Marquette-lez-Lille
Staat Frankreich
Region Hauts-de-France
Département (Nr.) Nord (59)
Arrondissement Lille
Kanton Lille-1
Gemeindeverband Métropole Européenne de Lille
Koordinaten 50° 41′ N,  4′ O
Höhe 16–23 m
Fläche 4,86 km²
Einwohner 11.105 (1. Januar 2020)
Bevölkerungsdichte 2.285 Einw./km²
Postleitzahl 59520
INSEE-Code 59386
Website www.ville-marquettelezlille.fr

Rathaus Marquette

Marquette-lez-Lille (wörtlich: Marquette-bei-Lille, niederländisch Markete bij Rijssel) ist eine französische Gemeinde im Département Nord in der Region Hauts-de-France.

Geographie

Die Gemeinde liegt etwa vier Kilometer nördlich von Lille im Flachland von Französisch-Flandern mitten im großstädtischen Verdichtungsraum von Lille, Roubaix und Tourcoing.

Nachbargemeinden

Verlinghem Wambrechies Bondues
Marcq-en-Barœul
Saint-André-lez-Lille La Madeleine

Verkehrsanbindung

Marquette wird von den Buslinien 14, 56 und 88 bedient, die vom Bahnhof Lille Flandres Richtung Marquette-lez-Lille, Quesnoy-sur-Deûle beziehungsweise Comines fahren. Hauptzufahrtsstraßen sind die Départementsstraßen D 710 (Nordwestumgehung von Lille, Abfahrt № 10, Marquette centre), die D 617 sowie im Osten die D 949.

Umwelt

Die Stadt Marquette-lez-Lille wurde im Juni 2012 im Rahmen der nordfranzösischen Ökologie-Messe Environord in der Kategorie „Bewahrung von Biodiversität, Umwelt und natürlichen Ressourcen“ mit dem Umweltpreis Prix Chloro’Villes ausgezeichnet. Marquette-les-Lille erhielt diese Auszeichnung für ein ökologisches Weidewirtschafts-Projekt.

Archäologie

Die geografische Lage von Marquette-lez-Lille an der Mündung der Marque in die Deûle machte die Stadt zu einem Zeugen der Geschichte. Durch archäologische Ausgrabungen kommt heute eine reiche Vergangenheit wieder ans Licht.

  • im Viertel Village-en-Flandres: Hier wurden zwischen Juli 2008 und Januar 2009 archäologische Ausgrabungen durchgeführt, bevor das Gebiet neu parzelliert und bebaut wurde. Dabei entdeckte man eine mehr als 2000 Jahre alte Römerstraße, eine ringförmig begrenzte Kultstätte aus der Bronzezeit sowie Parzellen und Einfriedungen aus der Hallstattzeit und der Latènezeit. In einem Brunnen fand man außerdem im vollständig erhaltenen Zustand eine Waage, eine genagelte Schuhsohle und 79 römische Sesterzen aus Kupfer und Messing. Auf den Münzen waren der römische Kaiser Antoninus Pius, seine Tochter Antonina und seine Frau Lucilla abgebildet.
  • im Quartier de l’Abbaye („Abteiviertel“): Unter einer ehemaligen Chemiefabrik des Konzerns Rhône-Poulenc/Rhodia wurde eine frühere Zisterzienserabtei zu Tage gefördert. Die Abtei war durch die Gräfin Johanna von Flandern gegründet worden, die sie zu einer der größten Europas machte.
  • im Viertel von Haut-Touquet: Dort wurde 2005/2006 vor der Errichtung eines Neubauviertels eine merowingische Nekropole entdeckt.

Etymologie und Geschichte

Der Name Marckete erschien erstmals im Jahr 1143 in einer Bulle des Papstes Coelestin II. über die Zuteilung von Altareinkünften an die Abtei Saint-Pierre in Lille. Aus den Jahren 1221 und 1225 sind außerdem die Bezeichnungen Marchete beziehungsweise Markette überliefert.

Im Jahr 1340 errangen die Einwohner von Lille auf dem Gebiet der Gemeinde Marquette unter der Führung des Markgrafen von Roubaix einen bedeutenden (militärischen) Sieg gegen Engländer und Flamen.

