Metriacanthosaurus | ||||||||||
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Lebendrekonstruktion (überwiegend basierend auf besser bekannten Vertretern der Metriacanthosauriden) | ||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||
Oberjura (unteres Oxfordium) | ||||||||||
164 Mio. Jahre | ||||||||||
Fundorte | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Metriacanthosaurus | ||||||||||
Walker, 1964 | ||||||||||
Arten | ||||||||||
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Metriacanthosaurus ist eine monotypische Gattung der Metriacanthosauridae (Sinraptoridae) aus dem untersten Oberjura (unteres Oxfordium, ca. 164 Millionen Jahre vor heute) von England. Das bekannte Material der einzigen Art Metriacanthosaurus parkeri ist auf nur einige wenige postcraniale Knochen beschränkt.
Etymologie
Der Name der Gattung ist ein Kompositum der griechischen Wörter μέτριος metrios ‚mäßig, moderat‘, ἄκανθα akantha ‚Stachel‘ und σαῦρος sauros ‚Eidechse‘. Er bedeutet folglich soviel wie „mäßig-stachelige Echse“ und bezieht sich auf die moderat verlängerten Dornfortsätze der Wirbel. Das spezifische Epitheton der einzigen bislang beschriebenen Art ehrt den Amateurpaläontologen James Parker. Aus dessen 1914 an das Oxford University Museum übergegangenen Sammlung stammt der Holotyp (OUM(NH) J.12144) und das zugleich bislang einzige bekannte Exemplar dieser Art.
Fundlokalität und Taphonomie
Der Fundort des Holotyps von Metriacanthosaurus ist ein Kliff an der Kanalküste bei Weymouth in Dorset im Südwesten Englands, in dem der oberjurassische obere Teil (Weymouth Member, Cardioceras cordatum-Zone) der Oxford-Clay-Formation aufgeschlossen ist.
Der Oxford Clay („Oxforder Ton“) ist ein marines Sedimentgestein, das heißt, dass die Knochen nicht dort ins Sediment eingebettet wurden, wo das entsprechende Tier gelebt hat und gestorben ist, sondern dass sie, vermutlich durch einen Fluss, ins Meer transportiert und erst dort eingebettet wurden. Dies erklärt auch die Unvollständigkeit des Materials. Indikativ für die stratigraphische Position der Fundschicht war der Umstand, dass an einem der Beckenknochen eine austernartige Muschel der Spezies Gryphaea dilatata festgewachsen war.
Taxonomische Geschichte
1923 veröffentlichte der seinerzeit führende deutsche Paläontologe Friedrich von Huene eine kurze Abhandlung über die europäischen Theropoden der Jura- und Kreidezeit. In dieser Arbeit erwähnte er ein Exemplar der „Parker Collection“ aus dem Oxford Clay von Weymouth, das ein unvollständiges Becken, einen Oberschenkelknochen (Femur) das proximale („obere“) Ende eines Unterschenkelknochens (Tibia) sowie Teile der Rumpf- und Schwanzwirbelsäule beinhaltete. Er stellte dabei Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede zu den seinerzeit aus dem höheren Mitteljura von England bekannten Arten Megalosaurus bucklandii und „Megalosaurus (Streptospondylus) cuvieri “ fest und erklärte dieses Exemplar deshalb zum Holotyp einer neuen Megalosaurus-Art, die er Megalosaurus parkeri nannte.
In seiner Monographie über die Echsenbeckendinosaurier war sich von Huene (1932) bezüglich seiner ursprünglichen Zuordnung indes nicht mehr ganz sicher und stufte die fossilen Knochen aus Weymouth aufgrund der Höhe der Dornfortsätze als Übergangsform zur von ihm selbst 1923 aufgestellten Gattung „Altispinax“ aus dem englischen Wealden (Unterkreide) ein.
Im Jahr 1964 stellte Alick Walker in einer Arbeit über die mutmaßliche Abstammung der großen Theropoden fest, dass die Knochen aus Weymouth sich so sehr von denen von „Streptospondylus cuvieri “ und Megalosaurus bucklandii unterschieden, dass er für sie eigens die Gattung Metriacanthosaurus errichtete. Abgesehen von den relativ hohen Dornfortsätzen, mit denen er die Namenswahl begründete, sah er jedoch keine Gemeinsamkeiten mit den unterkretazischen Formen „Altispinax“ und Acrocanthosaurus.
Merkmale
Nach Walkers (1964) Rekonstruktion des Darmbeins (Ilium) weist dessen dorsaler („oberer“) Rand einen relativ scharfen Knick auf: Während der caudale („hintere“) Abschnitt des dorsalen Randes leicht zur Mitte hin ansteigt, fällt er ab der Mitte relativ abrupt zum cranialen („vorderen“) Ende des Iliums ab, und zwar deutlich stärker als der hintere Abschnitt ansteigt. Walker (1964) nutzt unter anderem dieses Merkmal zur generischen Abgrenzung Metriacanthosaurus’ von Megalosaurus. Die Korrektheit von Walkers (1964) Rekonstruktion ist jedoch von Carrano et al. (2012) angezweifelt worden, und sie betrachten dieses Merkmal als fragwürdig, ohne jedoch die Gültigkeit von M. parkeri als formelles Taxon anzuzweifeln. Molnar (1990) nennt neben dem Knick im oberen Rand des Iliums die schon von Huene erwähnten Präsenz eines lateralen (seitlichen) Grates am proximalen („darmbeinwärtigen“) Teil des Sitzbeins (Ischiums) als abgrenzendes Merkmal (Autapomorphie). In seiner Dissertation zu Megalosaurus nennt Benson (2009)* folgende zwei diagnostische Merkmale für Metriacanthosaurus: ventrale („untere“) Seite der hinteren Rumpfwirbelkörper flach, und Breite der Rumpfwirbelkörper ca. ⅔ ihrer Höhe im hinteren Teil.
