Paul Felix Graetz (* 4. August 1889 in Berlin; † 16. Februar 1937 in Hollywood) galt in den 1920er Jahren als bedeutender Komiker in der Theater- und Kabarettszene Berlins. Er war auch Filmschauspieler.

Leben

Paul Graetz wurde 1889 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie geboren. Graetz begann seine Schauspielerlaufbahn 1911 beim Neuen Theater in Frankfurt am Main. 1916 wechselte er zum Deutschen Theater nach Berlin, wo er unter dem Regisseur Max Reinhardt im Kaufmann von Venedig debütierte. 1919 war Graetz an einer Wiederbelebung des Kabaretts Schall und Rauch beteiligt, er brachte dort Stücke von Kurt Tucholsky und Walter Mehring auf die Bühne. 1925 schied Graetz aus dem Ensemble des Deutschen Theaters aus und arbeitete als freier Film- und Bühnenschauspieler. 1928 trat er im Kabarett der Komiker und im Alt-Bayern auf. Paul Graetz gehörte in Deutschland zu den ersten Künstlern, die im Tonfilm mitwirkten. Im August 1928 kam ein erster Tonfilm-Sketch mit ihm in der Hauptrolle in die Kinos. Weitere Kurzfilme wie „100 Worte Tonfilm“ (1929) folgten.

Am 18. Januar 1930 gelangte Sturm über Berlin zur Aufführung, zu den beteiligten Künstlern zählten neben Graetz auch Ernst Busch, Rosa Valetti und Karl Valentin. 1931 trat Graetz noch einmal in einer Aufführung von Max Reinhardt auf, der Inszenierung von Hoffmanns Erzählungen im Großen Schauspielhaus. Im Film verkörperte er meist komische und groteske Charaktere. Noch im Januar 1933, kurz vor der „Machtergreifung“, nahm Graetz in einem Tonstudio Augen der Großstadt von Kurt Tucholsky auf.

Paul Graetz floh am 28. Februar 1933 vor den Nationalsozialisten nach England. Seine jüdische Herkunft und die Kritik am Nationalsozialismus, die er in seinen Stücken zum Ausdruck brachte, drohten ihm unter den neuen Machthabern zum Verhängnis zu werden. In London lernte er intensiv Englisch und übernahm zunächst kleine Filmrollen. 1934 spielte er an der Seite des noch unbekannten Errol Flynn in Murder at Monte Carlo. Auch in der britischen Verfilmung Jew Süss hatte er eine Rolle. Ebenfalls in England entstand 1935 Mr. Cohen Takes a Walk mit Paul Graetz in der Titelrolle, der einzige Film mit ihm in der Hauptrolle. Im Dezember 1935 reiste er weiter nach New York und später nach Hollywood. Dort erhielt er Rollen in einigen B-Filmen. Im Februar 1937, kurz vor dem Beginn der Dreharbeiten zu dem Film Maria Walewska, verstarb Graetz im Alter von nur 47 Jahren.

Erhalten ist von ihm unter anderem seine Lesung Heimweh nach Berlin als etwa zwei Stunden langes Tondokument.

Zeitgenössische Rezeption

(Quelle: )

„Urberliner mit leicht angeheiserter eiserner Schnauze“

Arnold Bronnen

Ihm gelänge das Wagnis, „inmitten volkstümlichen Ulks die bitter-ernste Zäsur eines leidenschaftlichen pazifistischen Appells aufzurichten…“

Max Herrmann-Neiße

Tonaufnahmen

CD1: Chansons und Texte von Paul Graetz, Friedrich Hollaender, Walter Mehring, Kurt Tucholsky u. a.
CD2: ...und wo hab ick Murmeln jespielt?. Feature über Paul Graetz von Volker Kühn.

Filmografie

Literatur

  • Klaus Budzinski, Reinhard Hippen: Metzler-Kabarett-Lexikon. Metzler, Stuttgart u. a. 1996, ISBN 3-476-01448-7.
  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 239 f.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 3: F – H. John Barry Fitzgerald – Ernst Hofbauer. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3.
  • Kay Weniger: ‘Es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben …’. Lexikon der aus Deutschland und Österreich emigrierten Filmschaffenden 1933 bis 1945. Eine Gesamtübersicht. ACABUS-Verlag, Hamburg 2011, ISBN 978-3-86282-049-8, S. 206 f.

Einzelnachweise

  1. Landesarchiv Berlin, Geburtsregister Standesamt Berlin VI, Nr. 1773/1889
  2. Sprech- und Tonfilm, in: Vossische Zeitung, 19. August 1928, S. 21
  3. Im Unterschied zum späteren deutschen Propagandafilm Jud Süß handelte es sich um eine direkte Adaption des gleichnamigen Feuchtwanger-Romans.
  4. Österreichisches Filmmuseum: Jew Süss (1934)
  5. Schall und Rauch. Reprint einer Programmzeitschriften-Folge des gleichnamigen Max-Reinhardt-Kabarett in Berlin. Buchverlag Der Morgen, Berlin, 1985 (Biographische Notizen, S. 24)
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