Der Mitteldarm ist mit einem Drüsenepithel ausgekleidet und produziert die Enzyme, die zur Verdauung notwendig sind. Hier erfolgt auch die Resorption der Nährstoffe, die bei vielen Insekten in Blindschläuchen (Caeca) oder Krypten stattfindet. In den Caeca und Krypten können bei vielen Insekten auch endosymbiotische Mikroorganismen (Bakterien, Pilze oder Flagellaten) leben, die bei der Aufspaltung von bestimmten Nahrungsbestandteilen benötigt werden, z. B. für den Abbau von Cellulose. Daneben wurde bei wenigen Insekten eine endogene Cellulase nachgewiesen (bei den Termitenarten Reticulitermes speratus und Coptotermes formosanus). Herkunft des tierischen Cellulasegens wird beim letzten gemeinsamen Vorfahren der Bilateria gesehen.

Die unverdaulichen Reste (Exkremente) werden über den Enddarm ausgeschieden. Die Exkretion der Insekten erfolgt über kleine Blindschläuche, die am Übergang des Mitteldarms zum Enddarm in den Darm münden. Diese werden als Malpighische Gefäße bezeichnet und sind wie der Enddarm ektodermalen Ursprungs. In den Zellen dieser Schläuche werden aktiv stickstoffhaltige Exkrete der Hämolymphe entzogen und mit den Exkrementen ausgeschieden. In den Rektalpapillen wird den Ausscheidungsprodukten vor der Ausscheidung noch Wasser entzogen.

Wichtige Strukturen der Nährstoff- und Exkretspeicherung sind die Fettkörper, die als große Lappen im Abdomen der Insekten liegen. Neben der Speicherung dienen sie der Synthese von Fetten und Glykogen sowie dem Abbau von Aminosäuren.

Geschlechtsorgane

Bis auf wenige Arten sind alle Insekten getrenntgeschlechtlich. Sehr wenige Arten sind Zwitter, eine Reihe von Arten pflanzt sich durch Parthenogenese fort.

Die Männchen besitzen paarige Hoden zur Spermienproduktion im Hinterleib, die über Samenleiter (Vasa deferentia) mit paarigen Samenbläschen (Vasa seminales) verbunden sind. Diese münden in einen unpaaren oder paarigen Ejakulationsgang, den Ductus ejaculatorius, und danach über mehr oder weniger komplex aufgebaute Begattungsorgane, den Aedeagus, meist im neunten Abdominalsegment nach außen. Zusätzlich können noch Zusatzdrüsen vorhanden sein, die Samenflüssigkeiten oder Stoffe zur Bildung von Spermatophoren bilden und den Spermien zugeben.

Auch die Ovarien der Weibchen sind im Regelfall paarig angelegt. Sie bestehen meistens aus einem Büschel einzelner Ovarienstränge, die als Ovariolen bezeichnet werden. Jede dieser Ovariolen besteht aus einem Germarium, in dem die Eizellen produziert werden, und einem Vittelarium zur Produktion der Dotterzellen. Abhängig von der Art, wie die Eier mit Dotter versorgt werden, unterscheidet man dabei drei verschiedene Formen von Ovariolen, die bei unterschiedlichen Insektentaxa vorkommen können. Bei der ersten Form, die als panoistische Ovariole bezeichnet wird, werden einzelne Eier im Vitellarium mit Dotter versorgt. Beim meroistisch-polytrophen Typ besitzt jede einzelne Eizelle mehrere Nährzellen und erhält über diese den Dotter. Bei der meroistisch-telotrophen Ovariole bleibt die einzelne Eizelle über einen Nährstrang mit dem Germarium verbunden und erhält den Dotter über diesen Weg. Um die heranwachsenden Eizellen legen sich bei allen Typen Follikelzellen.

Die Ovariolen vereinigen sich und enden in einer unpaaren Vagina, die zwischen dem siebten und neunten Abdominalsegment entweder direkt nach außen oder in eine Begattungstasche, der Bursa copulatrix, endet (Ausnahme: Eintagsfliegen). Im Bereich der Vagina ist bei fast allen Insekten eine Spermiensammeltasche, das Receptaculum seminis vorhanden, außerdem können verschiedene Anhangsdrüsen zur Produktion von Kittsubstanzen oder ähnlichem vorhanden sein.

Lebensräume

Insekten sind in fast allen Lebensräumen der Erde zu finden. Eine große Ausnahme sind die Ozeane, in welchen man keine Insekten findet (lediglich etwa 100 Arten auf der Meeresoberfläche). Auch wenn die Ozeane aus mehreren Gründen sehr unwirtliche Lebensräume für Insekten sind, bleibt es in Anbetracht der insgesamt sehr hohen Zahl an Insektenarten eine offene Frage der Wissenschaft, warum sich noch keine einzige Art an das Leben im Meer anpassen konnte.

Die größte Artenvielfalt der Insekten existiert in den tropischen Gebieten, während in Extremlebensräumen wie den Polargebieten, den Hochgebirgen und den Meeresoberflächen nur sehr wenige, aber hochangepasste Insektenarten leben. So findet man etwa in der Antarktis die Zuckmückenart Belgica antarctica, auf der Meeresoberfläche die zu den Wanzen zählenden Meerwasserläufer und im Gezeitenwatt die Larven von Zuckmücken der Gattung Clunio.

Einige Arten sind sehr stark spezialisiert und kommen entsprechend nur in besonders geeigneten Lebensräumen vor (stenöke Arten), andere dagegen können in fast allen Lebensräumen mit Ausnahme der Extremlebensräume leben (euryöke Arten) und wurden teilweise durch den Menschen weltweit verbreitet, so dass sie heute Kosmopoliten sind. Zu letzteren gehören vor allem verschiedene Arten der Schaben, Ameisen und Termiten sowie die als Nutztiere gehaltenen Honigbienen.

