Marie-Aurore de Saxe (* 20. September 1748 in Paris; † 26. Dezember 1821 in Nohant-Vic), Gräfin von Horn, später Madame Dupin de Francueil, war die leibliche Tochter des Marschalls Moritz von Sachsen und die Großmutter von George Sand.
Leben
Herkunft und Jugend
Der Limonadenhändler Claude-Louis Rinteau und seine Frau Marie-Anne Dupuy hatten zwei Töchter, Marie-Geneviève (* 6. Januar 1730 in Paris, Pfarrei Saint-Gervais; † 22. Oktober 1775 in Paris, Pfarrei Sainte-Marie-Madeleine-de-la-Ville-Évêque) und Geneviève-Claude (* 13. Februar 1734 in Paris, Pfarrei Saint-Leu-Saint-Gilles; † 23. September 1791 in Paris, Saint-Jacques-du-Haut-Pas). Louis Rinteau, der seinen Kindern eine glänzende Karriere ermöglichen, aber vor allem seine eigene sichern wollte, dachte dazu an Moritz von Sachsen, den Marschall von Frankreich, der für seine militärischen Siege, aber auch für sein turbulentes Liebesleben bekannt war. Der Marschall ließ sich als großer Liebhaber des Theaters auf seinen Feldzügen von einer Schauspielertruppe begleiten, um die Moral seiner Truppen zu stärken, und Louis Rinteau wusste, dass dabei die hübschesten Schauspielerinnen dem Vergnügen des fünfzigjährigen Marschalls dienten: Ohne die geringsten Skrupel stellte er ihm im Laufe des Jahres 1747 seine beiden Töchter vor. Louis Rinteau erhielt im Gegenzug seine Ernennung zum Militärlagerverwalter, eine nachweislich gewinnbringende Quelle. Doch sollte seine Gier eine Kehrseite der Medaille erfahren, als Moritz von Sachsen der Unterschlagung und Veruntreuung beschuldigt wurde. Da er aufgrund seiner Position der Strafverfolgung entgehen konnte – er ist der Onkel „zur linken Hand“ der Dauphine und ein Freund der Marquise de Pompadour – mussten Schuldige anderweitig gefunden werden: Die Justiz suchte also in Richtung seiner Untergebenen und Louis Rinteau wurde ins Gefängnis geworfen. Während der „gute Familienvater“ in einem Brüsseler Kerker einsaß, traten die siebzehnjährige Marie und die dreizehnjährige Geneviève im Théâtre des Armées auf und machten damit ihren ersten Schritt in die Welt des Schauspiels. Zu diesem Zweck nahmen sie einen Künstlernamen an, der in die Geschichte einging: Mesdemoiselles de Verrières. Maurice de Saxe hatte zunächst ein Auge auf die sehr junge Geneviève geworfen, doch diese Liebelei blieb ohne Folgen. Die ältere Tochter, Marie, war von bemerkenswerter Schönheit und einem Geist, der den alten Soldaten in seinen Bann zog. Sie wurde seine Geliebte und er beeilte sich, sie im Marais-Viertel in der Rue du Parc-Royal in Paris unterzubringen, sobald die aktuelle Militärkampagnen beendet waren. Aus dieser Affäre ging am 20. September 1748 ein Mädchen hervor, das einen Monat nach ihrer Geburt, am 19. Oktober 1748, in der Kirche Saint-Gervais-Saint-Protais auf den Namen Marie-Aurore getauft wurde: Das Kind erhielt den Familiennamen eines erfundenen Pariser Bürgers, Jean-Baptiste La Rivière, und die Vornamen seiner Großmutter, Maria Aurora Gräfin von Königsmarck; sein Pate war der Adjutant des Marschalls, Antoine-Alexandre Colbert, Marquis de Sourdis (1707–1788) und die Patin seine Tante Geneviève. Der Marschall interessierte sich überhaupt nicht für seine leibliche Tochter und hinterließ ihr nichts, ebenso wenig wie er sich um die anderen Kinder kümmerte, die er hinterließ.
