R&I-Fließschema bezeichnet ein Rohrleitungs- und Instrumentenfließschema in der Anlagen- und Verfahrenstechnik (auch R+I-Fließschema, R&I-Schema, R&I-Diagramm, R+I-Fließbild, englisch Piping and Instrumentation Diagram oder P&ID).

Inhalt und Aufgabe

Auf der Basis des Grundfließschemas wird das R&I-Fließschema erstellt. Im R&I-Fließschema werden alle für den Betrieb einer Anlage erforderlichen Bauteile, wie Behälter, Apparate, Pumpen, Verdichter, Wärmeübertrager (Wärmetauscher), Rohrleitungen, Armaturen und Messgeräte, symbolisch dargestellt.

Alle Linien, welche eine Rohrleitung darstellen, werden gekennzeichnet mit Nennweite, Nenndruck, Medium, Rohrklasse und einer Identifikationsnummer.

Ähnlich ist es für die Festlegung der Mess- und Regeltechnik. In genormten Symbolen (Ovale) wird festgelegt, wo und was gemessen oder geregelt werden soll. Auch diese erhalten eine Identifikationsnummer für die weitere Bearbeitung. Regelkreise werden mit Wirklinien dargestellt (vom Einbauort der Messung bis zum Stellglied).

Das Schema enthält folgende Informationen:

  • Art und Bezeichnung der Apparate und/oder Maschinen
  • Rohrleitungen, Armaturen mit Nennweiten, Druckstufen, Werkstoffen
  • Antriebe
  • Aufgaben der Einrichtungen zum Messen, Steuern, Regeln

Zusatzinformationen können angegeben werden, z. B. Höhenlagen der Apparate, weitere Werkstoffe, weitere Bezeichnungen (z. B. von Armaturen).

Nach der Genehmigung des R&I-Fließschemas durch den Kunden (und gegebenenfalls auch durch Behörden) beginnt die Detailplanung (Detail Engineering), welche unter anderem den Aufstellungs- und Rohrleitungsplan umfasst.

R&I-Fließschema nach ISO-Standard

In Deutschland werden R&I-Fließschemata nach DIN EN ISO 10628 dargestellt. Weitere Rohrleitungssymbole können der DIN 2429 (zurückgezogen) entnommen werden. Wirklinien von Steuer- und Regelungsorganen werden nach EN 62424 bzw. ISO 3511 dargestellt.

Symbole für R&I-Fließschemata
Rohr isoliertes Rohr Rohr mit Schutzmantel erhitztes oder gekühltes Rohr
Behälter (Chemischer Reaktor) mit Mantel Druckbehälter Behälter mit Halbrohrschlange Kolonne
Pumpe (allgemein) Verdichter, Kompressor, Vakuumpumpe (allgemein) Sack Kolonne mit Austauschböden
Ventilator Axialventilator Radialventilator Gasflasche
Ofen, Brennofen Kühlturm Trockner, Verdampfer Kühler
Wärmeübertrager Wärmeübertrager Plattenwärmeübertrager Spiralwärmeübertrager
Mantelrohr-Wärmeübertrager Rohrbündelwärmeübertrager U-Rohr-Wärmeübertrager Rippenrohr-Wärmeübertrager mit Axiallüfter
Überstromöffnung Überstromöffnung Filter Trichter
Kondensatableiter Schauglas Druckminderer Schlauch
Absperrarmatur Stellventil manuelles Ventil Rückschlagarmatur
Nadelventil Absperrklappe Membranventil Kugelhahn
Sicherheitsventil in Eckform, federbelastet Mischventil
oder Verteilventil

Kennbuchstaben und Kennzeichnung

Für die Kennzeichnung von Mess- und Regelstellen werden die Normen EN 62424/ISO 3511 bzw. ISA 5.1 angewendet.

Die umfassende Kennzeichnung aller Apparate, Rohrleitungen und Instrumente in industriellen Systemen wird in der EN 81346 (Industrielle Systeme, Anlagen und Ausrüstungen und Industrieprodukte – Strukturierungsprinzipien und Referenzkennzeichnung) bzw. in der nationalen Norm DIN 6779 (Kennzeichensystematik für technische Produkte und technische Produktdokumentationen) beschrieben. Dort sind alle Mess- und Regelstellen der Hauptgruppe B zugeordnet. Für die Untergruppen werden auch die Kennbuchstaben nach ISO 14617-6 verwendet.

Im Bereich des Kraftwerksbaus werden die Bauteile (Apparate, Rohrleitungen und Instrumente) nach dem Kraftwerk-Kennzeichensystem (KKS) bzw. nach dem neuen System zur Kennzeichnung (Codierung) von Kraftwerks-Komponenten (RDS-PP) gekennzeichnet.

Mess- und Regelstellen

Die Mess- und Regelstellen werden nach ISO 3511 dargestellt. Von ISO 3511 existiert keine deutsche Übersetzung. Die früher gültige DIN 19227-1 wurde im Januar 2010 durch die Europäische Norm EN 62424 ersetzt.

