Der Landkreis Sorau (Lausitz) (bis 1939 Kreis Sorau) war eine Verwaltungseinheit in der preußischen Provinz Brandenburg beiderseits der Lausitzer Neiße. Er bestand von 1816 bis 1946 und umfasste die Städte Christianstadt (Bober), Gassen, Pförten, Sorau und Triebel sowie in den 1930er Jahren 140 weitere Gemeinden und zwei Forst-Gutsbezirke.

Das Gebiet liegt heute größtenteils im Landkreis Żary der polnischen Woiwodschaft Lebus sowie zu einem kleinen Teil im Landkreis Spree-Neiße im Land Brandenburg.

Verwaltungsgeschichte

Der Kreis Sorau wurde 1816 im Zuge einer umfassenden Verwaltungsreform im Königreich Preußen neu gebildet. Er wurde aus dem bisherigen Gubener Kreis herausgelöst und umfasste die Herrschaften Sorau und Triebel sowie die Herrschaft Forst-Pförten. Dazu kamen einige Orte aus den Kreisen Spremberg, Cottbus, Krossen und Sagan. Der neue Kreis wurde dem Regierungsbezirk Frankfurt in der Provinz Brandenburg eingegliedert.

Am 1. April 1897 schied die Stadt Forst i./L. aus dem Kreis Sorau aus und bildete fortan einen eigenen Stadtkreis.

Zum 30. September 1929 fand im Kreis Sorau entsprechend der Entwicklung im übrigen Freistaat Preußen eine Gebietsreform statt, bei der fast alle Gutsbezirke aufgelöst und benachbarten Landgemeinden zugeteilt wurden. Die Kreisbezeichnung schwankte in der Folgezeit zwischen Sorau und Sorau (Nd. Lausitz), bis am 10. Oktober 1940 der Kreisname auf Sorau (Lausitz) festgesetzt wurde. Seit dem 1. Januar 1939 wurde der Kreis entsprechend der jetzt reichseinheitlichen Regelung als Landkreis bezeichnet.

Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt. Das Territorium des Landkreises östlich der Oder-Neiße-Linie wurde von der Sowjetunion nach Kriegsende unter die Verwaltung der Volksrepublik Polen gestellt. Daraufhin begann die allmähliche Zuwanderung polnischer Bevölkerung. Die deutschen Einwohner wurden in der Folgezeit von den örtlichen polnischen Verwaltungsbehörden vertrieben.

Der restliche Landkreis, nun nur noch das Gebiet westlich der Neiße umfassend, bestand noch kurzzeitig fort, bis er mit Wirkung zum 1. April 1946 aufgelöst und auf die Landkreise Cottbus und Spremberg sowie die kreisfreie Stadt Forst aufgeteilt wurde.

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner Quelle
181639.148
184057.328
187186.189
1890108.542
190082.423
191087.866
192587.472
193389.231
193991.099

Landräte

Kommunalverfassung

Mit Einführung des preußischen Gemeindeverfassungsgesetzes vom 15. Dezember 1933 sowie der Deutschen Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 wurde zum 1. April 1935 das Führerprinzip auf Gemeindeebene durchgesetzt. Eine neue Kreisverfassung wurde nicht mehr geschaffen; es galt weiterhin die Kreisordnung für die Provinzen Ost- und Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen vom 19. März 1881.

Verkehr

Im Landkreis Sorau begann der Schienenverkehr im Jahr 1846 mit der Strecke Guben–Sommerfeld–Sorau–Kohlfurt der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn-Gesellschaft (NME), die Berlin mit Breslau verband ›121.0 + 123.0‹.

Rund 25 Jahre später kamen weitere wichtige Ost-West-Verbindungen dazu: Die Märkisch-Posener Eisenbahn-Gesellschaft streifte ab 1870 nur den Norden des Kreises Guben mit dem Teilstück Guben–Rothenburg ›122.b‹. Mitten durch den Kreis Sorau führte ab 1871/72 die Strecke Forst–Sagan der Halle-Sorau-Gubener Eisenbahn bzw. der Niederschlesischen Zweigbahn-Gesellschaft ›153.0‹. Sie kreuzte mit der NME in der Kreisstadt, wo ein wichtiger Knotenpunkt entstand, der durch die direkte Verbindung der Preußischen Staatsbahn (KPStE) von Gassen nach Sagan ab 1875 umfahren werden konnte ›121.0‹.

Die KPStE ergänzte das Netz noch durch folgende Nebenbahnen:

1895/96: Sorau–Benau–Christianstadt und weiter
1904: nach Grünberg ›122.e‹,
1914: Sommerfeld–Crossen ›122.d‹

Zwei weitere Strecken wurden von der Lokalbahn Aktien-Gesellschaft München bzw. der von ihr gegründeten Lausitzer Eisenbahn-Gesellschaft gebaut und bis 1938 als Privatbahnen betrieben, nämlich

1895: Hansdorf–Priebus ›123.g‹ und
1897/98: Sommerfeld–Teuplitz–Muskau ›154.d‹

Die Zahlen in ›‹ beziehen sich auf das Deutsche Kursbuch 1929.

Städte und Gemeinden

Städte und Gemeinden östlich der Neiße

Die folgenden Städte und Gemeinden des Landkreises Sorau lagen östlich der Neiße und kamen nach dem Zweiten Weltkrieg zu Polen, wo sie heute größtenteils zum Powiat Żarski in der Woiwodschaft Lebus gehören.