Marie Rinteau, die sich eines gewissen Bekanntheitsgrades sicher war, machte eine Eroberung nach der anderen. Jean-François Marmontel und später der Fermier général Denis Joseph Lalive d’Épinay gehörten zu den eifrigen Liebhabern der jungen Frau. Letzterer nahm viel Geld in Hand und ließ die Demoiselles de Verrières, nachdem der Marschall am 30. November 1750 im Schloss Chambord gestorben war, in Auteuil (Hôtel de Verrières, 43–47 Rue d’Auteuil, 75016 Paris) unterbringen. Denis Joseph Lalive d’Épinay und sein Freund Louis Dupin de Francueil waren vertraute Gäste im Salon der Schwestern Rinteau und organisierten deren Feste. Louis Dupin de Francueil wurde später der Liebhaber von Mme d’Épinay und machte sie mit Jean-Jacques Rousseau bekannt. Aus ihrer Verbindung mit dem verwitweten Charles Godefroi de La Tour d’Auvergne, Prince de Turenne und Duc de Bouillon, brachte Marie Rinteau am 31. Oktober 1750 in Paris einen Sohn zur Welt, Charles-Godefroy-Marie de Beaumont. Charles-Godefroy-Marie de Beaumont war somit der Halbbruder von Marie-Aurore. Sein Vater, Charles-Godefroy de La Tour d’Auvergne, kümmerte sich um seine Erziehung und gab ihm den Namen eines ihm gehörenden Domäne in der Normandie, Beaumont-le-Roger, weiter. Er trat in das Priesterseminar in Évreux ein und wurde Priester. Nach einem Aufenthalt in der Normandie, auf dem Land seiner Vorfahren in Breuilpont, war er von 1780 bis 1792 Pfarrer von Tartas in den Landes. Der Abbé de Beaumont kehrte nach Paris zurück und wohnte nacheinander in der Rue de Lille, am Quai Malaquais und schließlich in der Rue Guénégaud. Im Jahr 1819 kaufte er ein Haus in Brunoy, in der Nähe von Corbeil im Département Seine-et-Oise, wo er sich hauptsächlich im Sommer aufhielt. Er starb am 5. März 1823 in dieser Gemeinde. George Sand widmete ihm 1875 eine kurze Biografie im zweiten Band der Œuvres autobiographiques mit dem Titel: Mon grand-oncle, die am 2. Januar 1876 in der Zeitung Le Temps erschien. Marie-Aurore stand weiterhin unter der Obhut ihrer Mutter, allerdings nur noch für kurze Zeit.
Einer der Neffen des Marschalls von Sachsen, der Graf von Friesen, der in Frankreich als Comte de Frise bekannt ist, sollte Marie-Aurore finanziell unterstützen. Sein Tod im Jahr 1755 beraubte die natürliche Tochter des Marschalls ihrer Mittel; noch im selben Jahr richtete Marie Rinteau-de Verrières eine Bittschrift an die Dauphine, um für Marie-Aurore zu sorgen und ihre Ausbildung zu gewährleisten. König Ludwig XV. gewährte „der demoiselle Aurore“ eine Pension von 800 Livres.
Nach dem Tod des Grafen von Friesen wurde Marie-Aurore im Alter von sieben Jahren auf Beschluss der Dauphine, ihrer Mutter weggenommen. Marie-Josèphe von Sachsen sorgte von nun an für den Schutz und die Erziehung ihrer Kusine. Sie brachte Marie-Aurore in einer Einrichtung für junge Mädchen unter, zunächst im Ursulinenkloster in Saint-Cloud, dann in der Maison Royale de Saint-Louis in Saint-Cyr, das von Madame de Maintenon gegründet worden war.
Anerkennung
Die Dauphine entschied auch über Marie-Aurores Zukunft, indem sie deren Hochzeit mit dem Grafen Antoine de Horn (* 8. September 1722 in Mussy-la-Ville als Sohn Ludwigs XV. und einer unbekannten Frau) arrangierte. Damit diese Ehe gültig war, musste ihre Taufurkunde so geändert werden, dass der Name ihres wirklichen Vaters erschien. Marie-Aurore appellierte an das Pariser Parlement und am 15. Mai 1766 wurde nach einer ernsthaften Untersuchung in einem Urteil des Parlements festgestellt, dass „Marie-Aurore die natürliche Tochter von Maurice, comte de Saxe, maréchal des camps et armées de France, und Marie Raintau ist“. Marie-Aurore wurde somit anerkannt und durfte den Namen „de Saxe“ tragen. Sie heiratete in erster Ehe am 9. Juni 1766 in Paris den Grafen Antoine de Horn, der jedoch bereits im folgenden Jahr, am 20. Februar 1767, im Alter von 44 Jahren in einem Duell in Sélestat durch einen Degenhieb getötet wurde.
