Die Sieblinie ist eine Durchgangs- oder Summenkurve, mittels derer die Korngrößen­verteilung eines Bodens, Sedimentes oder Sedimentgesteins häufig grafisch dargestellt wird. Sie wird ermittelt durch eine Siebanalyse, das heißt durch Sieben der Probe, wobei nacheinander Siebe mit sukzessive abnehmender Maschenweite verwendet werden und jede Maschenweite einer bestimmten Korngröße entspricht. In der Durchgangskurve wird anschließend für jedes Sieb bestimmt, wie viel Prozent der Probe durch das Sieb gefallen sind. Dieser Massenanteil beschreibt folglich den Anteil von Körnern an der Gesamtmasse, deren Korngröße kleiner ist als die Siebweite. Die kleinsten Korngrößen (Schluff und Ton) werden, statt durch Sieben, durch Schlämmung „getrennt“.

Einsatzbereiche

Aufbau des Siebliniendiagramms

Auf der horizontalen, logarithmisch skalierten Achse (Abszisse oder x-Achse) eines Siebliniendiagramms werden die Korngrößen aufgetragen, auf der senkrechten Achse (Ordinate oder y-Achse) der Prozentanteil der jeweiligen Siebdurchgänge (im englischsprachigen Raum sind die Achsen vertauscht). Der Prozentanteil, den eine bestimmte Korngröße an einer bestimmten Probe hat, wird auch als Kornfraktion bezeichnet. Die Sieblinienkurve ist eine Summenkurve, das heißt, sie stellt die Korngrößenverteilung kumulativ (aufsummiert) dar. Daher verläuft sie stets von links unten nach rechts oben.

Eigenschaften und Rückschlüsse auf die Probe

Allgemeines

Die Form einer Sieblinie kann numerisch durch die Unförmigkeitszahl CU und die Krümmungszahl CC ausgedrückt werden. „Breite“ Sieblinienkurven mit geringem Anstieg (CU > 6, CC zwischen 1 und 3) zeigen, dass die Probe ein relativ breites Korngrößenspektrum hat, das heißt, sie enthält viele verschiedene Kornfraktionen und diese in annähernd gleichen Anteilen. Man spricht in solchen Fällen auch von einem weitgestuften Material, in der Sedimentologie und Bodenkunde auch von einer schlechten Kornsortierung. „Enge“ Sieblinienkurven mit zumindest abschnittsweise sehr steilem Anstieg zeigen, dass die Probe ein relativ schmales Korngrößenspektrum hat, das heißt, es enthält nur wenige und überdies sehr ähnliche Kornfraktionen oder aber diese sind zumindest stark vorherrschend. Man spricht in solchen Fällen auch von einem enggestuften Material, in der Sedimentologie und Bodenkunde auch von einer guten Kornsortierung.

Unförmigkeits- und Krümmungszahl einer Probe sind zudem Kenngrößen für die Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit (Permeabilität) des Bodens oder Gesteins, dem die Probe entstammt, z. B. nach Hazen oder Beyer, sowie für die der Filterregel nach Terzaghi. Für die Permeabilität gilt aber schon der sogenannte wirksame Kornduchmesser d10, jene Korngröße, bei der die Siebkurve die 10-Prozent-Marke schneidet, als guter Indikator.

Idealsieblinien, Fuller-Parabel

Die Kornverteilung, die auf Untersuchungen von W. B. Fuller und S. E. Thompson Anfang des 20. Jahrhunderts über optimale Kornzusammensetzungen zurückgeht, lässt sich beschreiben durch:

mit:

Massenanteil mit Korndurchmesser kleiner als , bezogen auf Gesamtmasse,
Größtkorndurchmesser des Korngemenges,
Korndurchmesser ,
Körnungsexponent.

Die Idealsieblinie mit , die von Fuller und Thompson als günstige Kornverteilung angesehen wurde, wird als Fuller-Parabel bezeichnet. Bei dieser Kornverteilung ist der Hohlraumgehalt relativ gering, hohlraumärmste Korngemenge ergeben sich bei .

In der Betonherstellung werden Korngemenge mit verwendet. Nach DIN 1045-2 werden die Sieblinien A , B und C unterschieden. In der Graphik sind diese Idealsieblinien für dargestellt.

Ausfallkörnung

Die Sieblinie Nr. 2 in der nebenstehenden Grafik stellt eine Probe mit Ausfallkörnung dar. Dies bedeutet, dass in der Probe eine oder mehrere Korngrößen zwischen der größten und der kleinsten Korngröße nicht vorhanden sind. So bekommt die Sieblinie einen unstetigen Verlauf, da die Kurve im Bereich der fehlenden Kornfraktionen waagerecht verläuft. Man spricht hierbei auch von einer intermittierenden Stufung. Es könnte sich bei einer solchen Probe um ein speziell zusammengestelltes Baustoffgemisch handeln, bei dem bewusst bestimmte Korngrößen weggelassen wurden, sodass das damit hergestellte Baumaterial ein möglichst hohes Porenvolumen aufweist, beispielsweise Leichtbeton oder offenporiger Asphalt.

Deutsches Sieblinienstandardformular

Bei den deutschen Sieblinienstandardformularen wird links unten in der Regel der Anteil der Feinkörnung eingetragen, rechts oben ist der Anteil der Grobelemente einzutragen.

Einzelnachweise

  1. 1 2 Dieter D. Genske: Ingenieurgeologie – Grundlagen und Anwendung. 2. Auflage, Springer Spektrum, 2014, ISBN 978-3-642-55387-5, S. 199 ff.
  2. Hans-Peter Blume, Gerhard W. Brümmer, Rainer Horn, Ellen Kandeler, Ingrid Kögel-Knabner, Ruben Kretzschmar, Karl Stahr, Berndt-Michael Wilke, Sören Thiele-Bruhn, Gerhard Welp: Scheffer/Schachtschabel. Lehrbuch der Bodenkunde. 16. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/Berlin 2010, ISBN 978-3-8274-1444-1, S. 173 f.
  3. Hans Füchtbauer: Sandsteine. S. 97–184 in Hans Füchtbauer (Hrsg.): Sedimente und Sedimentgesteine. 4., gänzlich neubearbeitete Auflage. Schweizerbart, Stuttgart 1988, ISBN 3-510-65138-3, S. 129 ff.
  4. Allen Hazen: Experiments on the purification of sewage at the Lawrence Experimental Station. 24th Annual Report to the State Board of Health, Commonwealth of Massachusetts, Public Document 34, Write and Potter Printing Co., 1894, S. 393–555
  5. W. Beyer: Zur Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit von Kiesen und Sanden aus der Kornverteilungskurve. Wasserwirtschaft und -technik. Bd. 14, Nr. 6, 1964, S. 165–168.
  6. Lars Meyer: Zum Einfluss der Kontaktzone bei der Modellierung des Elastizitätsmoduls von Beton, Dissertation, Aachen 2007, S. 102 f. (PDF)
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