Koordinaten: 77° 50′ 46,8″ S, 166° 40′ 5,6″ O
Die McMurdo-Station ist die größte Forschungs- und Logistikstation in der Antarktis und wird vom United States Antarctic Program (USAP) der US-Regierung betrieben. Die ganzjährig genutzte Einrichtung wurde 1955/56 auf der Ross-Insel an der Küste des McMurdo-Sunds für das Internationale Geophysikalische Jahr errichtet und besteht heute aus mehr als 85 Gebäuden. Die Bewohner der Station mit dem Spitznamen MacTown nennen sich selbst „McMurdoites“, „McMurdites“ oder auch „Mactownites“.
Forschung
Die auf der Hut-Point-Halbinsel (englisch Hut Point Peninsula) an der Südspitze der Ross-Insel (Kap Armitage) gelegene Station betreibt Forschung im McMurdo-Sund (mit dem McMurdo-Schelfeis) und am Vulkan Mount Erebus.
McMurdo ist Ausgangspunkt für Feldforschung im Transantarktischen Gebirge, zum Beispiel den Trockentälern und dem Ross-Schelfeis.
Im November 1991 wurde das Albert P. Crary Science and Engineering Center (Crary Lab) eingeweiht. In den Räumlichkeiten (ca. 4.320 m²) stehen zur Erforschung der antarktischen Biologie, der polaren Atmosphäre und zur Vertiefung der Geowissenschaften Analysegeräte bereit. Es umfasst das Environmental Monitoring and Enforcement Laboratory (EMEL), das Snow and Ice Mechanics Laboratory (SIML) und das Antarctic Meteorological Research Center sowie ein Aquarium.
Im Dezember 2004 startete das Experiment „BESS-Polar“ (Balloon-borne Experiment with Superconducting Spectrometer), ein Vorhaben US-amerikanischer und japanischer Wissenschaftler zur Messung kosmischer Strahlung, insbesondere um Antiprotonen nachzuweisen.
Im Sommer ist McMurdo in der Regel schneefrei und die übliche Winterbesetzung von 250 Personen steigt auf bis zu 1100 Personen.
Infrastruktur
Die McMurdo-Station verfügt über Werkstätten, Geschäfte, eine eigene Zeitung (Antarctic Sun), einen Fernsehsender, ein Feuerwehrhaus (Antarctic Fire Department) und das Albert P. Crary Science and Engineering Center (‚Crary Lab‘) für geowissenschaftliche und biologische Forschung, das gebaut wurde, um veraltete Laborgebäude zu ersetzen, die bereits 1959 errichtet wurden.
Es gibt ein Treibhaus, in dem Frischgemüse angebaut wird. Die Chapel of the Snows ist eine von verschiedenen christlichen Glaubensgemeinschaften genutzte überkonfessionelle Kapelle.
- Landsat-8-Aufnahme der Spitze der Hut-Point-Halbinsel
- McMurdo vor dem Observation Hill (2007)
- Luftbild der Station (1999)
- McMurdo-Station (2010) mit Kennzeichnung ausgewählter Gebäude
- Im Vordergrund das ‚Crary Lab‘ (2009)
- Chapel of the Snows (2008)
Zur Trinkwasserversorgung aus Ozeanwasser steht eine Umkehrosmose-Anlage mit dreistufiger Partikelfilterung und Chlorung zur Desinfektion bereit, die ein Speichervolumen bis zu 750 m³ (200.000 Gallonen) für die Besatzung bewirtschaftet. Eine Kläranlage reinigt bis zu 200 m³ pro Tag, wobei im Winter der Klärbedarf auf ein Fünftel sinkt. Der Klärschlamm wird entwässert und per Versorgungsschiff entsorgt, das geklärte Wasser fließt zurück in den McMurdo-Sund.
Die Energieversorgung wird mit 6 BHKW-Modulen (7800 kW) und 3 Windturbinen (Enercon E-33, je 330 kW) sichergestellt. Die Spitzenlast liegt bei 2 MW, die Grundlast nachts bei 1,2 MW. McMurdo ist elektrisch mit der benachbarten Scott Base verbunden. Die Abwärme der Dieselmotoren wird über ein frostsicheres Wärmenetz (Glykol, ca. 1 m³/min) auf die Gebäude von McMurdo verteilt.
In McMurdo wurde von 1962 bis 1972 der einzige Kernreaktor der Antarktis betrieben (PM-3A Nukey Poo) im Rahmen des Army Nuclear Power Program. Der Reaktor wurde nach der Abschaltung in die USA zurückgebracht, zusammen mit rund 11.000 Kubikmetern kontaminiertem Untergrund.
Verkehr
McMurdo ist logistischer Ausgangspunkt für die Amundsen-Scott-Südpolstation am Südpol, aber auch für die russische Wostok-Station. McMurdo hat den südlichsten Hafen der Erde, nur der natürliche Eishafen der bis 1987 bestehenden Bucht der Wale lag noch weiter südlich.
