Die Cauchy-Verteilung (nach Augustin Louis Cauchy) ist eine stetige, leptokurtische (supergaußförmige) Wahrscheinlichkeitsverteilung.

Anschaulich gesprochen beschreibt sie die tangentiale Auslenkung eines Pendels. Hat das Pendel die Länge , Ruheposition und einen über dem Intervall gleichverteilten Auslenkungswinkel , so ist die Position Cauchy-verteilt mit den Parametern und .

Die Cauchy-Verteilung tritt außerdem als die Verteilung einer Zufallsvariable auf, die das Verhältnis zweier unabhängiger zentrierter normalverteilter Zufallsvariablen und ist.

Ferner ist sie in der Physik für eine genäherte Beschreibung von Resonanz von Bedeutung. Sie wird dort Resonanzkurve oder Lorentzkurve (nach Hendrik Antoon Lorentz) genannt. Daher gibt es auch die Bezeichnungen Lorentz-Verteilung und Cauchy-Lorentz-Verteilung.

Definition

Die Cauchy-Verteilung ist eine stetige Wahrscheinlichkeitsverteilung, die die Wahrscheinlichkeitsdichte

mit und Lageparameter besitzt.

Die Verteilungsfunktion der Cauchy-Verteilung ist

.

Mit dem Zentrum und dem Breitenparameter ergibt sich die Standard-Cauchy-Verteilung (oder auch t-Verteilung mit einem Freiheitsgrad) mit

als Wahrscheinlichkeitsdichte und

als Verteilungsfunktion.

Ist Cauchy-verteilt mit den Parametern und , dann ist standard-Cauchy-verteilt.

Eigenschaften

Erwartungswert, Varianz, Standardabweichung, Momente

Die Cauchy-Verteilung ist eine Verteilung, die weder Erwartungswert noch Varianz oder Standardabweichung besitzt, sie sind unbestimmt. Dementsprechend besitzt sie auch keine endlichen Momente und keine momenterzeugende Funktion.

Median, Modus, Quartilabstand

Die Cauchy-Verteilung besitzt den Median bei , den Modus ebenfalls bei , und den Quartilsabstand .

Symmetrie

Die Cauchy-Verteilung ist symmetrisch zum Parameter .

Entropie

Die Entropie beträgt .

Charakteristische Funktion

Die charakteristische Funktion der Cauchy-Verteilung ist .

Reproduktivität

Die Cauchy-Verteilung gehört zu den reproduktiven Wahrscheinlichkeitsverteilungen: der arithmetische Mittelwert

aus standard-Cauchy-verteilten Zufallsvariablen ist selbst standard-Cauchy-verteilt. Insbesondere gehorcht die Cauchy-Verteilung also nicht dem Gesetz der großen Zahlen, das für alle Verteilungen mit existierendem Erwartungswert (siehe Satz von Etemadi) gilt. Ferner gilt auch der zentrale Grenzwertsatz nicht.

Invarianz gegenüber Faltung

Die Cauchy-Verteilung ist invariant gegenüber Faltung, das heißt, die Faltung einer Lorentz-Kurve der Halbwertsbreite und einem Maximum bei mit einer Lorentz-Kurve der Halbwertsbreite und einem Maximum bei ergibt wieder eine Lorentz-Kurve mit der Halbwertsbreite und einem Maximum bei . Somit bildet die Cauchy-Verteilung eine Faltungshalbgruppe.

Beziehungen zu anderen Verteilungen

Beziehung zur stetigen Gleichverteilung

Ist auf dem Intervall stetig gleichverteilt, dann ist standard-Cauchy-verteilt. Entsprechend ist Cauchy-verteilt mit den Parametern und . Dies motiviert das Beispiel der Pendel-Auslenkung.

Beziehung zur Normalverteilung

Der Quotient aus zwei unabhängigen, zentrierten normalverteilten Zufallsvariablen ist Cauchy-verteilt. Sind standardnormalverteilt, dann ist standard-Cauchy-verteilt.

Beziehung zur studentschen t-Verteilung

Die Standard-Cauchy-Verteilung ist der Spezialfall der studentschen t-Verteilung mit einem Freiheitsgrad .

Beziehung zur Lévy-Verteilung

Die Cauchy-Verteilung ist eine spezielle α-stabile Verteilung mit dem Exponentenparameter .

Anwendungsbeispiel

Bei der Cauchy-Verteilung als Vertreter der Heavy-tailed-Verteilungen ist die Wahrscheinlichkeit für extreme Ausprägungen sehr groß. Sind die 1 % größten Werte einer standardnormalverteilten Zufallsvariablen mindestens 2,326, so beträgt bei einer standard-Cauchy-verteilten Zufallsvariablen die entsprechende Untergrenze 31,82. Möchte man die Auswirkung von Ausreißern in Daten auf statistische Verfahren untersuchen, verwendet man häufig Cauchy-verteilte Zufallszahlen in Simulationen.

Zufallszahlen

Zur Erzeugung Cauchy-verteilter Zufallszahlen bietet sich die Inversionsmethode an. Die nach dem Simulationslemma zu bildende Pseudoinverse der Verteilungsfunktion lautet hierbei (siehe Kotangens). Zu einer Folge von Standardzufallszahlen lässt sich daher durch , oder wegen der Symmetrie auch durch , eine Folge standard-Cauchy-verteilter Zufallszahlen berechnen.

Einzelnachweise

  1. Joshua Goings: Maximum Entropy Distributions. Cauchy Distribution. 21. Juni 2021, abgerufen am 13. August 2022 (englisch).

Literatur

  • William Feller: An Introduction to Probability Theory and Its Applications: 1. 3. Auflage. Wiley & Sons, 1968, ISBN 0-471-25708-7.
  • William Feller: An Introduction to Probability Theory and Its Applications: 2. 2. Auflage. John Wiley & Sons, 1991, ISBN 0-471-25709-5.
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Siehe auch

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