Maria Cebotari, eigentlich Maria Cebotaru (* 28. Januarjul. / 10. Februar 1910greg. in Chișinău, Bessarabien, Russisches Kaiserreich; † 9. Juni 1949 in Wien) war eine rumänische Opernsängerin (Sopran).

Leben

Maria Cebotaru war das fünfte von zwölf Kindern einer Arbeiterfamilie und besuchte das Konservatorium ihrer Heimatstadt, die damals Hauptstadt der russischen Provinz Bessarabien war. Sie wurde vom russischen Schauspieler Graf Alexander Wyrubow, den sie auch heiratete, an das Moskauer Künstlertheater engagiert, mit dem sie 1928 nach Paris kam.

1929 begann sie ein Gesangsstudium in Berlin bei dem Gesangspädagogen Oskar Daniel. Sie erlernte schnell die deutsche Sprache und debütierte 1931 an der Staatsoper Dresden als Mimi in Puccinis La Bohème. In diesem Jahr wurde sie auch von Bruno Walter für die Salzburger Festspiele verpflichtet. 1934 wurde ihr der Titel Kammersängerin verliehen. Im Juni 1935 sang sie die Titelrolle in der Dresdner Uraufführung der Oper Die schweigsame Frau von Richard Strauss. Cebotari spielte bis 1943 in Dresden, von 1935 bis 1943 auch an der Berliner Staatsoper. Cebotari stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.

1943 drehte sie ihren ersten Film Mädchen in Weiß; neun weitere Filme folgten, in denen häufig der Opernspezialist Carmine Gallone Regie führte. In Mädchen in Weiß spielte sie die Institutsbewohnerin Daniela, die dank ihrer Singkünste über Nacht berühmt wird. Bereits in ihrem zweiten Film, der deutsch-italienischen Produktion Mutterlied war sie Partnerin des italienischen Stars Benjamino Gigli. In Starke Herzen, einer freien Bearbeitung des Tosca-Stoffes, zeigte sie auch ihr dramatisches Talent. Der antikommunistische Propagandafilm wurde wegen des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts zurückgezogen und kam in der Bundesrepublik erst 1953 unter dem Titel Starke Herzen im Sturm zur Erstaufführung. Ihre späteren Filme entstanden in Italien.

1938, nach der Scheidung von Wyrubow, heiratete sie den Schauspieler Gustav Diessl, mit dem sie zwei Kinder, Peter und Fritz, hatte. Maria Cebotari verfügte in ihrem Testament, dass beide Söhne in der Obhut ihrer langjährigen Erzieherin, Hedwig (Deta) Cattarius, bleiben sollten. Insbesondere war jedoch das Künstlerehepaar Clifford Curzon und Lucille Wallace-Curzon (1898–1977), in dessen Villa in Seewalchen am Attersee die durch die zweite österreichische Währungsreform mittellos gewordenen Kinder wiederholt den Sommer verbrachten, an einer Adoption interessiert. Als diese sich zu verwirklichen schien, wählte im Juli 1953 die im 49. Lebensjahr stehende Cattarius den Freitod; 1954 wurden die Söhne dem Ehepaar Curzon zugesprochen.

Maria Cebotari war eine Interpretin der großen Frauenrollen in den Opern von Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Strauss, Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini. Als Partnerin des dänischen Tenors Helge Rosvaenge feierte sie vor allem an der Berliner Staatsoper große Erfolge in La Traviata, La Bohème und Madame Butterfly, oft zusammen mit den Baritonen Willi Domgraf-Fassbaender und Heinrich Schlusnus Von 1947 bis zu ihrem Tod war Maria Cebotari Mitglied der Wiener Staatsoper. 1947 gehörte Maria Cebotari zu den Teilnehmern des ersten Nachkriegsgastspiels der Wiener Staatsoper an der Londoner Covent Garden Opera und trat an der Seite des schon vom Krebs gezeichneten Richard Tauber in Mozarts Don Giovanni auf. 1948 sang Maria Cebotari letztmals bei den Salzburger Festspielen: Eurydike in Orpheus und Eurydike von Christoph Willibald Gluck unter Herbert von Karajan, sowie in Konzerten. Mit Rollen wie Turandot (Puccini) und Salome (Strauss) stieg sie kurz vor ihrem Tod in das hochdramatische Fach ein. Sie starb an einem Leberkrebsleiden und wurde auf dem Döblinger Friedhof in Wien neben ihrem Mann Gustav Diessl beigesetzt (Gruppe 28, Reihe 1, Nr. 6).

