Schluchtwald-Laufkäfer | ||||||||||||
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Schluchtwald-Laufkäfer (Carabus irregularis) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Carabus irregularis | ||||||||||||
Fabricius, 1792 |
Der Schluchtwald-Laufkäfer (Carabus irregularis) ist eine Art der Echten Laufkäfer (Carabus). Es handelt sich um einen großen und flugunfähigen Käfer mit einer Körperlänge von bis zu 30 Millimetern mit kupferbraun metallischer Färbung und auffälliger unregelmäßiger Punktierung der Flügeldecken. Er lebt vor allem in den Mittelgebirgen und Gebirgen und ist über weite Teile Mittel- und Osteuropas von den Südwestalpen in Frankreich bis in die Karpaten verbreitet. Wie alle Arten der Gattung ist er räuberisch und ernährt sich vor allen von Würmern, Schnecken und anderen Insekten. Anzutreffen ist er von April bis zum späten September vor allem in feuchten und kühlen Buchenwäldern, wo er und seine Larven insbesondere im Totholz vorkommen.
Merkmale
Bild 1: verschiedene Ansichten |
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Bild 2: Asymmetrie der Oberkiefer: Die im Bild oben liegende Mandibel ist eckig, die untere abgerundet |
Der Schluchtwald-Laufkäfer erreicht eine Körperlänge von 17 bis 30 Millimetern und gehört damit zu den größeren Käferarten Europas. In der Grundfarbe ist der Käfer kupferbraun metallisch bis rötlich glänzend gefärbt, die Flügeldecken (Elytren) und der Halsschild sowie die Flügelränder können in der Färbung von grün bis rotviolett variieren. Die Unterseite, die Beine und die vordere Brust ist schwarz, die Beine besitzen wie die aller Laufkäfer fünf ungelappte Tarsenglieder.
Der Kopf ist im Verhältnis zum Halsschild relativ groß und besitzt große, asymmetrische Mandibeln (Bild 2). Wie bei allen Laufkäfern besteht die Antenne aus elf Gliedern, die ersten beiden Glieder sind rötlich gefärbt. Der Halsschild ist breiter als lang, er ist jedoch nur wenig breiter als der Kopf. Die elliptischen Flügeldecken liegen sehr flach auf dem Körper auf. Auf den Flügeldecken befinden sich unregelmäßig angeordnete Punktgruben, sie sind rotgolden oder goldgrün gefärbt. Der vordere Seitenrand ist grünlich.
Von den nahe verwandten Arten Creutzers Laufkäfer (C. creutzeri) und Fabricius’ Laufkäfer (C. fabricii) ist diese Art vor allem durch Details der Mundwerkzeuge zu unterscheiden. Dabei ist der Außenrand der Mandibeln stumpfwinklig mit einer Ecke, während er bei ähnlichen Arten abgerundet ist.
Verbreitung
Die Art kommt in Europa, außer in Fennoskandien, den Niederlanden und auf den Britischen Inseln vor. Sie ist vor allem in den Mittelgebirgen und Gebirgen über weite Teile Mittel- und Osteuropas verbreitet. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich dabei vom Jura und den französischen Südwestalpen über den gesamten Alpenraum sowie montane Regionen Mitteleuropas bis in Gebirgsregionen der nördlichen Balkanhalbinsel und die Karpaten, wobei die Art in diesem Gebiet versprenkelt, disjunkt, verbreitet ist. In Deutschland liegt ihre nördliche Verbreitungsgrenze im Harz und im Teutoburger Wald, wobei hier mehr als 1/10 der Gesamtpopulation der Art vorkommt.
Lebensweise
Der Schluchtwald-Laufkäfer ist in erster Linie in Berglagen heimisch und wird entsprechend als alpin bzw. montan eingestuft. Er ist dabei als kälteangepasste und stenotope Art sehr eng an feuchte und unterwuchsreiche Buchenwälder mit kalkreichem Boden gebunden, insbesondere an die Wälder der Nordhänge. Dort findet man ihn von Juni bis September in Totholz oder unter lockerer Rinde.
Der Schluchtwald-Laufkäfer ist flugunfähig und wie die meisten Laufkäfer ein nachtaktiver Räuber, der sich vor allem von Schnecken sowie von anderen Insekten und deren Larven ernährt. Bei Untersuchungen auf der Schwäbischen Alb wurden mit Hilfe von Becherfallen die Präferenzen der Käfer für verschiedene Habitate und Umweltbedingungen untersucht. Im Untersuchungsgebiet ist der Schluchtwald-Laufkäfer in den meisten Waldgebieten der Region anzutreffen. Dabei nutzen sie vor allem Ahorn-Eschenwälder, Edellaubbaum-Steinschutt- und Blockhangwälder (Ulmo glabrae-Aceretum pseudoplatani) sowie Waldgersten- und Seggen-Buchenwälder (Hordelymo-Fagetum und Carici-Fagetum), während sie trockene, xerotherme, Eichen-Mischwälder eher meiden. Zudem bevorzugen sie kühlere Schatthanglagen gegenüber Sonnhanglagen. Die Feuchtigkeit und die Anpassung an niedrige Temperaturen führen auch in den Buchenwäldern des Nationalparks Hainich in Thüringen zur überwiegenden Verbreitung auf den krautreichen Nordhängen und zur Meidung warmer und trockener Waldbereiche. Die Individuen der Art sind trotz ihrer Flugunfähigkeit gelegentlich in der Lage, Gehölzbestände zu durchwandern und auch Freiflächen wie Kahlhiebe, Lichtungen, Grünland und Äcker zu überwinden, um neue Habitate zu finden.