Maria Josepha von Sachsen starb kurz darauf, am 13. März 1767, in Versailles (ihr Ehemann, der Dauphin Ludwig von Frankreich, war bereits 15 Monate zuvor gestorben). Marie-Aurore war nun ihrer Beschützer beraubt, die Pension, die sie als Witwe erhielt, konnte ihre Ausgaben nicht decken, so dass sie tätig werden musste. Zunächst wandte sie sich an Voltaire, der sie an die Gräfin von Choiseul weiterempfahl, doch die Bemühungen blieben erfolglos. Marie-Aurore kehrte daher zurück, um bei ihrer Mutter Marie Rinteau zu leben. Während dieser Zeit lernte sie singen, schauspielerte, entdeckte das gesellschaftliche Leben und knüpfte mehrere Bekanntschaften, folgte jedoch nicht dem Beispiel ihrer Mutter oder ihrer Tante Geneviève Rinteau, die neben ihrer Schauspielkarriere auch ein Leben als Kurtisane führten. Am 22. Oktober 1775 starb Marie Rinteau in Paris im Alter von 45 Jahren. Marie-Aurore zog sich daraufhin mit einem Dienstmädchen in den Couvent des Anglaises in der Rue des Fossés Saint-Victor in Paris zurück, wo sie häufig von dem 62-jährigen Louis Dupin de Francueil besucht wurde, einem reichen Finanzier, der 33 Jahre älter als sie und ein Freund von Jean-Jacques Rousseau war. Louis war für Marie-Aurore kein Unbekannter, da sie ihn bereits als Liebhaber von Geneviève Rinteau bei ihrer Mutter kennengelernt hatte. Louis hielt um die Hand von Marie-Aurore an, die erst zögerte, dann aber von seiner Anmut, seinem Geist und seinem liebenswürdigen Charakter umgestimmt wurde. Um Unannehmlichkeiten durch einen möglichen Widerstand zu vermeiden, wurde die Hochzeit am 14. Januar 1777 in London in der Kapelle der französischen Botschaft gefeiert – die Eheleute befürchteten zu Recht eine Anfechtung durch die jeweiligen Familien, wahrscheinlicher jedoch durch den französischen Hof, unter dessen Protektion die Tochter des Marschalls von Sachsen stand. Drei Monate später waren die Neuvermählten wieder in Frankreich, um am 15. April 1777 in der Kirche Saint-Gervais in Paris ihre Allianz zu bestätigen. Marie-Aurore de Saxe sagte später ihrer Enkelin Aurore Dupin de Francueil, die besser unter dem Pseudonym George Sand bekannt ist, folgendes über ihren Ehemann: „Ein alter Mann liebt mehr als ein junger Mann und es ist unmöglich, nicht zu lieben, wer uns vollkommen liebt. Ich nannte ihn meinen alten Mann und meinen Papa. Er wollte es so und nannte mich auch in der Öffentlichkeit immer nur seine Tochter. Und außerdem war man in jenen Zeiten nie alt! Es war die Revolution, die das Alter in die Welt brachte. Ihr Großvater, meine Tochter, war bis zur Stunde seines Todes schön, elegant, gepflegt, anmutig, parfümiert, verspielt, freundlich, liebevoll und gleichmütig.“
Madame Dupin de Francueil
Aus dieser Verbindung wurde Maurice-François-Élisabeth Dupin de Francueil in Paris im Marais-Viertel am 9. Januar 1778 geboren und am 18. Januar in der Kirche Saint-Gervais getauft. Sein Taufpate ist der Marquis de Polignac. Als erstes (und einziges) Kind von Louis Dupin de Francueil und Marie-Aurore de Saxe nannten seine Eltern ihn Maurice nach seinem Großvater, dem Marschall von Sachsen.
