Burg Friedberg

Eingang zur Friedberger Burg

Staat Deutschland
Ort Friedberg
Entstehungszeit 1171 bis 1180
Burgentyp Höhenburg,Ortslage
Erhaltungszustand Wesentliche Teile erhalten
Ständische Stellung Kaiser, genossenschaftlich organisierte niederadlige Burgmannschaft
Geographische Lage 50° 21′ N,  45′ O
Höhenlage 140 m ü. NN

Die Burg Friedberg in der hessischen Stadt Friedberg ist mit 3,9 ha eine der größten Burganlagen Deutschlands (Höhenburg auf 140 m ü. NN). Sie war jahrhundertelang Mittelpunkt der Burggrafschaft Friedberg. Heute beherbergt sie u.a. verschiedene öffentliche Einrichtungen, so große Teile des Finanzamtes, das Burggymnasium und eine Kirche, innerhalb der historischen Mauern.

Geografische Lage

Auf einem Basaltfelsen mitten in der Wetterau liegen Burg und Stadt Friedberg.

Vorgeschichte

Auf dem Friedberger Burgberg befand sich zu Beginn des ersten Jahrhunderts n. Chr. ein römisches Militärlager, das bei den Feldzügen des Germanicus errichtet wurde. Danach war Friedberg jahrzehntelang ohne römische Besatzung. Erst unter der Regierung Kaiser Vespasians 69 bis 79 wurde auf dem Burgberg wieder ein römisches Kastell errichtet. Diese mehrmals erweiterte und umgebaute Anlage wurde mit dem Rückzug der Römer auf die Rheingrenze um 260 aufgegeben. Heute noch sichtbar ist der ausgegrabene Rest einer kleinen Badeanlage, vermutlich Teil der Kommandantur des Kastells, der 1965 in den Keller eines Schulhausneubaues einbezogen wurde.

Geschichte

Die Burg wurde vermutlich im Auftrag des Kaisers Friedrich Barbarossa zwischen 1171 und 1180 gegründet. Die älteste erhaltene Urkunde über die Burg stammt aus dem Jahr 1216. Burg und Stadt waren rechtlich zwei selbständige Einheiten, die Burggrafschaft Friedberg ein eigenes Territorium innerhalb des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation. Dieses enge Nebeneinander von Burg und Stadt führte zu Reibereien, die jahrhundertelang die Geschichte Friedbergs bestimmten.

Die Burggrafschaft war genossenschaftlich organisiert und reichsunmittelbar. Die Rechtsstellung eines Burgmannen war erblich und befand sich in den Händen adeliger Familien der Umgebung. Es gab etwa 100 Burgmannen (siehe Hauptartikel: Liste Friedberger Burgmannenfamilien). Die Aufgabe der Burg war, wie bei den anderen staufischen Pfalzen, Städten und Burgen Gelnhausen, Frankfurt, Wetzlar und Glauburg, die zum Teil im gleichen Zeitraum errichtet wurden, der Schutz der Wetterau. Zur Wahrnehmung der Burghut und um der Residenzpflicht zu genügen, wurden seit dem 14. Jahrhundert innerhalb der Burg Burgmannenhäuser gebaut. In späterer Zeit wurden die Aufgaben der Burgmannen oft durch dort residierende Beamte wahrgenommen. Seit dem 15. Jahrhundert bildete die Burg eine eigene kleine Herrschaft in der Wetterau, indem sie das Freigericht Kaichen und 1445 die Pfandschaft über die Stadt Friedberg erwarb. In dieser Zeit hatte sie ihren größten politischen Einfluss und war an der Kuriatstimme der Wetterauer Grafen auf dem Reichstag beteiligt.

