Klassifikation nach ICD-10
L00 Staphylococcal scalded skin syndrome (SSS-Syndrom)
  • Dermatitis exfoliativa neonatorum (Ritter-von-Rittershain)
  • Pemphigus acutus neonatorum
  • Staphylogenes Lyell-Syndrom
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das Staphylococcal scalded skin syndrome (Abk. SSSS) (englisch scalded skin [skɔːldəd skɪn], deutsch verbrühte Haut) – neben vielen anderen Synonymen auch nach den Namen der Erst- und Zweitbeschreiber Dermatitis exfoliativa neonatorum Ritter von Rittershain (1878) oder Staphylogenes Lyell-Syndrom (1956) genannt – ist eine durch hämatogene Streuung von höchst spezifischen Staphylokokkenexotoxinen verursachte Hauttoxikose bei Säuglingen und Kleinkindern, die durch großflächige, verbrennungsartige Erytheme mit Blasenbildung und anschließender Hautablösung charakterisiert ist. Das Syndrom wurde früher als Schälblattern (Schälblasen) bezeichnet. Die potenziell lebensbedrohliche Krankheit tritt heutzutage nur noch selten auf. Unbehandelt verläuft die Krankheit auch heute noch häufig tödlich, unter frühzeitiger medizinischer Behandlung ist die Prognose jedoch günstig.

Epidemiologie

Dermatitis exfoliativa neonatorum Ritter von Rittershain, kurz Morbus Ritter, war vor Einführung der Krankenhaushygiene und bis in die vor-antibiotische Zeit eine auf Entbindungsstationen und in Waisenhäusern endemisch verbreitete und sehr gefürchtete Infektionskrankheit der Neugeborenen mit einer sehr hohen Sterblichkeitsrate.

Heute tritt die Krankheit nur noch selten und sporadisch auf und betrifft vor allem Säuglinge in den ersten drei Lebensmonaten sowie ältere Kleinkinder mit einem Altersgipfel von bis zu vier Jahren. Die Erkrankungshäufigkeit ist bei Jungen größer als bei Mädchen. Ursächlich gilt die im Verhältnis zum Erwachsenen merklich geringere Abbaugeschwindigkeit der Bakterientoxine Exfoliatin A und B als auslösender Mechanismus im frühkindlichen Organismus.

Ab dem fünften Lebensjahr erkranken Kinder nur noch äußerst selten und in der Regel handelt es sich dabei um Patienten mit Immundefekt oder eingeschränkter Nierenfunktion und die Letalität ist in diesen Fällen trotz antibiotischer Behandlung nach wie vor sehr hoch. Krankheitsfälle beim Erwachsenen sind eine außerordentliche Rarität, weltweit wurden bisher insgesamt nur ungefähr 50 Fälle (weniger als 40 Fälle) dokumentiert.

Die Seltenheit der Erkrankung bei Erwachsenen wird vor allem auf eine erworbene Immunität gegen die entsprechenden Staphylokokkentoxine zurückgeführt, sowie auf die in vollem Umfang leistungsfähige Ausscheidungsfunktion der reifen Nieren des gesunden Erwachsenen. Bei den erwachsenen SSSS-Kranken handelte es sich nahezu ausschließlich um Patienten mit Immunsuppression durch Tumorerkrankung, HIV, Organtransplantation oder Alkoholismus sowie um Patienten mit Niereninsuffizienz.

Pathogenese

Die großflächige Hautrötung mit Blasenbildung erinnert sehr stark an Verbrühungen der Haut – „Syndrom der verbrühten Haut“ – und wurde früher auch manchmal diagnostisch mit solchen verwechselt. Das Krankheitsbild wird durch toxische, hämatogene Fernwirkung verursacht, einer in der Regel extrakutanen Infektion mit dem starken Toxinbildner Staphylococcus aureus der Lysophagengruppe II. Die erythemato-bullöse Hauteffloreszenz ist unmittelbare Folge einer massiven Exfoliatin-Ausschüttung in die Blutbahn.

