Die St George’s Chapel ist eine Kollegiatstiftskirche in Windsor Castle in Großbritannien. Sie gilt als eines der Hauptwerke des Perpendicular Style. Als King’s Free Chapel ist sie Eigenkirche der britischen Monarchen und dient als Kapelle des Hosenbandordens sowie als Grablege für zahlreiche Angehörige der Königsfamilie. Außerdem fanden in der Kapelle zahlreiche Hochzeiten und Taufen von Mitgliedern der Königsfamilie statt.

Geschichte

Bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtete König Heinrich III. an der Stelle des heutigen Baus eine dem heiligen Eduard dem Bekenner geweihte Kapelle. Am 6. August 1348 stiftete König Eduard III. das Kollegiatstift St George in Windsor Castle. Das Stift bestand aus einem Dekan und zwölf Kanonikern, denen jeweils ein Vikar als Stellvertreter zur Seite stand. Dazu kamen noch vier Chorsänger, sechs Chorknaben und zwei Glöckner, womit das Stift genauso viele Geistliche wie die Sainte-Chapelle der französischen Könige in Paris hatte. Eduard III. ließ die vorhandene Kapelle erweitern und ergänzte das Patrozinium um das der Jungfrau Maria und des englischen Nationalheiligen Georg. Dieser militärische Schutzheilige wurde durch den neuen Zweck der Kapelle begründet, die nun als Kapelle der Ritter des Hosenbandordens diente. Diesem Zusammenschluss von Rittern gehörten neben dem König als Oberhaupt 25 weitere Ritter an, die im täglichen Gottesdienst in der Kapelle durch einen Stellvertreter, einen sogenannten Poor Knight, vertreten wurden. Als Kollegiatstift des Hosenbandordens gehörte die Kapelle zu den angesehensten Kirchen im mittelalterlichen England. Um 1350 schenkte der König der Kapelle das Cross of Gneth, eine Kreuzreliquie, die sich ursprünglich im Besitz der walisischen Fürsten von Gwynned befunden hatte. 1351 erklärte Papst Clemens VI. die Kapelle exemt von der Diözese Salisbury und von den Erzbischöfen von Canterbury.

1475 begann Eduard IV. mit dem Bau einer neuen Kapelle, in der er nach seinem Tod auch beigesetzt wurde. Dennoch schritt der Bau zunächst nur langsam voran. Bis 1484 war nur der Chorraum ohne das Gewölbe vollendet. 1503 wurde Sir Reginald Bray, der in seinem Testament erhebliche Summen für den Weiterbau der Kapelle gestiftet hatte, im südlichen Querhaus beigesetzt. Durch diese Stiftung konnte der Bau des Langhauses um 1511 abgeschlossen werden. Heinrich VIII. ließ bis 1522 die Lady Chapel vollenden, die ursprünglich als Grabkapelle für Heinrich VII. vorgesehen war, der dann jedoch in Westminster Abbey beigesetzt wurde. Um 1528 war der Bau der Kapelle vollendet. Das Stiftskapitel wurde auch während der Reformation nicht aufgelöst und nach der Auflösung während des Englischen Bürgerkriegs im 17. Jahrhundert fortgeführt. Die Zahl der Poor Knights war von Heinrich VIII. auf dreizehn reduziert worden, seit 1833 werden sie Military Knights of Windsor genannt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts begannen unter Georg III. Restaurierungsarbeiten an der Kapelle. Zwischen 1804 und 1810 wurde unter der ehemaligen Lady Chapel, die nun als Grabkapelle dient, eine königliche Gruft errichtet. Unter Victoria restaurierte Thomas Willement zwischen 1841 und 1861 die Buntglasfenster der Kapelle und ergänzte sie. In der Zeit von 1863 bis 1867 wurde die Kapelle durch Sir Gilbert Scott umfassend restauriert und dabei die Lady Chapel zur Albert Memorial Chapel umgebaut. Eine weitere Restaurierung der Kapelle erfolgte zwischen 1920 und 1930 durch Sir Harold Brakspear. 1969 wurde als letzter Anbau die King George VI Memorial Chapel am nördlichen Seitenschiff fertiggestellt.

