Pardaliscidae

Pardalisca cuspidata

Systematik
Unterstamm: Krebstiere (Crustacea)
Klasse: Höhere Krebse (Malacostraca)
Überordnung: Ranzenkrebse (Peracarida)
Ordnung: Flohkrebse (Amphipoda)
Unterordnung: Gammaridea
Familie: Pardaliscidae
Wissenschaftlicher Name
Pardaliscidae
Boeck, 1871

Die Pardaliscidae sind eine Familie innerhalb der Ordnung der Flohkrebse (Amphipoda). Die Vertreter der Familie besetzen ökologische Nischen der marinen Lebensräume, darunter die tiefsten Stellen der Weltmeere, das Abyssal und Hadal der Tiefsee.

Merkmale

Die Arten der Familie Pardaliscidae ähneln anderen Vertretern der Unterordnung Gammaridea durch ihren langgestreckten und seitlich abgeflachten Körperbau. Sie sind je nach Art 0,8 bis 5,6 Zentimeter lang. Ein Geschlechtsunterschied zeigt sich in der Form der ersten Antennen, die bei den Männchen wesentlich größer sind als bei den Weibchen.

Die meisten Gattungen besitzen keine Augen, da sie in der lichtlosen Tiefsee oder in Meereshöhlen keine Möglichkeit zur optischen Wahrnehmung haben. Bei vielen Arten bilden die Männchen ein mit Chemorezeptoren versehenes Sinnesorgan an den ersten Antennen aus, das Callynophore genannt wird. Da es in den meisten Fällen nur bei geschlechtsreifen Männchen auftritt, wird vermutet, dass es zur Suche nach Weibchen eingesetzt werden kann. Bei einigen Gattungen der Pardaliscidae haben aber beide Geschlechter Callynophoren. Damit könnten sie Nahrung oder im Fall semiparasitischer Lebensweise Wirtstiere wahrnehmen.

Die Coxen sind im Gegensatz zu den verwandten Familien Stilipedidae und Iphimediidae meist sehr kurz. Das Rostrum ist gut entwickelt. Einige Arten wie beispielsweise Parahalice mirabilis sind durch die Reduktion des Mandibularpalpus und die teilweise Reduktion des Maxillarfußes charakterisiert. Dafür ist die Subchela der Peraeopoden III bis VII gut ausgebildet. Diese Merkmale, die auch bei einigen Lysianassidae zu finden sind, weisen auf eine semiparasitische Lebensweise hin. Die subchelaten Peraeopoden dienen zum Anklammern an die Wirtstiere.

Lebensweise

Über die Lebensweise der Tiefseeformen ist wenig bekannt. Zwei Arten wurden von unterseeischen Hydrothermalquellen beschrieben. Halice hesmonectes kommt in Schwärmen auf Hydrothermalfeldern entlang des Pazifischen Rückens vor. Es wird angenommen, dass diese Schwarmbildung weniger mit der Paarung und Reproduktion als mit dem Nahrungserwerb zu tun hat, für den chemosynthetische Bakterien an den kalten Quellen die energetische Grundlage liefern.

Systematik und Taxonomie

Die Familie Pardaliscidae wurde von Axel Boeck in seinem 1871 in Oslo in lateinischer Sprache erschienenen Werk Crustacea amphipoda borealia et arctica erstmals beschrieben. Als Typus wählte er den von Henrik Nikolai Krøyer 1842 aus dem Nordatlantik zwischen Grönland und Spitzbergen beschriebenen Flohkrebs Pardalisca cuspidata. Der Familie fügte er auch die von Magnus Ragnar Bruzelius 1859 beschriebene Gattung Nicippe mit der Art Nicippe tumida hinzu und beschrieb die neue Gattung Halice mit Halice abyssi.

Forschungsgeschichte

Die ersten Gattungen und Arten der Pardaliscidae wurden im 19. Jahrhundert aus den Fjorden und Küstengewässern Norwegens beschrieben, wo sie in großen Tiefen vorkommen. Aus dieser Zeit stammen Benennungen mit dem Artepitheton abyssi, beispielsweise Pardalisca abyssi Boeck, 1871 aus der Nordsee vor Haugesund und Halice abyssi Boeck, 1871 aus dem Hardangerfjord.

Schon bei einer der ersten Tiefsee-Expeditionen, der Challenger-Expedition 1872 bis 1876, wurde mit Pardaliscoides tenellus im Südpazifik vor Chile eine weitere Art der Flohkrebse aus der Familie Pardaliscidae entdeckt. Bei der Erforschung der Tiefseegräben wurden immer wieder neue Arten beschrieben. Flohkrebse aus Proben der Galathea-Expedition, die 1951 den Philippinen- und den Kermadecgraben vermessen hatte, konnten ebenfalls den Pardaliscidae zugeschrieben werden. Zwei neue Arten wurden von Erik Dahl als Princaxelia abyssalis (aus bis zu 8300 Metern Tiefe im Kermadecgraben) und Pardaliscoides longicaudatus (aus bis zu 10.000 Metern Tiefe im Philippinengraben) beschrieben. Aus dem Pelagial des Indischen Ozeans stammt die Gattung Parahalice mit der Typusart Parahalice mirabilis. Sie wurde bei einer Expedition des russischen Forschungsschiffs Witjas entdeckt.