Die Staphylokokkentoxine Exfoliatin A (ETA), Exfoliatin B (ETB) und Exfoliatin D (ETD) wirken als Serinproteasen und führen aufgrund ihrer außerordentlich zielgerichteten molekularen Spezifität zu einer Aufspaltung des Haftproteins Desmoglein 1 innerhalb der Desmosomen. Die Zell-Zell-Kontakte des Stratum granulosum der Epidermis lösen sich auf und es kommt zu einer nicht-entzündlichen Auflockerung der Zellverbände mit Spaltbildung, die eine Ablösung der oberen verhornten Epidermisschichten bewirkt (Subkorneales Staphylokokken-Schälsyndrom) und als schlaffe Blasenbildung in Erscheinung tritt. Durch diese ausgeprägte toxische Spezifität lässt sich auch erklären, warum die Exfoliatin-produzierenden Stämme von Staphylococcus aureus ihre Aktivität ausschließlich innerhalb der Oberhaut entfalten, obwohl diese Toxine gleichermaßen im gesamten Organismus zirkulieren.

Zur Zeit der Erstbeschreibung, durch den Prager Kinderarzt Gottfried Ritter von Rittershain (1878), waren für diese Erkrankung ursächlich in erster Linie eitrige Staphylokokkeninfekte des Bauchnabels verantwortlich, welche damals in den Entbindungsanstalten seiner Zeit noch seuchenartig verbreitet waren. Durch verbesserte hygienische Verhältnisse konnte die Erkrankungshäufigkeit im letzten Jahrhundert drastisch reduziert werden, so dass heute nur noch selten eine Omphalitis als Ausgangsherd dieser Hauttoxikose auszumachen ist, sondern vielmehr eitrige Infekte der Konjunktiven und der oberen Atemwege.

Seltener liegen der Erkrankung direkte Staphylokokkeninfektionen der Haut zu Grunde, wie z. B. eine Impetigo bullosa oder kutane Hautwunden, zum Teil handelt es sich aber auch um klinisch unauffällige Staphylokokken-Nischen. Beim SSS-Syndrom handelt es sich um eine systemische Erkrankung und nicht, wie früher vermutet, um die Maximalvariante einer Impetigo contagiosa staphylogenes. In den generalisierten subkornealen Blasen sind daher in der Regel auch keine Erreger nachweisbar.

Klinischer Verlauf

Prodromalphase

Der Krankheit können eitrige Staphylokokkeninfektionen des Nasen-Rachen-Raums (Rhinitis, Tonsillitis), der Ohren (Otitis media) sowie der Augen (Konjunktivitis) um einige Tage vorausgehen. Die Symptome im Vorläuferstadium sind oft unspezifisch mit Beeinträchtigung des Allgemeinbefinden und Fieber. Vor dem eigentlichen Beginn der Erkrankung erscheint manchmal ein kleinfleckiges scharlachähnliches Exanthem, welches dann später in der Akutphase in die SSSS-typischen Hautläsionen übergeht. Differenzialdiagnostisch hinweisend ist dabei der periorifizielle Beginn des Exanthems um Augen, Nase und Mund. Manchmal wird auch der sogenannte „Staphylokokkenscharlach“ als Minimalvariante des SSSS beobachtet. In diesen Fällen verläuft die Erkrankung milde, ohne dass sich das volle Krankheitsbild entwickelt.

Stadium erythematosum

In der eigentlichen Initialphase entwickeln sich im Gesicht hellrote, unscharf begrenzte Erytheme – bevorzugt um Mund, Nase und Augen – die sich dann rasch, über die großen Beugen: Hals, Achseln und Leisten, über den ganzen Körper ausbreiten. Die Haut ist gegen jegliche Berührung äußerst empfindlich und die Kinder sind wegen der brennenden Schmerzen reizbar und weinerlich.