In der Burg – wie in der gesamten Burggrafschaft – galt ein besonderes Partikularrecht, die Friedberger Polizeiordnung. 1679 wurde sie erneuert und gedruckt. Damit ist sie zum ersten Mal schriftlich fassbar. Sie behandelte überwiegend Verwaltungs-, Polizei- und Ordnungsrecht. Insofern blieb für den weiten Bereich des Zivilrechts das Solmser Landrecht die Hauptrechtsquelle. Das Gemeine Recht galt darüber hinaus, wenn all diese Regelungen für einen Sachverhalt keine Bestimmungen enthielten. Diese Rechtslage blieb auch im 19. Jahrhundert geltendes Recht, nachdem die Burggrafschaft an das Großherzogtum Hessen übergegangen und Stadt und Burg 1834 vereinigt worden waren. Erst das Bürgerliche Gesetzbuch vom 1. Januar 1900, das einheitlich im ganzen Deutschen Reich galt, setzte dieses alte Partikularrecht außer Kraft.

Ab dem 17. Jahrhundert wandelte sich die Burg zunehmend zum Herrensitz. Davon zeugen die repräsentativen Bauten der Burgmannen in der Burg, der weitläufige Burggarten und die Burgkirche. Die Burg behielt ihre staufische Verfassung bis 1806 und wurde dann vom Großherzogtum Hessen mediatisiert.

Bis 1821 bildete der Burgbezirk ein eigenes Amt, das Amt Burg-Friedberg, des Großherzogtums in dessen Provinz Oberhessen. 1821 wurde es – wie alle Ämter in der Provinz Oberhessen – aufgelöst und dabei auch die Aufgaben von Verwaltung und Rechtsprechung auf unterer Ebene getrennt. Die Verwaltungsaufgaben des ehemaligen Amtes Burg-Friedberg wurden auf den Landratsbezirk Butzbach und die Rechtsprechung dem Landgericht Friedberg übertragen. 1834 wurde die Burg in die Stadt Friedberg eingemeindet. Im Jahr 1846 starb mit Sigmund Löw von und zu Steinfurth der letzte der Burgmannen.

Befestigung

Die Burg war stark befestigt. Sie besaß zwei Hauptzugänge:

  • Der nördliche, dessen erhaltene Bausubstanz in die Mitte des 14. Jahrhunderts zurückreicht, wies sechs Torbauten auf, von denen drei erhalten sind. Er führte außerhalb der Stadt Friedberg über die Vorstadt zum Garten direkt in das freie Vorfeld der Burg.
  • Der südliche Zugang von der Stadt Friedberg war durch den tiefen Burggraben, den sogenannten Hirschgraben, und eine Zugbrücke gesichert.

Der Adolfsturm

Ursprünglich besaß die Burg zwei Bergfriede; der vermutlich noch aus staufischer Zeit stammende Turm am Südtor stürzte 1684 ein, der andere, der Adolfsturm, stammt aus der Mitte des 14. Jahrhunderts und ist das älteste erhaltene mittelalterliche Bauwerk der Burg. Heute ist er das Wahrzeichen der Stadt und mit einer Höhe von 54,42 m (mit Wetterfahne 58,22 m) einer der größten Bergfriede Deutschlands. Im Jahr 1347 konnten die Friedberger Burgmannen Graf Adolf von Nassau gefangen nehmen. Mit dem Lösegeld war es nun möglich, einen neuen Bergfried zu erbauen, den man nach der freigelassenen Geisel Adolfsturm nannte. Erbaut wurde der Turm aus Quarzit aus dem Taunus und Basalt aus dem nahen Fauerbach.

In den Jahren 1893/96 wurde der Adolfsturm aufwändig romantisiert. Dabei erhielt er sein heute charakteristisches Aussehen mit dem spitzen Helm. Rekonstruiert wurden auch die vier Seitentürmchen (Wichhäuschen). Außerdem wurde eine Steganlage zum Eingang ergänzt, der ursprünglich in 13 Meter Höhe nur mit einer Leiter zu erreichen war. Der Turm verfügt über zwei umlaufende Aussichtsebenen. Die untere liegt bei den Wichhäuschen in 31 Meter Höhe, die obere Aussichtsplattform in 42,5 Meter Höhe. Von dieser ist ein Blick bis ins 30 Kilometer entfernte Frankfurt möglich. Orientierungstafeln an der Brüstung erläutern die Sichtziele.

Am 28. Februar 2010 wurde die Spitze des Adolfsturms vom Orkan Xynthia abgeknickt.

