Das Reichsluftfahrtministerium (RLM) war ein zu Beginn der Hitler-Diktatur geschaffenes Ministerium des Deutschen Reiches. Als Amtssitz wurde in den Jahren 1935/1936 in der Berliner Wilhelmstraße nach Plänen des Architekten Ernst Sagebiel ein monumentales Bürogebäude errichtet, das heute als Detlev-Rohwedder-Haus Sitz des Bundesfinanzministeriums ist.

Reichsluftfahrtminister war Hermann Göring.

Der weitläufige Gebäudekomplex wurde zu DDR-Zeiten als Haus der Ministerien bezeichnet. Ab Frühjahr 1991 Sitz der Treuhandanstalt, trägt er seit 1992 den Namen des von der Rote Armee Fraktion ermordeten Treuhand-Präsidenten Detlev Rohwedder.

Gründung und erste Amtshandlungen

Reichskommissar für die Luftfahrt

Nach ihrer Machtergreifung begann die NSDAP damit, die durch den Versailler Vertrag auferlegten Schranken zu brechen, um das militärische Fundament für die Eroberung von sogenanntem „Lebensraum im Osten“ zu schaffen. Dazu betrieb sie, anfangs heimlich, die Aufrüstung von Reichswehr bzw. Wehrmacht.

Am 2. Februar 1933 erließ der Reichspräsident Paul von Hindenburg die Verordnung über den Reichskommissar für die Luftfahrt. Dies war ein erster Schritt hin zur Gründung einer Luftwaffe. Diese sollte neben Heer und Marine eine Teilstreitkraft der Reichswehr werden. Reichskanzler Adolf Hitler hatte bereits drei Tage zuvor, am 30. Januar 1933, für Hermann Göring, den letzten Kommandeur des Jagdgeschwaders 1, das Amt des Reichskommissars für den Luftverkehr geschaffen, das nun in Reichskommissar für die Luftfahrt umbenannt wurde. Der Reichskommissar für die Luftfahrt fungierte für die Planung und Entwicklung der Luftfahrt. Er war dem Reichskanzler unmittelbar unterstellt und galt als Oberste Reichsbehörde. Hierzu erhielt er seitens des Reichsverkehrsministeriums und des Reichsministerium des Innern alle die zivile Luftfahrt und den Luftschutz betreffenden Vollmachten.

Reichsminister der Luftfahrt

Im April 1933 wurde die Behörde des Reichskommissars in den Rang eines Reichsministeriums erhoben; am 5. Mai wurde Göring Reichsminister der Luftfahrt. Die eigentliche Aufgabe des RLM war hauptsächlich die Förderung und Unterstützung der neuen Luftwaffe, deren erster Oberbefehlshaber im März 1935 Göring wurde. So übertrug der Reichswehrminister Werner von Blomberg aus seinem Geschäftsbereich dem RLM das Luftschutzamt, das zuvor die oberste Behörde der militärischen Luftfahrt war. Das RLM gab eine eigene Propaganda-Illustrierte mit dem Titel Der Adler heraus.

Eine der ersten Amtshandlungen des RLM war es, alle Patente von Hugo Junkers und seiner Firmen Junkers & Co. sowie Junkers Motorenbau und Junkers Flugzeugwerk in widerrechtlicher Weise zu übernehmen. Dies bezog sich insbesondere auf die Rechte um die legendäre Junkers Ju 52. Dazu wurde die Luftfahrtkontor GmbH gegründet, die als Tarngesellschaft die Beteiligung an Junkers verwaltete.

Zum Reichsluftfahrtministerium Görings gehörte auch das Luftfahrmedizinische Forschungsinstitut, dessen Außenabteilung für Gehirnforschung (eine Einrichtung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Hirnforschung) unter Leitung von Hubertus Strughold Höhenversuche in Dachau durchführte.

Staatssekretär im Reichsluftfahrtministerium

Staatssekretär im Reichsluftfahrtministerium war von 1933 bis 1945 Erhard Milch, der zugleich Generalinspekteur der Luftwaffe sowie zwischen 1941 und 1945 auch Generalluftzeugmeister war.

Neubau eines Bürogebäudes und seine spätere Nutzung

In den Jahren 1935/1936 wurde in der Wilhelmstraße im Berliner Stadtzentrum für das personell inzwischen stark erweiterte Ministerium auf Görings Veranlassung nach Plänen des Architekten Ernst Sagebiel ein Neubau mit 2000 Büroräumen und 56.000 m² Nutzfläche errichtet, damals das größte Bürogebäude in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das wenig zerstörte Gebäude vom Finanzministerium der DDR als Haus der Ministerien genutzt. Das mittlerweile vollständig sanierte und modernisierte und in ‚Detlev-Rohwedder-Haus‘ umbenannte Gebäude ist seit dem Regierungsumzug nach Berlin Sitz des Bundesministeriums der Finanzen.

Von Arno Breker sind mehrere Entwürfe für eine monumentale Skulptur auf dem Vorplatz zum Haupteingang des geplanten Neubaukomplexes an der Leipziger Straße überliefert. Sie zeigen als Idee eine aufgesockelte, rund sechs Meter hohe Figur, deren Gewandsaum wie durch eine angehoben nach hinten zu einer flügelähnlichen Form ausschwingt. Sie trägt eine Fackel. Zusätzlich ist den Entwürfen deutlich zu entnehmen, dass die Skulptur mit ihrem freien Arm einen modellartigen Flugkörper – ähnlich einem Speerwerfer – führt.