Beschreibung der Kürzel

Messstellen wurden nach DIN 19227-1 mit einem Kürzel bezeichnet, das aus einem oder mehreren Buchstaben sowie einer Kennzeichnung (üblicherweise einer Ziffernfolge) besteht. Die Buchstabenfolge gibt Auskunft über die Funktion und Aufgabe der Messstelle und besteht aus einem Erstbuchstaben und möglicherweise einem oder mehreren Ergänzungsbuchstaben und Folgebuchstaben.

EN 62424 verwendet statt „Erstbuchstabe“ den Begriff „PCE-Kategorie“, Ergänzungs- und Folgebuchstaben (die ohnehin keine Überschneidung aufweisen) gehen in der sogenannten „PCE-Verarbeitungsfunktion“ auf (PCE = Process Control Engineering). Die aktuelle Norm übernimmt zwar den Großteil der Buchstabenbedeutungen, fügt jedoch auch neue hinzu und definiert einige bestehende um.

Man kann und will mit diesem Bezeichnungssystem nicht alle Details festlegen. Zusammen mit der Identifikationsnummer ist eine Referenz zum Instrumentdatenblatt gegeben. Dort kann man Messbereich, Höhe der Grenzwerte, Details zum Einbau und vieles mehr genau nachlesen.

Kennbuchstabe Gruppe 1 PLT-Kategorie: Messgröße oder andere Eingangsgröße, Stellglied Gruppe 2: PLT-Verarbeitungsfunktion: Verarbeitung als Folgebuchstabe
A Analyse Alarm, Meldung (Alarming)
B Optische Messung, z. B. Flammenüberwachung Beschränkung, Eingrenzung
C Leitfähigkeit Regelung/Steuerung (Controlling)
D Dichte Differenz (Difference)
E Elektrische Spannung
F Durchfluss Verhältnis (Fraction)
G Abstand, Länge, Stellung
H Handeingabe, Handeingriff oberer Grenzwert, an, offen
I Elektrischer Strom Analoge Anzeige (Indicating)
J Elektrische Leistung
K Zeitbasierte Funktion
L Füllstand unterer Grenzwert, aus, geschlossen
M Feuchte
N Steller, Aktor mit elektrischem Stellantrieb (alle elektrischen Verbraucher, z. B. Motor, Heizung)
O Frei verwendbar Sichtzeichen, Ja/Nein-Anzeige (keine Störungsmeldung)
P Druck
Q Menge, Anzahl oder Qualität (Analysewerte, Stoffeigenschaften) laufende Summe/ Integral (z. B. bei Gesamtdurchfluss) (Quantity)
R Strahlungsgrößen Speicherung/Aufzeichnung (Recording)
S Geschwindigkeit oder Frequenz (einschließlich Beschleunigung) Binäre Steuerungsfunktion oder Schaltfunktion (nicht sicherheitsrelevant) (Switching)
T Temperatur Transmitter, für Analogwertverarbeitung (Monitoring)
U Verwendet für eine PCE-Leitfunktion, Zusammengesetzte Größen
V Schwingung, mechanische Analyse, Drehmoment
W Gewicht, Masse, Kraft
X Frei verwendbar (Der nicht klassifizierte Buchstabe "X" ist dafür vorgesehen, nicht aufgelistete Bedeutungen abzudecken.)
Y Steller, Aktor mit nicht elektrischen Stellantrieb, z. B. hydraulisch oder pneumatisch (Auf/Zu, Regelventil oder Drosselstelle (Blende)) Rechenfunktion
Z Binäre Steuerungsfunktion oder Schaltfunktion (sicherheitsrelevant)(Emergency)

Anmerkungen:

  • Die Buchstaben I und R beziehen sich auf das Ergebnis der vorangehenden Verarbeitungsfunktion.
  • Die PCE-Verarbeitungsfunktionen A, H, L, O, S und Z dürfen nur rechts außerhalb des Ovals verwendet werden.
  • Werden Folgebuchstaben kombiniert, so ist bei der Reihenfolge in nachfolgender Übersicht in Reihe 1 und 2 jeweils von links nach rechts und bei Reihe 1 und 2 von oben nach unten vorzugehen: Reihe 1: F D Y C Reihe 2: B Q X
  • Die Identifikationsnummer der Messstelle wird dem letzten Buchstaben der PCE-Verarbeitungsfunktion direkt oder mit einem Leerzeichen angehängt, da die Verwendung eines Bindestrichs zu Verwechslungen mit dem Minus-Zeichen (Minimum, unterer Grenzwert) führen würde.