Der Adolfsturm befindet sich in der Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen und wird vom Geschichtsverein der Stadt Friedberg der Öffentlichkeit an Wochenenden nachmittags zugänglich gemacht.

Das Burggrafiat (Schloss)

In den Jahren 1604–1610 wurde der Kronberger Hof von dem damaligen Burggrafen Johann Eberhard von Cronberg erbaut. Der Gebäudekomplex, im Stil der Hochrenaissance erbaut, diente ab 1698 als Sitz der Friedberger Burggrafen. Von 1817 bis 1919 fungierte es als Schloss der hessischen Großherzoge. Im Jahr 1910 wohnte der letzte Zar Russlands Nikolaus II. während eines Kuraufenthalts im benachbarten Bad Nauheim als Gast der Großherzöge im Friedberger Schloss. Seine Frau Alix von Hessen-Darmstadt war die Schwester des damaligen Großherzogs. Im Juni 1990 brannte das Burggrafiat fast gänzlich aus. Erhalten blieben nur die Außenmauern; es wurde allerdings wieder aufgebaut.

In das Baugefüge des Burggrafiats ordnen sich der Marstall, das barocke Deutschordenshaus (erbaut: 1716–1718), 1491–1806 Faktorei der Kommende Frankfurt am Main und 1589–1764 Direktorium der Mittelrheinischen Ritterschaft, der Kavaliersbau (Anfang des 17. Jahrhunderts) und das große Renaissancetor (1611/1752) ein. Heute werden alle genannten Gebäude vom Finanzamt genutzt.

Außerhalb des Schlossbereiches befindet sich der Georgsbrunnen aus dem Jahr 1738. Die Brunnenfigur des Heiligen Georg wurde von dem Mainzer Bildhauer Burkard Zamels im Stile des Barock geschaffen. Die Figur, die heute den Brunnen schmückt, ist eine Kopie; das Original befindet sich im nahegelegenen Wetterau-Museum.

Die Burgkirche

Der frühklassizistische Kirchenbau wurde von dem Hanauer Franz Ludwig Cancrin entworfen und dem Bad Nauheimer Baumeister Johann Philipp Wörrishöfer erbaut. Sie ersetzte die mittelalterliche St. Georgskirche, die im 18. Jahrhundert abgerissen wurde. Auf dem Grundriss eines Griechischen Kreuzes erhebt sich der kompakte Kirchenbau, der mit einem verhältnismäßig niedrigen Turm ausgestattet ist. Begonnen wurden die Bauarbeiten bereits am 14. Juli 1783, dauerten allerdings bis 1808, was damaligen politischen Streitigkeiten zuzuschreiben ist. Das Innere der Kirche repräsentiert eine typische protestantische Predigtkirche. Die Erscheinung des Inneren der Kirche wird von der tempelartigen Fassade samt Empore und Orgel dominiert.

Am 30. September und 1. Oktober 1947 vereinigten sich die evangelischen Landeskirchen Nassau, Hessen-Darmstadt und Frankfurt am Main in der Burgkirche zur Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Einen Tag später wurde Martin Niemöller zu ihrem ersten Kirchenpräsidenten gewählt. Zum 200-jährigen Jubiläum der Kirche im Jahr 2008 wurden umfangreiche Renovierungsmaßnahmen am Kirchengebäude vollzogen, in den Folgejahren u. a. das Dach gerichtet, die Fassade gestrichen (nun taubenblau statt rot) und im Inneren die Stuckdecke saniert.

Weitere Gebäude

Die doppelte Umwehrung aus dem 14.–16. Jahrhundert ist in ganzem Umfang erhalten, ebenso wie ein Teil der Innenbebauung. Im geräumigen Burgareal stehen noch eine Reihe von Burgmannenhäusern. Neben dem mächtigen Burgtor befindet sich die barocke Burgwache (1771/72), die der Frankfurter Hauptwache nachempfunden ist. Erwähnung verdient besonders das barocke Portal der ehemaligen Burgkanzlei (1512), die heute ein Teil des Burggymnasiums, einem Oberstufengymnasium, ist. Das Gebäude diente ab Mitte des 19. Jahrhunderts als Lehrerseminar.