Organisation und weitere Entwicklung des Ministeriums

Das Technische Amt des RLM, das aus einer bis 1935 bestehenden Abteilung Flugtechnik im Heereswaffenamt hervorgegangen war, war im Wesentlichen für die Entwicklung neuer Flugzeugtypen durch die Luftfahrtindustrie und ihre Produktionsplanung verantwortlich. 1936 berief Göring den späteren Generalobersten Ernst Udet an die Spitze dieses Amtes und vertraute ihm die Aufgaben des Staatssekretärs Erhard Milch an, der bis dahin der maßgebliche Planer und Organisator der Aufrüstung der Luftwaffe gewesen war. Udet war damit für die Entwicklung und Bereitstellung von Flugzeugen, Waffen und Gerät für alle Teile der Luftwaffe zuständig. Udet gliederte das Amt in 13 Abteilungen auf, der Überblick über deren Zuständigkeiten ging verloren. Nach dem Suizid Udets im November 1941 übernahm Erhard Milch wieder dessen Aufgaben.

Verglichen mit ähnlichen Ämtern im In- und Ausland war das RLM wohl nicht besser oder schlechter strukturiert und organisiert. Die hervorragenden persönlichen Beziehungen zwischen Göring und Hitler ließen dem RLM schon bald mehr Einfluss und Macht zukommen als anderen Ministerien. Göring nutzte seine Stellung an der Spitze des RLM, um zahlreichen befreundeten bzw. verdienten NS-Größen Posten zu verschaffen. Diese waren weniger an einer Tätigkeit im RLM interessiert als daran, ihre politische Karriere fortzusetzen bzw. auszubauen.

Die Materialversorgung der Luftwaffe inkl. der Flugzeugproduktion wurde zunächst vom RLM selbst organisiert und war damit getrennt von der Produktion anderer Rüstungsgüter, für die das am 17. März 1940 geschaffene und von Fritz Todt geführte Reichsministerium für Bewaffnung und Munition zuständig war. Nach Todts Unfalltod wurde es ab März 1942 von Albert Speer geleitet. Im Zusammenhang mit der Übertragung der Luftrüstung an Speer und sein Ministerium im Juni 1944 wurde das RLM neu und straff durchorganisiert. Dies hatte vermutlich Auswirkungen auf die Luftwaffe bzw. den Verlauf des restlichen Zweiten Weltkriegs.

Entwicklungsamt

Das technische Entwicklungsamt des RLM gliederte sich in zahlreiche Entwicklungsgruppen. Diese hatten die Aufgabe, in ihrem Fachbereich „die Entwicklungen der einzelnen Firmen im Sinne der technischen Vereinfachung und Vereinheitlichung zusammenzufassen“. Gemäß einem Bericht, den die Junkers-Ingenieure Brunolf Baade und Steuerlein 1946 auf Befehl der SMAD verfassten, waren die Verantwortlichkeitsbereiche, die dem Chef des Entwicklungsamtes berichteten, wie folgt gegliedert:

Siehe auch

Filme

  • Görings Ministerium. In: Phoenix. 15. Januar 2018, 21–21:45 Uhr. Dokumentation 2016 (Luftfahrtministerium, DDR, Treuhand, Finanzministerium).

Literatur

  • Andreas Nachama (Hrsg.): Die Wilhelmstraße 1933–1945 – Aufstieg und Untergang des NS-Regierungsviertels. Stiftung Topographie des Terrors, 2012, ISBN 978-3-941772-10-6, S. 45 ff.
Commons: Reichsluftfahrtministerium – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Verordnung über den Reichskommissar für die Luftfahrt. Vom 2. Februar 1933. In: documentArchiv.de, abgerufen am 2. Juni 2019.
  2. 1 2 Joachim Lilla, Martin Döring, Andreas Schulz: Statisten in Uniform. Die Mitglieder des Reichstags 1933–1945. Ein biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924. Droste, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-5254-4, S. 181.
  3. Tobias Rieger: Reichsluftfahrtministerium (RLM). In: ns-reichsministerien.de, Projekt „Beamte nationalsozialistischer Reichsministerien“, abgerufen am 2. Juni 2019.
  4. Ernst Klee: Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-10-039310-4, S. 191.
  5. Ernst Sagebiel im Architekturmuseum der TU Berlin, abgerufen am 24. Mai 2017.
  6. Alan S. Milward: Die deutsche Kriegswirtschaft 1939–1945. DVA, Stuttgart 1966, S. 123–133.
  7. Brunolf Baade, Dipl.-Ing. Steuerlein: Bericht Nr. 273 des technischen Sonderbüros Nr. 1 in Dessau an die Sowjetische Militäradministration in Deutschland: Bordwaffenentwicklung bei der Firma Junkers. Mai 1946. Zit. n. Helmut Bukowski, Manfred Griehl: Junkersflugzeuge 1933–1945; Bewaffnung, Erprobung, Prototypen. 1991, ISBN 3-86070-867-8. (Lizenzdruck: Dörfler Zeitgeschichte, 1999, ISBN 3-89555-867-2, S. 81)
  8. 1 2 3 Holger Lorenz: Junkers-Ingenieure der IFA von A bis Z. Bei: flugzeug-lorenz.de
  9. deutsche-digitale-bibliothek.de
  10. deutsche-digitale-bibliothek.de
  11. Paul Erker: Zulieferer für Hitlers Krieg: Der Continental-Konzern in der NS-Zeit
  12. Vermutlich Deutsche Benzinuhren GmbH

Koordinaten: 52° 30′ 31,2″ N, 13° 23′ 2,6″ O

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