Die meisten Insekten leben in Böden oder auf bodennahen Strukturen sowie auf und in Pflanzen. Man geht davon aus, dass mit jeder Baumart der tropischen Regenwälder etwa 600 Insektenarten assoziiert sind, wobei man bei 50.000 Baumarten auf eine Artenzahl der Insekten von etwa 30 Millionen kommt. Auch auf Tierarten leben eine Reihe von Insekten, meistens als Ektoparasiten wie die verschiedenen Arten der Tierläuse und Flöhe oder als Kommensalen und Jäger im Fell der Tiere. Der Mensch stellt hierbei keine Ausnahme dar, auf ihm findet man etwa die verschiedenen Arten der Menschenläuse. Seltener sind Insekten Endoparasiten in Tieren. Zu nennen sind hier vor allem die zu den Zweiflüglern gehörenden Dasselfliegen, bei denen sich die Larven im Rachen (Rachendasseln), der Nasenhöhle (Nasendasseln) oder sogar im Magen (Magendasseln) von Pflanzenfressern entwickeln.

Lebensweise

Aufgrund ihrer Vielfalt haben Insekten heute beinah jede ihrer Größe angemessene ökologische Nische realisiert. Dabei spielt eine große Anzahl der Arten eine bedeutende Rolle bei der Remineralisierung organischer Stoffe im Boden, in der Bodenstreu, im Totholz und in anderen organischen Strukturen. Zu dieser Gruppe gehören auch die Leichenzersetzer, die in Tierleichen zu finden sind. Viele weitere Arten leben als Pflanzenfresser von lebenden Pflanzenteilen, das Spektrum reicht dabei von Wurzelhaaren über Holz bis hin zu Blättern und Blüten. Eine Reihe von Arten lebt als Nektar- und Pollensammler und spielt dabei eine wichtige Rolle bei der Pflanzenbestäubung. Wieder andere Insekten leben in und an Pilzen und ernähren sich von diesen. Eine große Gruppe von Insekten ernährt sich räuberisch von anderen Insekten oder kleineren Beutetieren. Eine letzte Gruppe stellen diejenigen Insekten dar, die sich von Teilen größerer Tiere wie Haaren, Schuppen und ähnlichem ernähren. In diese Gruppe gehören auch die zahlreichen Parasiten unter den Insekten, die beispielsweise Blut saugen oder sich in lebenden Geweben entwickeln.

Eine Besonderheit innerhalb der Insekten stellen verschiedene Arten von staatenbildenden Insekten dar. Diese Form des Zusammenlebens hat sich mehrfach unabhängig voneinander bei den Termiten und verschiedenen Hautflüglern (Ameisen, Bienen, Wespen) entwickelt. Bei diesen Tieren kommt es zum Aufbau eines Insektenstaates, in dem die Einzeltiere bestimmte Rollen innerhalb der Gesellschaft übernehmen. Häufig kommt es dabei zur Bildung von Kasten, deren Mitglieder sich morphologisch und in ihrem Verhalten gleichen. Bei vielen Ameisen findet man beispielsweise Arbeiter, Soldaten und Nestpfleger. Die Fortpflanzung übernehmen in diesen Fällen nur sehr wenige Geschlechtstiere innerhalb des Insektenstaates, manchmal nur eine einzige Königin, die befruchtete und unbefruchtete Eier legt.

Viele Insekten verfügen über die Fähigkeit zu fliegen (Insektenflug), Fluginsekten stellen die artenreichste Gruppe im gesamten Tierreich. Die meisten Arten haben zwei Paar Flügel.

Fortpflanzung und Entwicklung

Die Spermienübertragung erfolgt bei den Insekten ursprünglich über Spermatophoren, also Spermienpakete. Diese werden bei den Felsenspringern und den Fischchen von den Männchen auf dem Boden abgelegt und hier von den Weibchen aufgenommen. Bei allen folgenden Gruppen der Insekten gibt es eine direkte Spermienübertragung durch eine Kopulation, bei der die Spermien direkt in die Vagina oder die Bursa copulatrix eingebracht werden und hier entweder die Eizellen befruchten oder in das Receptaculum seminis zur Lagerung weitergeleitet werden. Die meisten Insekten legen nach der Begattung Eier ab (Ovoparie), andere sind ovovivipar, brüten die Eier also noch im Körper zur Schlupfreife aus. Noch seltener kommt es vor, dass bereits fertig entwickelte Larven (Larviparie) oder sogar Puppen (Pupiparie) zur Welt gebracht werden.

Die Furchung erfolgt bei den meisten Insekten superfiziell. Das bedeutet, dass sich auf dem sehr dotterreichen Ei mit zentralem Dotter (centrolecithales Ei) ein Furchungszentrum ausbildet, von dem die Furchung ausgeht. In seinem Bereich bilden sich mehrere Tochterkerne mit umgebendem Plasma (Furchungsenergiden), die durch Teilungen zu einem einschichtigen Blastoderm als Hüllepithel oder Serosa um den Dotter herum. Im ventralen Bereich bildet sich dann eine Keimanlage, die als Keimstreif in den Dotter hineinwächst und eine Höhle bildet (Amnionhöhle). In dieser Höhle findet die Hauptkeimbildung statt, nach deren Abschluss sich der Keim wieder nach außen entrollt und über dem Dotter der Rücken des Tieres geschlossen werden kann. Aus den Eiern schlüpfen dann Larven (Juvenilstadien mit eigenen Larvalmerkmalen) oder Nymphen (Juvenilstadien ohne eigene Merkmale).

Außerhalb des Eies folgt die postembryonale Entwicklung, nach der Insekten klassisch in hemimetabole und holometabole Insekten unterteilt werden. Dabei handelt es sich allerdings nur bei letzteren auch um eine taxonomische Gruppe, da die hemimetabole Entwicklung dem ursprünglichen Zustand entspricht. Die Entwicklung ist bei den verschiedenen Gruppen sehr unterschiedlich und hängt sehr stark von der Lebensweise der Juvenilstadien und der Imagines ab. Bei allen hemimetabolen Insekten kommt es über eine unterschiedliche Anzahl von Larven- oder Nymphenstadien ohne Puppenstadium zur Ausbildung des ausgewachsenen Tieres, der Imago. Zwischen den einzelnen Stadien findet dabei immer eine Häutung statt, bei der die alte Kutikula abgeworfen und eine neue angelegt wird. Abhängig von der Konzentration des Juvenilhormons im Blut kommt es dabei entweder zu einer Häutung von einer Larvenform in die nächste (bei viel Juvenilhormon) oder von einer Larvenform zur Imago (bei wenig Juvenilhormon). Den Zeitpunkt der Häutung bestimmt ein weiteres Hormon, das Ecdyson. Bei der Häutung kommt es vor allem zum Wachstum der Tiere, außerdem werden einzelne Merkmale neu angelegt. Dies geschieht durch eine Histolyse einzelner Strukturen und die Ausbildung von Imaginalanlagen oder das Ausstülpen spezieller Imaginalscheiben.

