Pio Manzù (eigentlich Pio Manzoni, * 2. März 1939 in Bergamo; † 26. Mai 1969 in Brandizzo) war ein italienischer Designer und Absolvent der HfG Ulm. Er ist vor allem mit dem Fiat 127 als Automobildesigner bekannt geworden, in Deutschland zudem mit der Studie Autonova fam, hat aber auch Einrichtungsgegenstände entworfen.

Leben

Ausbildung

Pio Manzù war der Sohn des Bildhauers Giacomo Manzù. Er ging nach dem Abitur an die HfG Ulm und spezialisierte sich dort bei dem argentinischen Designer und Philosophen Tomás Maldonado auf Produktdesign. Nach seinem Abschluss 1964 blieb er noch eine Zeit lang als Assistent an der Hochschule. In dieser Zeit entwarf er eine Reihe von Einrichtungsgegenständen und veröffentlichte Artikel und Zeichnungen zum aktuellen Automobildesign.

Autonova

1965 gründete Manzù mit Fritz B. Busch und Michael Conrad das Design- und Entwicklungsbüro Autonova, um Design mit den neusten Erkenntnissen über Materialien und Fertigungstechnik zu verbinden. Man fand insbesondere mit der Studie Autonova fam viel Beachtung, vor allem bemerkte der Fiat-Entwicklungsleiter Dante Giacosa die Aktivitäten und war an einer Zusammenarbeit mit Manzù interessiert.

Einrichtungsgegenstände

Bekannte Einrichtungsgegenstände von Pio Manzù sind die Cronotime-Tischuhr für Ritz Italora (später Alessi), der Schreibtisch-Organizer für Kartell (Contenitori 4643) und die Parentesi-Leuchte für den italienischen Leuchtenhersteller Flos, die er 1969 zusammen mit Achille Castiglioni entwarf.

Fiat

Dante Giacosa befürchtete Misstrauen gegenüber Pio Manzù im Centro Stile Fiat, weil es externen Designern häufig an Kenntnissen über den Produktionsprozess mangele. Das erste Projekt beseitigte aber diese Befürchtungen.

Fiat 850 City Taxi

In den Fiat 850 City Taxi flossen die Ideen des Autonova fam ein. Dieser Studie folgte kein Serienwagen, die Grundzüge des Designs, speziell die Heckansicht fanden sich jedoch einige Zeit später im Fiat 126 wieder. Es sollte sich um einen Nachfolger des Fiat 600 Multipla handeln, der häufig als Taxi eingesetzt worden war. Das City Taxi war aber asymmetrisch aufgebaut: es besaß links nur die Fahrertür und rechts nur eine große Schiebetür. Neben dem Fahrersitz befand sich ein Abstellplatz für Gepäck, so wie es vom London Taxi bekannt war. Ein an dieser Stelle befindlicher Klappsitz sollte aber alternativ die Mitnahme eines vierten Fahrgasts ermöglichen.

Das Armaturenbrett reichte bis weit nach rechts, so dass es vor dem Fahrer die rechteckige Instrumenteneinheit aufnehmen konnte und auf der anderen Seite das Taxameter. Im Fond befand sich eine Rücksitzbank für drei Fahrgäste und die Heckscheibe konnte man aufklappen, um an die Ablage über den Motor zu gelangen. Eine Besonderheit stellten auch die Scheibenwischer dar, um eine genügend große Wischfläche für die hohe Scheibe zu erreichen stand der fahrerseitige Wischerarm in Ruhestellung senkrecht. Des Weiteren befand sich das Mikrophon für das Funkgerät in der Sonnenblende und eine Kathodenstrahlröhre für ein Fernsehgerät in der Mitte des Armaturenbretts. Die Antriebseinheit hat man vom Fiat 850 Idroconvert übernommen, den es bereits seit dem Genfer Auto-Salon 1966 im Fiat-Programm gab. Sie besaß also ein halbautomatisches Getriebe mit Drehmomentwandler vom Zulieferer Ferodo.

Die Studie wurde in Orange auf dem Turiner Autosalon 1968 vorgestellt, die Farbe war für Taxis noch ungewöhnlich und sollte den Wagen im Großstadtverkehr gut erkennbar machen.

Fiat 127

Das 850 City Taxi überzeugte Giacosa, so dass er Pio Manzù mit dem Entwurf zum Fiat 127 beauftragte, einem Kompaktwagen, der für Fiat in den 1970er Jahren größte Bedeutung hatte und auch in Deutschland außerordentlich erfolgreich war. Der 127 wurde zum Auto des Jahres 1972 gewählt und über 5 Mio.-mal gebaut, mit Lizenzbauten sogar 8 Mio.-mal. Es war nach dem 128 der zweite Fiat mit Frontantrieb. Im zweiten Produktionsjahr bekam er dann noch – als erste Fiat-Limousine – einen variablen Innenraum mit großer Heckklappe.

Tod

Am 26. Mai 1969 sollte der endgültige Entwurf des Fiat 127 in Turin dem Vorstand präsentiert werden. Pio Manzù war mit dem Fiat 500 seiner Frau auf dem Weg dorthin, als er in der Nähe der Mautstelle Brandizzo von der Autobahn abfuhr und verunglückte. Er war vermutlich beim Fahren eingeschlafen, konnte noch lebend aus dem Wrack befreit werden, starb dann aber im Krankenwagen.

1969 war Pio Manzù der einzige nicht französische Juror, der vom Musée des Arts Décoratifs in die Kommission aufgenommen wurde, um Exponate für die Ausstellung „Bolide Design“ im Louvre auszuwählen, es ging dabei um Renn- und Supersportwagen. Die übrigen Mitglieder waren François Mathey, Roger Tallon, Jean-Paul Riopelle, Jean Tinguely, Victor Vasarely und Robert Delpire. Pio Manzù konnte diese Aufgabe aber nicht mehr wahrnehmen.

Commons: Pio Manzù – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Pio Manzù an der HfG. Abgerufen am 3. Januar 2023.
  2. Cronotime. Abgerufen am 3. Januar 2023.
  3. Contenitori 4643. Abgerufen am 3. Januar 2023 (italienisch).
  4. Pio Manzù. Abgerufen am 3. Januar 2023.
  5. Fiat 850 City Taxi. Abgerufen am 3. Januar 2023.
  6. Fiat 850 City Taxi. Abgerufen am 3. Januar 2023 (englisch).
  7. Fiat 850 City Taxi. Abgerufen am 3. Januar 2023.
  8. Fiat 850 City Taxi. Abgerufen am 3. Januar 2023 (englisch).
  9. Fiat 850 City Taxi. Abgerufen am 3. Januar 2023 (englisch).
  10. Die Welt: Artikel über den Fiat 127. Abgerufen am 3. Januar 2023.
  11. Autobild: Artikel über den Fiat 127. Abgerufen am 3. Januar 2023.
  12. Artikel über Pio Manzù. Abgerufen am 3. Januar 2023.
  13. Brilliance and Tragedy. Abgerufen am 3. Januar 2023 (englisch).
  14. Bolide Design. Abgerufen am 3. Januar 2023 (englisch).
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