Das Paar verbrachte ab 1783 einen Teil des Jahres in Châteauroux, wo Louis die Güter aus dem Erbe seines Vaters, Claude Dupin, verwaltete. Sie ließen sich im Château Raoul, dem ehemaligen Wohnsitz der Chauvigny, Princes de Déols und Vicomtes de Châteauroux, nieder und führten ein prunkvolles Leben, das weit über ihre Verhältnisse hinausging. In ihrem Haus befanden sich unzählige Bedienstete, sie besaßen einen Marstall sowie Hundezwinger mit einer großen Meute. Das Paar empfing zahlreiche Gäste, gab Empfänge und Konzerte. Louis investierte in Tuchmanufakturen, die die Stadt im Berry bereicherten, ohne für ihre Besitzer rentabel zu sein. M. und Mme. de Francueil besaßen auch ein Privathaus in Paris in der Rue du Roi-de-Sicile 15 in der Pfarrei Saint-Gervais. Louis Dupin starb am 6. Juni 1786 in seinem Haus in Paris. Marie-Aurore war zum zweiten Mal Witwe und für einen achtjährigen Sohn verantwortlich. Sie beglich die Schulden, die ihr Mann hinterlassen hatte, dessen Geschäfte in größter Unordnung waren, und fand sich danach in bescheideneren Verhältnissen wieder, erhielt aber eine Rente von 75.000 Livres, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Madame Dupin de Francueil und Maurice Châteauroux verließen nun Châteauroux und zogen in die Hauptstadt in die Rue du Roi-de-Sicile. Madame Dupin stellt einen jungen Hauslehrer ein, um die Ausbildung ihres Sohnes zu vervollkommnen, Jean-Louis François Deschartres.
Während der Revolution beschloss Marie-Aurore de Saxe, ein Landgut zu erwerben, um so weit wie möglich von den Ereignissen in Paris entfernt zu sein. Ihre Beziehungen und Gewohnheiten brachten sie mit dem Berry in Verbindung und ihre Wahl fiel auf ein Herrenhaus in Nohant in der Nähe von La Châtre. Mit den Resten ihres Vermögens kaufte sie dieses Anwesen am 23. August 1793 für insgesamt 230.000 Livres von Pierre Philippe Péarron de Serennes, einem ehemaligen Infanterieoffizier und Gouverneur von Vierzon, der ein Cousin der Familie Dupin de Francueil war. Der Besitz beschränkte sich nicht nur auf das Manoir Nohant, sondern der Kauf umfasste auch Wohnhäuser, darunter die von La Chicoterie, mehrere Wirtschaftsgebäude und der gesamte Landbesitz erstreckte sich über mehr als 240 Hektar.
Revolution und Kaiserreich
Die Freidenkerin Marie-Aurore de Saxe war mit den Ideen ihrer Zeit auf Augenhöhe. Sie sah die Revolution ohne Furcht kommen, denn sie war von den Ideen der Aufklärung geprägt und Anhängerin von Philosophen wie Voltaire, Jean-Jacques Rousseau und Buffon. Marie-Aurore war noch in Paris und bewohnte mit ihrem Sohn eine neue Wohnung in der Rue Saint-Nicolas 12, die dem Sieur Amonin gehört. In diesen unruhigen Zeiten – wir befinden uns mitten in der Terrorherrschaft – schlug dieser seiner Mieterin vor, seine Werte und Papiere zusammen mit ihren eigenen in der Wohnung zu verstecken, ebenso wie die Adelspapiere des M. de Villiers. Aufgrund eines Dekrets war es verboten, Reichtümer, insbesondere Gold, Silber und Schmuck, zu verbergen. Nach einer Denunziation fand am 5. Frimaire An II (25. November 1793) mitten in der Nacht eine Hausdurchsuchung statt. Die versteckten Güter wurden gefunden und Marie-Aurore von Sachsen wurde noch am selben Tag festgenommen und im Couvent des Anglaises inhaftiert. Die ehemalige religiöse Einrichtung, in der sie nach dem Tod ihres ersten Ehemanns untergebracht war, war während der Revolution zu einem Gefängnis umfunktioniert worden. Marie-Aurore hatte nicht nur Wertgegenstände, sondern auch kompromittierende Papiere versteckt, die sie in die Flucht mehrerer Adliger, darunter der Graf von Artois, verwickelten. Die Papiere wurden nicht gefunden, aber die Gefahr einer zweiten Hausdurchsuchung war groß. Ihrem Sohn und Deschartres gelang es, in die versiegelte Wohnung einzudringen, um die Dokumente zu vernichten. Die Revolutionsregierung überlebte den Sturz Robespierres nicht und Marie-Aurore wurde wie so viele andere Gefangene auch am 4. Fructidor An II (21. August 1794) freigelassen. Bereits wenige Tage später, wohl Anfang des Jahres III (September 1794) kehrte Marie-Aurore in das Département Indre auf das Landgut Nohant zurück und setzte mit François Deschartres die Erziehung von Maurice fort.