Bei den meisten hemimetabolen Insekten wie den verschiedenen Heuschreckenformen oder den Wanzen ähnelt die Nymphe in Grundzügen dem erwachsenen Tier und weist außer den fehlenden Flügeln keine besonderen Larvalanpassungen auf. Demgegenüber gibt es allerdings auch hemimetabole Insekten mit echten Larven, beispielsweise die Libellen oder die Eintagsfliegen. Eine feinere Unterteilung der Hemimetabolie ist möglich. So spricht man etwa von einer Palaeometabolie (Fischchen, Felsenspringer), wenn die Larven kaum eigene Merkmale aufweisen und sich nur durch Größenänderung zur Imago entwickeln. Die Heterometabolie ist vor allem durch eine schrittweise Entwicklung der Flügel gekennzeichnet und kommt bei den Libellen, Steinfliegen und den meisten Schnabelkerfen vor. Schließlich gibt es noch die Neometabolie, bei der die Flügelanlagen erst bei den beiden letzten Larvenstadien angelegt werden; dies ist etwa bei einigen Zikaden und den Fransenflüglern der Fall.

Holometabole Insekten durchlaufen eine Metamorphose, ausgehend vom Ei über die Larve zur Puppe und dann zum erwachsenen Tier (Imago). Die Larve hat oft nicht die geringste physische Ähnlichkeit mit der Imago und besitzt eine Reihe von Eigenmerkmalen einschließlich anderer Lebensräume und Futterquellen im Vergleich zur Imago – ein nicht unerheblicher ökologischer Vorteil der Holometabola.

Populationsdynamik

Die Populationsdynamik vieler Insektenarten hat näherungsweise diskreten Charakter: In der zeitlichen Entwicklung einer Population können gegeneinander abgegrenzte, nicht-überlappende Generationen ausgemacht werden.

Schreibt man für die Größe, oder nach Normierung Abundanz, einer Population zum Zeitpunkt und für die Anzahl der pro Individuum generierten Nachkommen, so ergibt sich für die einfachst mögliche Beschreibung einer Populationsdynamik:

Hängt der Anteil der selbst zur Reproduktion kommenden Nachkommen zum Zeitpunkt von der Größe der Population zum Zeitpunkt ab, erhält man einen funktionalen Zusammenhang der Form:

mit einer Funktion . Für sind dabei verschiedene konkrete Ansätze möglich. Verwendung findet zum Beispiel die Hassell-Gleichung. Auf einen ähnlichen Formalismus führt auch eine unmittelbare Abhängigkeit der Fertilität von der Populationsgröße.

Fossilbeleg

Das früheste verbreitet einem Insekt zugeordnete Fossil ist Rhyniognatha hirsti aus dem Pragium, einer Stufe des Unterdevons vor etwa 407 Millionen Jahren. Aus derselben Formation stammt auch der älteste Springschwanz Rhyniella precursor, der als das älteste Insekt galt, solange diese zu den Insekten gerechnet wurden. Diese relativ fortgeschrittenen Fossilien lassen auf eine bereits länger dauernde Evolutionsgeschichte schließen, die vermutlich bis ins Silur zurückreicht. Insekten sind damit wohl nur unwesentlich jünger als die ältesten Funde von terrestrischen Tieren überhaupt. Da von Rhyniognatha nur schwer interpretierbare Relikte, darunter vermutlich Mandibeln, erhalten blieben, sind Aussagen darüber, wie es aussah und in welche heutige Verwandtschaft es einzuordnen wäre, spekulativ. Die Erstbeschreiber halten sogar einen Zusammenhang mit geflügelten Formen für denkbar, was allerdings sehr spekulativ bleibt. Neuere Untersuchungen lassen sogar denkbar erscheinen, dass es sich in Wirklichkeit um einen Myriapoden handelte. Tatsächliche fossile Funde geflügelter Insekten liegen etwa von Gesteinen der Grenze Unterkarbon-Oberkarbon vor, das heißt, sie sind etwa 95 Millionen Jahre jünger. (Ältere devonische Funde, als Eopterum devonicum beschrieben, erwiesen sich später als Reste des Carapax einer Krebsart.) Geflügelte Insekten liegen hier aus einer Vielzahl von Ordnungen, darunter sowohl lebende als auch ausgestorbene, vor. Die Flügelmorphologie erlaubte bereits unterschiedliche Flugstile. Zur karbonischen Fauna gehörten z. B. die Palaeodictyoptera, die manchmal auch am ersten Thoraxsegment kleine flügelartige Fortsätze aufwiesen. Während des Karbons machten diese altertümlichen Ordnungen etwa ein Drittel der Insektenfauna aus; Schaben waren individuenreich vertreten, aber nicht sonderlich artenreich. Von den 27 im Karbon nachgewiesenen Insektenordnungen sind 8 am Übergang zum Perm oder wenig später ausgestorben. Drei weitere Ordnungen starben am Übergang zur Trias aus. Seit diesem evolutionären Flaschenhals haben alle überlebenden Linien bis heute mehr oder weniger stetig an Diversität zugenommen, auch das dritte Massenaussterben an der Kreide/Tertiär-Grenze scheint die Insekten nur wenig betroffen zu haben. Wichtiger für diese erhöhte Diversität scheinen überraschenderweise nicht schnellere Artbildungsraten, sondern verminderte Aussterberaten zu sein.

