Die Mitte-Deutschland-Verbindung ist eine Eisenbahnverbindung zwischen dem Rheinland, Westfalen (heute NRW), Nordhessen, Thüringen und Sachsen mit zwei Fernzügen (2021). Sie führte ehemals von Westdeutschland nach Ostdeutschland ins oberschlesische Industriegebiet. Im Moment wird die Trasse am Rande der Mittelgebirge nur teilweise systematisch bedient. Ein Teilstück dieser Verbindung führt von Chemnitz bzw. Glauchau im Osten über Gera und Jena nach Weimar im Westen. Dabei werden die Bahnstrecke Dresden–Werdau (über Chemnitz–Glauchau), die Bahnstrecke Glauchau–Gößnitz, die Bahnstrecke Gößnitz–Gera und die Bahnstrecke Weimar–Gera befahren. Sie ist Bestandteil einer möglichen direkten Bahn-Verbindung vom Ruhrgebiet oder Frankfurt am Main über Eisenach, Erfurt, Weimar, Jena West, Jena-Göschwitz, Gera, Gößnitz, Werdau, Zwickau, Chemnitz bis nach Dresden und stellt damit eine Alternativroute zur derzeit für den Fernverkehr genutzten Trasse von Erfurt über Leipzig (statt weiter südlich über Chemnitz) nach Dresden dar.

Geschichte

Die Mitte-Deutschland-Verbindung stellte vor der Deutschen Teilung eine wichtige Verbindung zwischen den sächsischen Industriegebieten und Westdeutschland dar. Gleichfalls war sie auch für die Anbindung Böhmens über die Elstertalbahn an Westdeutschland bedeutsam.

In der DDR hatte die Verbindung Bedeutung zur Entlastung der über Halle und Leipzig führenden Strecken. Bereits unmittelbar nach der Deutschen Wiedervereinigung plante man euphorisch einen zeitgemäßen Ausbau dieser Strecke, da man sie nun als wichtiges Bindeglied zwischen Westsachsen (Chemnitz) und Westdeutschland einstufte. In dem Gesetz für die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit war die Verbindung zwar nicht enthalten, jedoch wurde sie im Bundesverkehrswegeplan von 1993 als „vordringlicher Bedarf“ eingestuft. Priorität besaß in der Folgezeit jedoch die Strecke über Leipzig. Dennoch etablierte sich mit der Interregio-Linie 41 schnell eine zeitgemäße Fernverbindung. Im Vierstundentakt wurde eine umsteigefreie Verbindung zwischen Chemnitz und Aachen angeboten. Wegen der fehlenden Elektrifizierung zwischen Gößnitz und Weimar war der Lokwechsel in Weimar ab 1995 obligatorisch. Bis Mai 1995 fuhren die Dieselloks über Erfurt bis Bebra durch, da die Elektrifizierung der Strecke Neudietendorf–Bebra noch nicht abgeschlossen war. Den Dieselbetrieb übernahmen die Baureihen 219 und 232.

Die Anfangseuphorie der Nachwendezeit wich schnell der Ernüchterung; die finanziellen Mittel für einen Ausbau waren nicht vorhanden. Für Gera, die damals zweitgrößte Stadt Thüringens, war der Ausbau eine Prestigesache, war sie doch die größte deutsche Stadt ohne zweigleisigen Bahnanschluss. Es folgten politische Dispute, wobei auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Neubaustrecke Ebensfeld–Erfurt in Frage gestellt wurde.

Trotz einer Vereinbarung zwischen der Deutschen Bahn AG und dem Freistaat Thüringen vom 15. Mai 1997, die den teilweise zweigleisigen und Neigetechnik-ertüchtigenden Ausbau der Strecke vorsah, fiel schon in jenem Jahr die Entscheidung für die Einstellung des Fernverkehrs. Grund war ein Plan der Deutschen Bahn AG, den Interregio-Verkehr bundesweit aufzugeben. Bereits 1999, zwei Jahre vor der Fernverkehrseinstellung im Jahr 2001, wurde auf der Mitte-Deutschland-Verbindung der planmäßige Güterverkehr zwischen Gera und Weimar eingestellt.

Ausbau 2002–2016

Die erste Baustufe sah den Ausbau auf 140 km/h (mit Neigetechnik) und elektronische Stellwerkstechnik vor. Der Abschluss der Arbeiten erfolgte schrittweise: 2002 Weimar–Jena–Göschwitz, 2006/07 Göschwitz–Gera–Ronneburg, 2007/08 Ronneburg–Glauchau. Laut Bundesregierung war der Abschluss der ersten Baustufe für 2012 vorgesehen (Stand November 2008).

