Das Münchner Olympia-Attentat vom 5. September 1972 war ein Anschlag der palästinensischen Terrororganisation Schwarzer September auf die israelische Mannschaft während der zu diesem Zeitpunkt ausgetragenen Olympischen Sommerspiele. Der Terrorakt begann am frühen Morgen mit dem Überfall auf das israelische Wohnquartier im olympischen Dorf, bei dem zwei Sportler ermordet und neun weitere als Geiseln genommen wurden. Nach ergebnislosen Verhandlungen endete er in der Nacht zum 6. September mit einem misslungenen Befreiungsversuch auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck. Dabei wurden alle neun israelischen Geiseln, ein Polizist sowie fünf der acht Geiselnehmer getötet.

Das Verbrechen wurde nie juristisch aufgearbeitet, da die drei überlebenden Terroristen schon wenige Wochen nach der Tat durch die Entführung des Lufthansa-Fluges 615 aus deutscher Haft freigepresst wurden. Als unmittelbare Reaktion auf den dilettantisch ausgeführten, zu einer Katastrophe führenden Befreiungsversuch der bayerischen Polizei wurde die deutsche Antiterroreinheit GSG 9 gegründet.

Als humanitäre Geste zahlte Deutschland 1972 und 2002 rund 4,6 Millionen Euro an die Familien der ermordeten Israelis. Im Jahr 2022 erkannte die Bundesrepublik offiziell ihre Verantwortung für den mangelhaften Schutz der Sportler und die schlecht geplante Befreiungsaktion an und sprach den Hinterbliebenen eine Entschädigungssumme in Höhe von 28 Mio. Euro zu.

Überblick

Am frühen Morgen des 5. September überfielen acht bewaffnete palästinensische Terroristen, die im Vorfeld von deutschen Neonazis unterstützt worden waren, das Wohnquartier des israelischen Teams im olympischen Dorf. Gleich zu Beginn des Angriffs wurde der Ringertrainer Mosche Weinberg getötet und der Gewichtheber Yossef Romano erlitt schwere Verletzungen, denen er kurz darauf erlag. Die übrigen neun Mannschaftsmitglieder wurden als Geiseln genommen. Die Geiselnehmer verlangten die Freilassung von über zweihundert in Israel inhaftierten Palästinensern.

Die israelische Regierung unter Golda Meir lehnte die an sie gestellte Forderung ab. Versuche deutscher Politiker, sich als Austauschgeiseln anzubieten, wiesen die Palästinenser zurück. In der Nacht vom 5. auf den 6. September unternahm die bayerische Polizei auf dem Militärflugplatz Fürstenfeldbruck einen schlecht geplanten Befreiungsversuch, bei dem alle Geiseln ums Leben kamen.

Die drei überlebenden Terroristen wurden schon wenige Wochen nach ihrer Tat mit einer Flugzeugentführung freigepresst. Infolgedessen war das Olympia-Attentat nie Gegenstand eines ordentlichen Gerichtsverfahrens. Die israelische Regierung ordnete die Vergeltungsaktion „Zorn Gottes“ durch die Sondereinheit „Caesarea“ des Mossad an. Diese tötete in den Jahren nach 1972 etwa zwanzig Palästinenser, die direkt oder indirekt an dem Anschlag beteiligt gewesen waren. Der Aktion fielen aber auch Unschuldige zum Opfer. Nach dem katastrophalen Ausgang des Geiseldramas stellte die deutsche Bundesregierung die Antiterror-Spezialeinheit Bundesgrenzschutzgruppe 9 (GSG 9) auf. Die Landespolizeien folgten mit Spezialeinsatzkommandos (SEK).

Vorbereitung des Anschlags

Drahtzieher des Terroranschlags war Abu Daoud, Mitglied der von Jassir Arafat geführten Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und laut eigenen Angaben Assistent von Abu Ijad, dem vermutlichen Gründer der Terrorgruppe Schwarzer September. Er setzte im Kampf gegen Israel auf terroristische Aktionen und wollte die Olympischen Spiele dazu nutzen, die Weltöffentlichkeit auf die Lage der Palästinenser aufmerksam zu machen. Da er eine Zeitlang in Berlin gelebt hatte, kannte er sich in Deutschland aus. Er besorgte persönlich die Waffen für das achtköpfige Terrorkommando und begleitete es bis an den Zaun des Olympischen Dorfs. In seinen 1999 erschienenen Memoiren behauptete Daoud, Arafat sei über den Plan informiert gewesen und habe ihn abgesegnet. In späteren Interviews stritt er dies wieder ab.

Seine Gruppe wurden bei der Vorbereitung des Anschlags und beim Aufbau der notwendigen Infrastruktur in Europa durch deutsche Neonazis unterstützt. Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), die auf Antrag des Spiegel im Juni 2012 freigegeben wurden, belegen diese schon 1972 gehegte Vermutung. Danach hat der Rechtsextremist Udo Albrecht bereits 1970 Kontakte zwischen der PLO und Neonazis vermittelt, die auf eine gegenseitige Unterstützung abzielten. Der ehemalige Neonazi und spätere Autor Willi Pohl schrieb: „Wir erhielten die Erlaubnis, auf von der Fatah kontrolliertem jordanischen Gebiet einen Stützpunkt zu errichten, als Gegenleistung boten wir Unterstützung im Kampf gegen Israel an.“ Im Vorfeld des Olympia-Attentats traf Pohl nach eigenen Angaben Abu Daoud im Juli 1972 in Dortmund, besorgte ihm Fahrzeuge und fuhr ihn zu konspirativen Treffen in Frankfurt und Köln. Aus den Akten des Verfassungsschutzes geht hervor, dass die Dortmunder Kriminalpolizei bereits im Juli 1972 Hinweise auf die konspirativen Treffen zwischen Pohl und Daoud erhalten und diese umgehend an die Landeskriminalämter, das Bundeskriminalamt und den Verfassungsschutz weitergegeben hatte.

Pohl stellte zudem eine Verbindung zu dem Passfälscher Wolfgang Abramowski her, der, wie auch er selbst, enge Kontakte zur Nationalsozialistischen Kampfgruppe Großdeutschland gehabt haben soll. In Kairo gab der Fatah-Vertreter Abu Ijad Pohl eine Botschaft für einen Mann in Paris mit, den er im Nachhinein als Issa, den Anführer der Münchner Attentäter erkannt haben will.

