Louis Eugène Marie Bautain (* 1795 oder 1796 in Paris; † 1867) war ein katholischer Philosoph und Priester, der sich um die Freiheit der Forschung mühte.
Leben
Nach Studien empiristischer und idealistischer Philosophie wurde er 1817 Professor der Philosophie an der Akademie zu Straßburg, wird aber nach priesterlichen Denunziationen im Einverständnis entlassen und studierte dann Medizin (Abschluss 1826). Über seinen Kontakt zum Kreis um Louise Humann fand er wieder vermehrt Zugang zur Religion. Er studierte noch Theologie und ließ sich zum Priester weihen (1828). Danach wurde er wieder in seine Professur zu Straßburg eingesetzt; wird aber erneut beim Bischof als Ketzer angeklagt und 1834 suspendiert. 1838 suchte er persönlich in Rom um seine Rehabilitierung an; die dann 1841 gelang.
Werk
Seine philosophische Theologie entstand in den Wirren um die Säkularisation. Er verteidigt den lebendigen Glauben des Katholizismus in der aufgeklärten Welt, aber nicht nur als Vorwand für quasi-cäsaropapistische Politik (Ultraroyalismus) wie de Maistre oder die de Bonalds (Vater, Sohn), sondern insbesondere auch gegen die eigene Scholastik und das sie verteidigende Lehramt. Er fordert wissenschaftliche Freiheit für die Philosophie und religiöse Freiheit für den Glauben. Er will dem Glauben lassen, was des Glaubens ist, ohne dafür aber das Wissen zu verfälschen oder die Wissenschaft einem Lehramt unterzuordnen. So dringt er zu einer Glaubensphilosophie vor, die in ihrer zeitgenössischen Argumentation und Wertung modern ist, offen für republikanische Entwicklungen, aber dem im Gewissen empfundenen Glauben und der in den Evangelien begegnenden Offenbarung deren eigene Realität zubilligt (Fideismus).
Wirkung
Bautain wurde breit rezipiert, hatte viele Schüler, die ihm teils auch konventikelhaft verbunden waren. Über seinen Schüler Gratry wirkte er auch in reformkatholischen (Frei-)Kirchen weiter (Hyacinthe Loyson, Altkatholizismus). Sein Werk stellte sich den zeitgenössisch virulenten Fragen und trieb damit eine Katholische Aufklärung nicht mehr nur episkopalistisch von oben (Hontheim, Sailer), sondern an der Schnittstelle zu republikanischen Forderungen (Lamennais, Montalembert). Bautain konstituierte eine katholische liberale Theologie. Die Berufung auf ihn war nicht anstößig, denn er hatte eine bleibende Verurteilung zu umschiffen vermocht. Er starb gerade noch vor der Verkündigung des Infallibilitätsdogmas, so dass er nicht zu einem Bekenntnis darauf verpflichtet (und somit zum Ausschluss gezwungen) wurde. Seine Tradition führte innerkatholisch weiter zum Modernismus, aber man könnte auch überkonfessionell manche Überschneidung finden mit Kierkegaard und gar der dialektischen Theologie.
Werke
- Leçons dicitèes de philosophie morale, 1818
- La morale de l’Evangile comparée à la morale des philosophes (Preisschrift), 1827 erneut 1855. (deutsch von Franz Geiger. Altdorf 1830)
- De l’enseignement de la philosophie en France au XIX. siècle, Strasbourg 1833
- zusammen mit seinem Schüler Fr. H. de Bonnechose: La Philosophie du Christianisme, Strassburg. 2 Bde. 1835
- La Psychologie expérimentale. 2 Bde. Strasbourg 1839
- Philosophie morale. 2 Bde. 1842
- Religion et la liberté. Paris 1848.
- L’esprit humain et ses facultés. 1859
- La philosophie des lois au point de vue chrétien (1860)
- La conscience ou la règle des actions humaines (1861)
- Manuel de philosophie morale (1866).
Literatur
- P. Poupard, L’abbé Louis Bautain. Toulouse 1961 (Mit Bibliografie).
- McCool; Gerald A.: Nineteenth-Century Scholasticism. 3. Auflage. Fordham University Press 1999
Internetfund, nicht recherchiert
- La renaissance catholique à Strasbourg. L’affaire Bautain (1834–1840) von PONTEIL (Félix)