Die zweite Baustufe beinhaltete den zweigleisigen Ausbau auf 160 km/h (mit Neigetechnik) und die Elektrifizierung. Eingestuft als „weiterer Bedarf“ war sie nicht im Fünfjahresplan (2006 bis 2010) enthalten. Die eingleisigen Abschnitte zwischen Weimar und Großschwabhausen sowie zwischen Neue Schenke und Stadtroda wurden bis Anfang 2016 zweigleisig ausgebaut. Im Januar 2013 unterzeichneten Bund und Bahn die zugehörige Finanzierungsvereinbarung. Neben dem weiteren zweigleisigen Streckenausbau auf 17 Kilometern wurde eine Geschwindigkeitserhöhung auf 160 km/h vorgesehen. Der Bahnhof Oberweimar erhielt einen zweiten Bahnsteig, die Bahnsteige in den Bahnhöfen Jena West und Jena-Göschwitz wurden erneuert und mittels Aufzügen barrierefrei zugänglich. Die Bauarbeiten begannen im Februar 2014, die Fertigstellung erfolgte im Herbst 2016.

Weiterer Ausbau

Außerdem ist die Elektrifizierung der Bahnstrecke vorgesehen. Die Finanzierung hierzu ist bisher jedoch nicht gesichert, eine Förderung durch Mittel der Europäischen Union wird angestrebt. Die Ausbaupläne und weiteren Perspektiven werden immer wieder heftig politisch diskutiert.

Im Zuge der Abstimmung im Bundesrat zur Pkw-Maut in Deutschland hat Thüringen im Gegenzug für seine Enthaltung vom Bundesverkehrsministerium eine Dringlichkeitszusage für die Elektrifizierung erhalten. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte am Morgen der Abstimmung im Bundesrat, am 31. März 2017, vor der Abstimmung Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt eine Zustimmung unter der Bedingung zugesagt, dass dafür die Mitte-Deutschland-Verbindung zwischen Weimar und Gößnitz schneller ausgebaut werden würde. Thüringen enthielt sich daraufhin bei der Abstimmung über die Entsendung des Gesetzes in den Vermittlungsausschuss.

Im Juni 2017 erteilte das Bundesverkehrsministerium die Zusage für die Elektrifizierung der Strecke, die nun als vordringlicher Bedarf eingestuft wurde. Damit kann nun die konkrete Planung für die Elektrifizierung begonnen werden.

Zugbetrieb

Regionalverkehr

Seit dem Jahr 2000 wird auf der einstigen Fernverkehrsverbindung die Baureihe 612 als Regional-Express im Zweistundentakt eingesetzt. Alle Züge, die den Gesamtlaufweg befahren, verkehren als Triebwagen in Dreifachtraktion von Göttingen über Gotha (Fahrtrichtungswechsel), Erfurt und Gera nach Glauchau. Vor dem Fahrplanwechsel 2011/12 fuhren die Züge weiter nach Chemnitz und danach nur noch bis Glauchau. Der dritte Triebwagen wird dabei in Gera Hbf sowie teilweise auch in Gotha ein- bzw. ausgestellt. Seit Beginn des Jahresfahrplan 2013 verkehren die Züge teilweise ab bzw. bis Greiz. Zwischen Glauchau und Weimar benötigen die Züge eine planmäßige Fahrzeit von etwa zwei Stunden.

Im Regionalbahn-Dienst kommen die Triebwagen der Erfurter Bahn zum Einsatz. Zusätzlich kommen Regionalbahn-Züge zwischen Erfurt, Weimar, Jena und Gera zum Einsatz, so dass sich ein 30- bis 40-Minuten-Takt bis Gera ergibt.

Fernverkehr

Im Fernverkehr wird unter der Mitte-Deutschland-Verbindung auch die Verbindung von Köln/Düsseldorf über Dortmund, Kassel, Erfurt und Weimar nach Leipzig/Dresden verstanden. Diese wird im Jahr 2018 von der IC-Linie 50 bedient: Die Zugpaare IC 1952/1959, IC 2152/2155 sowie IC 2156/2157 verkehren von Köln/Düsseldorf nach Leipzig bzw. umgekehrt. Außerdem werden Berlin mit dem IC 1950 sowie Leipzig mit den IC 1956/1957 über die Mitte-Deutschland-Verbindung mit Frankfurt (Main) (IC 1956 von Leipzig bis nach Karlsruhe) verbunden.

Seit Dezember 2018 verkehren die Zugpaare IC 2156/2157 und IC 2152/2155 von Köln/Düsseldorf nach Gera und zurück. Dazu wird in Gotha von Elektro- auf Diesellok umgespannt und umgekehrt. Das Zugpaar IC 1952/1959 verkehrte freitags und sonntags zwischen Köln/Dortmund und Leipzig bis Dezember 2022. Zusätzlich fährt IC 2150 täglich außer samstags von Gera nach Kassel-Wilhelmshöhe. Östlich von Erfurt wird in diesen Zügen der Nahverkehrstarif anerkannt. Daher sind sie auch mit der Freifahrt nutzbar.

