Sophie Josephine Ernestine Friederike Wilhelmine Gräfin von Hatzfeldt-Wildenburg-Schönstein, geb. Gräfin von Hatzfeldt-Trachenberg (* 10. August 1805 in Trachenberg; † 25. Januar 1881 in Wiesbaden) war eine deutsche Sozialistin und Lebensgefährtin Ferdinand Lassalles.

Leben

Sophie Gräfin von Hatzfeldt-Schönstein zu Trachenberg stammte aus einer angesehenen preußischen Militär- und Beamtenfamilie. Sie war eine Tochter von Friederike Karoline Sophie Gräfin von der Schulenburg-Kehnert (1779–1832). Ihr Vater, Fürst Franz Ludwig von Hatzfeldt-Schönstein zu Trachenberg (1756–1827), stand zunächst als Militär, später als Diplomat in preußischen Diensten. Die Mutter soll 1806 durch couragiertes Auftreten während einer Audienz bei Kaiser Napoleon ihren Ehemann vor der Todesstrafe bewahrt haben.

Sophie von Hatzfeld verbrachte ihre Kindheit vorwiegend auf dem schlesischen Schloss Trachenberg und in Berlin, bis sie 1822 im Alter von 17 Jahren gezwungen wurde, ihren Cousin Edmund von Hatzfeldt-Wildenburg-Weisweiler (1796–1874) zu heiraten. Am 10. August 1822 fand die kirchliche Trauung in der Kapelle von Schloss Allner und die zivile Trauung in Lauthausen (beide Orte heute zu Hennef gehörig) statt. Zwei Tage später wurde die Hochzeit auf Schloss Kalkum gefeiert, das zu den Besitzungen der Familie von Hatzfeldt-Wildenburg gehörte und wo Edmund residierte.

Edmund von Hatzfeldt-Wildenburg-Weisweiler betrog seine Ehefrau und setzte sie zahlreichen Schikanen aus. Er verbot ihr oft den Ausgang, entzog ihr sämtliche Finanzen und wurde sogar körperlich tätlich. Sie bekam drei Kinder, Alfred (1825–1911), Melanie (1828–1901) und Paul (1831–1901), die ihr jedoch zunehmend von ihrem Mann entfremdet wurden. Schon um 1830 wollte sich Sophie von Hatzfeldt scheiden lassen, jedoch versagten ihr ihre Brüder Hermann Anton von Hatzfeldt und Maximilian von Hatzfeldt-Trachenberg jede finanzielle Unterstützung. Ab 1833 lebte sie faktisch von ihrem Mann getrennt. Es folgten mehrere so genannte „Versöhnungsversuche“, die allerdings hauptsächlich Sophie dazu verpflichten sollten, sich standesgemäß zu verhalten und nicht gegen ihre Ehe aufzubegehren. Ab 1846 betrieb sie die Scheidung selbst und wurde dabei von dem späteren Arbeiterführer Ferdinand Lassalle unterstützt, den sie durch Vermittlung des Obersten Archibald Graf von Keyserlingk (1785–1855) kennengelernt hatte. Der Prozess, den Lassalle auch zu Propagandazwecken der Arbeiterbewegung nutzte, zog sich bis 1854 hin und fand vor sechs Gerichten statt. Die eigentliche Scheidung erfolgte am 30. Juli 1851.

Alexander von Humboldt nahm die Gräfin und Lassalle gegen die während der Scheidungsprozesse aufkommenden Verdächtigungen in Schutz und pries Lassalles „chevalereskes Eintreten für eine unglückliche Frau“. Am 10. Dezember 1847 wurde sie in Berlin vom Rheinischen Kassationshof wegen Verleumdung zu einer Gefängnisstrafe von zwei Monaten, einer Geldstrafe von 100 Reichstalern sowie dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte für eine Dauer von fünf Jahren verurteilt. Lassalle erhielt wegen Beihilfe dieselben Strafen.

Ab 1848 lebte die „rote Gräfin“ mit Lassalle in Düsseldorf zusammen und war dort während der Märzrevolution politisch aktiv. Auch nach ihrer Scheidung 1851 lebte sie bis 1856 mit Lassalle zusammen; danach zog sie nach Berlin, blieb aber in engem Kontakt mit ihm. 1861 trafen beide in Italien Giuseppe Garibaldi. 1862 lebte sie in Zürich und reiste mit Wilhelm Rüstow durch Süddeutschland.

Nach dem Tod Lassalles 1864 bei einem Duell sah sie sich als seine geistige Erbin, gab seine nachgelassenen Schriften heraus und war in dem von Lassalle gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein ADAV tätig, wo sie indessen schnell in Konflikt mit vielen männlichen Mitgliedern der Arbeiterbewegung geriet. Im Jahr 1867 gründete sie als Abspaltung vom ADAV den Lassalleschen Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (LADAV). Der Präsident dieses streng zentralistischen Vereins war Fritz Mende, der auch ihr Sekretär war. Nach der Wiedervereinigung des LADAV mit dem ADAV im Jahr 1869 zog sich die Gräfin aus der Politik zurück. Nachdem sie sich mit ihrer Familie wieder ausgesöhnt hatte, lebte sie auf dem gräflichen Gut Schloss Sommerberg in Frauenstein oder in Heddernheim, später in Wiesbaden.

Noch kurz vor ihrem Tod war sie für ihre Attraktivität berühmt: „Die Gräfin sieht heute noch wie eine stattliche Dame von fünfzig aus, nicht aber wie eine Greisin von dreiundsiebzig Jahren.“

Sophie von Hatzfeldt wurde auch „Mutter der Sozialdemokratie“ genannt. Sie starb im Hotel Adler in Wiesbaden.