Sowohl Radiationen als auch längere Perioden mit niedrigen Artenzahlen und wenig evolutionären Neuerungen können mit ausgeprägten Schwankungen des Sauerstoffspiegels der Erde im Paläozoikum in Verbindung gebracht werden, ausgedehnte Perioden mit sehr geringen fossilen Funden sind daher wohl nicht ausschließlich auf Zufälle der fossilen Überlieferung zurückzuführen, sondern können durchaus real sein. Während der Perioden mit ungewöhnlich hohem Sauerstoffgehalt lebten spektakuläre Rieseninsekten mit Körpergrößen, die alle rezenten Formen bis um das Zehnfache übersteigen. Die Urlibelle Meganeura monyi (gefunden in Commentry, Frankreich) erreichte eine Flügelspannweite von 63 cm, Meganeuropsis permiana soll sogar 71 cm Spannweite besessen haben, wahrscheinlich nahe an der Obergrenze des Arthropoden-Bauplans für Flugfähigkeit.

Im Perm tauchten die meisten modernen Insektenordnungen auf, doch spielten gerade die heute dominierenden holometabolen Insekten lange Zeit eine untergeordnete Rolle, und erst ab der Trias kam es bei diesen zu einer wahren Explosion der Arten- und Formenvielfalt. Gründe für diesen Erfolg werden im Massenaussterben am Ende des Perms gesehen (bisher dominierende Insekten starben aus), in besserer Widerstandsfähigkeit gegen das aride Klima des Perms und in der Ausbreitung der Samenpflanzen.

Alle gegenwärtig anerkannten Insektenordnungen und knapp zwei Drittel der Familien sind auch fossil belegt, wobei ihre tertiären Artenzahlen gut mit ihren heutigen korrelieren. Eine Ausnahme bilden hier die Schmetterlinge, die fossil weniger artenreich belegt sind.

Systematik

Drei Gruppen, die traditionell als Urinsekten zu den Insekten gezählt wurden, die Springschwänze (Collembola), Doppelschwänze (Diplura) und Beintastler (Protura) gelten heute nicht mehr als eigentliche Insekten. Sie werden zusammen mit diesen hier innerhalb der übergeordneten Gruppe der Sechsfüßer (Hexapoda) geführt. Sowohl die Hexapoda als auch die Insekten als solche gelten aufgrund ihrer typischen Merkmale (Apomorphien) als gesicherte Taxa. Die tatsächliche Schwestergruppe der Insekten innerhalb der Hexapoda ist allerdings umstritten.

Klassische Systematik

Die Insekten werden häufig auch als Freikiefler (Ectognatha) den Sackkieflern (Entognatha) gegenübergestellt, die aus eben den benannten Taxa der Urinsekten bestehen. Sie besitzen als wichtigste Eigenmerkmale eine Geißelantenne mit einem Grundglied (Scapus) und einem Pedicellus mit Johnstonschem Organ. Die eigentliche Geißel ging auf das ursprünglich dritte Glied der Antenne zurück, welches sich in eine unterschiedliche Anzahl von Geißelsegmenten aufgeteilt hat. Weitere Apomorphien sind der Besitz rückwärtiger Äste des Tentoriums, einer Skelettstruktur im Kopf, paarige Krallen am Praetarsus mit einer gelenkigen Verbindung zu selbigem. Auch der primär in fünf Tarsenglieder gegliederte Tarsus und die Umbildung der hinteren Abdominalextremitäten zu Gonopoden und die Beteiligung derselben am Legeapparat (Ovipositor) der Weibchen wird als neu erworbenes Merkmal angesehen. Das ursprünglich namensgebende Merkmal, die freiliegenden Kiefer, ist dagegen ein ursprüngliches Merkmal (Plesiomorphie), die bereits bei den gemeinsamen Vorfahren der Krebstiere, Hundertfüßer, Tausendfüßer und Hexapoda vorhanden war (Mandibulata).

Innerhalb der Insekten werden in der klassischen Systematik heute je nach Quelle unterschiedliche Anzahlen von Unterklassen, Überordnungen und Ordnungen unterschieden. Dies hängt mit der in Teilen noch unverstandenen tatsächlichen Verwandtschaft der Insektengruppen untereinander sowie der unterschiedlichen Ansicht der Beschreiber über die Anordnung innerhalb einer klassischen Hierarchiebeschreibung zusammen. In diesem Werk soll folgender Systematik gefolgt werden; Unterschiede zu anderen Werken ergeben sich vor allem im Rang der Libellen und Eintagsfliegen, die häufig als Ordnung eingeordnet werden, sowie bei den Schnabelkerfen, deren Unterordnungen in einigen Werken als eigenständige Ordnungen geführt werden, ebenso bei den Heuschrecken, bei denen häufig noch die Kurzfühlerschrecken und die Langfühlerschrecken als Ordnungen (anstelle wie hier als Unterordnungen) eingestuft werden.

Phylogenetische Systematik

Die phylogenetische Systematik versucht, das System anhand der tatsächlichen Verwandtschaft aufzubauen. Unterschiede zur klassischen Systematik ergeben sich vor allem in der Behandlung der sog. paraphyletischen Gruppen. Paraphyletische Taxa werden nur durch altertümliche Merkmale Symplesiomorphien abgegrenzt. Sie umfassen nicht alle Nachfahren eines tatsächlich gemeinsamen Vorfahren. Wichtigste Methode ist nach wie vor eine sorgfältige Untersuchung der Anatomie und Morphologie, auch unter Einschluss aussagekräftiger Fossilien.