Stadium exfoliativum

Nach wenigen Stunden bis Tagen wird die Haut dann faltig und es bilden sich großflächige, schlaffe Blasen, die aufgrund ihrer geringen Dicke (es handelt sich ja nur um die obersten Hautschichten der Epidermis) sehr leicht aufreißen und dann wie „angeklatscht“ auf der hellroten erodierten Epidermis liegen. Dieses Ablösen kann bereits durch vorsichtiges Bestreichen der erythematösen Haut ausgelöst werden („indirektes“ Nikolski-Zeichen), weshalb am Anfang vor allem Aufliege- und Reibestellen davon betroffen sind. Aber auch auf der scheinbar gesunden Haut ist das Nikolski-Zeichen positiv: Durch festes Überstreifen mit dem Finger lässt sich die oberste Schicht der Haut „wie bei einem reifen Pfirsich“ tangential abschieben. Im Gegensatz zur Toxischen epidermalen Nekrolyse sind die Schleimhäute von Mund, Augen und Genitale typischerweise nicht oder nur selten und geringfügig befallen, was dadurch zu erklären ist, dass die oberste verhornte Hautschicht, das Stratum corneum, bei Schleimhäuten physiologisch nicht vorhanden ist.

Unter den Ablösungen ist die Haut hellrot und glänzend, teils nässend aber nicht eitrig, da die Ablösung nicht unmittelbar durch die Staphylokokken selbst ausgelöst wird, sondern durch die Fernwirkung ihrer Toxine. Die Ablösung kann sowohl in kleinen als auch in großen Schritten erfolgen und es entstehen ausgedehnte Erosionen, vor allem an Körperteilen mechanischer Beanspruchung. Die hellrot erodierten Hautareale sind von einem weißen Randsaum umgeben, der aus zusammengezogenen „Hautfetzen“ besteht.

In dieser Phase können erhebliche Verluste von Flüssigkeit und Blutsalzen auftreten, ähnlich wie bei einer Hautverbrennung zweiten Grades und es kann durch hypovolämischen Schock oder Sepsis schnell zu lebensbedrohlichen Zuständen kommen, wenn nicht rechtzeitig therapeutisch eingegriffen wird.

Stadium desquamativum

Durch korrekte medizinische Behandlung wird die Krankheitsdynamik innerhalb weniger Stunden zum Stillstand gebracht und die Haut beginnt sich wieder zu erneuern. Die Reepithelisierung der Erosionen dauert ungefähr 10 bis 14 Tage und wird von einer großflächigen, feinlamelligen Abschuppung gefolgt.

Differentialdiagnose und Diagnose

Die Hautläsionen sind dem klinischen Bild einer Verbrühung sehr ähnlich und können mit solchen leicht verwechselt werden. Das Nikolski-Zeichen ist positiv und der Erreger Staphylococcus aureus lässt sich oft im Rachenabstrich nachweisen, je nach Infektionsherd auch aus Auge und Ohr. In der Prodromalphase erscheint manchmal ein kleinfleckiges, dem Scharlach ähnelndes Exanthem, differenzialdiagnostisch hinweisend ist hierbei der Beginn im Gesicht um Mund, Nase und Augen. Es fehlen hierbei auch die für Scharlach typischen Zeichen Angina tonsillaris und „Himbeerzunge“. Manchmal zeigen sich auch Blasenbildungen, die an die großblasige Impetigo contagiosa erinnern. Beim SSS-Syndrom sind diese aber weder eitrig noch lassen sich daraus im Allgemeinen Erreger nachweisen. Das Staphylococcal scalded skin syndrome kann in bestimmten Fällen auch außerordentliche Ähnlichkeiten zu Brandverletzungen im Rahmen einer Kindesmisshandlung aufweisen und muss dementsprechend diagnostisch abgeklärt werden.

