Der Nationalratswahlkreis St. Gallen-Stadt war ein Wahlkreis bei Wahlen in den Schweizer Nationalrat. Er bestand von 1890 bis 1919 (Einführung des heute üblichen Proporzwahlrechts) und umfasste das Gebiet um die Stadt St. Gallen im gleichnamigen Kanton.

Wahlverfahren

Hierbei handelte es sich um einen Pluralwahlkreis. Dies bedeutet, dass zwar mehrere Sitze zu verteilen waren, jedoch das Majorzwahlrecht zur Anwendung gelangte. Im Sinne der romanischen Mehrheitswahl benötigte ein Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen, um gewählt zu werden. Zur Verteilung aller Sitze waren unter Umständen mehrere Wahlgänge notwendig. Jeder Wähler hatte so viele Stimmen, wie Sitze zu vergeben waren.

Bezeichnung und Sitzzahl

St. Gallen-Stadt ist eine inoffizielle geographische Bezeichnung. Im amtlichen Gebrauch üblich war eine über die gesamte Schweiz angewendete fortlaufende Nummerierung, geordnet nach der Reihenfolge der Kantone in der schweizerischen Bundesverfassung. Aufgrund der wechselnden Anzahl im Laufe der Jahre erhielten manche Wahlkreise mehrmals eine neue Nummer. St. Gallen-Stadt trug stets die Nummer 30.

St. Gallen-Stadt standen zunächst 2 Sitze zur Verfügung, ab 1902 waren es 3 Sitze, ab 1904 schliesslich 4 Sitze.

Ausdehnung

Das Gebiet des Wahlkreises wurde am 20. Juni 1890 mit dem «Bundesgesetz betreffend die Wahlen in den Nationalrath» verbindlich festgelegt, als man Teile des Wahlkreises St. Gallen-Nordost abtrennte. Der Wahlkreis St. Gallen-Stadt umfasste:

Eine Vergrösserung des Gebiets erfolgte mit dem «Bundesgesetz betreffend die Nationalratswahlkreise» vom 4. Juni 1902, als der Wahlkreis St. Gallen-Nordwest eine Gemeinde an St. Gallen-Stadt abtrat. Somit umfasste der Wahlkreis:

Zu einer letzten Gebietsveränderung kam es mit dem «Bundesgesetz betreffend die Nationalrathswahlkreise» vom 23. Juni 1911. Dabei gab St. Gallen-Stadt drei ländlich geprägte Gemeinden an St. Gallen-Nordost zurück. Der Wahlkreis umfasste zuletzt:

  • die Stadt St. Gallen (damaliges Stadtgebiet)
  • im Bezirk Gossau die Gemeinde Straubenzell (1918 mit der Stadt fusioniert)
  • im Bezirk Tablat die Gemeinde Tablat (1918 mit der Stadt fusioniert)

1919 wurden die fünf St. Galler Wahlkreise zum heute noch bestehenden Nationalratswahlkreis St. Gallen zusammengelegt, in welchem das Proporzwahlrecht gilt.

Nationalräte

  • G = Gesamterneuerungswahl
  • Demokratische Partei (DP)
  • Freisinnige Linke (FL), Freisinnig-Demokratische Partei (FDP)
  • Sozialdemokratische Partei (SP)
  • DatumWahlGewähltePartei
    26.10.1890G Joseph Anton Scherrer-FüllemannDP
     Johannes BlumerFL
    29.10.1893G Joseph Anton Scherrer-FüllemannDP
     Karl Emil WildFL
    25.10.1896G Joseph Anton Scherrer-FüllemannDP
     Karl Emil WildFDP
    29.10.1899G Joseph Anton Scherrer-FüllemannDP
     Karl Emil WildFDP
    26.10.1902
    09.11.1902
    G Joseph Anton Scherrer-FüllemannDP
     Karl Emil WildFDP
     Paul BrandtSP
    29.10.1905G Joseph Anton Scherrer-FüllemannDP
     Albert Mächler, Karl Emil WildFDP
    25.10.1908G Joseph Anton Scherrer-FüllemannDP
     Albert Mächler, Karl Emil WildFDP
    29.10.1911G Joseph Anton Scherrer-FüllemannDP
     Albert Mächler, Eduard Scherrer, Karl Emil WildFDP
    25.10.1914G Joseph Anton Scherrer-FüllemannDP
     Albert Mächler, Eduard Scherrer, Karl Emil WildFDP
    28.10.1917G Joseph Anton Scherrer-FüllemannDP
     Albert Mächler, Eduard Scherrer, Karl Emil WildFDP

    Quelle

    • Erich Gruner: Die Wahlen in den Schweizerischen Nationalrat 1848–1919. Band 3. Francke Verlag, Bern 1978, ISBN 3-7720-1445-3.

    Einzelnachweise

    1. Bundesgesetz betreffend die Wahlen in den Nationalrath (vom 20. Juni 1890). (PDF, 296 kB) In: Bundesblatt Nr. 26 vom 21. Juni 1890. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 2. November 2014.
    2. Bundesgesetz betreffend die Nationalratswahlkreise (vom 4. Juni 1902). (PDF, 281 kB) In: Bundesblatt Nr. 24 vom 11. Juni 1902. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 2. November 2014.
    3. Bundesgesetz betreffend die Nationalrathswahlkreise (vom 23. Juni 1911). (PDF, 296 kB) In: Bundesblatt Nr. 26 vom 28. Juni 1911. admin.ch, 21. Mai 2013, abgerufen am 2. November 2014.
    This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.