Die industrielle Entwicklung des Dorfes beschränkte sich zunächst auf das rechte Ufer der Deûle. Dort kam es zur Ansiedlung von chemischer Industrie und einer Stärkefabrik. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts kam es durch den Bau eines Krankenhauses zur Ausdehnung des Dorfes auf die andere Seite der Deûle. Das Krankenhaus gehörte zur Kirchengemeinde Saint-Jean-de-Dieu im Viertel Lommelet.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden zwei wichtige Mehlfabriken in Marquette errichtet, aber erst ab den 1920er Jahren kam es zu einer verstärkten Industrialisierung der Gemeinde durch eine Vielzahl von Unternehmen, die die örtlichen Arbeitskräfte beschäftigten: Kuhlmann, Decauville, Les Grandes Malteries Modernes, Massey-Harris oder auch Les Grands Moulins de Paris.

Die Schließung dieser Unternehmen in den 1970er Jahren hinterließ viele Grundstücke und Gebäude einem Zustand völliger Vernachlässigung. Seitdem beschäftigt sich die Gemeinde mit der Umwidmung dieser Gewerbeflächen vorzugsweise zugunsten von Unternehmen des Dienstleistungssektors. Dank dieser urbanen Einrichtungen kann sich die Gemeinde heute auf eine Umgebung verlassen, die sich durch Entwickeln von vielerlei moderner Infrastruktur ständig verbessert.

Heraldik

Das Wappen von Marquette-lez-Lille zeigt auf blauem Hintergrund in silberner Schrift zwischen zwei silbernen Bändern den Schriftzug „MARQUETTE“. Der Originaltext der Blasonierung lautet (auf französisch): „D’azur au nom de Marquette d’argent mis en bande entre deux cotices du même.“

Städtepartnerschaften

Wirtschaft

Marquette-lez-Lille war der Standort zahlreicher Industrien:

Demographie

Demographische Entwicklung

Im Jahr 2010 zählte die Gemeinde 9.797 Einwohner. Die Entwicklung der Einwohnerzahl seit 1793 ist dank der seitdem in Marquette-lez-Lille durchgeführten Volkszählungen bekannt. Ab dem 21. Jahrhundert werden die Daten von Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern alle fünf Jahre erfasst, die Daten größerer Kommunen hingegen jährlich.

Jahr 1793 1806 1821 1851 1872 1901 1911 1921 1936 1946 1968 1982 1999 2014
Einwohnerzahl 1221 875 1024 1887 3069 5005 5610 5151 6548 6067 9007 7880 10.822 10.308
Quelle                          

Alterspyramide

Alterspyramide von Marquette-lez-Lille im Jahr 2010 (Angaben in Prozent)
MännerAlterstufeFrauen
0,2 
90 und älter
1,1 
4,5 
75 bis 89
8,6 
9,0 
60 bis 74
10,5 
23,7 
45 bis 59
22,5 
21,0 
30 bis 44
21,0 
20,0 
15 bis 29
18,0 
21,6 
0 bis 14
18,4 
Alterspyramide des Départements Nord im Jahr 2010 (Angaben in Prozent)
MännerAlterstufeFrauen
0,2 
90 und älter
0,7 
5,0 
75 bis 89
8,7 
11,5 
60 bis 74
12,7 
19,5 
45 bis 59
19,2 
20,5 
30 bis 44
19,4 
21,9 
15 bis 29
20,3 
21,4 
0 bis 14
18,9 

Sehenswürdigkeiten

  • Überreste der im Jahr 1228 gegründeten Abtei Marquette, wo sich das Grab der Gräfin Johanna von Flandern und Konstantinopel befindet, 2005 als historisches Denkmal in die Denkmalschutzliste des französischen Kulturministeriums eingetragen.
  • Anlage von Lommelet aus dem Jahr 1825 mit der ersten psychiatrischen Klinik der Region, der Komplex umfasst eine Kapelle, die eigentlichen Klinikgebäude, Werkstätten und einen Bauernhof
  • Musikschule (früherer Sitz des Bürgermeisters) aus dem Jahr 1848
  • Rathaus (frz.: „Hôtel de ville“) im Château Despretz von 1874, seit 1930 Amtssitz des Bürgermeisters
  • Schule „Jules Ferry“, ein erneuerter Anbau des Rathauses aus dem Jahr 1872
  • Kirche Saint-Amand von 1874
  • Kirche Notre Dame de Lourdes von 1932
  • Die 1921 im neo-flämischen Stil erbauten und 1986 stillgelegten ehemaligen Produktionsanlagen des Konzerns Les Grands Moulins de Paris, die im Jahr 2001 als historisches Denkmal in die Denkmalschutzliste des französischen Kulturministeriums eingetragen wurden.
  • Kapelle Saint-Roch in der Rue Lalau
  • 1923 errichtete Pavillons von Épinette, eine Art Gartenstadt und Arbeitersiedlung am Ufer der Marque
  • Domäne von Vert Bois (wörtlich: „Grünwald“), ein 4,5 Hektar großer Park mit 660 verschiedenen Baumarten
  • Depot des Straßenbahnmuseums von AMITRAM mit mehreren als Monument historique klassifizierten Maschinen
  • 1990 errichtete Siedlung Village en Flandres (wörtlich: „Dorf in Flandern“) im westlichen Teil der Stadt