Als zusätzliche Methode sind heute molekulare Stammbäume von sehr großer Bedeutung. Molekulare Stammbäume beruhen auf dem direkten Vergleich homologer DNA-Sequenzen. Dazu werden dieselben Genabschnitte der verschiedenen zum Vergleich stehenden Organismen mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion vervielfältigt, sequenziert und anschließend verglichen. Mittels verschiedener statistischer Techniken werden die Sequenzen zu einem molekularen Stammbaum angeordnet, der im Idealfall genau die abgestufte Verwandtschaft der untersuchten Individuen widerspiegelt. Häufig verwendete Gene für den molekularen Stammbaum der Insekten sind Gene für Ribosomale RNA, Histon H3, Elongationsfaktor 1 alpha 1 und verschiedene mitochondriale Gene (z. B. mt-CO1), zunehmend aber auch die gesamte Mitochondriale DNA. Ein Vergleich auf Basis des gesamten sequenzierten Genoms wäre naturgemäß am aussagekräftigsten, er wurde aufgrund der wenigen vollständig sequenzierten Insektengenome auch tatsächlich bereits unternommen. Wie jede andere Methode hat auch die Erstellung molekularer Stammbäume ihre Schwierigkeiten und Fallstricke. Wie häufig bei neuen Methoden, ist die anfängliche Euphorie einer gewissen Ernüchterung gewichen, weil zu viele an verschiedenen Genen oder mit verschiedenen Methoden erhobene Stammbäume einander krass widersprechende Ergebnisse erbrachten. Ein Hauptproblem besteht darin, dass viele Insektenordnungen offensichtlich in einer schnell ablaufenden Radiation in kurzer zeitliche Folge entstanden sind und sich anschließend über mehr als dreihundert Millionen Jahre auseinanderentwickelten, wodurch die Informationen der ursprünglichen Radiation kaum noch aufzuschlüsseln sein werden.

Aktuelle Vorschläge für phylogenetische Systematiken beruhen in der Regel auf einer Kombination von morphologischen und molekularen Stammbäumen. Zusätzlich werden sogenannte supertrees aufgestellt, die die Ergebnisse zahlreicher Studien zusammenführen, ohne selbst neue Daten beizutragen. Auch die zurzeit intensiv diskutierten Stammbäume (u. a.:) kommen an zahlreichen Punkten nicht zur Übereinstimmung. Dennoch haben sich gegenüber früheren auf rein morphologischer Basis erstellten Systematiken (klassische Grundlage:) zahlreiche Verbesserungen ergeben.

Das phylogenetische System kommt ohne die Rangstufen der klassischen Systematik oberhalb der Art aus. In der Regel werden die Insektenordnungen aber als Verwandtschaftsgruppen beibehalten, auch wenn klar ist, dass sie weder gleiches Alter noch gleichen tatsächlichen Rang besitzen können. Folgende klassische Ordnungen haben sich unzweifelhaft als paraphyletisch erwiesen:

  • Schaben, in Bezug auf Termiten (wahrscheinlichste Schwestergruppe: Gattung Cryptocercus)
  • Staubläuse, in Bezug auf Tierläuse (wahrscheinlichste Schwestergruppe: Bücherläuse (Liposcelidae)).
  • Schnabelfliegen, in Bezug auf Flöhe (wahrscheinlichste Schwestergruppe: Winterhafte (Boreidae)).

Die jeweils zweitgenannte Gruppe ist also in Wirklichkeit keine Schwestergruppe der erstgenannten, sondern ein Teil davon (d. h., sie ist mit einigen Familien davon näher verwandt, als diese es untereinander sind). Die Monophylie der übrigen Ordnungen wurde, manchmal nach zwischenzeitlich aufgekommenen Zweifeln, bestätigt (v. a. Schnabelfliegen in Bezug auf Zweiflügler und Großflügler in Bezug auf Kamelhalsfliegen: noch nicht sicher).

Das im Folgenden dargestellte System (nach den o. g. Quellen kombiniert) ist unsicher, an verschiedenen Stellen umstritten und wird sich möglicherweise in den nächsten Jahren noch verändern. Es gibt in etwa den heutigen Stand des Wissens wieder. Die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Polyneoptera (deren Monophylie heute fast unstrittig ist) weiter aufzulösen, ist zurzeit mit hinreichender Sicherheit unmöglich. Einige traditionell sehr umstrittene Fragen, wie die Stellung der Fächerflügler oder der Bodenläuse, scheinen aber einer Lösung nähergerückt.

 Insekten  

 Felsenspringer


  Dicondylia  

 Fischchen


  Fluginsekten  

 Eintagsfliegen


  Metapterygota  

 Libellen


  Neuflügler  
  Polyneoptera  

 Steinfliegen


   

 Ohrwürmer


   

 Bodenläuse


  Dictyoptera  

 Fangschrecken


   

 Schaben und Termiten



  Notoptera  

 Gladiatoren


   

 Grillenschaben



  N.N.  

 Tarsenspinner


   

 Gespenstschrecken



  Heuschrecken  

 Langfühlerschrecken


   

 Kurzfühlerschrecken



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  Eumetabola  
  Paraneoptera  

 Staubläuse und Tierläuse


   

 Fransenflügler


   

 Schnabelkerfe


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  Holometabola  

 Hautflügler


  N.N.  
    
  Neuropterida  

 Netzflügler


  Neuropteriforma  

 Großflügler


   

 Kamelhalsfliegen




  Coleopteroida  

 Käfer


   

 Fächerflügler




  Mecopteroida  
  Amphiesmenoptera  

 Köcherfliegen


   

 Schmetterlinge



  Antliophora  

 Schnabelfliegen


  N.N.  

 Zweiflügler


   

 Flöhe













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Bedeutung

Als Nützlinge bzw. Nutztiere

Als Nutztiere hält der Mensch vor allem die Honigbiene, die Schlupfwespen zur biologischen Schädlingsbekämpfung, die Raupen des Seidenspinners sowie in vielen Ländern Heuschrecken-, Grillen- und Schwarzkäfer-Arten als Lebensmittel. Daneben spielen auch sehr viele Insekten sekundär als Pflanzenbestäuber eine große Rolle in der Lebensmittelproduktion des Menschen, da ohne sie keine Fruchtbildung stattfinden könnte. Bestimmte Insektenarten werden als Futtermittel für Nutztiere (vor allem in der Aquakultur) sowie für Heimtiere wie Reptilien gezüchtet, darunter Mehlkäferlarven (Mehlwürmer), sowie als Angelköder. Außerdem werden verschiedene Arten der Schildläuse zur Produktion von Farbstoffen, Lacken oder Wachsen genutzt wie z. B. Karmin (Cochenille) und Schellack.