  • Groß Hennersdorf
  • Groß Särchen
  • Grünhölzel
  • Guhlen
  • Gurkau
  • Guschau
  • Haasel
  • Helmsdorf
  • Hermsdorf
  • Hohen Jeser
  • Jähnsdorf
  • Jeschkendorf
  • Jessen
  • Jeßmenau
  • Jocksdorf b. Triebel
  • Jüritz
  • Kalke
  • Kemnitz
  • Klein Hennersdorf
  • Klein Petersdorf
  • Klein Särchen
  • Kohlo
  • Königsdubrau
  • Kotsemke
  • Kriebau
  • Krohle
  • Kulm
  • Kunzendorf
  • Läsgen
  • Laubnitz
  • Legel
  • Leipe
  • Leuthen
  • Liebsgen
  • Liesegar
  • Linderode
  • Lohs
  • Mallwitz
  • Marienhain
  • Marsdorf
  • Matzdorf
  • Meiersdorf
  • Mildenau
  • Muckrow
  • Nablath
  • Nieder Jeser
  • Nieder Ullersdorf
  • Niewerle
  • Nißmenau
  • Ober Ullersdorf
  • Pförten, Stadt
  • Pitschkau
  • Pockuschel
  • Reinswalde
  • Rinkendorf
  • Rodstock

Im östlichen Teil des Landkreises Sorau lagen außerdem die beiden gemeindefreien Forst-Gutsbezirke Christianstadt und Pförten Wald.

Gemeinden westlich der Neiße

Die folgenden Gemeinden des Landkreises Sorau lagen westlich der Neiße und damit nach dem Zweiten Weltkrieg in der SBZ. Das betreffende Gebiet gehört heute zum Landkreis Spree-Neiße.

Namensänderungen

Im Zuge der Germanisierung ursprünglich sorbischer Ortsnamen veränderte die Reichsregierung 1937 die Schreibweise einiger Namen oder vergab gänzlich neue:

  • Buckocka: Buchenberge
  • Koyne: Keune
  • Nablath: Nahberg
  • Sablath: Raudenberg/Niederlausitz
  • Tzschacksdorf: Schacksdorf
  • Tzschecheln: Eichenrode
  • Tzscheeren: Grünaue (Nieder Lausitz)
  • Zschorno: Hirschwinkel
  • Zukleba: Steinfelde (Nieder Lausitz)

Literatur

  • Topographisch-statistische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. d. Oder. Aus amtlichen Quellen zusammengestellt. Frankfurt a. d. O. 1844, S. 186–207.
  • Heinrich Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Nieder-Lausitz, Band 3, Adolph Müller, Brandenburg 1856, S. 676–719.
  • W. Riehl und J. Scheu (Hrsg.): Berlin und die Mark Brandenburg mit dem Markgrafenthum Nieder-Lausitz in ihrer Geschichte und in ihrem gegenwärtigen Bestande. Berlin 1861, S. 572–593.
  • Topographisch-statistisches Handbuch des Regierungs-Bezirks Frankfurt a. O. Verlag von Gustav Harnecker u. Co., 1867, S. 223–244.
  • Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Teil II: Provinz Brandenburg, Berlin 1873, S. 224–235.
  • Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staates. 2. Auflage. Band 2, Berlin 1874, S. 104–105, Ziffer 13.
  • von Schönfeldt, E. Stein (Hrsg.): Der Landkreis Sorau N.-L. Deutscher Kommunal-Verlag GmbH, Berlin-Friedenau 1925.
  • Saalborn: Die prähistorische Karte des Kreises Sorau. In: Zeitschrift für Ethnologie. Band 11, Berlin 1879, S. 403–435.
  • Götz Frhr. v. Houwald: Die Niederlausitzer Rittergüter und ihre Besitzer. Band II: Kr. Sorau. (= Bibliothek familiengeschichtlicher Quellen. Band 26). Degener & Co, 1981, ISBN 3-7686-4094-9. Zusammenfassung
  • Michael Rademacher: Sorau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  • Rudolf Lehmann: Historisches Ortslexikon für die Niederlausitz. Band 2: Die Kreise Cottbus, Spremberg, Guben und Sorau. Hessisches Landesamt für Geschichtliche Landeskunde, Marburg 1979, ISBN 3-921254-96-5.; Nachdruck: Klaus Becker Verlag, Potsdam 2011, ISBN 978-3-941919-90-7. doi:10.35998/9783830542988 (Open Access).
Commons: Landkreis Sorau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Michael Rademacher: Landkreis Sorau. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  2. genealogy.net: Landkreis Sorau
  3. Heinrich Berghaus: Landbuch der Mark Brandenburg und des Markgrafthums Niederlausitz in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Adolph Müller, Brandenburg 1854, Kap. 3 VI., S. 44 (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
  4. Carl Heinrich Ludwig Pölitz: Geschichte und Statistik des Königreiches Sachsen. Hinrichs, Leipzig 1809, Kap. Staatsverfassung, S. 257 (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
  5. Amtsblatt der Königlichen Preußischen Regierung zu Frankfurt a.d. Oder. Nr. 12, 1816, S. 107 (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
  6. Der Kreis Sorau bei genealogy.net
  7. Provinzialverwaltung Mark Brandenburg (Hrsg.): Verordnungsblatt der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg Nr. 14 vom 23. September 1946. Beschluß des Präsidiums der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg über die Auflösung des Restkreises Sorau und Änderung der Grenzen der Landkreise Cottbus und Spremberg sowie des Stadtkreises Forst.
  8. Christian Gottfried Daniel Stein: Handbuch der Geographie und Statistik des preußischen Staats. Vossische Buchhandlung, Berlin 1819, Der Regierungsbezirk Frankfurt, S. 210 (Digitalisat [abgerufen am 5. Mai 2016]).
  9. Topographisch-statistische Übersicht des Regierungsbezirks Frankfurt a. d. O., Harnecker, 1844, S. 30.
  10. Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Brandenburg und ihre Bevölkerung 1871
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