Siehe auch: Liste der Monuments historiques in Marquette-lez-Lille

Persönlichkeiten

  • Isabelle Aubret (* 1938), in Lille geborene Sängerin, hat bis zu ihrem 13. Lebensjahr in Marquette-lez-Lille gelebt
  • Armand Clabaut (1900–1966), in Marquette-lez-Lille geboren, war römisch-katholischer Koadjutorvikar von Baie d’Hudson in Kanada
  • Alexandre Descatoire, Bildhauer, verstarb 1949 in Marquette-lez-Lille
  • Johanna von Flandern und Konstantinopel (ca. 1200–1244), Gräfin von Flandern und dem Hennegau, lebte von 1240 bis zu ihrem Tod im Jahr 1244 in Marquette
  • Nathalie Vincent, Fernseh-Moderatorin

Folklore und Tradition

  • Das durch Johanna von Flandern und Konstantinopel als Teil der Abtei Marquette gegründete Armenhospital unterhielt sich durch Spenden in Form von Geld oder Naturalien. Bei letzteren handelte es sich hauptsächlich um Geflügel. Die fettgefütterten Tiere wurden Kapaune genannt und wurden an die Armen verteilt. Im Jahr 1968 beschloss die Stadt Marquette, diesen Brauch neu zu beleben: „Kapaune“, kleine Biskuits in Geflügelform, werden aus dem Rathaus herausgeworfen. Manche der Biskuits sind mit einem Zeichen markiert und können gegen echte Tiere eingetauscht werden. Seitdem findet das Fest der Kapaune alljährlich jeweils am dritten Sonntag im März statt.
  • Während der wärmeren Jahreszeit bietet das Straßenbahnmuseum des Vereins AMITRAM Sonn- und Feiertags Fahrten mit Museumsstraßenbahnen auf einer 3 km langen Strecke entlang des Ufers der Deûle an. Die alten Fahrzeuge verkehren zwischen den Haltestellen Pont Mabile in Marquette und Ferme Saint-Chrysole in Wambrechies.
  • Ungefähr seit dem Jahr 2003 verleiht die Stadt Marquette jährlich im Oktober die Auszeichnung Prix Isabelle Aubret für den schönsten Liebesbrief des Jahres.

Literatur

  • Le Patrimoine des Communes du Nord. Flohic Editions, Band 2, Paris 2001, ISBN 2-84234-119-8, S. 1059–1064.
Commons: Marquette-lez-Lille – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jozef van Overstraeten: De Nederlanden in Frankrijk. 1969.
  2. Florence Moreau (La Voix du Nord): Linselles: La ville reçoit le prix Chloro'Villes pour sa « consommation responsable »
    (Internetartikel von La Voix du Nord (en, fr, nl), Lille, Frankreich, vom 14. Juni 2012, abgerufen am 15. Dezember 2013, französisch)
  3. École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS): Des villages de Cassini aux communes d’aujourd’hui. (französisch); abgerufen am 16. Dezember 2013.
  4. Institut national de la statistique et des études économiques (INSEE): Évolution et structure de la population (de 1968 à 2007). (Memento des Originals vom 11. Januar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 738 kB; französisch); abgerufen am 16. Dezember 2013.
  5. insee.fr
  6. Institut national de la statistique et des études économiques (INSEE):
    Évolution et structure de la population en 2010 – Commune de Marquette-lez-Lille (59386) (französisch), abgerufen am 16. Dezember 2013.
  7. Institut national de la statistique et des études économiques (INSEE):
    Évolution et structure de la population en 2010 – Département du Nord (59) (französisch); abgerufen am 17. Dezember 2013.
  8. Eintrag Nr. PA59000113 in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
  9. Eintrag Nr. PA59000071 in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
  10. Emmanuel de Roux: Patrimoine industriel. Éditions Scala, Paris 2007, ISBN 978-2-86656-406-3, S. 44–53 (französisch)
  11. Claude Malbranke: Guide de Flandre et Artois mystérieux. Les guides noirs, Editions Princesse, Paris 1976 (französisch)
  12. Eric Maitrot und Sylvie Cary: Lille secret et insolite. éditions Les Beaux Jours, Mai 2007 (französisch)
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