Moussa Dadis Camara (* 1964 in Kouré, Präfektur Lola) war Hauptmann in der Armee Guineas und war vom 24. Dezember 2008 bis zum 3. Dezember 2009 de facto Präsident des Landes.

Nach dem Tod des bisherigen Präsidenten Lansana Conté am 22. Dezember 2008 gab Camara bekannt, dass er in seiner Eigenschaft als Chef einer Gruppe von 26 Militärs und sechs Zivilisten, die sich „Nationalrat für Demokratie und Entwicklung“ (Conseil National de la Démocratie et du Développement, CNDD) nannten, vorläufig die Macht in Guinea übernommen habe. Infolge eines Attentates am 3. Dezember 2009 setzte er sich noch am selben Tag schwer verletzt nach Marokko ab, und ab Mitte Januar 2010 fand er in Burkina Faso Aufnahme.

Leben

Die Grundschule und das Gymnasium hat Camara in Nzérékoré besucht. Nach seinem Abitur 1986 studierte er an der Universität Gamal Abdel Nasser in Conakry und bekam dort seinen Master im Bereich Finanzwirtschaft. Beim Eintritt in die Armee 1990 erhielt Camara den Dienstgrad eines Korporals. Zuerst diente er bei den Straßenbaupionieren in Conakry (Kaserne Sangoyah), wurde aber kurz danach zum Leiter der Treibstoffabteilung der Armee ernannt. Zwischen 1996 und 2005 verbrachte er insgesamt 4 Jahre in Deutschland und wurde unter anderem an der Bundeswehr-Offiziersschule Dresden sowie der Nachschubschule in Bremen ausgebildet. Nach eigenen Angaben absolvierte er den Fallschirmspringerlehrgang der Bundeswehr, entsprechend trägt er regelmäßig das Barettabzeichen der deutschen Fallschirmjägertruppe. Als Brustabzeichen führt Camara jedoch nicht das deutsche, sondern das französische Fallschirmspringer-Signet. Nach seiner Heimkehr wurde er im Verteidigungsministerium zum Leiter der Treibstoffdienste der Streitkräfte ernannt.

Camara war einer der Hauptanführer des Putsches von Weihnachten 2008. Da Camara bei der Planung und Durchführung zur Geheimhaltung regelmäßig Deutsch sprach und mit vermeintlich „deutscher Gründlichkeit“ potenzielle Gegner wie Contès Sohn Ousmane sowie den Marinechef und hochrangige Polizisten verhaften ließ, wurde der Putsch auch „le putsch allemand“ (deutscher Putsch) genannt.

Camara ist im Gegensatz zur muslimischen Mehrheit der Bevölkerung Guineas Christ. Er gehört der Volksgruppe der Guérzé an und entstammt somit keiner der drei großen Ethnien Mandinka, Peul oder Susu, die zumeist in Guinea um die Macht rivalisieren. Er ist verheiratet, hat sechs Kinder und spricht fünf Sprachen: Kpèlé, Susu, Malinké, Französisch und Deutsch.

Camara versprach freie Wahlen für Ende Dezember 2010, regierte das Land aber zunehmend autoritär. Im September 2009 kam es zu Unruhen, die blutig niedergeschlagen wurden. Außenpolitisch näherte sich Camara mit seiner Regierung der Volksrepublik China an.

Am 3. Dezember 2009 wurde Camara bei einem Feuergefecht schwer verletzt und zur Behandlung nach Marokko ausgeflogen. Offenbar wurde er vom Chef der eigenen Präsidialgarde, Aboubacar Toumba Diakité, während eines Streites angeschossen. Camara hatte zunächst angekündigt, nicht zur Präsidentschaftswahl 2010 anzutreten, überlegte es sich dann aber anders, was Unmut bei der zivilen Opposition hervorrief. Des Weiteren wollte er die Verträge über den Abbau von Bauxit, Guineas wichtigstem Rohstoff, mit den Förderländern zu günstigeren Bedingungen für sein Land neu verhandeln. Dies wird als Grund gesehen, warum Vertreter der Militärjunta Frankreich vorwarfen, in das Attentat auf Camara verwickelt zu sein. Camaras Stellvertreter Sékouba Konaté übernahm die Amtsgeschäfte und leitete die Rückkehr Guineas zur Demokratie ein. Camara stimmte der Ernennung des Oppositionspolitikers Jean-Marie Doré zum Premierminister einer Übergangsregierung zu und erklärte, seinen Genesungsprozess außerhalb von Guinea fortzusetzen. Seit Mitte Januar 2010 hat er in Burkina Faso Asyl erhalten.

Ende September 2022 wurden er und zehn weitere Personen wegen der Beteiligung an dem Massaker an regierungsfeindlichen Demonstranten im Jahr 2009 vor Gericht gestellt.

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Einzelnachweise

  1. L' Occidental, 5. Dezember 2009: „Moussa Dadis Camara hospitalisé au Maroc en état difficile“ (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. Guinea Oye, 21. Dezember 2009: „Col. Keita: Camara Still Recovering and “Festivities” Planned for Coup Anniversary“
  3. Focus, 30. September 2009: „Guineas Juntachef von Bundeswehr ausgebildet“
  4. 1 2 Die Welt, 20. September 2009: „Bundeswehr bildete brutalen Junta Chef aus“
  5. tagesschau.de: „Oberst Camara – der 'deutsche' Putschist“ (Memento vom 2. Oktober 2009 im Internet Archive)
  6. Berliner Zeitung, 1. Oktober 2009: „Der deutsche Putschist“
  7. Privater Weblog, 25. Dezember 2008: „Le Président autoproclamé de Guinée, un diplômé de l'université de Conakry“
  8. Guineenews, 26. Dezember 2008: „Qui est Moussa Dadis Camara, le nouveau président de la Guinée?“ (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2018. Suche in Webarchiven.)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  9. taz, 4. Dezember 2009: „Juntachef bei Attentat schwer verletzt“
  10. BBC, 4. Dezember 2009: „Shot Guinea strongman Camara 'flies to Morocco'“
  11. die tageszeitung: Zivilist wird Premierminister, 20. Januar 2010.
  12. Ex-Guinea military ruler goes on trial for 2009 stadium massacre. Abgerufen am 29. September 2022 (englisch).
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