Schloss Kischau, früher Schloß Kyschau (polnisch Zamek Kiszewski), ist eine mittelalterliche ehemalige Ordensburg des Deutschen Ordens bei dem Dorf Stara Kiszewa (deutsch Alt Kischau) im Powiat Kościerski der polnischen Woiwodschaft Pommern. Das Schloss war namensgebend für die ehemaligen Guts- und Amtsbezirke und das heutige Schulzenamt.

Geographische Lage

Das Schloss liegt in der historischen Landschaft Pommerellen am Flüsschen Wierzyca (Ferse), zwei Kilometer östlich von Stara Kiszewa, etwa 20 Kilometer südöstlich von Kościerzyna (Berent) und 53 Kilometer südwestlich von Danzig.

Geschichte

Zahlreiche Steinkistengräber, die 1871 bei Straßenbauarbeiten in der Nähe des Schlosses freigelegt wurden und die Urnen, Gebrauchsgegenstände aus Bronze und Eisen sowie Glasperlen enthielten, zeugen davon, dass die Umgebung der Stelle, an der von Süden her ein Bach in die Ferse mündet, schon zu prähistorischer Zeit Siedler anzog. Im Jahr 1289 wird ein Weg erwähnt, der Kyschau mit Costrina, dem heutigen Kościerzyna oder Berent, verbindet.

Kischau ist Vela (Groß) Kyrseva (1289 Kyshovia, 1290 Kiseva, 1315/16 Kisew, Kyssow), das der pommerellische Herzog Mestwin II. 1281 dem Woiwoden Nikolaus von Kalisch verlieh, 1290 bestätigte und mit den Dörfern Lubna, Danwanow und Dambrowa ausstattete.

Den Burgbezirk mit dem befestigten Schloss Kischau hinterließ der Woiwode Nikolaus seinen Söhnen. Seine jüngeren Söhne übertrugen den Besitz anschließend dem älteren Sohn Jakob, Gutsherr auf Słucs. Als dieser in den geistlichen Stand trat und zum Domherrn von Posen berufen wurde, schenkte er 1316 den gesamten Burgbezirk Kischau dem Deutschen Orden, und zwar mit der Auflage, dass der Orden ihn, falls er sich z. B. uur Weiterbildung an einen anderen Ort begebe, bis an sein Lebensende mit einer bestimmten Geldsumme zu versorgen habe.

Von 1316 bis 1466 befand sich Schloss Kischau im Besitz des Deutschordensstaats. Im Jahr 1459 wurde die nur schwach besetzte kleine Burg Kischau erfolglos von den Danzigern belagert. Sie wird noch in der Thorner Friedensurkunde von 1466 als Ordensschloss erwähnt. Danach wurde das Schloss Sitz eines Starosten. Bei dem polnischen Historiker Johannes Dlugosch (1415–1480, auch Dugloffus) heißt das Schloss Kiszchow. Es gehörte mit kurzen Unterbrechungen bis 1772 zur autonomen Provinz Polnisch-Preußen. 1655 befand sich das Schloss unter schwedischer Kontrolle.

Um die Mitte des 18. Jahrhunderts soll Kischaw eine „kleine Stadt und Starostey“ gewesen sein; als Alternativnamen werden genannt: Kyschow, Kysov, Kyschau, Keissov und Keisoft, lateinisch Keissovum.

Nach der Teilung Polen-Litauens kam Schloss Kischau 1772 zum Königreich Preußen. Um 1785 umfasste der Gutsbezirk Schloß Kischau ein Vorwerk, das Dorf Schloß Kischau mit 23 Häusern und war Sitz eines königlichen Domänenamts.

In den ersten Jahren nach den Befreiungskriegen waren die Gutsbetriebe in Preußen allgemein mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert, nicht zuletzt auch wegen der staatlich angeordneten Regulierung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse. Im Jahr 1819 wurde das Feuchtgebiete und 40 Hufen bewirtschaftbaren Boden umfassende Gut Schloß Kischau für 2.300 Taler verkauft. Der neue Besitzer konnte jedoch keinen ausreichenden Gewinn erwirtschaften, so dass das Gut versteigert werden musste und für 50 Taler der Finanzbehörde zugeschlagen wurde, die es anschließend einige Jahre lang verpachtete. Danach wurde das Gut von der Finanzbehörde zu einem Kaufpreis von 515 Talern veräußert. Um 1825 wurde das Gut vom Gutspächter Joachim Engler bewirtschaftet, der hier u. a. eine 125 Tiere umfassende Merinoschafherde hielt. 1843 wird Engler, der auch das Herrenhaus erbauen ließ, als Besitzer des Guts genannt.

Der 1874 gebildete Amtsbezirk Schloß Kischau gehörte bis nach Ende des Ersten Weltkriegs zum Kreis Berent im westpreußischen Regierungsbezirk Danzig des Deutschen Reichs.

Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags musste die Region mit Schloss Kischau 1920 zum Zweck der Einrichtung des Polnischen Korridors an Polen abgetreten werden. Nach dem Überfall auf Polen 1939 gehörte das Schloss völkerrechtswidrig zum Reichsgau Danzig-Westpreußen. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Region im Frühjahr 1945 von der Roten Armee befreit und kam danach zurück zu Polen.

Bevölkerungsentwicklung

Jahr Einwohner Anmerkungen
1816108in 24 Häusern
1864155am 3. Dezember, in 14 Wohngebäuden

Literatur

Fußnoten

  1. Max Toeppen: Historisch-comparative Geographie von Preußen. Gotha 1858, S. 46.
  2. 1 2 Ludwig Quandt: Ostpommern, seine Fürsten, fürstlichen Landestheilungen und Districte. In: Baltische Studien. Band 17, Stettin 1856, S. 97–156, insbesondere S. 154.
  3. Johannes Voigt: Geschichte Preussens, von den ältesten Zeiten bis zum Untergange der Herrschaft des Deutschen Ordens. Band 4, Königsberg 1830, S. 291–292.
  4. Johannes Voigt: Geschichte Preussens, von den ältesten Zeiten bis zum Untergange der Herrschaft des Deutschen Ordens. Band 8, Königsberg 1938, S. 576.
  5. Max Toeppen: Historisch-comparative Geographie von Preußen. Gotha 1858, S. 228.
  6. 1 2 Historisch-Politisch-Geographischer Atlas der gantzen Welt etc., Leipzig 1746, S. 969.
  7. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Band 2: Topographie von West-Preussen, Marienwerder 1789, S. 105.
  8. Friedrich Gottlob Leonhardi: Erdbeschreibung der Preußischen Monarchie. Band 1, Halle 1791, S. 854.
  9. H. Oelrichs: Der Regierungsbezirk Danzig seit dem Jahre 1816. In: Altpreußische Monatsschrift. Neue Folge, Band 5, Königsberg i. Pr. 1868, S. 289–325, insbesondere S. 295.
  10. Johann Philipp Wagner: Ueber Merinos-Schaafzucht in Bezug auf die Erfordernisse der Wolle für ihre Anwendung. Königsberg 1838, S. 452.
  11. Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Danzig. Nr. 39 vom 27. September 1843, S. 150.
  12. Michael Rademacher: Dan_berent. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  13. J. D. F. Rumpf und H. F. Rumpf: Vollständiges topographisches Wörterbuch des preußischen Staats. Band 2, Berlin 1820, S. 137.
  14. Preußisches Statistisches Landesamt: Die Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Bezirk Danzig. Berlin 1867, 1. Kreis Berent, S. 10–17, Nr. 87.
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Koordinaten: 53° 59′ 3″ N, 18° 11′ 53″ O

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