Ausgehend von einer Femurlänge von 80 Zentimetern muss Metriacanthosaurus ein (insbesondere für seine Zeit) relativ großer Theropode gewesen sein, mit einem geschätzten Gewicht von einer Tonne. Die Gattung wurde zwar nach ihren verlängerten Dornfortsätzen benannt, diese sind aber nicht länger oder höher als bei vielen vergleichbar großen relativ eng verwandten und annähernd zeitgenössischen Theropoden, sondern, ähnlich wie bei Megalosaurus, Sinraptor und Ceratosaurus mehr als 1,5-fach so hoch wie der Wirbelkörper (Wirbelzentrum).
Einstufung
Metriacanthosaurus ist ein relativ ursprünglicher Theropode und gehört als solcher zu den „primitiven“ Vertretern der Tetanurae. Seine Merkmale legen eine enge Beziehung mit einer vor allem aus China bekannten Entwicklungslinie nahe. So kam Paul (1988) sogar zu dem Schluss, dass Metriacanthosaurus identisch mit der Gattung Yangchuanosaurus sei, eine Ansicht, die sich jedoch nicht durchsetzte. Zudem prägte Paul (1988) den Namen Metriacanthosaurinae für eine Unterfamilie (der Eustreptospondylidae innerhalb seiner „Paläotheropoden“) speziell zur Aufnahme dieser Gattung. In einer Gesamtschau der britischen Dinosaurier (Naish & Martill, 2007) wird Metriacanthosaurus als geologisch ältester Vertreter der Sinraptoriden in Europa eingestuft, älter als Lourinhanosaurus aus dem Oberjura von Portugal, der 1998 als Sinraptoride erstbeschrieben wurde.
Eine relativ aktuelle Hypothese zu den engeren Verwandtschaftsbeziehungen von Metriacanthosaurus ist im nachfolgenden Kladogramm dargestellt (nach Carrano et al., 2012: S. 249, Fig. 8B). Hierin wird der Name Metriacanthosauridae als angeblich älteres Synonym für Sinraptoridae verwendet.**
Allosauroidea |
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Einzelnachweise
- ↑ Christopher White: Museums and art galleries. S. 485–498 in: Brian Harrison (Hrsg.): The History of the University of Oxford: Volume VIII: The Twentieth Century. Clarendon Press, Oxford 1994, ISBN 0-19-822974-7, S. 492.
- 1 2 3 4 5 Alick Walker: Triassic reptiles from the Elgin area: Ornithosuchus and the origin of carnosaurs. In: Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Series B, Biological Sciences. 248, 1964, S. 53–134, doi:10.1098/rstb.1964.0009, S. 109 (Fig. 16e, f), 116 f.
- 1 2 3 4 5 6 7 Matthew T. Carrano, Roger B. J. Benson, Scott D. Sampson: The phylogeny of Tetanurae (Dinosauria: Theropoda). In: Journal of Systematic Palaeontology. 10, Nr. 2, 2012, S. 211–300, doi:10.1080/14772019.2011.630927.
- 1 2 Friedrich von Huene: Carnivorous Saurischia in Europe since the Triassic. In: Bulletin of the Geological Society of America. 34, 1923, S. 449–458, doi:10.1130/GSAB-34-449 (alternativer Volltextzugriff: BHL), S. 453.
- 1 2 3 Friedrich von Huene: Die fossile Reptil-Ordnung Saurischia, ihre Entwicklung und Geschichte. In: Monographien zur Geologie und Palaeontologie, Serie 1, Nr. 4. Leipzig 1932, S. 231.
- ↑ Ralph E. Molnar: Problematic Theropoda: “Carnosaurs”. S. 306–317 in: David B. Weishampel, Peter Dodson, Halszka Osmólska (Hrsg.): The Dinosauria. University of California Press, Berkeley 1990, S. 314.
- 1 2 3 Gregory S. Paul: Predatory dinosaurs of the world. Simon and Schuster, 1988, ISBN 0-671-61946-2 (archive.org), S. 289 ff.
- 1 2 Darren Naish, David M. Martill: Dinosaurs of Great Britain and the role of the Geological Society of London in their discovery: basal Dinosauria and Saurischia. In: Quarterly Journal of the Geological Society. 164. Jahrgang, 2007, S. 493–510.
- ↑ Roger B. J. Benson, Jonathan D. Radley: A New Large-Bodied Theropod Dinosaur from the Middle Jurassic of Warwickshire, United Kingdom. In: Acta Palaeontologica Polonica. 55. Jahrgang, Nr. 1, 2010, S. 35–42, doi:10.4202/app.2009.0083.