Das Landgericht Lichtenberg war von 1821 bis 1879 ein Landgericht in der Provinz Starkenburg des Großherzogtums Hessen. Zunächst hatte es seinen Sitz im Schloss Lichtenberg, der 1848 aber nach Reinheim verlegt wurde. Das Gericht wurde anschließend als Landgericht Reinheim bezeichnet.

Gründung

Ab 1821 trennte das Großherzogtum Hessen auch auf unterer Ebene Rechtsprechung und Verwaltung. Für die Verwaltung wurden Landratsbezirke geschaffen, die erstinstanzliche Rechtsprechung Landgerichten übertragen.

Der Landratsbezirk Reinheim erhielt die Zuständigkeit für die Verwaltung der gleichzeitig aufgelösten Ämter Lichtenberg und Reinheim sowie einige weitere Gemeinden. Das Landgericht Lichtenberg übernahm dort die zuvor durch die Ämter wahrgenommenen Aufgaben der Rechtsprechung.

Bezirk

Der Gerichtsbezirk umfasste:

GemeindeHerkunftZugangAbgangNach
Allertshofen Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Asbach Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Beedenkirchen Amt Lichtenberg 1821 1824 Landgericht Zwingenberg
Billings Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Brandau Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Brensbach Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Ernsthofen Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Fränkisch-Crumbach Patrimonialgericht der Freiherren von Gemmingen 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Frankenhausen Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Darmstadt II
Georgenhausen Patrimonialgericht derer von Haxthausen 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Groß-Bieberau Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Gundernhausen Amt Reinheim 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Habitzheim Landgericht Höchst 1853 1879 Amtsgericht Reinheim
Hahn Amt Reinheim 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Herchenrode Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Hoxhohl Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Klein-Bieberau Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Klein-Gumpen Patrimonialgericht Laudenau 1827 1828 Landgericht Michelstadt
Laudenau Patrimonialgericht Laudenau 1827 1828 Landgericht Michelstadt
Lichtenberg Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Lützelbach Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Meßbach Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Neunkirchen Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Neutsch Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Darmstadt II
Nieder-Modau Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Niedernhausen Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Nieder-Klingen Landgericht Höchst 1853 1879 Amtsgericht Reinheim
Nieder-Ramstadt Amt Pfungstadt 1821 1853 Landgericht Darmstadt
Nonrod Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Ober-Klingen Landgericht Höchst 1853 1879 Amtsgericht Reinheim
Ober-Modau Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Obernhausen Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Ober-Ramstadt Amt Reinheim 1821 1853 Landgericht Darmstadt
Reinheim Amt Reinheim 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Rodau Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Rohrbach Amt Reinheim 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Roßdorf Amt Reinheim 1821 1853 Landgericht Darmstadt
Spachbrücken Amt Reinheim 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Steinau Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Traisa Amt Pfungstadt 1821 1853 Landgericht Darmstadt
Ueberau Amt Reinheim 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Waschenbach Amt Pfungstadt 1821 1853 Landgericht Darmstadt
Webern Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Wembach Amt Reinheim 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Wersau Amt Lichtenberg 1821 1879 Amtsgericht Reinheim
Winterkasten Patrimonialgericht Laudenau 1827 1828 Landgericht Michelstadt
Wurzelbach Amt Lichtenberg 1821 1824 Landgericht Zwingenberg
Zeilhard Amt Reinheim 1821 1879 Amtsgericht Reinheim

Weitere Entwicklung

1824 wurden die Orte Beedenkirchen und Wurzelbach an das Landgericht Zwingenberg abgetreten.

1827 wurden die drei Dörfer des aufgelösten Patrimonialgerichts Laudenau „provisorisch“ dem Landgericht Lichtenberg zugeordnet, aber schon im darauf folgenden Jahr wieder an das Landgericht Michelstadt abgegeben (siehe: Übersicht).

1848 wurde der Sitz des Gerichts von dem relativ abgelegenen Schloss Lichtenberg nach Reinheim verlegt und die Bezeichnung folgend in Landgericht Reinheim geändert.

Durch mehrere Verwaltungsreformen, 1832, 1848 und zuletzt 1852 hatten sich nicht nur die Bezeichnungen der Verwaltungsbezirke, sondern auch deren Grenzen geändert. Um das wieder anzugleichen, revidierte das Großherzogtum 1853 in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen umfassend die Zuständigkeitsbereiche der Gerichte. Die Folge waren auch umfangreiche Änderungen für den Sprengel des Landgerichts (siehe Übersicht).