Neben den Kathedralkirchen und Westminster Abbey ist die Kapelle heute (2018) die einzige Kirche Großbritanniens mit einem Kapitel aus Säkularkanonikern. Das Kapitel besteht aus einem Dekan und sechs weiteren Mitgliedern.

Anlage

Äußeres

Die freistehende, turmlose St George’s Chapel beherrscht den unteren Burghof (Lower Ward) von Windsor Castle. Obwohl sie offiziell nur den Rang einer Kapelle hat, besitzt sie mit 237 Fuß (etwa 72 m) Länge die Größe mancher Kathedralen. Das aus hellem Sandstein errichtete Bauwerk gilt als eines der Hauptwerke des späten Perpendicular Style. Das Äußere wird geprägt durch die großen Fenster und die reich verzierten Strebebögen. Das flachgedeckte Dach ist nicht sichtbar, stattdessen wird der Bau von einer Brüstung mit Fialen abgeschlossen, die Wappentiere der Häuser Lancaster und York wie Falke, Hirsch, Drache und andere Tiere darstellen. Das ausgeprägte Querhaus befindet sich in der Mitte der Kapelle, sodass das Hauptschiff und der Chorraum jeweils sieben Joche haben. Sowohl Hauptschiff als auch Chorraum haben zwei niedrige Seitenschiffe, im Osten wird der Chorraum durch eine einschiffige ehemalige Lady Chapel mit polygonalem Abschluss fortgesetzt.

Inneres

Das durch die großen Fenster helle Kircheninnere beeindruckt durch das reich gegliederte Fächergewölbe. Von der Ausstattung der Kapelle sind besonders das prächtige, aus Eiche geschnitzte Chorgestühl für die Ritter des Hosenbandordens, über denen die Banner der aktuellen Mitglieder hängen, sowie die Wappenschilde von über 700 früheren Mitgliedern des Ordens hervorzuheben. Das über 9 m hohe und fast 9 m breite Westfenster gilt als eines der größten Buntglasfenster in Großbritannien, der Großteil der 75 Glasmalereien stammt noch aus dem frühen 16. Jahrhundert. In der Kapelle befinden sich die Gräber von zehn Königen, von zahlreichen anderen Angehörigen der Königsfamilie und von weiteren Angehörigen des Hochadels. Zu den aufwendigsten Grabdenkmälern gehört das von Matthew Cotes Wyatt geschaffene Grabdenkmal für Prinzessin Charlotte in der Urswick Chapel. Die Albert Memorial Chapel wurde im 19. Jahrhundert reich mit Marmor, Mosaiken, Skulpturen und Glasmalereien im neugotischen Stil geschmückt.

Grabstätten (Auswahl)

Orgel

Die Orgel der St George’s Chapel wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts von dem Orgelbauer Walter & Söhne erbaut und zuletzt 2002 von den Orgelbauern Harrison & Harrison umfassend restauriert und mit einer neuen Spielanlage ausgestattet. Das Instrument hat 71 Register auf vier Manualen und Pedal.

I Choir Organ C–c4
In the North case
1.Quintadena8′
2.Gedackt8′
3.Principal4′
4.Spitzflute4′
5.Waldflute2′
6.Sesquialtera
7.Cimbel III
8.Krummhorn8′
Tremulant