Vom Ziel der Anschläge will Pohl nichts gewusst haben. Dennoch arbeitete er bei Folgeaktionen weiterhin mit der PLO-Organisation zusammen. Ende Oktober 1972 wurden er und Abramowski festgenommen. Bei ihnen fand man Waffen, die baugleich mit denen waren, die bei der Geiselnahme benutzt worden waren, sowie einen Drohbrief des Schwarzen September an den Richter, der gegen die drei überlebenden Attentäter ermittelte. Im Haftbefehl warf man Pohl vor, dass er gemeinsam mit Abu Daoud die gewaltsame Befreiung des damals inhaftierten Udo Albrecht geplant habe. Trotz dieser Zusammenhänge „wurde Pohl 1974 nur wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt.“

Ablauf des Attentats

Geiselnahme am Morgen des 5. September

Um 04:10 Uhr am Morgen des 5. September 1972 kletterten die acht von Abu Daoud rekrutierten Mitglieder der Terrororganisation Schwarzer September über den Zaun bei Tor 25A und betraten das Olympische Dorf. Monteure der Post beobachteten sie, hielten sie aber für heimkehrende Sportler.

Sie drangen um etwa 04:35 Uhr in das Appartement der israelischen Olympiamannschaft in der Connollystraße 31 ein (Koordinaten: 48° 10′ 47,28″ N, 11° 32′ 55,32″ O). Die mit Kalaschnikows bewaffneten Geiselnehmer hatten keine Mühe, die israelischen Sportler zu überwältigen, da diese die Türen nicht abgeschlossen hatten. Generell wurden die Sicherheitsbedingungen während der Olympischen Spiele bewusst locker gehalten, um mit „heiteren Spielen“ die positive Veränderung zu demonstrieren, die sich in Deutschland seit den Olympischen Spielen 1936 vollzogen hatte. So sorgten ca. 4000 abgeordnete Polizeibeamte aus mehreren Bundesländern unbewaffnet und einheitlich mit modischen Straßenanzügen zivil bekleidet für Ordnung.

Die Terroristen nahmen elf Geiseln: David Mark Berger (Gewichtheber), Ze'ev Friedman (Gewichtheber), Yossef Gutfreund (Ringerkampfrichter), Eliezer Halfin (Ringer), Josef Romano (Gewichtheber), André Spitzer (Fechttrainer), Amitzur Schapira (Leichtathletiktrainer), Kehat Shorr (Schützentrainer), Mark Slavin (Ringer), Yakov Springer (Gewichtheberkampfrichter) und Mosche Weinberg (Ringertrainer).

Einige israelische Sportler entkamen aus den Parterrefenstern, darunter auch der Chef de Mission, Shmuel Lalkin. Weinberg und Romano wurden gleich zu Beginn der Aktion getötet. Weinberg wurde um 04:52 Uhr bei einem Fluchtversuch durch die Tür hindurch erschossen. Romano erlag etwa zwei Stunden, nachdem er angeschossen worden war, seinen Verletzungen, da kein Arzt zu ihm gelassen wurde.

Die Geiselnehmer sollen einige ihrer Geiseln misshandelt haben. Dies machten die Witwen von Josef Romano und André Spitzer im Dezember 2015 bekannt. Sie hatten volle Akteneinsicht durch die deutschen Behörden erst nach einem anonymen Hinweis im Jahr 1992 erhalten. Der damalige Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher widersprach dieser Darstellung des Geschehens umgehend; auch die Obduktionsberichte hätten keine Hinweise darauf ergeben.

Erstes Ultimatum

Um 05:21 Uhr wurden Polizei, Organisationskomitee und Rettungsdienst alarmiert. Krankenwagen trafen ein, und der vor dem Hauseingang von den Terroristen abgelegte, blutüberströmte Weinberg, für den jede Rettung zu spät kam, konnte geborgen werden. Zu dem zweiten Verletzten, Romano, ließen die Attentäter niemanden mehr hinein. Um 06:40 Uhr begaben sich der Bürgermeister des Olympischen Dorfes, Walther Tröger, und NOK-Präsident Willi Daume zum Haus Nr. 31, um mit den Eindringlingen zu verhandeln. Von da an galt als sicher, dass sie israelische Sportler als Geiseln festhielten. Das Gelände wurde von der Polizei abgeriegelt.

Die Terroristen verlangten um 08:50 Uhr morgens Freilassung für in Israel gefangene Palästinenser und freies Geleit für sich und die Geiseln in eine arabische Hauptstadt mit einem dafür zur Verfügung gestellten Flugzeug. Sie drohten, die Geiseln sofort zu erschießen, sollte die Polizei versuchen, das Haus zu stürmen. Das Ultimatum war auf 12 Uhr befristet.

Über deren genaue Zahl und ob auch nichtarabische Terroristen freigepresst werden sollten, gibt es unterschiedliche Angaben. Lange war von zweihundert Palästinensern die Rede. In Sachbüchern von Simon Reeve, Luis Palme und Kay Schiller hieß es ab 2006 ohne nähere Quellenbelege, die Geiselnehmer hätten die Freilassung von 234 Palästinensern aus israelischer Haft sowie zusätzlich der deutschen RAF-Terroristen Andreas Baader und Ulrike Meinhof verlangt. Laut den Historikern Anna Greithanner, Dominik Aufleger und Robert Wolff, die die Liste der Geiselnehmer im Staatsarchiv München gefunden haben, umfasst sie 328 Namen, darunter Ulrike Meinhof und Kōzō Okamoto (Japanische Rote Armee), einen der Täter des Massakers am Flughafen Lod vom 30. Mai 1972.

Um 09:30 Uhr gab es einen Massenandrang im Pressezentrum, doch die bizarre Pressekonferenz galt den Erfolgen des Schwimmstars Mark Spitz. Spitz, selbst jüdischer Herkunft, forderte Begleitschutz und verließ München am selben Tag. Um 10 Uhr trat der Krisenstab mit Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher, dem bayerischen Innenminister Bruno Merk, Münchens Polizeipräsident Manfred Schreiber, Staatssekretär Erich Kiesl, NOK-Präsident Willi Daume und IOC-Präsident Avery Brundage zusammen, in Tel Aviv und Bonn tagten die Kabinette.

Eine Viertelstunde vor Ablauf des Ultimatums wurde mit den Terroristen eine Verlängerung um drei Stunden, also bis 15 Uhr, ausgehandelt. Der Bürgermeister des Olympischen Dorfes Walther Tröger, dazu Willi Daume, Manfred Schreiber, der Sicherheitschef der XX. Olympischen Spiele, der bayerische Innenminister Bruno Merk und auch der Bundesinnenminister und Vizepräsident des NOK Hans-Dietrich Genscher boten sich dabei den Terroristen vergeblich als Ersatzgeiseln an.

Der israelische Botschafter in Deutschland Eliashiv Ben-Horin gab gegen Mittag den Beschluss des israelischen Kabinetts bekannt, man werde nicht auf die Forderungen der Geiselnehmer eingehen. Nach Aussage Golda Meirs lehnte Israel die Erpressung ab, um nicht für alle Zukunft das Leben seiner Staatsbürger im Ausland zu riskieren.