Dieser beschloss, dem Beispiel seines Großvaters Moritz von Sachsen zu folgen, und wurde bei der allgemeinen Wehrpflicht am 5. September 1798 Soldat. Maurice begann seine militärische Karriere mit dem Machtantritt von General Napoleon Bonaparte und zur großen Verzweiflung seiner Mutter. Er nahm an den napoleonischen Kriegen teil und wurde Leutnant und später Chef d’Escadron im 1. Husarenregiment. Ohne das Wissen seiner Mutter heiratete er am 5. Juni 1804 in Paris heimlich eine Bürgerliche, Sophie-Victoire-Antoinette Delaborde. Diese überstürzte Heirat erklärt sich durch Sophies fortgeschrittene Schwangerschaft, die am 1. Juli in Paris ein kleines Mädchen zur Welt brachte, das den Namen Amantine-Aurore-Lucile Dupin erhält, die spätere George Sand.
Letzte Jahre
Im März 1808 befand sich Maurice Dupin als Adjutant von Joachim Murat in Spanien. Sophie, die im siebten Monat schwanger war, beschloss, in Begleitung von Aurore zu ihrem Mann nach Madrid zu reisen, obwohl Maurice ausdrücklich dagegen war. Die Reise brachte die ganze Familie und vor allem das Kind, das Sophie in sich trug, unnötig in Gefahr. Was die Situation in Spanien betraf, so war sie aufgrund des Kriegszustands mehr als gefährlich. Trotzdem kamen Mutter und Tochter nach einer beschwerlichen Reise im Mai an. Am 2. Mai hatte sich das Volk in Madrid erhoben und die französischen Truppen schlugen den Aufstand blutig nieder. Maurice Dupins Befürchtungen waren berechtigt. Ihr zweites Kind, ein Sohn mit dem Namen August, wurde am 12. Juni 1808 in Madrid geboren, war jedoch blind. Nach Murats Abreise zum Thron von Neapel machten sich Maurice und die Seinen auf den Rückweg und mussten in Nohant einen Zwischenstopp einlegen, wo sie Ende Juli ankommen. Am 8. September 1808 starb Auguste an Erschöpfung und Krankheit, die auf die anstrengende Reise nach Spanien zurückzuführen sind, und acht Tage später Maurice, am 16. September 1808, nach einem Sturz vom Pferd auf der Straße von Châteauroux nach Nohant.
Von nun an ist die einzige Verbindung, die sie zu dem verstorbenen Sohn hat, ihre Enkelin Aurore, die zum Spielball der Rivalität zwischen Mutter und Großmutter wird. Schließlich gab Sophie-Victoire Delaborde am 28. Januar 1809 gegen eine jährliche Rente die Vormundschaft über das Kind zugunsten von Marie-Aurore de Saxe auf. Aurore Dupin wurde somit von ihrer Großmutter und François Deschartres erzogen, der nach seiner Tätigkeit als Hauslehrer von Maurice Dupin nun auch der Hauslehrer deren Tochter wurde. Marie-Aurore de Saxe zog es vor, die schlechte Jahreszeit in der Hauptstadt zu verbringen und kaufte eine Wohnung in der Rue Neuve-des-Mathurins in der Nähe der Wohnung ihrer Schwiegertochter, die zwar ein Besuchsrecht hatte, aber nicht die Erlaubnis, ihre Tochter Aurore mit in ihre Wohnung zu nehmen (diese Vereinbarung wurde jedoch später geändert). Marie-Aurore de Saxe widmete ihrer Enkelin die größte Aufmerksamkeit und machte sie mit Jean-Jacques Rousseau bekannt. Diese Zuneigung beruht auf Gegenseitigkeit: Aurore schätzt ihre Großmutter mit ihrem feinen und gebildeten Geist.