Verwendung des Intercity 2

Ab 2016 sollten täglich drei Zugpaare mit Doppelstock-Intercitys von Gera über Kassel Richtung Köln bzw. Düsseldorf fahren. Das Land Thüringen wollte sich mit etwa 1,75 Millionen Euro an den Kosten beteiligen, um zwischen Erfurt und Gera die Nutzung mit Nahverkehrstickets zu ermöglichen. Aufgrund von Verzögerungen bei der Zulassung sowie Beschaffung passender Diesellokomotiven, die für die Fahrt ab Erfurt bis Gera den Intercity ziehen sollen, verzögerte sich die Betriebsaufnahme. Im November 2017 fand eine Testfahrt nach Gera statt. Die Betriebsaufnahme wurde auf den Fahrplanwechsel im Dezember 2018 verschoben. Zunächst kamen jedoch vorwiegend „modernisierte Intercity-Wagen“ zum Einsatz. Ein IC-Zugpaar verkehrte bis Dezember 2022 freitags zwischen Köln und Leipzig bereits als Doppelstock-IC-Zug.

Anfang der 2020er Jahre plante die Deutsche Bahn AG die Aufnahme von IC-Direktverbindungen Düsseldorf–Paderborn–Gera–Chemnitz bis spätestens Dezember 2032 – vorbehaltlich der Elektrifizierung der Strecke Weimar–Gera–Gößnitz. Im Sommer 2021 gab die Deutsche Bahn AG dann bekannt, dass sie keinen durchgehend zweigleisigen Ausbau der Strecke mehr anstrebe.

Literatur

  • Thomas Frister: Ade „Mitte-Deutschland-Verbindung“. Der Niedergang eines verkehrspolitischen Vorhabens. In: Eisenbahn-Kurier Nr. 343/Jahrgang 35/2001. EK-Verlag, S. 36–39, ISSN 0170-5288.
  • Werner Drescher: Die Weimar-Geraer Bahn. Von der Privatbahn zum Teil der Mitte-Deutschland-Verbindung (= EK-Reihe Regionale Verkehrsgeschichte, Band 34). EK-Verlag, Freiburg 2001, ISBN 3-88255-451-7, 144 S.

Einzelnachweise

  1. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Mücke, Horst Friedrich (Bayreuth), Patrick Döring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: "Entwicklung ost- und mitteldeutscher Eisenbahnverbindungen". (PDF; 139 kB) In: Drucksache 16/10763 des Deutschen Bundestages. Abgerufen am 12. Oktober 2012.
  2. Weimar – Gera. (Nicht mehr online verfügbar.) In: BauInfoPortal der Deutschen Bahn. Archiviert vom Original am 1. Januar 2016; abgerufen am 4. Januar 2015.
  3. Bahn-Verbindung wird von Weimar bis Stadtroda zweigleisig. Thüringer Allgemeine, 5. Juli 2012
  4. Rund 70 Millionen Euro für Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung zwischen Weimar und Gera. (Nicht mehr online verfügbar.) Deutsche Bahn AG, 8. Januar 2013, archiviert vom Original am 17. Januar 2013; abgerufen am 11. Januar 2013.
  5. Startschuss für den Beginn der Bauarbeiten zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit zwischen Weimar und Gera: Baubeginn an der Mitte-Deutschland-Verbindung. (Nicht mehr online verfügbar.) Deutsche Bahn AG, 6. Februar 2014, archiviert vom Original am 1. März 2014; abgerufen am 21. Februar 2014.
  6. Bahn will Strecke zwischen Weimar und Gößnitz elektrifizieren. Thüringer Allgemeine, 6. Juli 2012
  7. Elektrifizierung der Mitte-Deutschland-Schiene kommt dank Thüringer Maut-Enthaltung Ostthüringer Zeitung, 1. April 2017.
  8. Sven Böll, Horand Knaup, Wolf Wiedmann-Schmidt: Linke Nummer. In: Der Spiegel. Nr. 15, 2017, S. 34 f. (online).
  9. Mitte-Deutschland-Verbindung wird elektrifiziert. (Memento vom 4. Juni 2017 im Internet Archive) Mitteldeutscher Rundfunk, 3. Juni 2017; abgerufen am 13. Juni 2017.
  10. Ralf Julke: Sachsens Sparwut zeitigt Folgen: Thüringer Landesregierung protestiert gegen Kappung der Schienenanbindung. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Leipziger Internetzeitung. 17. März 2011, archiviert vom Original am 20. März 2011; abgerufen am 3. Januar 2012.
  11. https://www.oepnv-info.de/freifahrt/uebersichten/freigegebene-fernverkehrszuege-mit-dem-schwerbehindertenausweis/intercity-zuege-auf-der-strecke-erfurt-gera
  12. Tino Zippel: Kein ICE für Saalfeld vorgesehen. In: Ostthüringer Zeitung. 28. August 2013, S. 1 (ähnliche Version online).
  13. Tino Zippel: Es soll vieles besser werden: So soll der Intercity nach Ostthüringen kommen. In: Ostthüringer Zeitung. 30. November 2017 (ähnliche Version online).
  14. Keine Doppelstock-Intercity nach Gera. In: OTZ. (otz.de [abgerufen am 8. September 2018]).
  15. Mehr Bahn für Metropolen und Region – Die größte Kundenoffensive in der Geschichte des DB Fernverkehrs (Memento vom 4. April 2015 im Internet Archive)
  16. Flaschenhälse bleiben auf der Mitte-Deutschland-Verbindung in Thüringen (Memento vom 5. August 2021 im Internet Archive)
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