Postume Ehrungen

Cebotari hatte Wohnungen in Dresden (Hospitalstr. 13, später Wiener Str. 36, zuletzt Parkstr. 3) und verstarb nach langer Zugehörigkeit zur Wiener Staatsoper in der österreichischen Hauptstadt. In beiden Städten erfuhr sie durch die Benennung von Straßennamen eine postume Ehrung. Es handelt sich dabei um die Maria-Cebotari-Straße in Dresden-Johannstadt und den Cebotariweg in Wien-Döbling. Auch in der Stadt Salzburg (Parsch) gibt es eine Maria-Cebotari-Straße.

In ihrer Heimat wurde Maria Cebotari nach dem Zweiten Weltkrieg wie eine Unperson behandelt, weil sie mit dem nationalsozialistischen Deutschland kollaboriert hatte. Nach der Unabhängigkeit der Republik Moldau wurde sie jedoch zu einer Art Nationalheldin erhoben. In ihrer Heimatstadt Chișinău ist das Staatstheater nach ihr benannt, ebenso einer der Hauptboulevards der Stadt sowie der Staatspreis. Interessanterweise versucht auch die rumänische Kulturszene, sich ihrer Figur zu bemächtigen, nachdem sie bis weit in die 1990er-Jahre namentlich nicht genannt werden durfte. Nun aber besinnt man sich an der Opera Națională București, dass Bessarabien/Moldau zwischen 1919 und 1940 Rumänien gehört hat und Maria Cebotari zum rumänischen Teil der moldauischen Bevölkerung gehört hatte, und so erscheint sie in neueren Listen als rumänische Sängerin.

Im Jahre 2004 erschien der biografische Roman Recviem pentru Maria (Requiem für Maria) von Vera Malov (Chișinău: Cartea Moldovei, 2004).

Diskografie

  • Mozart – Le Nozze di Figaro (Böhm 1938, in deutscher Sprache, mit Ahlersmeyer, Teschemacher, Schöffler, Wessely, Böhme) Preiser Records
  • Puccini – Turandot (Keilberth 1938, in deutscher Sprache, mit Hauss, Buchta, Hann, Eipperle, Harlan, Schupp, Kiefer), Koch-Schwann
  • Othmar Schoeck – Das Schloss Dürande (Heger live 1943, Auszüge, mit Anders, Berglund, Fuchs, Domgraf-Fassbaender, Greindl, Hüsch), Jecklin
  • R. Strauss – Salome (Krauss 1947 live, mit Rothmüller, Höngen), Gebhardt
  • Verdi – Luisa Miller (Elmendorff 1944, in deutscher Sprache, mit Böhme, Hopf, Hann, Herrmann, Eipperle), Preiser
  • Verdi – La Traviata (Steinkopf 1943, in deutscher Sprache, mit Rosvaenge, Schlusnus), Iron Needle
  • Verdi – Rigoletto „Wenn ich an Festtagen“ u. „Teurer Name“, Staatskapelle Berlin, R.Heger, Odeon O-25427
  • Gottfried von EinemDantons Tod (Fricsay live 1947, mit Schöffler, Patzak, Klein, Weber, Alsen, Hann), Stradivarius
  • Mahler – Sinfonie Nr. 2. Wiener Philharmoniker, Bruno Walter (live, Mai 1948). LYS, CBS-Sony u. a.
  • Recital (Mozart, Verdi, Puccini, Leoncavallo, J. Strauss, Arditi, Rachmaninov, Beckmann, Mackeben, Tchaikovsky), Preiser – LV
  • Recital – Maria Cebotari singt Arien (Mozart, J. Strauss, Gounod, Puccini and R. Strauss), Preiser – LV
  • Maria Cebotari – Arien, Duette, Szenen (Mozart, Bizet, Verdi, Puccini), Preiser
  • Recital – Maria Cebotari singt Richard Strauss (Salome, Feuersnot, Der Rosenkavalier, Daphne, Taillefer), Preiser
  • Maria Cebotari: Arias, Songs and in Film, Weltbild
  • Recital – Maria Cebotari singt Giuseppe Verdi (La Traviata, Rigoletto), Preiser
  • Portrait-Box: Maria Cebotari zum 100. Geburtstag: Favoriten, Funde, Fragmente – Hamburger Archiv für Gesangskunst 2010
  • Four Famous Sopranos of the Past (Gitta Alpar, Jarmila Novotna and Esther Rethy), Preiser – LV
  • Helge Rosvaenge in Szenen aus André Chénier und Rigoletto – Duets, Preiser
  • Helge Rosvaenge – Duets, Preiser – LV
  • Große Mozartsänger Vol. 1 1922–1942, Orfeo
  • Von der Königlichen Hofoper zur Staatsoper Unter den Linden, Preiser – LV