Marie-Aurores Gesundheit ließ nach und sie war sich bewusst, dass ihr die Zeit davonlief. Sie hatte den Plan, ihre Enkelin so schnell wie möglich zu verheiraten und sie zu ihrer Alleinerbin sowohl ihres Vermögens als auch der Ländereien und des Anwesens in Nohant zu machen. Im Januar 1821 wurde eine geplante Heirat mit einem von Aurores Cousins, Auguste Vallet de Villeneuve, erwogen, der seit 1812 Witwer von Laure de Ségur war und das Marquisat Le Blanc besaß. Er war jedoch bereits 42 Jahre alt, während seine Braut erst 16 Jahre alt war. Zum anderen bestimmte Marie-Aurore in einer Testamentsklausel den gesetzlichen Vormund ihrer Enkelin. Es handelt sich dabei um Augustes älteren Bruder, Comte René Vallet de Villeneuve, den Besitzer von Schloss Chenonceau.
Ende Februar 1821 erlitt Marie-Aurore einen Schlaganfall, ihre Enkelin Amantine Aurore übernahm ihre Pflege. Marie-Aurore de Saxe starb am 26. Dezember 1821 in Nohant. Sie wurde an der Seite ihres Sohnes Maurice auf dem Landgut Nohant beigesetzt.
Literatur
- René-Louis de Voyer marquis d’Argenson, Journal et mémoires du marquis d’Argenson, Band 5, Paris, Éditions Vve Jules Renouard, 1863, Novembre 1748, S. 280 (online)* Anne-Marie Aubin, Correspondance entre Marie-Aurore de Saxe et Monsieur de Scévole, in: Argenton et son histoire, Nr. 21, 2004, S. 15–17, Cercle d’histoire d’Argenton, Argenton-sur-Creuse ISSN 0983-1657
- Émile Campardon, Les prodigalités d’un fermier général: compléments aux mémoires de Madame d’Épinay, Paris, Éditions Charavay frères, 1882, Les demoiselles de Verrières (online)
- Jean-Baptiste Denisart, Armand Gaston Camus, Jean-Baptiste François Bayard, Collection de décisions nouvelles et de notions relatives à la jurisprudence actuelle, Band 3, Paris, Éditions Veuve Desaint, 1784
- Nathalie Desgrugillers, Ma grand-mère Marie Aurore de Saxe: Correspondance inédite et souvenirs, Clermont-Ferrand, Éditions Paleo, Collection La collection de sable, 15 juin 2011, ISBN 978-2-84909-636-9
- Christophe Grandemange, Le château de Nohant: Maison de George Sand, Saint-Cyr-sur-Loire, Éditions Alan Sutton, Collection Provinces Mosaïques, 14 juin 2010, ISBN 978-2-8138-0176-0
- Adolphe Jullien, Le théâtre des demoiselles Verrières, Band 8, 1. Buch, La Chronique Musicale de l’art ancien et moderne, Paris, Éditions La Chronique Musicale, April–Juni 1875, I et II, S. 224–231 und 252-263 (online)
- Gilles Lapouge, Les Folies Koenigsmark, Paris, Éditions Albin Michel, 29. August 1989, Kapitel 31, S. 300, ISBN 978-2-226-03796-1
- Thérèse Marix-Spire, Les romantiques et la musique: le cas George Sand, Band 1, Paris, Nouvelles Éditions Latines, 1954 (Neudruck 20. Januar 2008), George Sand et la musique, influences lointaines, ISBN 978-2-7233-1074-1.
- Jean-François Marmontel, Mémoires de Marmontel: Mémoires d’un Père pour servir à l’Instruction de ses enfans, Band 1, 1. Buch, Paris, La Librairie des Bibliophiles, 1891 (Erstausgabe 1800), Kapitel Liver 4 Liaisons de Mademoiselle Marie Verrière, S. 221 (gallica.bnf.fr).