Verhandlungen und Ultimaten am Nachmittag

Um 15:25 Uhr wurde das Ultimatum auf 17 Uhr verschoben. Um 15:38 Uhr wurden die Olympischen Spiele unterbrochen. Die noch laufenden Wettbewerbe konnten zu Ende geführt werden. Wiederholt wechselten die Terroristen ihre Kleidung und zeigten sich auf dem Balkon. Ihre Zahl wurde auf fünf geschätzt. Um 17 Uhr drohten die Terroristen mit Geiselmord und Selbstmord, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden sollten. Das Haus war unterdessen von Scharfschützen umstellt worden.

Als dieses Ultimatum ablief, verhandelte der Krisenstab erneut mit dem deutsch sprechenden Anführer der Terroristen, der sich „Issa“ nannte, sein Gesicht unter einer Maske verbarg und einen weißen Hut trug. Mit Hilfe eines Abgesandten der Arabischen Liga und des Missionschefs der ägyptischen Delegation gelang es, das Ultimatum um weitere fünf Stunden zu verlängern.

Die Terroristen hatten unterdessen aus Radio und Fernsehen vom Aufmarsch der Polizei erfahren, die eine Befreiungsaktion geplant hatte. Man hatte versäumt, den Terroristen den Strom abzustellen und die Presse aus dem olympischen Dorf entfernen zu lassen. Die Befreiungsaktion musste deshalb ausgesetzt werden.

Scheinbares Eingehen auf die Forderungen am Abend

Danach verlangten die Terroristen bis 21 Uhr freies Geleit mit den Geiseln in einem Flugzeug nach Kairo sowie den sofortigen Abzug der Scharfschützen. Die deutschen Verhandlungspartner gaben vor, zuzustimmen. Minister Genscher wurde in den ersten Stock des Gebäudes gelassen, wo die neun Geiseln gefesselt in einem Zimmer saßen. Sie waren damit einverstanden, zusammen mit den Terroristen in die ägyptische Hauptstadt zu fliegen. Um 20:30 Uhr war man zu einer Vereinbarung gekommen. Die Terroristen sollten mit ihren neun Geiseln durch Hubschrauber ausgeflogen werden; die Scharfschützen wurden abgezogen.

Beginn des Befreiungsversuchs in der Nacht

Um 22:06 Uhr bestiegen die Attentäter zusammen mit den gefesselten Geiseln einen in der Tiefgarage von Haus 31 bereitstehenden Bus. Das Fahrzeug fuhr anschließend durch das Untergeschoss und hielt kurz nach der Ausfahrt in der Nähe von zwei wartenden Helikoptern des Bundesgrenzschutzes. Von der Polizei unbehelligt brachten die Terroristen ihre Geiseln in die Hubschrauber und starteten um 22:18 Uhr zum nahe gelegenen Fliegerhorst Fürstenfeldbruck. Dort stand eine mit laufenden Triebwerken, aber fast leeren Tanks wartende Boeing 727 bereit, da die bayerischen Polizeibehörden planten, die Terroristen am Flughafen anzugreifen.

Um 22:29 Uhr landeten die Hubschrauber bei Flutlicht in Fürstenfeldbruck. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde immer nur von fünf anstatt der tatsächlichen acht Geiselnehmer ausgegangen, deswegen befanden sich auch nur fünf als Scharfschützen benannte Polizisten auf dem Dach des Flughafengebäudes und dem Rollfeld. Diese Beamten waren jedoch nur Streifenbeamte und nicht als Präzisionsschützen ausgebildet, zudem waren sie nur notdürftig mit ausgesuchten Sturmgewehren vom Typ Heckler & Koch G3 ausgestattet worden. Die Münchner Polizei hatte zwar damals schon Scharfschützengewehre des Typs Steyr SSG 69 in ihren Beständen, daran waren allerdings noch keine Präzisionsschützen ausgebildet.

Es befand sich auch noch ein als Besatzung getarntes Freiwilligenkommando der Polizei im Flugzeug. Auch dieses Kommando bestand nur aus normalen Streifenpolizisten, die unzureichend mit ihren Standard-Dienstpistolen bewaffnet waren. Da diese Beamten aber keine Möglichkeit sahen, die schwer bewaffneten Geiselnehmer zu überwältigen, beendeten sie ihren Einsatz eigenmächtig und setzten sich kurz vor dem Aufsetzen der Helikopter aus dem Flugzeug ab.

Die Bereitstellung von gepanzerten Sonderwagen war völlig versäumt worden. Diese wurden erst während der folgenden zweistündigen Schießerei als Verstärkung gerufen. Sie trafen allerdings wegen des starken Verkehrs und der vielen Schaulustigen um eine Stunde verspätet ein, als die Kämpfe fast beendet waren.

Zwei der Terroristen, die sich selbst „Issa“ und „Tony“ nannten, inspizierten kurz das Flugzeug und stellten fest, dass sich keine Besatzung an Bord befand. Um 22:35 Uhr wurden auf dem Kontrollturm die Scheinwerfer abgeschaltet und der ganze Flughafen lag nun im Dunkeln. Um 22:38 Uhr, als die beiden Terroristen zu den Hubschraubern zurückeilten, erteilte Innenminister Bruno Merk dem Polizei-Einsatzleiter den Befehl, das Feuer zu eröffnen. Darauf eröffneten die Scharfschützen das Feuer. In diesem Moment schaltete die Polizei große Scheinwerfer ein und bestrahlte damit das Rollfeld. Die Terroristen ihrerseits beschossen die Scheinwerfer. Die Scharfschützen hatten keinen Funkkontakt zueinander und schossen ohne Zielabsprache. Zudem hatten sie keine Nachtsichtgeräte. So wurde mit der ersten Salve nur ein Terrorist getroffen, nämlich der stellvertretende Kommandoführer, der mit „Issa“ zuvor das Flugzeug kontrolliert hatte. „Issa“ ließ den Verletzten liegen und gelangte zurück zu den übrigen Terroristen. Drei von ihnen begannen, verdeckt hinter den Hubschraubern und außerhalb des Sichtfelds der Scharfschützen, das Feuer zu erwidern.

Um 22:39 Uhr stellten die Schützen der Polizei ihre Gewehre auf Dauerfeuer um. Ihr Feuer wurde nach wie vor durch Feuerstöße aus den Sturmgewehren der Terroristen beantwortet. Der Kampf zog sich hin, bis die aus München angeforderten Panzerfahrzeuge der Polizei eintrafen.

Die beiden Hubschrauber sollten mit den Türen zum Kontrollturm landen, damit alle fünf Polizeischützen ein freies Schussfeld hatten. Aus unbekannten Gründen landeten beide Helikopter jedoch mit der Schnauze zum Kontrollturm, wodurch der fünfte Scharfschütze im Schussfeld von Schütze eins, zwei und drei lag. Er hatte deshalb bislang nicht in den Kampf eingegriffen. Außerdem lag er völlig ungedeckt ohne Helm und Schutzweste hinter einer knöchelhohen Mauer auf dem Rollfeld, die Hubschrauber und die Terroristen zwischen sich und seinen Kollegen. Um von diesen nicht irrtümlich beschossen zu werden, gab er während der Aktion keinen Schuss ab. Erst als ein flüchtender Terrorist versehentlich direkt auf ihn zulief, tötete er ihn durch einen Kopfschuss. Dadurch aber erregte er die Aufmerksamkeit der frisch eingetroffenen Polizeiverstärkung, welche die Positionen der eigenen Beamten nicht kannte. Für einen der Entführer gehalten, wurden er und ein neben ihm Schutz suchender Hubschrauberpilot beschossen und schwer verletzt.