Ende

Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 wurden Organisation und Bezeichnungen der Gerichte reichsweit vereinheitlicht. Zum 1. Oktober 1879 hob das Großherzogtum Hessen deshalb die Landgerichte auf. Funktional ersetzt wurden sie durch Amtsgerichte. So ersetzte das Amtsgericht Reinheim das Landgericht Reinheim. „Landgerichte“ nannten sich nun die den Amtsgerichten direkt übergeordneten Obergerichte. Das Amtsgericht Reinheim wurde dem Bezirk des Landgerichts Darmstadt zugeordnet.

Gebäude

Schloss Lichtenberg

Erster Amtssitz des Gerichts war das Schloss Lichtenberg.

Gerichtsgebäude Reinheim

Zweiter Amtssitz war ein neu errichtetes Gebäude in der Darmstädter Straße 2 an der Ecke zur Hahner Straße in Reinheim. Es dominiert die Ecklage am Beginn der Darmstädter Straße. Es wurde später vom Amtsgericht Reinheim nachgenutzt. Errichtet wurde das Gebäude in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Es besteht aus zwei Baukörpern, die im rechten Winkel aneinandergefügt sind. Das zur Darmstädter Straße traufständig ausgerichtete Hauptgebäude ist ein zweigeschossiger Massivbau über verkleidetem Sockel. Die Fassade ist spätklassizistisch und durch sieben regelmäßig angeordnete Fensterachsen geprägt. Horizontal gestaltet wird sie durch zwei umlaufende Gesimsbänder aus rotem Sandstein. Die Giebelfassade ist durch fünf Fensterachsen, die sich bis in das Sockelgeschoss hinein fortsetzen, symmetrisch gestaltet. Das schlichte Giebelfeld zeigt ein Drillingsfenster mit rundbogigen Abschlüssen und konsolgestützter Sohlbank. Der Anbau zur Hahner Straße hin ist durch einen vertikalen Versprung vom Hauptgebäude abgesetzt. Im Erdgeschoss finden sich eng gereihte Zwillingsfenster mit Sandsteineinfassungen. Das Obergeschoss wird in seinem westlichen Teil durch drei rundbogige Fenster geprägt. Das Gebäude ist aufgrund seiner ausgewogenen Gestaltung aus künstlerischen Gründen sowie aufgrund seiner für das Straßenbild wichtigen Lage aus städtebaulichen Gründen ein Kulturdenkmal und steht aufgrund des Hessischen Denkmalschutzgesetzes unter Denkmalschutz.

Anmerkungen

  1. Bis 1862 zu Reinheim, danach selbstständige Gemeinde.

Einzelnachweise

  1. Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
  2. Zutheilung der Gemeinden Beedenkirchen und Wurzelbach zu dem Landrathsbezirke Bensheim und dem Landgerichte Zwingenberg betreffend vom 11. Oktober 1824. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 57 vom 30. Oktober 1824, S. 633f.
  3. Bekanntmachung, die Abtretung der Patrimonial-Gerichtsbarkeit der Freifrau von Gemmingen in den Ortschaften Laudenau, Kleingumpen und Winterkasten an den Staat betreffend vom 9. Februar 1827. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 6 vom 2. März 1827, s. 33.
  4. Heribert Reus: Gerichte und Gerichtsbezirke seit etwa 1816/1822 im Gebiete des heutigen Landes Hessen bis zum 1. Juli 1968. Hg.: Hessisches Ministerium der Justiz, Wiesbaden [1984], [ohne Seitenzählung] Abschnitt: Landgericht Lichtenberg.
  5. Bekanntmachung, die Verlegung des Landgerichtssitzes von Lichtenberg nach Reinheim betreffend vom 11. September 1848. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 53 vom 26. September 1848, S. 319.
  6. Bekanntmachung, 1. die Errichtung neuer Landgerichte zu Darmstadt und Waldmichelbach,
    2. die künftige Zusammensetzung der Stadt- und Landgerichtsbezirke in der Provinz Starkenburg betreffend
    vom 20. Mai 1853. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 19 vom 26. April 1853, S. 221–230 (224).
  7. §§ 1, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  8. §§ 2, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  9. Eintrag im Denkmalverzeichnis des Landes Hessen unter Nr. 404756; identischer Text in der Deutschen Digitalen Bibliothek.

Koordinaten: 49° 49′ 35,6″ N,  49′ 52″ O

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