- Gaston Maugras, Les demoiselles de Verrières, Paris, Éditions Calmann et Lévy, 1890, (gallica.bnf.fr).
- Lucien Perey, Gaston Maugras, La jeunesse de madame d’Épinay: d’après des lettres et des documents inédits, Paris, Éditions Calmann et Lévy, 1898, Kapitel 12, Les demoiselles Verrière à Épinay, S. 381 (Textarchiv – Internet Archive).
- Roger Pierrot, Jacques Lethève, Marie-Laure Prévost, Michel Brunet (Hrsg.), George Sand: visages du romantisme, Paris, Bibliothèque nationale de France, Collection Catalogue d’exposition, 20. Januar 1977, ISBN 2-7177-1337-9 ().
- Robert Ranjard, Le secret de Chenonceau, Tours, Éditions Gibert-Clarey, 8. Juni 1976 (Erstausgabe 1950), Monsieur et madame Dupin, S. 177–210
- George Sand, Histoire de ma vie, Band 1, Paris, Éditions Calmann et Lévy, 15. April 1847 (Erstausgabe 1856), Kapitel 2 Aurore de Saxe, S. 33f (archive.org).
Archive
- Département Indre:
Domaine de George-Sand – Place du Château 36400 Nohant-Vic.
Musée George Sand – 71 rue Venôse 36400 La Châtre.
Archives Départementales de l’Indre – 1 rue Jeanne d’Arc 36000 Châteauroux.
Archives municipales – Mairie de La Châtre. Place de l’Hôtel de Ville 36400 La Châtre. - Département Seine:
Archives nationales – 60 Rue des Francs-Bourgeois 75003 Paris
Minutier central des notaires de Paris – 60 Rue des Francs-Bourgeois 75141 Paris Cedex 03
Archives de Paris – Archives de l’État civil – 18 Boulevard Sérurier 75019 Paris
Bibliothèque nationale de France – Quai François Mauriac 75706 Paris Cedex 13.
Bibliothèque historique de la ville de Paris – Fonds George Sand – 24 Rue Pavée 75004 Paris
Musée de la Vie romantique – Hôtel Scheffer-Renan – 16 Rue Chaptal 75009 Paris
Weblinks
- Revue des Deux Mondes 1864, S. 368 wikisource
Anmerkungen
- ↑ Maugras, Kapitel 2, Origine des demoiselles de Verrières, S. 28 (gallica.bnf.fr).
- ↑ Marmontel erwähnt in seinen Memoiren in Bezug auf Marie Rinteau, dass „der Schützling des Marschalls eine seiner Geliebten war; sie war ihm im Alter von siebzehn Jahren geschenkt worden“ (Marmontel, Band 1, 4. Buch, Liaisons de Mademoiselle Marie Verrière, S. 221) (gallica.bnf.fr).
- ↑ Argenson, Band 5, Novembre 1748, S. 280 (gallica.bnf.fr).
- ↑ Maugras, Kapitel 2, Le maréchal de Saxe et sa troupe de comédie, S. 31 f.
- ↑ George Sand romantisiert sehr oft Biografien und der Beruf ihrer Urgroßmutter Marie Rinteau ist keine Ausnahme, da sie sie zu einer junge Debütantin an der Oper machte (Marix-Spire, Band 1, S. 70).
- ↑ Dieser Name wurde mit oder ohne „s“ geschrieben und der Adelspartikel 1751 hinzugefügt; die Demoiselles de Verrières änderten im Übrigens mehrmals ihren Namen.
- ↑ Untersuchung des Parlaments von Paris vom 15. Mai 1766, Archives nationales, Sammlung des Rates vom 11. Mai bis 28. Mai 1766, Folio 110 verso und 112 rect.o
- ↑ Archives de Paris, Auszug aus der Taufakte vom 19. Oktober 1748: Marie-Aurore, fille, présentée le dit jour à ce baptême par Antoine-Colbert, marquis de Sourdis, et par Geneviève Rinteau, parrain et marraine […]
- 1 2 Desgrugillers, S. 8.