Von größter differenzialdiagnostischer Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen Staphylococcal scalded skin syndrome (staphylogenes Lyell-Syndrom) und der Toxischen epidermalen Nekrolyse (medikamentös-induziertes Lyell-Syndrom), zwei Krankheiten, die früher nicht eindeutig unterschieden oder sogar gleichgesetzt wurden. Das Alter des Patienten, die Medikamentenanamnese sowie der Tzanck-Test geben erste Hinweise. Diagnostische Sicherheit ergibt aber erst eine Blasendeckelhistologie. Die histologische Untersuchung zeigt beim SSSS eine akantholytische Spaltbildung im Bereich des Stratum granulosum und die Bildung von subkornealen Blasen. Bei der TEN sind hingegen spezifische Epidermisnekrosen in allen Schichten der Epidermis anzutreffen. Typisch für die Toxische epidermale Nekrolyse ist außerdem der bevorzugte Befall der Schleimhäute, der beim Staphylococcal scalded skin syndrome nicht, oder nur sehr diskret in Erscheinung tritt. Abzugrenzen ist ferner das DRESS-Syndrom.

Beweisend für SSSS sind neben der Spaltbildung im Stratum granulosum der Nachweis der Exfoliatine im Blut anhand Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA), Western-Blot oder Polymerasekettenreaktion. Eine bakterielle Untersuchung sollte veranlasst werden um Infektionsquellen aufzudecken.

Komplikationen und Prognose

Es handelt sich um eine potenziell schwerwiegende Erkrankung, die in unbehandelten Fällen häufig zu lebensbedrohlichen Komplikationen, wie hypovolämischer Schock, Pneumonie und Sepsis führen kann. Bei frühzeitiger und korrekter Behandlung sind schwere Krankheitsverläufe bei Kleinkindern jedoch die Ausnahme und die Prognose für Kinder bis zum fünften Lebensjahr ist günstig (3 %). Für ältere Patienten hingegen verläuft das SSS-Syndrom wegen der zugrunde liegenden Grunderkrankungen auch bei intensivmedizinischer Behandlung sehr häufig (40 %) tödlich.

Therapie

Die initiale Behandlung umfasst hochdosierte Gaben von penicillinasefesten Penicillinen (beispielsweise Flucloxacillin, Oxacillin oder Methicillin) und anderer, gegen Staphylococcus aureus wirksamer Antibiotika (beispielsweise Cefalosporine, Erythromycin oder Minocyclin). Bei den Staphylokokken vom Phagentyp II handelt es sich nur selten um multiresistente Stämme. Bei ausgedehnten Hautläsionen muss gegebenenfalls der Verlust von Flüssigkeit und Blutsalzen per Infusion ausgeglichen sowie eine adäquate Lokalbehandlung der betroffenen Areale durchgeführt werden. Dabei ist besonders auf Infektionsschutz zu achten. Eine über diese medizinische Maßnahmen hinausgehende intensivmedizinische Versorgung und Therapie wie bei Brandverletzungen ist überflüssig. Corticosteroide sind kontraindiziert, weil sie wegen ihrer immunsupprimierenden Wirkung das Infektionsrisiko erhöhen.

Geschichte und Synonyme

Vermeintliche Verbrühungen durch Hebammen und Mütter

Aufgrund des klinischen Bildes, das auch heute noch kaum ohne Labordiagnostik sicher von einer Verbrennung zweiten Grades zu unterscheiden ist, wurden diese Hautablösungen früher bei Neugeborenen häufig für unbeabsichtigte und bewusst verschwiegene Verbrühungen gehalten. Es sind Prozesse belegt, bei denen Mütter oder auch Hebammen gerichtlich angeklagt wurden, weil sie ihre an SSSS erkrankten Säuglinge zu heiß gebadet und dadurch verbrüht haben sollen.

Dermatitis exfoliativa neonatorum Ritter von Rittershain (1878)

Der Kinderarzt und Direktor der Prager Findelanstalt Gottfried Ritter von Rittershain untersuchte als erster diese endemisch auftretende Säuglingskrankheit. In einem genau definierten Zeitrahmen führte er systematische Beobachtungen über Symptomatik, Krankheitsverlauf und Sterblichkeit durch. Während seiner zehnjährigen Fallstudien, die er vom 1. Juli 1868 bis zum 30. Juni 1878 schriftlich aufzeichnete, registrierte er insgesamt 297 Krankheitsfälle, von denen 145 starben. Die zarten hellroten Erytheme beschreibend, mit der die Krankheit zu Beginn in Erscheinung tritt, wurde sie von ihm 1870 zunächst als Dermatitis erysipelatosa bezeichnet. Später prägte er dann den Terminus Dermatitis exfoliativa neonatorum, was die charakteristischen Hautablösungen treffender beschrieb und nun als Krankheitsname in die damalige Fachliteratur Eingang fand und auch heute noch als Krankheitsbezeichnung für SSSS bei Neugeborenen gebräuchlich ist.