Um 23:00 Uhr erschien am Haupteingang des Militärflugplatzes in Fürstenfeldbruck, der von Tausenden von Schaulustigen belagert wurde, Ludwig Pollack, ein Pressemitarbeiter des NOK. Er verkündete den Pressevertretern, die Geiseln seien freigelassen und vier der Terroristen seien getötet worden. Nach seiner Legitimation gefragt äußerte Pollack wahrheitswidrig, er sei der Beauftragte von Olympia-Pressechef Hans Klein. Als Informationsquelle nannte er später einen hohen Polizeibeamten, an dessen Namen er sich nicht erinnern könne. Um 23:31 Uhr verbreitete die Nachrichtenagentur Reuters eine weltweite Eilmeldung, wonach alle israelischen Geiseln befreit worden seien. Um 23:35 Uhr berichtete das Fernsehen, dass alle Geiseln entkommen und die meisten Terroristen tot seien. Um 23:50 Uhr meldete Polizeipräsident Schreiber an das Pressezentrum: „Wir sind noch im Einsatz. Das Flugfeld ist noch nicht geräumt. Das ganze Areal ist hermetisch abgeriegelt.“

Scheitern der Befreiung am frühen Morgen des 6. September

Am 6. September 1972 um 00:05 Uhr sprach Conrad Ahlers, der Sprecher der Bundesregierung, von einer „glücklichen und gut verlaufenen Aktion“.

Zu dieser Zeit wurde auf dem Flugplatz noch immer geschossen. Erst um 00:00 Uhr trafen gepanzerte Fahrzeuge der Polizei auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck ein, um die Sicherheitskräfte vor Ort zu unterstützen. Durch den Anblick der Panzerfahrzeuge wurde einem der Terroristen die Ausweglosigkeit der Entführung offenbar bewusst. Er eröffnete um 00:10 Uhr das Feuer auf die wehrlosen Geiseln im ersten Hubschrauber und gab damit zwei anderen Terroristen die Gelegenheit, aus der Deckung aufzutauchen. Anschließend sprang er aus dem Hubschrauber und warf eine Handgranate in die Maschine, durch deren Explosion die Geiseln im Hubschrauber umkamen. Alle drei Terroristen starben durch die Schüsse der Scharfschützen. Die anderen fünf Geiseln im zweiten Hubschrauber wurden während des Kampfes ebenfalls getötet. Anders beschreibt es der Augenzeuge und damalige Mossad-Chef Tzwi Zamir in einem Bericht: Eine Phosphorgranate sei unter dem Helikopter detoniert, wodurch alle Insassen verbrannt seien.

Die Aktion endete in einem Fiasko: Alle neun noch verbliebenen Geiseln starben, ebenso der Münchner Polizeiobermeister Anton Fliegerbauer, der sich an einem Erdgeschossfenster des Kontrollturms befand und einen tödlichen Kopfschuss erhielt. Der Pilot, Hauptmann im BGS Gunnar Ebel, der als Verbandsführer einen der beiden Hubschrauber vom Typ Bell UH-1D flog, musste mit schweren Schussverletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Erst um 01:32 Uhr wurden das Schießen und die Suche nach flüchtigen Terroristen eingestellt. Drei Terroristen hatte man überwältigen können, fünf wurden tot gefunden. Um 02:40 Uhr teilte Pressesprecher Klein im Pressezentrum der Weltöffentlichkeit die Bilanz der missglückten Befreiungsaktion von Fürstenfeldbruck mit.

Opfer des Anschlags

Zu Beginn des Überfalls erschossen:

Getötete Geiseln

Getöteter Polizist

Folgen

Unterbrechung der Spiele

Zu Beginn der Geiselnahme wurden die Spiele zunächst fortgesetzt. Erst nach Protesten zahlreicher Teilnehmer und Besucher entschloss sich das IOC am Nachmittag des 5. September dazu, die Wettbewerbe auszusetzen. Nach dem Tod der israelischen Sportler wurde die Unterbrechung bis zum Nachmittag des 6. September verlängert. Die Fortsetzung der Spiele wurde zwar von der israelischen Regierung gebilligt, stieß aber bei vielen auf Kritik. Einige wenige Athleten reisten ab. Auch die überlebenden Mitglieder der israelischen Olympiamannschaft verließen München. Nur der Geher Shaul Ladany hatte sich dagegen ausgesprochen, mit der Begründung, dass er sich dem Terrorismus nicht beugen wolle.

Am 12. Tag der Spiele fand eine Trauerfeier im Olympiastadion statt, an der 80.000 Menschen teilnahmen. Die olympische Flagge wehte auf halbmast. Auf der Gedenkveranstaltung sprachen Willi Daume, Präsident des Organisationskomitees, Shmuel Lalkin, Israels Chef der Mission, Ben Horin, israelischer Botschafter in der Bundesrepublik, Bundespräsident Gustav Heinemann sowie IOC-Präsident Avery Brundage. Willi Daume begründete dabei die Entscheidung zur Fortsetzung der Spiele mit dem Satz: „Es ist schon so viel gemordet worden – wir wollten den Terroristen nicht erlauben, auch noch die Spiele zu ermorden.“ Berühmt wurde auch der Ausspruch Brundages „The games must go on“.

Bei allen folgenden Olympischen Spielen hat das IOC ein offizielles Gedenken an das Attentat verweigert, da dies andere Mitglieder der Olympischen Gemeinschaft vor den Kopf stoßen könne.

Freipressung der überlebenden Attentäter

Die Leichen der fünf im Feuergefecht von Fürstenfeldbruck getöteten Geiselnehmer wurden nach Libyen überführt, wo sie eine Heldenbestattung mit militärischen Ehren erhielten. Die drei überlebenden Attentäter Jamal Al-Gashey, Adnan Al-Gashey und Mohammed Safady sollten dagegen vor Gericht gestellt werden. Dazu kam es jedoch nie. Am 29. Oktober 1972 entführte ein palästinensisches Kommando die Lufthansa-Maschine „Kiel“, in der sich zwölf Passagiere befanden. Die Bundesregierung gab der Forderung des Kommandos nach, die drei inhaftierten Terroristen freizulassen, so dass es in Deutschland nie zu einer juristischen Aufarbeitung des Attentats kam. Adnan Al-Gashey wurde später von der Sondereinheit Caesarea des israelischen Auslandsgeheimdiensts Mossad getötet, Mohammed Safady lebt zurückgezogen an einem unbekannten Ort. In der Dokumentation Tod und Spiele bekennt er sich 2022, 50 Jahre nach dem Attentat, erstmals vor laufender Kamera zur Ermordung der Geiseln.