- ↑ Lalive d’Épinay (1724–1782), Ehemann der Schriftstellerin Louise d’Épinay, schenkte den Demoiselles de Verrières zwei Anwesen, das in Auteuil im Jahr 1753 (Perey/Maugras, Kapitel 12, Les demoiselles Verrière à Épinay, S. 381, online) und ein weiteres, das ehemalige Hôtel Saint-Florentin in der Rue de la Ville-l’Évêque in Paris (Marix-Spire, S. 71)
- ↑ Der Comte des Frise trat nach dem Tod des Marschalls 1750 die Nachfolge als Gouverneur von Chambord an, wo er fünf Jahre lang wohnte
- ↑ Zum Thema der Vaterschaft Moritz von Sachsens zu Marie-Aurore Rinteau (später de La Rivière, dann de Saxe durch ein Urteil des Pariser Parlaments vom 15. Mai 1766, nachdem eine ernsthafte Untersuchung durchgeführt worden war) sind auch die Memoiren von Madame d’Épinay zu berücksichtigen, die erst 1818 unter dem Titel Histoire de Madame de Montbrillant (online) erschienen (siehe auch Les Contre-Confessions ou l’Histoire de Madame de Montbrillant, Ausgabe Mercure de France, Sammlung Le Temps retrouvé, 1989) und die detailliert über die ehelichen Missgeschicke von Madame d’Épinay berichten und in denen unter Pseudonymen auch ihr Ehemann M. de Montbrillant (Denis d’Épinay) und ein gewisser M. de Formeuse, bei dem es sich um Louis-Claude Dupin, genannt de Francueil, den späteren Großvater George Sands, handelt, die beide ein ausschweifendes Leben mit den Petites Roses (den Rinteau-Schwestern) führten. Diese Schlüsselmemoiren von Madame d’Épinay scheinen zu belegen, dass der Marschall von Sachsen (M. de P***) ein Spielball der Machenschaften der Rinteau-Schwestern war und dass dies der Grund dafür sein könnte, dass er Marie-Aurore zu Lebzeiten nie als seine Tochter anerkannt und sie auch nicht in seinem Testament bedacht hat. Doch wie Desgrugillers feststellt: „Marie-Aurore wurde von ihrem Vater nie anerkannt; neben seinen glänzenden militärischen Siegen war er [Maurice de Saxe] für sein turbulentes Liebesleben bekannt und kümmerte sich wenig um die Kinder, die er hinterließ. Er selbst war der uneheliche Sohn des polnischen Königs August II. und der Gräfin Aurora von Königsmarck“ (Desgrugillers, S. 8)
- ↑ Pierrot/Lethève/Prévost/Brunet
- ↑ Auszug aus den Registern der Pfarrei Saint-Gervais vom 13. April 1779: L’année mil sept cent quarante-huit au mois d’octobre, le samedy dix-neuf du dit mois a été baptisée Marie-Aurore, fille naturelle de Maurice, comte de Saxe, maréchal des camps et armées de France, et de Marie Raintau, demeurant rue du Parc Royal, étant née du vingt septembre dernier
- ↑ Desgrugillers, S. 9f
- ↑ Archives de Paris: État civil – Acte de mariage reconstitué. Cote du document: V3E/M 344
- ↑ Sand, Band 1, Kapitel 2 M. Dupin de Francueil, S. 58 (gallica.bnf.fr).
- ↑ Archives de Paris: État civil – Acte de naissance reconstitué. Cote du document: V3E/N 812
- ↑ Archives de Paris: État civil – Acte de décès reconstitué. Cote du document: V3E/D 508.
- ↑ Jean-Louis François Deschartres wurde 1761 in Laon geboren und starb 1828 in einem Asyl für alte Menschen, dem Maison royale de santé in Paris; er bekleidete außerdem das Amt des Bürgermeisters in Nohant.
- ↑ Grandemange, Les jours heureux, S. 16
- ↑ Archives nationales: Étude notariale de Me Charles Denis de Villiers – Acte notarié du 23 août 1793 – cote MC/ET/XXIX/619 – Vente à Marie-Aurore de Saxe, veuve de Louis-Claude Dupin, de la terre de Nohant.
- ↑ Sand, Band 2, Kapitel 12, Départ pour l’Espagne, S. 180 (Textarchiv – Internet Archive).
- ↑ Desgrugillers, S. 30