Der Marienpsalter von Zinna (Psalterium Novum Beatae Mariae Virginis) ist ein Marienpsalter, der Ende des 15. Jahrhunderts in der Klosterdruckerei Zinna gedruckt wurde. Dieses marianische Stundenbuch gilt als das älteste gedruckte Buch in Brandenburg.
Geschichte
Nikolaus II., der um 1499 verstorbene Abt von Zinna, war ein Freund und Förderer der Buchdruckerkunst. Er schaffte eine Buchdruckerpresse für das Kloster an, auf der auch das Psalterium Mariae gedruckt wurde.
Der Buchdrucker Hermannus Nitzschewitz aus Trebbin druckte den Marienpsalter zwischen dem 19. August 1493, dem Todesdatum von Kaiser Friedrich III., und dem 9. Juli 1496. Nitzschewitz war zu dieser Zeit Kaplan und Protonotar in Frankfurt (Oder) und möglicherweise zuvor Mönch in Zinna gewesen.
Im Jahr 2023 wurde der Marienpsalter von Zinna in den österreichischen Medien häufig zitiert, weil auf seiner Basis das Jahrhunderte alte Rätsel um den habsburgischen Wahlspruch A.E.I.O.U. gelöst worden sein könnte. Das scheint deshalb wahrscheinlich, weil der Druck nicht nur vom Kaiser finanziert, sondern von dessen Kanzlei ausführlich zensiert und überprüft worden war. Für die Geschichtsforschung ist dies wichtig, weil der Druck die einzige historische Textstelle enthält, die das A.E.I.O.U. offiziell erklärt.
Beschreibung
Die Inkunabel ist ein Erbauungsbuch, das analog zu den 150 Psalmen die Großtaten Gottes an Maria und am Gottesvolk in 150 Klauseln preist. Das Werk enthält viele Holzschnitte mit Motiven aus dem Marienleben und breiten Blumenornamenten verziert. Kolorierte Exemplare wurden teurer verkauft.
Der Marienpsalter ist nicht nur der Gottesmutter Maria, sondern auch dem römisch-deutschen Kaiser Friedrich III. und dessen Nachfolger Maximilian I. gewidmet. Nach dem Amtsantritt von Kaiser Maximilian wurde nämlich eine 50-seitige Vorrede hinzugefügt, die geschichtstheologische Appelle enthält und als geistige Waffe im Kampf gegen die Türken dienen sollte. Auf dem Blatt 11r wird dabei der habsburgische Wahlspruch A.E.I.O.U. erläutert.
Exemplare
Exemplare des Marienpsalters mit online zugänglichen Digitalisaten:
- Bayerische Staatsbibliothek, Signatur „4 Inc.s.a. 1521“ (digitale-sammlungen.de; mit kolorierten Kapitälchen und roten Unterstreichungen).
- Universitätsbibliothek Basel, Signatur „UBH AM IV 15:1“ (e-rara.ch; nicht koloriert und tlw. andere Seitensortierung wie bei BSB „4 Inc.s.a. 1521“).
Weitere Exemplare:
- Stadt- und Landesbibliothek Potsdam: Ein Exemplar des Druckes kam 1992 zur Bibliothek und ist dort das bedeutendste Stück unter den historischen Buchbeständen der Sammlung Brandenburgica. Dank einer Firmenspende konnte der Marienpsalter 2003 digitalisiert werden.
Literatur
- Friedrich Karl Clajus: Der Marienpsalter der Klosterdruckerei Zinna vom Jahre 1493. In: Das Antiquariat. Jahrgang 13, 1957, ISSN 0003-5793, S. 193–196.
- Heinrich Grimm: Die Holzschnittillustration in den Drucken aus der Universitätsstadt Frankfurt an der Oder bis zum Jahre 1528: Vom Marienpsalterium aus Kloster Zinna bis zu Georg Lemberger. Ein Beitrag zur Kultur- und Kunstgeschichte des deutschen Nordostens (= Kleiner Druck der Gutenberg-Gesellschaft. Band 66). Verlag der Gutenberg-Gesellschaft, Mainz 1958.
- Helmut Herbig: Der Zinnaer Marienpsalter. Eine neue Druckzeitbestimmung. In: Jahrbuch Stiftung Stadtmuseum Berlin. Band 1, 1995, S. 289–93.
- Erik Hühns: Der Marienpsalter des Klosters Zinna. Zur Geschichte eines Frühwerks der Buchdruckerkunst. In: Bildende Kunst. Jahrgang 18, 1970, S. 597–600.
- Erik Hühns: Der Marienpsalter des Klosters Zinna. Anläßlich der 800-Jahr-Feier. In: Beiträge zur Inkunabelkunde. 3. Folge, Nr. 6, 1975, S. 38–43.
- O. Wendler: Das Psalterium Mariae, ein Druckwerk des Klosters Zinna von 1493? In: Monats-Blätter des Touristenklub für die Mark Brandenburg. 14, 1905, S. 53–55.
- Adam Wienand: Der Marienpsalter von Zinna. In: Ambrosius Schneider (Hrsg.) Die Cistercienser. Geschichte, Geist, Kunst. 1974, S. 183–192.
Weblinks
- Marienpsalter von Zinna im Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW-Nummer M27158) Nachweis von zwei Digitalisaten.
- Literatur über den Marienpsalter in der WBB-Datenbank
Einzelnachweise
- 1 2 Nitzschewitz, Hermann im Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW-Nummer NITZHER)
- ↑ Ernst Voulliéme: Die deutschen Drucker des fünfzehnten Jahrhunderts. Zweite Auflage. Verlag der Reichsdruckerei, Berlin 1922, S. 172 (landesbibliothek.at).
- ↑ Das Rätsel um das A.E.I.O.U. Kaiser Friedrichs III. könnte gelöst sein. In: derstandard.at. 30. März 2023, abgerufen am 18. April 2023.
- ↑ Konstantin M. Langmaier: Zur Devise Kaiser Friedrichs III. (1415–1493). In: Zeitschrift des historischen Vereins für Steiermark. Band 113, 2022, S. 19–29 (steiermark.at [PDF] Das auf Seite 22 abgebildete Blatt 11r des Marienpsalters zeigt in den Zeilen 9–10 die Zeichenkette „A amor E electis I iniustis O ordinor U ultor“).
- ↑ Langmaier 2022, op. cit. S. 21.