Filmografie

  • 1930: Troika
  • 1936: Mädchen in Weiß
  • 1937: Mutterlied
  • 1937: Starke Herzen
  • 1938: Drei Frauen um Verdi (Giuseppe Verdi)
  • 1939: Premiere der Butterfly (Il sogno di Butterfly)
  • 1940: Melodie der Liebe (Alfredo)
  • 1942: Odessa in Flammen (Odessa in flamme)
  • 1943: Maria Malibran (Maria Malibran)

Literatur

  • Barbara Boisits: Cebotari (eig. Cebotaru), Maria. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2002, ISBN 3-7001-3043-0.
  • Cebotari Maria. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 139.
  • Herbert Holba: Cebotari, Maria. In: Reclams deutsches Filmlexikon. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1984, ISBN 3-15-010330-4, S. 56 f.
  • Cebotari, Maria. In: Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-10-039326-5, S. 96.
  • Rosemarie Killius: Maria Cebotari: „Ich lebe, um zu singen“. Frank & Timme GmbH Verlag für wissenschaftliche Literatur, Berlin 2021, ISBN 978-3-7329-0794-6.
  • Maria Cebotari: Künstlerischer Erfolg durch politischen Gehorsam. In: Johannes Hofinger: Nationalsozialismus in Salzburg. Opfer. Täter. Gegner (= Nationalsozialismus in den österreichischen Bundesländern; 5; Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg; 44). 2. Auflage. Studien-Verlag, Innsbruck u. a. 2018, ISBN 978-3-7065-5211-0, S. 89–91.
  • Antonio Mingotti: Maria Cebotari – Das Leben einer Sängerin. Hellbrunn-Verlag, Salzburg 1950.
  • Günter Walter: Maria Cebotari – Biografie und Discographie. In: Stimmen die um die Welt gingen. Heft Nr. 68, Münster 2000, S. 1–96.
Commons: Maria Cebotari – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. (Romanian) „Niciodata si in nici o imprejurare nu mi-a trecut prin cap sa spun altceva decit ca sunt românca din Basarabia sau, pur si simplu, - românca.“ (English) „Never and in no circumstance has it crossed my mind to say that I am anything else than a Romanian from Bessarabia, or, simply, a Romanian.“ (Maria Cebotari) Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 26. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. [archive]
  2. Cebotari, Maria. In: Theodor Kellenter: Die Gottbegnadeten : Hitlers Liste unersetzbarer Künstler. Kiel: Arndt, 2020, ISBN 978-3-88741-290-6, S. 239
  3. Cebotari-Kinder. Zwischen Park und Stübchen. In: Der Spiegel. Nr. 2, 1951, S. 35 (online).
  4. Die Tragödie einer Erzieherin. Die Betreuerin der Cebotari-Kinder nahm sich das Leben. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 21. Juli 1953, S. 3, Mitte.
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.