Vergeltungsaktionen Israels

Noch bevor klar wurde, dass die Täter in Deutschland nicht juristisch belangt würden, autorisierten die israelische Premierministerin Golda Meïr und das Sicherheitskabinett den Mossad, die Verantwortlichen aufzuspüren und zu töten. Der Mossad stellte dazu die Sondereinheit „Caesarea“ unter dem Kommando des späteren Premierministers Ehud Barak zusammen. Deren Mission wurde später als „Operation Zorn Gottes“ öffentlich bekannt. Nach Angaben des damaligen Mossad-Direktors Zvi Zamir sollte sie kein Rachefeldzug sein, sondern ein gezielter Schlag gegen die Strukturen des palästinensischen Terrorismus und ein unmissverständliches Signal an alle Terrorgruppen, dass der Staat Israel Angriffe auf seine Bürger weltweit bestraft.

In den nächsten 20 Jahren töteten Mossad-Kommandos einen der drei Attentäter, die München überlebt hatten, und mindestens zwölf Palästinenser, die sie verdächtigten, an der Planung des Olympia-Anschlags beteiligt gewesen zu sein. Der Operation fielen aber auch Unbeteiligte zum Opfer.

Am 16. Oktober 1972 wurde Abdel Wael Zwaiter, der Vertreter der PLO in Italien, erschossen. Am 8. Dezember 1972 starb Muhammad Hamschiri, PLO-Repräsentant in Paris, durch eine ferngezündete Bombe. Weitere mutmaßliche Terroristen wurden in Zypern, Griechenland und wiederum in Paris getötet.

Am 10. April 1973 landete die israelische Spezialeinheit Sayeret Matkal im Rahmen der Operation Frühling der Jugend mit mehreren Sonderkommandos an der Küste des Libanon bei Beirut. Dort erschossen sie Yusuf an-Naddschar (Abu Yusuf, angeblich Stellvertreter Jassir Arafats und einer der Anführer des Terrorkommandos), Kamal Adwan (mutmaßlicher Fatah-Kommandeur) und PLO-Sprecher Kamal Nasir. Weitere Sajeret-Gruppen zerstörten das Hauptquartier der PFLP und eine Sprengstofffabrik der Fatah. Bei der Operation wurde auch eine unbeteiligte Nachbarin, eine 70-jährige Italienerin, getötet.

Am 28. Juni 1973 starb Mohammed Boudia, der Operationschef der Terrorgruppe „Schwarzer September“, in Paris durch eine Autobombe.

Am 21. Juli 1973 begingen Mossad-Agenten einen schweren Fehler, als sie in Lillehammer Ahmed Bouchiki ermordeten, einen in Norwegen lebenden marokkanischen Kellner, der nichts mit dem Olympia-Attentat zu tun hatte. Nach dem falschen Tipp eines Informanten hatten sie ihn für Ali Hassan Salameh gehalten, den Chef von Arafats Spezialtruppe „Force 17“ und Mitglied des „Schwarzen September“. Die norwegischen Behörden fassten sechs Mossad-Agenten. Sie wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt, aber 1975 begnadigt und abgeschoben. Erst 1996 zahlte die israelische Regierung wegen der Lillehammer-Affäre eine Entschädigung an Bouchikis Hinterbliebene. Salameh wiederum starb am 22. Januar 1979 in Beirut bei der Detonation einer ferngezündeten Autobombe.

Am 8. Juni 1992 wurde Atef Bseiso, ein Mitplaner des Olympia-Attentats, in Paris erschossen.

Heute leben nur noch die Attentäter Mohammed Safady und Jamal Al-Gashey, der sich in Afrika versteckt hält. Mohammed Daoud Oudeh (Abu Daoud), der für die Planung verantwortlich war, starb am 3. Juli 2010 in Damaskus an Nierenversagen.

Terror-Bekämpfung in der Bundesrepublik Deutschland

Die bayerische Polizei war den Ereignissen nicht gewachsen, was durch die Live-Übertragungen der Medien in aller Welt sichtbar wurde. Der Einsatz des Bundesgrenzschutzes wäre zwar möglich gewesen, nach deutschem Verfassungsrecht obliegt die Polizeihoheit jedoch grundsätzlich den Ländern. Der Hoheitsträger, der Freistaat Bayern, hatte den Bundesgrenzschutz nicht angefordert.

Die deutschen Verantwortlichen, insbesondere Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) und Innenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP), sollen zudem das Angebot der israelischen Regierung zurückgewiesen haben, eine Spezialeinheit zur Unterstützung zu schicken. Solche unbestätigten Meldungen sind teils dahingehend interpretiert worden, dass die deutschen Behörden der Ansicht waren, die Angelegenheit selbst regeln zu können. Nach Aussage des damaligen bayerischen Innenministers, Bruno Merk, habe es jedoch weder so ein Angebot gegeben noch habe die israelische Spezialeinheit am selben Tag zum Einsatz kommen können. Die Geiselnehmer hätten unbedingt am selben Tag München verlassen wollen, um israelischen Spezialkräften keine Zeit zum Eingreifen zu lassen, die bereits am 9. Mai des Jahres einen palästinensischen Anschlag auf eine Sabena-Maschine in Tel Aviv verhindert hatten.

Zum Zeitpunkt des misslungenen Zugriffs durch reguläre Polizeikräfte gab es bei den Polizeien in Deutschland noch keine speziell für Anti-Terror-Einsätze trainierten Spezialeinsatzkommandos. Als Konsequenz wurde am 26. September 1972 im Auftrag des damaligen Bundesinnenministers Hans-Dietrich Genscher und unter der Leitung von Ulrich Wegener, Oberstleutnant im Bundesgrenzschutz, die Grenzschutzgruppe 9 als schlagkräftige Antiterror-Einheit aufgestellt. Im April 1973 meldete diese ihre Einsatzbereitschaft. Beobachtet und beraten durch israelische Anti-Terror-Spezialisten stellte die GSG 9 später die misslungene Befreiungsaktion von 1972 nach. Dabei stellte sich heraus, dass bei besserer Organisation wesentlich größere Erfolgschancen bestanden hätten.

Aufarbeitung in Deutschland

Die Geschehnisse in München und Fürstenfeldbruck hatten Folgen für die Innenpolitik Deutschlands. Eine Konsequenz war die größte Ausweisungswelle von Arabern in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Diese Ausweisungen, überwiegend von Palästinensern, hatten zunehmende Proteste im In- und Ausland zur Folge. Potenzielle palästinensische Terroristen konnten ohne größere Untersuchungen abgewiesen und entlassen werden. Auch die arabischen Vermittler, die beim Versuch der Befreiung der Geiseln in München und Fürstenfeldbruck mitgeholfen hatten, wurden nach wenigen Wochen abgelehnt. Viele palästinensische Organisationen wurden nach den Vorkommnissen verboten, darunter Studentenvereinigungen und Arbeiterverbände. Es waren also Palästinenser aus allen Schichten betroffen.