Im 21. Jahrhundert stammen Neuentdeckungen aus der Antarktis oder dem Japan-Graben.

Gattungen

Die Familie umfasst 22 Gattungen mit 73 Arten:

Stand: 15. August 2015

  • Andeepia Biswas, Coleman & Hendrycks, 2009
  • Antronicippe Stock & Illife, 1990
  • Arculfia Barnard, 1961
  • Caleidoscopsis G. Karaman, 1974
  • Epereopus Mills, 1967
  • Halice Boeck, 1871
  • Halicella Schellenberg, 1926
  • Halicoides Walker, 1896
  • Macroarthrus Hendrycks & Conlan, 2003
  • Necochea Barnard, 1962
  • Nicippe Bruzelius, 1859
  • Octomana Hendrycks & Conlan, 2003
  • Parahalice Birstein & M. Vinogradov, 1962
  • Pardalisca Krøyer, 1842
  • Pardaliscella Sars, 1893
  • Pardaliscoides Stebbing, 1888
  • Pardaliscopsis Chevreux, 1911
  • Parpano J. L. Barnard, 1964
  • Princaxelia Dahl, 1959
  • Rhynohalicella G. Karaman, 1974
  • Spelaeonicippe Stock & Vermeulen, 1982
  • Tosilus J. L. Barnard, 1966
  • Pardisynopia Barnard, 1961 wurde mit Halicoides Walker, 1896 synonymisiert. Synopioides Stebbing, 1888 wurde mit der Gattung Halice Boeck, 1871 vereinigt.

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 J. A. Birstein & M. E. Vinogradov: Notes on the family Pardaliscidae (Amphipoda) with the description of a new genus. Crustaceana, 3, 4, S. 249–258, 1962 doi:10.1163/156854062X00490
  2. J. K. Lowry: The callynophore, a eucaridan/peracaridan sensory organ prevalent among the Amphipoda (Crustacea). Zoologica Scripta, 15, 4, S. 333–349, Oktober 1986 Abstract
  3. M. Sheader, C. L. Van Dover & T. M. Shank: Structure and function of Halice hesmonectes (Amphipoda: Pardaliscidae) swarms from hydrothermal vents in the eastern Pacific. Marine Biology, 136, 5, S. 901–911, Juni 2000
  4. 1 2 Axel Boeck: Crustacea amphipoda borealia et arctica. Forhandlinger i Videnskabs-Selskabet i Christiania for 1870, S. 83–280, 1871, S. 150–153
  5. T. R. R. Stebbing: Report on the amphipoda collected by H.M.S. Challenger during the years 1873–1876. In: Report on the Scientific results of the Voyage of H.M.S. Challenger during the years 1873–76. Zoology, 29, S. 1–1737, 1888
  6. Erik Dahl: Amphipods from depths exceeding 6000 meters. Galathea Report, 1, S. 211–241, 1959
  7. Tapati Biswas, Charles Oliver Coleman, Ed A. Hendrycks: Andeepia ingridae a new genus and species of Pardaliscidae (Crustacea, Amphipoda) from the Antarctic deep-sea and short redescription of Nicippe unidentata K. H. Barnard, 1932. Zootaxa, 1977, S. 21–38, 2009
  8. Anne-Nina Lörz: Trench treasures: the genus Princaxelia (Pardaliscidae, Amphipoda). Zool. baetica, 21, S. 65–84, 2010
  9. Claude De Broyer & T. Horton: Pardaliscidae. In: T. Horton, J. Lowry & Claude De Broyer: World Amphipoda Database, World Register of Marine Species, 2015, abgerufen am 20. August 2015
  10. Anne-Nina Lörz & Kareen Schnabel: A new amphipod Nicippe rogeri sp. nov. (Crustacea, Pardaliscidae) from New Zealand’s deep sea. Zootaxa, 3995, 1, S. 84–90, August 2015 doi:10.11646/zootaxa.3995.1.11

Literatur

  • Axel Boeck: Crustacea amphipoda borealia et arctica. Forhandlinger i Videnskabs-Selskabet i Christiania for 1870, S. 83–280, 1871 (Erstbeschreibung)
  • H. G. Andres: Nicippe buchi, n. sp., ein Pardaliscide aus einem Lavatunnel auf Lanzarote (Amphipoda, Crustacea). Mitteilungen aus dem Hamburgischen Zoologischen Museum und Institut, 72, 91–95, 1975
  • K. H. Barnard: Amphipoda. Discovery Report, 5, 1–326, 1932
  • J. L. Barnard: Gammaridean Amphipoda from depths of 400 to 6000 meters. Galathea Report, 5, 23–128, 1961
  • T. R. R. Stebbing: Report on the amphipoda collected by H.M.S. Challenger during the years 1873–1876. In: Report on the Scientific results of the Voyage of H.M.S. Challenger during the years 1873–76. Zoology, 29, S. 1–1737, 1888
  • Claude De Broyer, Mark Costello & Denise Bellan-Santini: Pardaliscidae. In: T. Horton, J. Lowry & Claude De Broyer: World Amphipoda Database, World Register of Marine Species, 2013–2015, abgerufen am 20. August 2015
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