Einige Insekten werden auch selbst als Haustiere in Terrarien gehalten. Besonders zu nennen sind dabei die Ameisen, die in Formicarien gehalten werden. Sie gehören zu den Hautflüglern und sind somit enge Verwandte der Bienen, Wespen und Hornissen. Weitere beliebte Insekten bei Terrarianern sind Stabheuschrecken, Fangschrecken und verschiedene Käfer- und Schabenarten. Eine Entwicklung der letzten Jahrzehnte ist die Haltung von Schmetterlingen in großen Gewächshäusern, die als Schmetterlingshäuser für Besucher geöffnet werden und an manchen Orten zu den Sehenswürdigkeiten der Region werden.

Auch in der pharmazeutischen Industrie und der Medizin werden verschiedene Insekten eingesetzt. Ein bekanntes Beispiel stellen hierbei die Spanische Fliege (Lytta vesicatoria) sowie einige weitere Ölkäfer dar, die den Stoff Cantharidin produzieren. Als wissenschaftliche Versuchstiere haben sich Drosophila melanogaster sowie verschiedene Heuschrecken- und Käferarten etabliert. Schmeißfliegenlarven werden in der Wundheilung eingesetzt.

Die Leichenzersetzer unter den Insekten, vor allem die Larven verschiedener Fliegen und Käfer, spielen heute zudem eine bedeutende Rolle in der Kriminalistik. Der Forschungszweig der Forensischen Entomologie zur Aufklärung von Kriminalfällen basiert auf der Erforschung dieser Tiere.

Das Verteidigungsministerium der USA suchte im Jahr 2006 nach Möglichkeiten, Insekten schon während der Metamorphose mit Mikrotechnik auszustatten und sie als militärische „Insekten-Cyborgs“ einzusetzen.

Die Rolle von Insekten für die Funktion aller terrestrischen Ökosysteme und speziell den Stoffumsatz ist wegen ihrer Allgegenwart normalerweise kaum abzuschätzen. Deutlich wird sie zum Beispiel an der Entsorgung weggeworfener organischer Abfälle. Forscher von der North Carolina State University in Raleigh (USA) stellten beispielsweise in einer im Herbst 2014 veröffentlichten Untersuchung fest, dass Insekten auf 24 begrünten Straßen-Mittelstreifen im New Yorker Stadtteil Manhattan jährlich, pro Mittelstreifen, etwa 4 bis 6,5 Kilogramm Essensabfälle verwerten können. Wichtigster Verwerter war dabei eine eingeschleppte neozoische Ameisen-Art.

Als Lebensmittel

Weltweit sind über 2.000 Insektenarten als essbar dokumentiert. Der Verzehr von Insekten ist über große Teile Afrikas, Südostasiens und Mittel- bzw. Südamerikas verbreitet und wird fachsprachlich auch als Entomophagie bezeichnet. In China stehen Insekten beispielsweise schon seit etwa 2000 Jahren auf dem Speiseplan. Insgesamt werden dort 324 Arten von Insekten als Lebensmittel, als Futtermittel oder für medizinische Zwecke genutzt. Die Aufzucht in Insektenfarmen und Distribution der etwa 20 beliebtesten Insektenarten, bilden einen eigenen Wirtschaftszweig. Darüber hinaus konsumieren viele Chinesen indirekt Insekten, da diese als Futtermittel für Nutztiere üblich sind. In Zentralafrika spielen unter anderem Raupen aus Wildfang schon jetzt eine wichtige Rolle in der alltäglichen Ernährung, wie ein entsprechender UN-Report (Contribution of Forest Insects to Food Security: the Example of Caterpillars in Central Africa) bereits 2004 feststellte.

Während es in weiten Teilen der Welt eine Verzehrstradition bezüglich Insekten gibt, gelten sie in Europa (in der EU, im Vereinigten Königreich sowie in der Schweiz) als neuartiges Lebensmittel und bedürfen einer Zulassung. In der EU sowie in der Schweiz sind bislang drei Arten als Lebensmittel in bestimmten Darreichungsformen zugelassen: Mehlkäfer (Tenebrio molitor) im Larvenstadium (allgemeinsprachlich Mehlwürmer), Hausgrillen (Acheta domesticus) und Europäische Wanderheuschrecken (Logusta migratoria).

Als Schädlinge

Eine Reihe von Insekten ist als Schädling (Ungeziefer) an Nutz- und Zierpflanzen, Holzkonstruktionen und -produkten (Holzschutz) und Nahrungsvorräten bekannt, andere leben als Parasiten am Menschen und seinen Haustieren. Ferner sind einige Insektenarten, vor allem in großen Individuenzahlen vorkommende blutsaugende Insekten, Überträger (Vektoren) von Krankheiten wie der Rattenfloh für die Pest, Mücken der Gattung Anopheles für die Malaria oder die Tsetsefliegen für die Schlafkrankheit.

Der Befall mit Pflanzenschädlingen kann bei der heute üblichen Monokultur von Nutzpflanzen zu großen Ausfällen der Ernte führen. Neben der direkten Schädigung durch Fraß übertragen viele Insekten auch Pflanzenkrankheiten, meist Virosen und Pilzerkrankungen. Viele weitere Schädlinge leben als Vorratsschädlinge auch in geernteten oder auch bereits verarbeiteten Materialien und führen hier zu weiteren Schäden. Dem stehen andere Insektenarten gegenüber, die im Sinne der biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt werden und Schädlinge direkt jagen oder in ihnen ihre Eier ablegen. Vor allem verschiedene Schlupfwespenarten werden entsprechend gezielt gegen spezifische Schädlinge eingesetzt.

Insektensterben

Seit Ende der 1980er Jahre wird im deutschen Raum von einem Insektensterben gesprochen, was sich sowohl auf einen Rückgang der Artenzahl von Insekten (Biodiversität) als auch auf die Zahl der Insekten in einem Gebiet (Entomofauna) bezieht. Anfang 2019 veröffentlichten australische Forscher eine weltweite Metastudie. Sie werteten 73 Studien zum Insektensterben aus verschiedenen Weltregionen aus und kamen zu dem Schluss, dass es in den vorangegangenen Jahrzehnten zu einer massiven Abnahme der Biomasse und der Biodiversität der Insekten gekommen war.