Eine weitere Folge waren verschärfte Kontrollen an den bundesdeutschen Grenzen und Flughäfen. Es wurde außerdem Kritik an den Ermittlungsstrategien der Polizei laut. So wurden zum Beispiel die Postbeamten, die die Terroristen beim Überqueren des Zauns zum olympischen Dorf beobachtet hatten, viel zu spät befragt. Dadurch erfuhren die Einsatzkräfte zu spät die tatsächliche Zahl der Geiselnehmer.

Die DDR hatte ein enges Verhältnis zur PLO und unterstützte Abu Daoud. Nachdem in Warschau ein Anschlag auf ihn verübt worden war, ließ sie ihn im Krankenhaus Berlin-Buch behandeln.

Am 7. Juni 1973 besuchte Willy Brandt als erster deutscher Bundeskanzler den Staat Israel. Das Attentat auf die israelischen Sportler in München war kein offizielles Gesprächsthema.

Zur Aufarbeitung der Ereignisse fordern Angehörige der ermordeten Sportler seit vielen Jahren, die noch unter Verschluss liegenden Akten der Behörden freizugeben. Bundeskanzlerin Merkel erklärte 2012 nach Pressemeldungen, sämtliche bei den Bundesbehörden noch vorhandenen Aktenbestände zum Olympia-Attentat 1972 sichten und so weit wie möglich freigeben zu lassen. Akten der bayerischen Landesbehörden sind hiervon nicht betroffen.

Jahrzehntelang gab es einen Streit um eine angemessene Entschädigung zwischen der deutschen Bundesregierung und den Hinterbliebenen des Attentats. Zwar wurde den Familien der Opfer 1972 und 2002 insgesamt 4,6 Millionen Euro ausgezahlt, aber nicht als Entschädigung mit deutschem Schuldeingeständnis, sondern deklariert als humanitäre Hilfsleistung. Vor der jährlichen Gedenkveranstaltung in Fürstenfeldbruck im September 2022 (siehe auch Abschnitt Gedenken), aus Anlass des 50. Jahrestages des Attentates, unterbreitete der deutsche Botschafter in Israel, Steffen Seibert, den Angehörigen nach Presseberichten ein Angebot über weitere 5,4 Millionen Euro. Ankie Spitzer, die Witwe des ermordeten Fechttrainers André Spitzer und Sprecherin der Hinterbliebenen, lehnte das Angebot ab: „Das ist kein Witz, das ist eine Beleidigung und ich bin nicht mehr bereit, weitere Beleidigungen zu ertragen. [...] Ich habe Präsident Steinmeier gesagt, er soll keine Bettler aus uns machen, denn wir sind es nicht. Wir fragen nur nach einer Entschädigung.“ Am 31. August 2022, wenige Tage vor der Gedenkveranstaltung, erzielte die deutsche Bundesregierung eine Einigung mit den Familien der Opfer. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit und der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum, der die Hinterbliebenen in den Verhandlungen vertrat, sprachen von einer „Gesamtkonzeption“. Dazu zählten „die Aufarbeitung der Geschehnisse durch eine Kommission deutscher und israelischer Historiker, die rechtskonforme Freigabe von Akten, die Einordnung und Übernahme von politischer Verantwortung im Rahmen der Gedenkveranstaltung sowie die Bereitstellung weiterer Anerkennungsleistungen durch den Bund, durch das Land Bayern und durch die Stadt München“. Eine Entschädigungssumme wurde offiziell nicht genannt. Nach Presseberichten beläuft sich der Betrag auf circa 28 Millionen Euro.

Vermutungen, Thesen, offene Fragen

Da die Körper der israelischen Geiseln stark verbrannt waren, ließ sich nie mit letzter Sicherheit klären, ob alle von den Terroristen oder ob Einzelne versehentlich von Polizisten erschossen wurden. Eine Untersuchung der bayerischen Polizei schloss Letzteres nicht völlig aus.

Der Münchner Kriminalpsychologe Georg Sieber will im Vorfeld der Olympischen Spiele unter anderem das Szenario eines PLO-Attentats entwickelt haben, dem das spätere Attentat ziemlich genau entsprochen habe. Dies berichtete er in dem Dokumentarfilm 1972. Darin macht er außerdem den israelischen Staat für das Scheitern der Geiselbefreiung verantwortlich. Dessen Vertreter hätten im Hintergrund die Operationen geleitet, während die deutschen Behörden bloße Befehlsempfänger gewesen seien.

Der ehemalige Bundesnachrichtendienst-Mitarbeiter Norbert Juretzko behauptete in der ZDF-Dokumentation München ’72 – die Dokumentation, dass Spezialkräfte des BND zur Befreiung der Geiseln bereitgestanden hätten. Der Journalist Wilfried Huismann bestätigt Juretzkos Behauptung und berief sich dabei auf ein unbenanntes Mitglied dieser Einheit. Dieses soll gesagt haben: „Wir waren uns sicher, dass wir mit den Palästinensern fertig werden. Wir waren darauf vorbereitet und wir wollten es machen.“

Ob die PLO-Führung unter Jassir Arafat über die Geiselnahme informiert war, bleibt umstritten. Der Anführer der Geiselnehmer, Abu Daoud, behauptete 1991 in seinen Memoiren Palestine: De Jérusalem à Munich, er habe Arafat vorab von seinem Vorhaben in Kenntnis gesetzt, worauf dieser erwidert habe: „Allah schütze euch“. Außerdem gab er an, der heutige Palästinenserpräsident Mahmud Abbas habe das Geld für das Attentat zur Verfügung gestellt. In späteren Interviews widersprach Daoud diesen Aussagen jedoch, bestätigte aber, dass seine Gruppe von der PLO finanziert wurde.

Gedenken

Yael Arad, die erste Israelin, die jemals bei Olympischen Spielen eine Medaille gewann, widmete ihre Silbermedaille 1992 bei den Spielen in Barcelona den ermordeten Geiseln von München. Der stellvertretende Außenminister Danny Ayalon versuchte in einer Kampagne im Vorfeld der Spiele von 2012 das IOC dazu zu bewegen, angesichts des 40. Jahrestages des Massakers bei der Eröffnungsfeier in London eine Schweigeminute für die Opfer einzulegen. Diese Bitte wurde abgelehnt.