Bei Beobachtungen im Teutoburger Wald konnten bereits im April höhere Fangzahlen er Käfer ermittelt werden, die Hauptaktivitätszeit liegt wie die Kopulationen und die Eiablage im Mai. Die Weibchen legen ab Mai ihre Eier ab und die Entwicklungsdauer vom Ei über die Larve zum Imago beträgt etwa neun bis zehn Wochen. Auch die Larven leben räuberisch und entwickeln sich an Totholz. Die Käfer sind nach der Verpuppung als Imagines noch kurzzeitig aktiv und gehen ab Ende September ins Winterquartier. Die Überwinterung findet häufig in Gesellschaften mehrerer Tiere statt, sie überwintern dabei typischerweise in morschem Holz wie Stubben, liegenden Stämmen und Starkästen bis etwa Mitte oder Ende März. Anhand von Tieren in Terrarienhaltung konnte beobachtet werden, dass die Imagines kurz nach der jahreszeitlichen Fortpflanzungsphase absterben.
Systematik
Die Art wurde 1792 von Johann Christian Fabricius wissenschaftlich beschrieben und in die bereits von Carl von Linné etablierten Laufkäfer der Gattung Carabus eingeordnet.
Die heute lebenden Populationen haben wahrscheinlich während der letzten Eiszeit in verschiedenen, voneinander isolierten Refugien in West- und Osteuropa überdauert. Durch die Trennung der Populationen in eine westliche und eine östliche Gruppe in mehreren voneinander getrennten Gebieten kam es zu einer starken genetischen Differenzierung, wodurch sie als zwei ‚evolutionarily significant units‘ (ESUs) innerhalb der gleichen Art bewertet werden. Die Unterschiede deuten deutet auf eine langfristige Isolierung der Populationen hin, wobei auch spekuliert wird, ob es sich bei den Unterarten C. i. irregularis und C. i. montandoni eher um zwei unabhängige Arten als Unterarten handelt, die sich nicht nur morphologisch, sondern auch genetisch und ökologisch voneinander unterscheiden.
Bedrohung und Schutz
Da es sich bei dem Schluchtwald-Laufkäfer um eine an kalte Gebirgsregionen angepasste Art handelt, zeigen Klimanischenmodelle aufgrund der allgemeinen Klimaerwärmung für beide Populationen der Art einen zukünftig starken Rückgang geeigneter Lebensräume und damit eine Bedrohung, die durch das sehr geringe Potenzial zur aktiven Verbreitung verschärft wird. Diskutiert wird daher, ob die Artin potenziell geeigneten Räumen, die sie nicht eigenständig erreichen kann, gezielt angesiedelt werden sollte.
Belege
- 1 2 3 4 5 Ekkehard Wachmann, Ralph Platen, Dieter Barndt: Laufkäfer – Beobachtung, Lebensweise. Naturbuch Verlag, Augsburg 1995, ISBN 3-89440-125-7.
- 1 2 3 4 Edmund Reitter: Fauna Germanica. Die Käfer des Deutschen Reiches. Stuttgart: K.G. Lutz, 1908; Band 1, Seite 80 (Volltext-Ausgabe)
- 1 2 3 4 5 6 7 8 Jürgen Trautner, Michael-Andreas Fritze: Schluchtwald-Laufkäfer (Carabus irregularis) Lebensräume und Phänologie einer klimasensitiven Waldart auf der Schwäbischen Alb. Artenschutz und Biodiversität 2(2), 6. April 2021; S. 1–9. doi:10.55957/KZQL4656.
- 1 2 3 Katharina Homburg, Claudia Drees, Martin M. Gossner, László Rakosy, Al Vrezec, Thorsten Aßmann: Multiple Glacial Refugia of the Low-Dispersal Ground Beetle Carabus irregularis: Molecular Data Support Predictions of Species Distribution Models. . PLOS ONE 8(4): e61185, 4. April 2013. doi:10.1371/journal.pone.0061185.
Literatur
- Ekkehard Wachmann, Ralph Platen, Dieter Barndt: Laufkäfer – Beobachtung, Lebensweise. Naturbuch Verlag, Augsburg 1995, ISBN 3-89440-125-7.
- Jiři Zahradnik, Irmgard Jung, Dieter Jung et al.: Käfer Mittel- und Nordwesteuropas. Parey, Berlin 1985, ISBN 3-490-27118-1.