Materialien zu Insekten

Museen/Sammlungen

Zur Erfassung der Artenvielfalt und der Variationsbreite der Insekten werden Insektensammlungen von Privatsammlern und wissenschaftlichen Einrichtungen angelegt. Vor allem Museensammlungen erreichen dabei beachtliche Größen und Individuenzahlen. Die wissenschaftliche Insektensammlung im Naturhistorischen Museum des Stiftes Admont (Steiermark) von Pater Gabriel Strobl (1846–1925) beinhaltet beispielsweise etwa 252.000 Exemplare aus 57.000 verschiedenen Arten, die Dipteren-Sammlung zählt mit ihren etwa 80.000 aufbewahrten Exemplaren und rund 7500 verschiedenen Artnamen zu den drei bedeutendsten Fliegen-Kollektionen in Europa.

Auch private Sammler legen sich häufig Insektensammlungen an; vor allem auffällige Schmetterlinge und Käfer werden dabei gerne aufgrund ästhetischer Vorlieben oder seltene Arten aufgrund ihres Seltenheitswertes gesammelt. Von einer Sammlung aus rein ästhetischen Gründen ist abzuraten, da vor allem die Populationen seltener Schmetterlinge wie des europäischen Apollofalters durch die Sammelleidenschaft (neben ihrem Lebensraumverlust und anderen Gründen) an den Rand der Ausrottung gebracht werden können. Auf der anderen Seite gibt es vor allem in tropischen Ländern wirtschaftliche Interessen an der vor allem in Europa und Nordamerika beliebten Sammelleidenschaft. Dort werden Schmetterlinge und andere beliebte Insekten in speziellen Farmen gezüchtet und an Sammler verschickt.

Kulturelle Bedeutung

In die Kultur des Menschen haben vor allem die ihm nützlichen Insektenarten wie die Honigbiene und andere in seinem direkten Umfeld lebende Arten Einzug gefunden. Die bekannteste Verarbeitung des Insektenmotivs in der Literatur ist dabei Die Biene Maja und ihre Abenteuer von Waldemar Bonsels. In der Musik sind das mexikanische Volkslied La Cucaracha und Der Hummelflug besonders populär. Letzterer fand über die Band Manowar auch Einzug in den Heavy Metal. In Deutschland ist das Kinderlied Maikäfer flieg! lange Zeit kulturelles Allgemeingut gewesen.