On the Screen
9.Diapason8′
10.Lieblichflute8′
11.Octave4′
12.Lieblichflute4′
13.Superoctave2′
14.Mixture IV
15.Trompette8′
II Great Organ C–c4
16.Double Diapason16′
17.Open Diapason I8′
18.Open Diapason II8′
19.Stopped Diapason8′
20.Principal4′
21.Open Flute4′
22.Fifteenth2′
23.Block Flute2′
24.Cornet II-V
25.Mixture IV
26.Double Trumpet16′
27.Trumpet8′
28.Clarion4′
III Swell Organ C–c4
29.Quintadena16′
30.Violin Diapason8′
31.Lieblich Gedackt8′
32.Echo Gamba8′
33.Voix Celeste8′
34.Principal4′
35.Rohrflute4′
36.Nazard223
37.Fifteenth2′
38.Tierce135
39.Mixture IV
40.Oboe8′
41.Vox Humana8′
42.Contra Fagotto16′
43.Cornopean8′
44.Clarion4′
Tremulant
IV Solo Organ C–c4
45.Cor de Nuit8′
46.Concert Flute4′
47.Viole d’Orchestre8′
48.Viole Celeste8′
49.Corno di Bassetto8′
50.Orchestral Oboe8′
51.Orchestral trumpet8′
52.Orchestral Clarion4′
Tremulant
Pedal Organ C–g1
53.Sub Bourdon32′
54.Open Diapason16′
55.Bourdon16′
56.Dulciana16′
57.Quintadena16′
58.Principal8′
59.Flute8′
60.Dulciana8′
61.Fifteenth4′
62.Rohrflote4′
63.Open Flute2′
64.Mixture IV
65.Double Trombone32′
66.Trombone16′
67.Fagotto16′
68.Tromba8′
69.Bassoon8′
70.Octave Tromba4′
71.Schalmei4′
72.Kornet2′
  • Koppeln
    • Normalkoppeln:I/II, III/I, III/II, IV/I, IV/II, IV/III, I/P, II/P, III/P, IV/P
    • Suboktavkoppeln: IV/IV
    • Superoktavkoppeln: III/III, IV/IV
    • Spezielle Koppeln: Unison off, Zungen und Cornet (II)/IV

Weitere Gebäude

Nördlich der Kapelle befinden sich die Gebäude, die zwischen 1350 und 1357 als Wohnungen für die Kanoniker errichtet wurden, sowie die Anfang des 15. Jahrhunderts für die Vikare errichtete Common Hall. Dieses Gebäude beherbergt das Archiv und die Bibliothek des Stiftes. Das wegen seiner Form so genannte Horseshoe Cloister am Westende der Kapelle wurde zwischen 1478 und 1481 für die Vikare erbaut.

Literatur

  • Nikolaus Pevsner: The Buildings of England. Berkshire. Penguin, London 1966, S. 268–278 (Auszüge bei Google Books).
  • Nigel Saul: St George’s Chapel, Windsor, in the Fourteenth Century. Boydell, Woodbridge [u. a.] 2005, ISBN 1-84383-117-1.
  • Hugo Vickers: St George’s Chapel, Windsor Castle. Foundation of the College of St. George, Windsor 2008, ISBN 978-1-904349-57-0.
Commons: St. George’s Chapel, Windsor Castle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Nikolaus Pevsner: The Buildings of England. Berkshire. Penguin, London 1966, S. 24.
  2. 1 2 3 A short History of St George’s. Abgerufen am 3. Mai 2018.
  3. 1 2 3 4 5 6 St George’s Timeline. Abgerufen am 3. Mai 2018.
  4. 1 2 Nikolaus Pevsner: The Buildings of England. Berkshire. Penguin, London 1966, S. 268.
  5. The Dean & Canons of Windsor. Abgerufen am 25. März 2018.
  6. Nikolaus Pevsner: The Buildings of England. Berkshire. Penguin, London 1966, S. 269.
  7. 360° Virtual Tour of The Nave of St George's Chapel. Abgerufen am 3. Mai 2018.
  8. Royal Burials. Abgerufen am 3. Mai 2018.
  9. Informationen zur Orgel. Abgerufen am 3. Mai 2018 (italienisch).

Koordinaten: 51° 29′ 1,5″ N,  36′ 24,4″ W

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