Die McMurdo-Station verfügt auf dem Meereis über einen Flugplatz (Airstrip) auch für große Transportflugzeuge mit regelmäßigen Flugverbindungen im Sommer nach Christchurch in Neuseeland.
Eine drei Kilometer lange Straße verbindet McMurdo mit der neuseeländischen Scott Base. Von McMurdo führt eine etwa 1500 Kilometer lange Straßenverbindung, die South Pole Traverse, zur Amundsen-Scott-Südpolstation am Südpol. Es gibt mehrere Bodentransportmittel für Straße oder Gelände (Off-Road) für Fracht oder Personen, darunter der Terra Bus ‘Ivan’.
- Die USNS Southern Cross 1983 an der McMurdo-Station: Fracht-Ladevorgänge am schwimmenden Eis-Pier
- Der Terra Bus ‘Ivan’ (2007)
- Eine Lockheed C-141 Starlifter landet auf dem Pegasus Field während der Operation Deep Freeze 2001, um Nachschub zu liefern
- Phoenix Airfield im Januar 2017
McMurdo wird abhängig von der Jahreszeit von drei Flugplätzen bedient:
- Phoenix Airfield (ICAO: NZFX). Seit Januar 2017 ersetzt dieser Flugplatz mit einer Piste aus verdichtetem Schnee das drei Meilen entfernte Pegasus Field (ICAO: NZPG), eine Eis-Piste auf dem Ross-Schelfeis in der Nähe von Black Island. Diese Änderung war erforderlich, weil in den vorangegangenen Jahren die Eisqualität am Ende der Sommersaison für den üblichen Flugbetrieb nicht mehr ausreichend war.
- Sea Ice Runway (ICAO: NZIR)
- William’s Field (ICAO: NZWD), eine Schneepiste
Klima
Im Jahresmittel beträgt die Temperatur von McMurdo minus 17 Grad Celsius, die Niederschlagsmenge 212 Millimeter. Die Station liegt auf 24 Meter Höhe über dem Meeresspiegel.
Literatur und Film
- Im Roman Ice Station von Matthew Reilly wird die Station erwähnt. Sie soll als Rückzugspunkt von amerikanischen Truppen dienen.
- Im Roman The Last Ship nutzt die Besatzung eines Schiffes nach einem Atomkrieg die Vorräte der Station, um anschließend auf die Suche nach weiteren Überlebenden zu gehen.
- Die Handlung des Science-Fiction-Romans Antarctica von Kim Stanley Robinson aus dem Jahre 1997 spielt großteils in der McMurdo-Station.
- Die McMurdo-Station spielt in der Serie Stargate – Kommando SG-1 mehrmals eine wichtige Rolle. In der ersten Staffel der Serie wird 80 km entfernt von dieser Station das zweite „Stargate“ auf der Erde gefunden. Später, in der siebten Staffel, wird unweit davon ein Antiker-Außenposten entdeckt. Zudem ist dort zu jener Zeit auch die Jäger-Staffel der fiktiven F-302-Kampfflugzeuge stationiert. Im Pilotfilm zur Serie Stargate Atlantis ist McMurdo logistischer Dreh- und Angelpunkt für die Suche nach der „Verlorenen Stadt Atlantis“. In der alternativen Zeitlinie des Films Stargate: Continuum wird das Stargate-Zentrum nahe McMurdo erbaut, statt im Cheyenne Mountain, da das erste Stargate aus Ägypten bei dem Transport nach Amerika im Atlantik verloren gegangen ist. Die Inbetriebnahme des zweiten Stargates wird jedoch durch einen Goauld-Angriff verhindert, die die McMurdo-Station vollständig zerstören.
- Im Film The Thing von John Carpenter wird die Station mehrfach erwähnt, als der Funker Windows vergebens versucht, einen Vorfall zu melden. Aus nicht bekannten Gründen kann er dabei niemanden erreichen.
- Im Film Dark Star (1974) von John Carpenter wird die Station ebenfalls mehrfach erwähnt. Sie dient dem Scout-Schiff Dark Star als Flugkontrolle auf der Erde.
Weblinks
- Website der Station bei der NSF
- Engineering Manual for McMurdo Station (Memento vom 18. Dezember 2014 im Internet Archive)(PDF; 12 MB)
- Seite der Usap McMurdo-Station webcam (englisch)
- Council of Managers of National Antarctic Program (COMNAP): Antarctic Facilities Information (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ usap.gov McMurdo Station Web Cams des USAP
- ↑ Bernadette Hince: The Antarctic dictionary: a complete guide to Antarctic English. Csiro Publishing, Collingwood 2000, ISBN 095774711X, S. 227.
- ↑ Antarctic Sun
- ↑ Antarctic Fire Department
- ↑ Betty Trummel: Power Up: What Keeps McMurdo Going? In: Science Roadshow. 26. Januar 2013, abgerufen am 22. August 2019.
- ↑ Klimadiagramm McMurdo
- ↑ L.D. Meagher: Like the continent, 'Antarctica' is not for the faint hearted. In: CNN. TBS, 2. Juli 1998, abgerufen am 8. August 2016 (englisch).