Pemphigus neonatorum und Pemphigus acutus neonatorum


Danach wurde die Krankheit nach seinem vermeintlichen Erstbeschreiber vielfach einfach nur noch Morbus Ritter genannt, im englischen Sprachraum Ritter Disease. Jüngste medizinhistorische Nachforschungen legen nun aber den Schluss nahe, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit die Krankheit bereits 70 Jahre zuvor von anderen Pädiatern in der Fachliteratur als Erisipelas neonatorum (1807) und Pemphigus infantilis analogous to Erysipelas of infants (1813) beschrieben wurde, welche damals beide häufig in den Kinderspitälern dieser Zeit beobachtet worden waren. Neben der Bezeichnung Dermatitis exfoliativa neonatorum Ritter von Rittershain waren auch die Synonyme Pemphigus neonatorum und Pemphigus acutus neonatorum gebräuchlich. Beim Pemphigus neonatorum handelte es sich aber, wie damals schon von einigen Autoren vermutet, um eine im Gegensatz zum Morbus Ritter weit milder verlaufende, selbst-limitierende Hauterkrankung mit nur lokaler Blasenbildung, welche als eine spezielle Form der bullösen Impetigo bei Neugeborenen in Erscheinung tritt.

Staphylodermia superficialis diffusa exfoliativa

Später, nach Entdeckung der kausalen Bedeutung der Staphylokokken, und der bald darauf folgenden Unterscheidung zwischen streptogener und staphylogener Impetigo wurde die Rittersche Dermatitis zusammen mit anderen staphylogenen Hautinfektionen unter dem Überbegriff Staphylodermie zusammengefasst. Zu dieser Zeit wurde allerdings noch nicht zwischen einer systemischen Haut-Toxikose (Dermatitis exfoliativa) und einer lokalen Staphylokokken-Infektion (Bullöse Impetigo) unterschieden, weshalb die Rittersche Krankheit nun irrtümlicherweise als Maximalvariante der bullösen Impetigo (Impetigo contagiosa staphylogenes) bezeichnet wurde, In diesem Zusammenhang entstanden dann so „barocke“ Bezeichnungen wie Staphylodermia superficialis bullosa pemphigoides neonatorum et infantum und Staphylodermia superficialis diffusa exfoliativa, wovon der Letztere in deutschsprachigen dermatologischen Fachkreisen noch aktuell Verwendung findet.

Toxische epidermale Nekrolyse – „Lyell-Syndrom“ (1956)

Mit dem zunehmenden Einsatz synthetischer Arzneimittel wurden bereits Mitte der 1930er Jahre vereinzelt dermatologische Nebenwirkungen beobachtet, die weitgehend dem klinischen Bild einer Dermatitis exfoliativa Ritter von Rittershain entsprachen. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte nun auch der britische Dermatologe Alan Lyell ähnliche Beobachtungen bei Erwachsenen gemacht und diese „mit dem Einzug der Anglismen (sic!) in die kontinentale Terminologie“ 1956 erstmals als „Toxic epidermal necrolysis“ beschrieben.

Im Verlauf seiner weiteren Untersuchungen musste er im Nachhinein jedoch feststellen, dass es sich bei seiner ursprünglichen Beschreibung um die Vermischung zweier verschiedener Krankheitsbilder gehandelt hatte. Er unterschied von nun an folgerichtig zwischen einer durch Staphylokokken verursachten Toxischen epidermalen Nekrolyse, die ihm ja bereits als Ritter’s disease bekannt war und der eigentlichen, bis vor kurzem unbekannten und von ihm neu beschriebenen Medikamenten-induzierten TEN. Diese Differenzierung wurde in der damaligen Fachliteratur dann als staphylogenes Lyell-Syndrom (STEN) und medikamentös induziertes Lyell-Syndrom (DTEN) referiert und diese Begriffe sind teilweise auch heute noch so gebräuchlich.