Das Denkmal für die Opfer des Olympiaattentats 1972 des deutschen Bildhauers Fritz Koenig (1924–2017) wurde am 27. September 1995 im Olympiapark aufgestellt. Der Freistaat Bayern errichtete, unterstützt von der Landeshauptstadt München, dem Deutschen Olympischen Sportbund und dem Internationalen Olympischen Komitee den Erinnerungsort Olympia-Attentat (Einschnitt), einen Multimediapavillon zu den Lebensläufen der Opfer und dem Tathergang, der am 6. September 2017 im Olympiapark in einer Zeremonie mit den Familien der Opfer mit eröffnet wurde. Davor kam es jedoch zu starker Opposition seitens der Bewohner des olympischen Dorfes gegen den erst vorgesehenen Ort der Erinnerungsstätte auf dem sogenannten Connollyberg. Ein ehemaliger Bewohner des olympischen Dorfes, der jüdische Journalist Daniel Zylbersztajn, hatte die Opposition dagegen stark kritisiert. Auch hieß es, dass bei der Eröffnungsfeier ein Versuch bestanden hätte, Kosten zu sparen.

In Fürstenfeldbruck fand erstmals zum 25. Jahrestag 1997 eine Gedenkveranstaltung für die Opfer, deren Angehörige und die Überlebenden statt. Seit der Einweihung der Gedenkstätte vor dem Haupttor des Fliegerhorstes in Fürstenfeldbruck 1999 findet jedes Jahr am 5. September eine Gedenkveranstaltung statt. Anlässlich der vom Landkreis Fürstenfeldbruck ausgerichteten Veranstaltung zum 40. Jahrestag 2012 waren erstmals Angehörige der Opfer und überlebende Sportler im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck, an dem Ort, an dem ihre Familienangehörigen bzw. Sportkameraden ums Leben kamen.

Zum 50. Jahrestag 2022 gedachten Angehörige der Opfer, im Beisein des israelischen Staatspräsidenten Jitzchak Herzog und des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, im Olympiapark München und im Fliegerhorst Fürstenfeldbruck im Rahmen eines Staatsaktes.

Filme

Das Olympia-Attentat und die darauf folgenden israelischen Vergeltungsaktionen sind Gegenstand sowohl zahlreicher Dokumentar- als auch einer Reihe von Spielfilmen.