Beispiele

  • PI512: Analoge Druckanzeige, Stellnummer 512
  • PDI512: Druckdifferenzanzeige
  • PICAH+512: Druckregelung mit Anzeige mit Alarm bei Überschreitung eines oberen Grenzwerts
  • F100: aktueller Durchfluss
  • FQ100: durchgeflossene Gesamtmenge
  • TIRCSH+AH±618: Temperaturregelung mit Anzeige, Speicherung, Schaltung bei Erreichen des oberen Grenzwertes und Alarm bei Erreichen des oberen und unteren Grenzwertes, kann alternativ als TIRCS+A±618 angegeben werden

Programme zur R&I-Fließschema-Erstellung

Für die Erstellung von R&I-Fließschemas im Anlagenbau werden zunehmend Programme aus dem Bereich des computer-aided engineering (CAE deutsch: Computerunterstützte Planung) eingesetzt. Die Applikationen stellen die Fließschemasymbole in genormter Größe und Strichstärke zur Verfügung und unterstützen bei deren Platzierung. Bei der Kennzeichnung werden Listen bereitgestellt und es wird sichergestellt, dass das richtige Kennzeichenformat eingehalten wird (besonders wichtig bei KKS). Die Daten werden meist zentral in Datenbanken gespeichert. Dadurch ist eine spätere Auswertung der Daten möglich.

Übersicht anzuwendender Normen

Stand: Februar 2020

  • ISO 3511-1:1977-07: Messen, Steuern, Regeln in der Verfahrenstechnik; Zeichen für die funktionelle Darstellung; Teil 1: Grundforderungen
  • EN ISO 7200: Dokumentenschriftfeld (alt DIN 6771-1)
  • EN ISO 10628-1: Schemata für die chemische und petrochemische Industrie – Teil 1: Spezifikation der Schemata
  • EN ISO 10628-2: Schemata für die chemische und petrochemische Industrie – Teil 2: Graphische Symbole
  • ISO 15519-1:2010(en) : Specification for diagrams for process industry — Part 1: General rules (Grundnorm zu ISO 10628)
  • DIN 19227-2 Leittechnik; Graphische Symbole und Kennbuchstaben für die Prozeßleittechnik; Darstellung von Einzelheiten
  • DIN 28000-4: Chemischer Apparatebau – Dokumentation im Lebensweg von Prozessanlagen – Teil 4: Graphische Symbole für Armaturen, Rohrleitungen und Stellantriebe (ersetzt DIN 2429-1 und DIN 2429-2)
  • DIN 28000-5: Chemischer Apparatebau – Dokumentation im Lebensweg von Prozessanlagen – Teil 5: Graphische Symbole für Apparate und Maschinen
  • EN 60617: Graphische Symbole für Schaltpläne (alt DIN 40900)
  • EN 62424: Darstellung von Aufgaben der Prozessleittechnik – Fließbilder und Datenaustausch zwischen EDV-Werkzeugen zur Fließbilderstellung und CAE-Systemen (alt DIN 19227-1)
  • EN 81346: Industrielle Systeme, Anlagen und Ausrüstungen und Industrieprodukte – Strukturierungsprinzipien und Referenzkennzeichnung – Teil 2: Klassifizierung von Objekten und Kennbuchstaben von Klassen

R&I-Fließschemas nach amerikanischem Standard

Unterschiede zur Europäischen Norm

In den Vereinigten Staaten basieren R&I-Fließschemas auf dem Angloamerikanischen Maßsystem. Symbole werden nach dem amerikanischen Standard ISA dargestellt.

Diese Norm weist keine so strenge Systematik auf wie die EN ISO 10628. Symbole für Apparate und Ausrüstung werden eher nach ihrem eigentlichen Aussehen dargestellt. Dies führt unter anderem dazu, dass die Symbole für Kreiselpumpe und Radialgebläse sich sehr ähneln. Durchgangsarmaturen werden ähnlich wie in der ISO-Norm nach ihrem Funktionsprinzip explizit dargestellt, bei Eckarmaturen und Mehrwegearmaturen wird jedoch auf eine genaue Spezifizierung verzichtet (keine Symbole für Eckhahn, Eckventil).

Instrumente werden nicht zusammengefasst dargestellt, sondern explizit nach Einzelfunktionen aufgesplittet.

Beispiel für eine Durchflussmessung mit Anzeige, Regelung und Aufzeichnung:

  • ISO: FIRC
  • ISA: FT-FI-FR-FC

In technischen Zeichnungen internationaler Projekte kommt es oft zu vermischten Kennzeichnungen.

Kennzeichen-Aufbau nach ISA 5.1

Erster Buchstabe

  • A – Analyse
  • D – Dichte (density)
  • F – Durchfluss (flow)
  • L – Füllstand (level)
  • M – Feuchte (moisture)
  • P – Druck (pressure)
  • T – Temperatur
  • Z – Position

Zweiter Buchstabe

  • T – Übertragung (transmitter)
  • R – Aufzeichnung (recorder)
  • I – Anzeige (indikator)

Beispiel

Durchfluss-Übertragung von Regelkreis 1000A

Funktions-Identifizierung

  • Erster Buchstabe F
  • Zweiter Buchstabe T

Regelkreis-Identifizierung

  • Regelkreis Nummer 1000
  • Suffix A

FT 1000A

Weitere Beispiele

  • PT 1000A Druckübertragung 1000A
  • PI 1000A Druck Anzeiger
  • PIC 1000A Druckregler mit Anzeige PID Regelkreis
  • PIRC 1000A Druckregler mit Aufzeichnung und Anzeige

Siehe auch

Commons: Fließbild-Symbole – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Dia – Opensource-Programm zum Zeichnen von strukturierten Diagrammen.
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