Ihr Nachlass wurde bis 1962 im Schloss Sommerberg aufbewahrt und anschließend nach Schloss Schönstein gebracht. Er enthielt auch zahlreiche Briefwechsel ihres Lebensgefährten Ferdinand Lassalle, die er ihr vermacht hatte. Diese wurden im Oktober 1918 vom Speicher des Schlosses Sommerberg geborgen und wissenschaftlich erschlossen.

Familie

Eltern und Geschwister

Der Vater war Fürst Franz Ludwig von Hatzfeldt. Ihre jüngere Schwester Clara (1807–1858) war mit August Ludwig von Nostitz verheiratet, ihr jüngerer Bruder Maximilian von Hatzfeldt-Trachenberg (1813–1859) wurde preußischer Diplomat und Gesandter in Paris.

Ehe und Nachkommen

Sophie und Edmund von Hatzfeldt-Wildenburg heirateten am 10. August 1822. Sie wurden 1851 geschieden und hatten drei Kinder:

Verwandte

Sophies Enkel war

Ihr Ururenkel ist

Ihre leiblichen Nichten und Neffen waren:

Ihre Stiefnichte war

Veröffentlichungen

  • Ferdinand Lassalle: Nachgelassene Briefe und Schriften. 6 Bde., Stuttgart 1921–25:
    • Bd. 3: Der Briefwechsel zwischen Lassalle und Marx nebst Briefen von Friedrich Engels und Jenny Marx an Lassalle und von Karl Marx an Gräfin Sophie Hatzfeldt, Stuttgart 1922.
    • Bd. 4: Briefwechsel mit Gräfin Sophie von Hatzfeldt, Stuttgart 1924.

Literatur

  • Renate Feyl: Die unerlässliche Bedingung des Glücks. Roman. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019, ISBN 978-3-462-04890-2.
  • Hans Wolfram von Hentig: Hatzfeldt, Sophie Josepha Ernestine Gräfin von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 67 f. (Digitalisat).
  • Manfred Gebhardt: Sophie von Hatzfeldt. Ein Leben mit Lassalle. Neues Leben, Berlin 1991, ISBN 3-355-01290-4.
  • Arno Herzig: Sophie von Hatzfeldt (1805–1881). In: Schlesische Lebensbilder. Band 7, Stuttgart 2001, S. 215–219.
  • Helmut Hirsch: Sophie von Hatzfeldt – In Selbstzeugnissen, Zeit- und Bilddokumenten dargestellt. Schwann, Düsseldorf 1981, ISBN 3-590-34101-7.
  • Ders.: Zuflucht auf Schloß Trachenberg. Eine Episode aus dem Leben der Gräfin Sophie von Hatzfeldt. In: Schlesien. Vierteljahresschrift für Kunst, Wissenschaft und Volkskunde. Band 26, 1981, S. 216–221.
  • Ders.: Sophie von Hatzfeldt (1805–1881). In: Rheinische Lebensbilder, Band 10. Hrsg. von Wilhelm Janssen. Rheinland Verlag, Köln 1985, S. 121–140.
  • Antje Kahnt: Düsseldorfs starke Frauen – 30 Portraits. Droste, Düsseldorf 2016, ISBN 978-3-7700-1577-1, S. 49–54.
  • Christiane Kling-Mathey: Gräfin Hatzfeldt. Bonn 1989 (zugl. Diss.)
  • Isidor Momma: Die Gräfin Sophia von Hatzfeldt und der Professor Isidor Momma. Campmann in Comm., Düsseldorf 1848. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Karla Nieraad: „Ich habe mich entschlossen, jetzt hervorzutreten.“ Über Gräfin Sophie von Hatzfeldt im Schatten Ferdinand Lassalles. Stadthaus Ulm, edition stadthaus, Band 19, Ulm 2016, ISBN 978-3-934727-43-4.
  • Britta Stein: Der Scheidungsprozeß Hatzfeldt. Münster 1999 (zugl. Diss.).
Commons: Sophie von Hatzfeldt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 Sophie von Hatzfeldt. In: rheinische-geschichte.lvr.de. Abgerufen am 24. März 2023.
  2. 1 2 Personalnachrichten. In: Das Vaterland, 20. Jänner 1874, S. 3 (online bei ANNO).
  3. † Gräfin Sophie Hatzfeldt. In: Neue Freie Presse, 27. Jänner 1881, S. 6 (online bei ANNO).
  4. Deutschland. In: Wiener Zeitung, 20. Jänner 1848, S. 1 (online bei ANNO).
  5. 1 2 Kleine Chronik. In: Die Presse, 30. September 1878, S. 7 (online bei ANNO).
  6. Gräfin Sophie Hatzfeldt. In: Prager Tagblatt, 1. Februar 1881, S. 1 (online bei ANNO).
  7. Augsburger Abendzeitung, Nr. 27, 27. Januar 1881, S. 3, Digitalisat, abgerufen am 6. Februar 2023.
  8. Wolfgang Mommsen: Die Nachlässe in den deutschen Archiven: mit Ergänzungen aus anderen Beständen /2. Boldt, Boppard am Rhein 1983, S. 811.
  9. Gustav Mayer: Briefe von und an Lassalle bis 1848. DVA, Stuttgart u. a. 1921, S. 15–16, Digitalisat, abgerufen am 29. Dezember 2020.
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