Dokumentationen

Spielfilme

Literatur

  • Matthias Dahlke: Der Anschlag auf Olympia ’72. Die politischen Reaktionen auf den internationalen Terrorismus in Deutschland. Martin Meidenbauer Verlag, München 2006, ISBN 3-89975-583-9
  • Roman Deininger, Uwe Ritzer: Die Spiele des Jahrhunderts. Olympia 1972, der Terror und das neue Deutschland, dtv, München 2021, ISBN 978-3-423-28303-8
  • Sven Felix Kellerhoff: Anschlag auf Olympia. Was 1972 in München wirklich geschah. wbg Theiss, Darmstadt 2022. ISBN 978-3-8062-4420-5.
  • Ferdinand Kramer: Das Attentat von München. In: Alois Schmid, Katharina Weigand: Bayern nach Jahr und Tag. 24 Tage aus der Bayerischen Geschichte. C. H. Beck Verlag, München 2007, ISBN 978-3-406-56320-1, S. 400–414.
  • Angela Libal: Zwölf Monate – Zwölf Namen. Twelve Months–Twelve Names – 50 Jahre Olympia-Attentat München. 50 Years Olympic Massacre Munich, Hentrich & Hentrich, Berlin/Leipzig 2022, ISBN 978-3-95565-578-5.
  • Simon Reeve: Ein Tag im September. Die Geschichte des Geiseldramas bei den Olympischen Spielen in München 1972. Heyne Verlag, 2006, ISBN 3-453-50012-1.
  • Kay Schiller: The 1972 Munich Olympics and the Making of Modern Germany. University of California Press, Berkeley/Los Angeles 2010, ISBN 978-0-520-26213-3.
Commons: Munich massacre – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. https://www.tagesschau.de/inland/olympia-attentat-deutschland-entschaedigung-opfer-103.html, abgerufen am 14. September 2022.
  2. Rückschau: Vom Traum zum Terror. Dokumentarfilm-Besprechung, ARD online, 15. Juli 2012
  3. Aaron J. Klein: Striking Back: The 1972 Munich Olympics Massacre and Israel's Deadly Response. Random House, New York 2007.
  4. „Natürlich erzeugt Gewalt Gegengewalt“, Interview mit Abou Daoud, taz vom 3. Februar 2006.
  5. Roman Deininger, Uwe Ritzer: Die Spiele des Jahrhunderts. Olympia 1972, der Terror und das neue Deutschland, dtv, München 2021, S. 383f
  6. »Von der Verantwortung verabschiedet«, Interview mit Bettina Röhl, Jüdische Allgemeine vom 27. April 2006
  7. Willi Winkler: Keine Reue für das Blutbad von München. Nachruf auf Abu Daoud in Süddeutsche Zeitung vom 5. Juli 2010, S. 7.
  8. Harvey W. Kushner: Munich Olympic Massacre. In: derselbe: Encyclopedia of Terrorism. Sage Publications, Thousand Oaks / London / Neu-Delhi 2003, S. 249.
  9. 1 2 Dr. Schreck und die Neonazis, Der Spiegel, 7. September 1981, abgerufen am 24. Juli 2012.
  10. 1 2 Deutsche Neonazis halfen Olympia-Attentätern, Der Spiegel, 17. Juni 2012, abgerufen am 27. Juli 2012.
  11. 1 2 Jewish News Archive, 4. April 1974: Two Sentenced in Terrorist Trial, abgerufen am 27. Juli 2012.
  12. Willi Pohl unter dem Pseudonym E.W. Pless: Geblendet. Aus den authentischen Papieren eines Terroristen Schweizer Verlagshaus, Zürich 1979. ISBN 3-7263-6217-7; zitiert nach Dr. Schreck und die Neonazis, Der Spiegel, 7. September 1981
  13. Sven Felix Kellerhoff: Neonazi-Spur beim Olympia-Attentat 1972, Die Welt vom 17. Juni 2012, abgerufen am 24. Juli 2012.
  14. Attentat auf Olympia 1972 „Ich wollte gewinnen, möglichst effektiv“, FAZ vom 21. Juli 2012, abgerufen am 26. Juli 2012.
  15. Sam Borden: Long-Hidden Details Reveal Cruelty of 1972 Munich Attackers. The New York Times, 1. Dezember 2015.
  16. Olympia-Attentat 1972: Israelische Witwen berichten über Grausamkeiten der Terroristen. In: Spiegel Online, 1. Dezember 2015.
  17. Olympia 1972: Genscher bestreitet Foltervorwürfe gegen palästinensische Terroristen. In: Spiegel Online, 4. Dezember 2015
  18. Harvey W. Kushner: Munich Olympic Massacre. In: derselbe: Encyclopedia of Terrorism. Sage Publications, Thousand Oaks / London / Neu-Delhi 2003, S. 248.
  19. Eva Oberloskamp: Das Olympia-Attentat 1972. Politische Lernprozesse im Umgang mit dem transnationalen Terrorismus. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 60, Heft 3 (2012), S. 321–352, hier S. 323, Anm. 10.
  20. Anna Greithanner, Dominik Aufleger, Robert Wolff: Andreas Baader, Ulrike Meinhof und hunderte Palästinenser:innen? Das Olympia-Attentat 1972. Zeitgeschichte-online, 15. Juli 2022, abgerufen am 18. Oktober 2022.
  21. Hans-Dietrich Genscher: Erinnerungen. Siedler Verlag, Berlin 1995, S. 148 ff.
  22. Eva Oberloskamp: Das Olympia-Attentat 1972. Politische Lernprozesse im Umgang mit dem transnationalen Terrorismus. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 60, Heft 3 (2012), S. 321–352, hier S. 324.
  23. münchen-film.de (Memento vom 21. März 2012 im Internet Archive)
  24. www.archives.gov.il: (PDF; 2,6 MB) (Memento vom 1. September 2012 im Internet Archive)
  25. Neil Amdur: Ladany, an Ultimate Survivor, Recalls Painful Memories, in NYT, 13. Juli 2008
  26. Harvey W. Kushner: Munich Olympic Massacre. In: derselbe: Encyclopedia of Terrorism. Sage Publications, Thousand Oaks/London/Neu-Delhi 2003, S. 248.
  27. München ’72: Tod und Spiele – Zorn (4). Bayerischer Rundfunk, 19. August 2022, abgerufen am 23. August 2022.
  28. Death of a Terrorist. In: Time. 5. Februar 1979
  29. Interview mit dem damaligen bayerischen Innenminister Bruno Merk auf sueddeutsche.de
  30. ZDF: Der Olympia-Mord
  31. Abu Daoud in der ZDF-Dokumentation Der Olympia-Mord über sein Leben in der DDR
  32. Merkel will Akten zum Olympia-Attentat freigeben; Frankfurter Rundschau vom 5. Oktober 2012
  33. Olympia-Attentat München 1972: eine Wunde, die auch nach fünfzig Jahren nicht verheilt ist. In: nzz.ch. Neue Zürcher Zeitung, 15. August 2022, abgerufen am 15. November 2022.
  34. 1 2 deutschlandfunk.de: Olympia-Attentat von München 1972 - Ankie Spitzer: "Wollen eine Entschädigung, die nicht lächerlich ist". Abgerufen am 15. November 2022.
  35. Einigung über Entschädigung für Olympia-Attentat erzielt. Abgerufen am 15. November 2022.
  36. Siehe auch: „Ich werde heute noch für Palästina sterben“: Der Spiegel vom 11. September 1972, abgerufen am 10. September 2012.
  37. Von verschwundenen Akten und wiedergekehrten Erinnerungen, Susanne Härpfner in telepolis, 2008.
  38. Kritisch dazu Deutschlandradio: Zeitgeschichte aus filmkünstlerischer Perspektive (2008), abgerufen am 10. September 2012
  39. Bei Tagesschau.de wird Sieber nicht namentlich erwähnt, hier heißt es nur, dass laut „Spiegel“ die Unterlagen „eines Polizeipsychologen“ verschwunden seien, „der beim Erstellen des Sicherheitskonzepts für die Spiele auch einen Überfall eines palästinensischen Terrorkommandos auf das Olympiadorf skizziert hatte.“ (aktueller Beitrag von 2012 (Memento vom 24. Juli 2012 im Internet Archive), abgerufen am 10. September 2012.)
  40. Siehe auch den aktuellen Beitrag im „Stern“, Die blutigen olympischen Spiele von 1972 (Memento vom 8. April 2014 im Internet Archive), Stern vom 5. September 2012
  41. Tina Angerer: Olympia 1972: So packend war die ZDF-Doku. In: Abendzeitung, 19. März 2012. Abgerufen am 2. April 2012.
  42. Video Uli Weidenbach: „München ’72 – die Dokumentation“ (ab 18:30 Min.) in der ZDFmediathek, abgerufen am 26. Januar 2014. (offline)
  43. Harvey W. Kushner: Munich Olympic Massacre. In: derselbe: Encyclopedia of Terrorism. Sage Publications, Thousand Oaks/London/Neu-Delhi 2003, S. 249.
  44. Fatima Shihabi: „Natürlich erzeugt Gewalt Gegengewalt“. Interview mit Abou Daoud, taz vom 3. Februar 2006
  45. SPIEGEL TV: Olympia-Attentat 1972 – Die Rache des Mossad, 2006
  46. Newsletter der israelischen Botschaft in der Schweiz: Sondernewsletter 07: Sport in Israel vom 31. Juli 2012, abgerufen am 11. Juni 2014.
  47. Michael Kubitza, Bayerischer Rundfunk: Erinnerung an die „Olympiade des Blutes.“ Die Olympia-Gedenkstätte ist eröffnet | BR.de. 6. September 2017 (archive.org [abgerufen am 14. August 2018]).
  48. muenchen.de: Denkmal für die Opfer des Olympia-Attentats offiziell eröffnet. Abgerufen am 13. August 2018.
  49. "Games must go on: An diesen Satz wird sich die Welt in ewiger Schande erinnern". In: sueddeutsche.de. 6. September 2017, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 13. August 2018]).
  50. Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R.: München: Den Opfern ein Gesicht geben | Jüdische Allgemeine. Abgerufen am 4. September 2017 (englisch).
  51. Memorial Center to 1972 Olympic  Terror. A reflection on its opening. In: dzx2.net - Daniel D. Z. Zylbersztajn. 2. Januar 2018 (dzx2.net [abgerufen am 13. August 2018]).
  52. Nicole Graner, Kassian Stroh: Gedenk-Gezänk im Olympiadorf. In: sueddeutsche.de. 2015, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 13. August 2018]).
  53. Michael Kubitza, Bayerischer Rundfunk: 45 Jahre nach den Terror-Spielen 1972: Der schwierige Weg zur Olympia-Gedenkstätte | BR.de. 6. September 2017 (br.de [abgerufen am 13. August 2018]).
  54. Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R.: Attentat 1972: Haltestelle Olympiapark | Jüdische Allgemeine. Abgerufen am 13. August 2018 (englisch).
  55. EdgeHist: On the Difficulties of Memorialising Jewish Victims in Europe: Munich, 1972. 6. März 2015, abgerufen am 13. August 2018.
  56. Demokratieverständnis Rodelberg. In: dzx2.net - Daniel D. Z. Zylbersztajn. 8. Januar 2015 (dzx2.net [abgerufen am 13. August 2018]).
  57. Frederik Schindler: Kolumne Geht’s noch: Billiges Gedenken. In: Die Tageszeitung: taz. 26. August 2017, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 13. August 2018]).
This article is issued from Wikipedia. The text is licensed under Creative Commons - Attribution - Sharealike. Additional terms may apply for the media files.