Wissenswert

Zeugnisse über die Geschichte der Burg und Stadt Friedberg sind im Wetterau-Museum in der Haagstraße ausgestellt. Bedeutend sind neben drei Stadtansichten aus dem 16. Jahrhundert die Porträts Friedberger Burggrafen, die Grabplatte des Burggrafen Johann Brendel von Homburg und die Originalstatue vom St. Georgsbrunnen. Hier befindet sich auch ein Modell von Burg und Stadt Friedberg, das einen guten Überblick über die Burganlage im Spätmittelalter gibt.

Siehe auch

Literatur

  • Elmar Brohl: Festungen in Hessen. Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung e. V., Wesel, Schnell und Steiner, Regensburg 2013 (= Deutsche Festungen 2), ISBN 978-3-7954-2534-0, S. 77–84.
  • Michael Keller: Stadtführer Friedberg, ISBN 3-87076-072-9.
  • Friedrich Karl Mader: Sichere Nachrichten von der Kayserlichen und des heiligen Reichs-Burg Friedberg und der darzu gehörigen Grafschaft und freyen Gericht zu Kaichen, aus zuverläßigen Archival-Urkunden und beglaubten Geschicht-Büchern zusammen getragen auch hin und wieder erläutert, 1. Teil Lauterbach 1766 (Digitalisat); 2. Teil Lauterbach 1767 (Digitalisat); 3. Teil Lauterbach 1774 (Digitalisat).
  • Volker Press: Friedberg – Reichsburg und Reichsstadt im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. In: Wetterauer Geschichtsblätter Band 35, Bindernagel, Friedberg 1986, S. 1–29.
  • Klaus-Dieter Rack: Die Burg Friedberg im Alten Reich: Studien zu ihrer Verfassungs- und Sozialgeschichte zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert. Selbstverl. d. Hess. Histor. Kommission, Darmstadt 1988, ISBN 3-88443-161-7 (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 72).
  • Thomas Schilp: Die Reichsburg Friedberg im Mittelalter. Untersuchungen zu ihrer Verfassung, Verwaltung und Politik. Bindernagel, Friedberg 1982, ISBN 3-87076-035-4 (Wetterauer Geschichtsblätter 31, zugleich Dissertation Uni Marburg).
  • Heinz Wionski: Kulturdenkmäler in Hessen. Wetteraukreis II, Teilband 2, Friedberg bis Wöllstadt. Herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Vieweg, Braunschweig/ Wiesbaden 1999, ISBN 3-528-06227-4, S. 613–626. (Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland).
  • Rainer Zuch: Burg Friedberg. Schnell und Steiner, Regensburg 2011, ISBN 978-3-7954-2513-5 (Burgen, Schlösser und Wehrbauten in Mitteleuropa 28).
  • Rolf Müller (Hrsg.): Schlösser, Burgen, alte Mauern. Herausgegeben vom Hessendienst der Staatskanzlei, Wiesbaden 1990, ISBN 3-89214-017-0, S. 123–125.
Commons: Burg Friedberg (Hessen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Thomas Becker, Jörg Lindenthal: Römerbad Friedberg erhält neue Präsentation, Der Limes, Nachrichtenblatt der Deutschen Limeskommission, 6. Jahrgang, 2012, Heft 2 (Memento des Originals vom 9. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF; 2,7 MB), S. 32–33
  2. Johann Friedrich Böhmer, Friedrich Lau: Codex diplomaticus Moenofrancofurtanus = Urkundenbuch der Reichsstadt Frankfurt Bd. 1. 794 – 1314. Unveränd. Nachdr. der Ausg. Frankfurt 1901, Baer, Frankfurt am Main 1970, S. 21f. Nr. 44.
  3. Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 107, sowie beiliegende Karte.
  4. 1 2 Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
  5. Zum Burggrafiat siehe Renaissanceschlösser in Hessen (Projekt am Germanischen Nationalmuseum von Georg Ulrich Großmann).
  6. Webseite der EKHN mit geschichtlichen Hintergründen.
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