Der Ringfinger (lateinisch Digitus anularis), früher auch Goldfinger und Herzfinger genannt, ist der vierte Finger der Hand (Digitus manus quartus) und befindet sich zwischen dem Mittelfinger und dem kleinen Finger. Er wird von drei Fingergliedknochen gestützt.

Das Fingerlängenverhältnis (englisch 2D:4D) von Ring- und Zeigefinger wird als Ergebnis fetaler Hormonspiegel mit verschiedenen Persönlichkeitsausprägungen und Krankheitsdispositionen in Zusammenhang gebracht.

Etymologie

Der Name Ringfinger ist darauf zurückzuführen, dass an diesem Finger besonders häufig Ringe (lateinisch anulus für „Ring“) getragen werden. In Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern werden der Verlobungsring am linken Ringfinger und der Trauring später am rechten Ringfinger getragen, in der Schweiz und Italien umgekehrt. Im Altertum und in der Antike galt der Glaube, dass eine Ader, die als Vena amoris bezeichnet wird, vom linken Ringfinger direkt zum Herzen und damit zur Liebe führt, weshalb sowohl Ägypter als auch Römer den Trauring an diesem Finger trugen („… nervum quendam tenuissimum ab eo uno digito, de quo diximus, ad cor hominis pergere ac pervenire“, Aulus Gellius, Noctes Atticae X,10).

Der (rechte) Ringfinger hat vom Mittelfinger die Funktion des Digitus medicinalis übernommen und wird daher auch Arztfinger genannt. Ursprünglich nutzten die Ärzte den Mittelfinger zum Auftragen von Salben, gleichzeitig war dieser jedoch als Stinkefinger (Digitus impudicus) bekannt. Vermutlich sollte mit dem Wechsel des Arztfingers zum Ringfinger die heilende Hand des Arztes vom Hauch des Obszönen befreit werden.

Nach László A. Magyar spiegelt der Name des Fingers in vielen Kulturen den Glauben an dessen Zauberwirkung wider, so wird er beispielsweise in der Türkei, in Finnland, in Bulgarien und in Russland aus Respekt Namenloser Finger genannt (vgl. russisch безымянный палец; türkisch adsız parmak; finnisch nimetön sormi; bulgarisch безимен пръст), ebenso in China (无名指).

Beweglichkeit und Einsatz

Obwohl die motorische Steuerung der Hand im Gehirn eine große Region einnimmt, ist der Ringfinger im Vergleich zu den anderen Fingern nur eingeschränkt beweglich. Evolutionsbiologisch hat der Ringfinger hauptsächlich eine unterstützende Funktion beim Greifen und praktisch keine eigenen Aufgaben. Daher wird der Ringfinger von allen Fingern am wenigsten allein, sondern meist zusammen mit seinen Nachbarfingern eingesetzt. Beim Spielen von Musikinstrumenten (Fingersatz) oder beim Maschinenschreiben übernimmt der Finger eigenständige Aufgaben.

Der angehende Pianist und spätere Komponist Robert Schumann hängte sich Gewichte an die Ringfinger, um sie zu stärken. Er erlitt Sehnenscheidenentzündungen und seine Ringfinger wurden dauerhaft geschädigt. Seine Aussicht, Konzertpianist zu werden, wurde zwar zerstört, aber seine Karriere als Komponist begann.

Rezeption

Literatur

  • László A. Magyar: Digitus Medicinalis – the Etymology of the Name. In: Actes du Congr. Intern. d’Hist. de Med. XXXII. Antwerpen 1990, S. 175–179 (geocities.com (Memento vom 29. Juli 2009 im Internet Archive)).
Commons: Ringfinger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Ringfinger – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Was die Länge von Zeige- und Ringfinger verrät. Welt Online, 20. September 2011, abgerufen am 12. Dezember 2017
  2. S. Lutchmaya, S. Baron-Cohen, P. Raggatt, R. Knickmeyer, J. T. Manning: 2nd to 4th digit ratios, fetal testosterone and estradiol. In: Early Human Development. 77, 2004, S. 23–28, doi:10.1016/j.earlhumdev.2003.12.002.
  3. Ehering. arte.tv, karambolage
  4. Vena Amoris. Americamagazine.org
  5. Warum trägt man den Ehering in Deutschland rechts? Juwelier-schmuck.de – Ratgeber
  6. Thomas Gleinser: Anna von Diesbachs Berner ‚Arzneibüchlein‘ in der Erlacher Fassung Daniel von Werdts (1658), Teil II: Glossar. (Medizinische Dissertation Würzburg), jetzt bei Königshausen & Neumann, Würzburg 1989 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 46), S. 39 (artzet finger).
  7. Ludwig Klages: Charakterkunde II. In: Sämtliche Werke. 1. Auflage. Band 5. Bouvier, Bonn 1979, ISBN 3-416-01364-6, S. 458.
  8. Geschichte der Alltagsgesten: Vom digitus medicinalis zum Stinkefinger. In: Deutsches Ärzteblatt, 1998; 95(22), S. [36]
  9. Was der Stinkefinger zu sagen hat. In: Berliner Morgenpost, 13. März 2009
  10. 1 2 Thomas de Padova: Warum ist der Ringfinger so unbeweglich? In: Der Tagesspiegel, 28. März 2012. Abgerufen am 11. Juni 2020.
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