Literatur

  • Michael Chinery: Field Guide to Insects of Britain and Northern Europe. 3. Auflage. HarperCollins, London 1993, ISBN 0-00-219918-1.
  • Michael Chinery: Pareys Buch der Insekten. Über 2000 Insekten Europas. 2. Auflage. Kosmos, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-440-13289-0.
  • Vicki Hird: Rebugging the Planet: The Remarkable Things that Insects (and Other Invertebrates) Do – And Why We Need to Love Them More. Chelsea Green Publishing, 2021, ISBN 978-1-64502-018-9.
  • Bernhard Klausnitzer: Insecta (Hexapoda), Insekten. In: Wilfried Westheide (Begr./Hg.), Reinhard Rieger (Begr.), Gunde Rieger (Hrsg.): Spezielle Zoologie. Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere. 3. Auflage. Springer Spektrum, Berlin/ Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-34695-8.
  • Oliver Milman: The Insect Crisis: The Fall of the Tiny Empires That Run the World. Norton & Company, 2022, ISBN 978-1-324-00659-6.
  • Christopher O’Toole: Faszinierende Insekten. Wunder und Rätsel einer fremden Welt. Bechtermünz Verlag, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-1584-1.
  • Erwin Stresemann (Begr.), Hans-Joachim Hannemann (Hrsg.), Bernhard Klausnitzer (Hrsg.), Konrad Senglaub (Hrsg.): Exkursionsfauna von Deutschland, Band 2, Wirbellose: Insekten. 11. neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Volk und Wissen, Berlin 2011, ISBN 978-3-8274-2451-8.
Commons: Insekten (Insecta) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Insekten als Thema – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Insekt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. David Grimaldi, Michael S. Engel: Evolution of the Insects. (= Cambridge Evolution Series). Cambridge University Press, 2005, ISBN 0-521-82149-5.
  2. Ebbe Schmidt Nielsen, Laurence A. Mound: Global Diversity of Insects: The Problems of Estimating Numbers. In: Peter H. Raven, Tania Williams (Hrsg.): Nature and Human Society. The Quest for a Sustainable World. Proceedings of the 1997 Forum on Biodiversity. National Research Council USA, Board on Biology, 1997.
  3. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearb.): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck, Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914. 1914, abgerufen am 1. September 2020.
  4. Wilhelm Pape, Max Sengebusch (Bearb.): Handwörterbuch der griechischen Sprache. 3. Auflage, 6. Abdruck, Vieweg & Sohn, Braunschweig 1914. 1914, abgerufen am 1. September 2020 (Im Wörterbuch Angabe nicht des Infinitivs, sondern wie im Altgriechischen üblich der ersten Person Singular Indikativ Präsens Aktiv).
  5. Edward L. Mockford: A new species of Dicopomorpha (Hymenoptera: Mymaridae) with diminutive, apterous males. In: Annals of the Entomological Society of America. Band 90, 1997, S. 115–120.
  6. Vasily V. Grebennikov: How small you can go: Factors limiting body miniaturization in winged insects with a review of the pantropical genus Discheramocephalus and description of six new species of the smallest beetles (Pterygota: Coleoptera: Ptiliidae). In: European Journal of Entomology. Band 105, 2008, S. 313–328.
  7. A. Kaestner: Lehrbuch der Speziellen Zoologie. Band 1: Wirbellose. 3. Teil: A. VEB Gustav Fischer Verlag, Jena 1972, S. 21.
  8. neuere Literatur zusammengefasst in: Gerhard Scholtz, Gregory D. Edgecombe: The evolution of arthropod heads: reconciling morphological, developmental and palaeontological evidence. In: Development Genes and Evolution. Volume 216, Numbers 7–8, 2006, S. 395–415. doi:10.1007/s00427-006-0085-4
  9. Thorsten Burmester, Thomas Hankeln: The respiratory proteins of insects. In: Journal of Insect Physiology. Volume 53, Issue 4, 2007, S. 285–294. doi:10.1016/j.jinsphys.2006.12.006
  10. Christian Pick, Marco Schneuer, Thorsten Burmester: The occurrence of hemocyanin in Hexapoda. In: FEBS Journal. Band 276, 2009, S. 1930–1941. doi:10.1111/j.1742-4658.2009.06918.x
  11. H. Watanabe, Hiroaki Noda, G. Tokuda, N. Lo: A cellulase gene of termite origin. In: Nature. 394, 1998, S. 330–331.
  12. Andreas Brune, Moriya Ohkuma: Role of the termite gut macrobiota in symbiotic digestion. In: David Edward Bignell (Hrsg.): Biology of Termites: A Modern Synthesis. 2010, Kapitel 16.
  13. K. Nakashima u. a.: Dual cellulose-digesting system of the wood-feeding termite, Coptotermes formosanus Shiraki. In: Insect Biochemistry and Molecular Biology. Band 32, Nr. 7, 2002, S. 777–784.
  14. Michael M. Martin, Joan S. Martin: Cellulose digestion in the midgut of the fungus-growing termite Macrotermes natalensis: The role of acquired digestive enzymes. In: Science. Band 199, Nr. 4336, 1978, S. 1453–1455.
  15. Hirofumi Watanabe u. a.: A cellulase gene of termite origin. In: Nature. Band 394, Nr. 6691, 1998, S. 330–331.
  16. Lo, Nathan, Hirofumi Watanabe, Masahiro Sugimura: Evidence for the presence of a cellulase gene in the last common ancestor of bilaterian animals. In: Proceedings of the Royal Society of London. Series B: Biological Sciences. Band 270, Suppl 1, 2003, S. S69–S72.
  17. dw.com, abgerufen am 11. Juli 2023.
  18. BBC Science Focus, abgerufen am 11. Juli 2023.
  19. Michael S. Engel, David A. Grimaldi: New light shed on the oldest insect. In: Nature. Band 427, 2004, S. 627–630. doi:10.1038/nature02291
  20. Carolin Haug & Joachim T. Haug (2017): The presumed oldest flying insect: more likely a myriapod? PeerJ 5:e3402doi:10.7717/peerj.3402
  21. Carsten Brauckmann, Brigitte Brauckmann, Elke Gröning: The stratigraphical position of the oldest known Pterygota (insecta. Carboniferous, Namurian). In: Annales de la Société Géologique de Belgique. 117 (Hommage à Maurice Streel) Fascicule 1, 1994, S. 47–56.
  22. Robin J. Wootton: Reconstructing insect flight performance from fossil evidence. In: Acta zoologica cracoviensia. 46 (suppl.– Fossil Insects), 2003, S. 89–99.
  23. R. J. Wootton, J. Kulakova-Peck: Flight adaptations in Palaeozoic Palaeoptera (Insecta). In: Biological Reviews. Band 75, 2000, S. 129–167. doi:10.1111/j.1469-185X.1999.tb00043.x
  24. Paul Whalley: Insects and Cretaceous mass extinction. In: Nature. Band 327, 1987, S. 562. doi:10.1038/327562b0
  25. Conrad C. Labandeira, J. John Seposki Jr.: Insect diversity in the fossil record. In: Science. Band 261, Nr. 5119, 1993, S. 310–315.
  26. Peter Ward, Conrad Labandeira, Michel Laurin, Robert A. Berner: Confirmation of Romer's Gap as a low oxygen interval constraining the timing of initial arthropod and vertebrate terrestrialization. In: PNAS. vol. 103 no. 45, 2006, S. 16818–16822. doi:10.1073/pnas.0607824103
  27. Jon F. Harrison, Alexander Kaiser, John M. VandenBrooks: Atmospheric oxygen level and the evolution of insect body size. In: Proceedings of the Royal Society. Series B, 277, 2010, S. 1937–1946. doi:10.1098/rspb.2010.0001
  28. F. M. Carpenter: Studies on North American Carboniferous insects. 1. The Protodonata. In: Psyche. Band 67, 1960, S. 98–110.
  29. William A. Shear, Jarmila Kulakova-Peck: The ecology of Paleozoic terrestrial arthropods: the fossil evidence. In: Canadian Journal of Zoology. Band 68, 1990, S. 1807–1834.
  30. nach neueren Funden existieren holometabole Insekten seit dem Oberkarbon, waren anfangs aber offensichtlich sehr selten: André Nel, Patrick Roques, Patricia Nel, Jakub Prokop, J. Sébastien Steyer: The earliest holometabolous insect from the Carboniferous: a “crucial” innovation with delayed success (Insecta Protomeropina Protomeropidae). In: Annales de la Société entomologique de France. (n.s.) 43(3), 2007, S. 349–355.
  31. Olivier Béthoux: The earliest beetle identified. In: Journal of Paleontology. 6, Nr. 83, 2009, S. 931–937. doi:10.1666/08-158.1.
  32. Evgeny M. Zdobnov, Peer Bork: Quantification of insect genome divergence. In: Trends in Genetics. Vol. 23, No. 1, 2007, S. 16–20. doi:10.1016/j.tig.2006.10.004
  33. S. L. Cameron, K. B. Miller, C. A. D’Haese, M. F. Whiting, S. C. Barker: Mitochondrial genome data alone are not enough to unambiguously resolve the relationships of Entognatha, Insecta and Crustacea sensu lato (Arthropoda). In: Cladistics. Band 20, 2004, S. 534–557. doi:10.1111/j.1096-0031.2004.00040.x
  34. J. Bitsch, C. Bitsch, T. Bourgoin, C. D’Haese: The phylogenetic position of early hexapod lineages: morphological data contradict molecular data. In: Systematic Entomology. Band 29, 2004, S. 433–440. doi:10.1111/j.0307-6970.2004.00261.x
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