Staphylococcal scalded skin syndrome (1970)

Lyell und seine Mitarbeiter hatten zwar schon bald erkannt, dass ein bisher unbekanntes Staphylokokken-Toxin für die Staphylokokken-induzierte TEN verantwortlich sein musste und konnten dieses Toxin (Exfoliatin) auch tatsächlich isolieren. Der Versuch an Mäusen, durch Einimpfung dieser Toxine eine Staphylokokken-induzierte TEN zu erzeugen, schlug jedoch fehl. Melish und Glasgow (1970) führten einige Jahre später einen ähnlichen Versuch an neugeborenen Mäusen durch und konnten diesmal tatsächlich eine Staphylokokken-induzierte TEN auslösen.

Literatur

  • Peter Fritsch: Dermatologie, Venerologie. 2. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2004, ISBN 3-540-00332-0
  • Otto Braun-Falco et al. (Hrsg.): Dermatologie und Venerologie. 5. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 2005, ISBN 3-540-40525-9
  • Gernot Rassner: Dermatologie – Lehrbuch und Atlas. 8. Auflage. Urban & Fischer, München/Jena 2007, ISBN 3-437-42762-8
  • Ingrid Moll, (Ernst G. Jung) (Hrsg.): Dermatologie. 6. Auflage. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-126686-4
  • Klaus Betke et al. (Hrsg.): Lehrbuch der Kinderheilkunde – Keller/Wiskott. 6. Auflage. Thieme, Stuttgart 1991, ISBN 3-13-358906-7
  • Manfred Dietel et al. (Hrsg.): Harrisons Innere Medizin. 15. Auflage. ABW, Berlin 2003, ISBN 3-936072-10-8

Einzelnachweise

Die klinischen Beobachtungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse, die in diesen Artikel Eingang gefunden haben, entstammen vorwiegend dem Standardwerk der Dermatologie:

  • Peter Fritsch: Dermatologie, Venerologie. 2. Auflage. Springer, Berlin/Heidelberg/New York (u. a.) 2004; S. 259f, ISBN 3-540-00332-0

Aus diesem Werk werden nur in strittigen Fragen Einzelbelege erbracht. – Darüber hinaus werden folgende Quellen zitiert:

  1. A. Müller, R. W. Schlecht, Alexander Früh, H. Still Der Weg zur Gesundheit: Ein getreuer und unentbehrlicher Ratgeber für Gesunde und Kranke. 2 Bände, (1901; 3. Auflage 1906, 9. Auflage 1921) 31. bis 44. Auflage. C. A. Weller, Berlin 1929 bis 1931, Band 1 (1931), S. 18 f.
  2. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Dietrich Abeck: Staphylococcal scalded skin syndrome (SSSS). In: Otto Braun-Falco, Gerd Plewig, Helmut H. Wolff, Walter H.C. Burgdorf, Michael Landthaler (Hrsg.): Dermatologie und Venerologie. 5. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg / New York (u. a.) 2005, S. 110, ISBN 3-540-40525-9
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  31. Friedrich Luithlen: Dermatitis exfoliativa Ritter. In: Archiv für Dermatologie und Syphilis. Band 47, Nummer 3, März 1899; S. 323–338, doi:10.1007/BF01950127
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  33. K. Dohi: Zur Klinik und Atiologie der Impetigo contagiosa. In: Archiv für Dermatologie und Syphilis. Band 111, Nr. 2, März 1912, S. 629–647, doi:10.1007/BF01960435 Abstract.
  34. DermIS Eine Kooperation der Abteilung für Klinische Sozialmedizin (Universität Heidelberg) und der Hautklinik Erlangen (Universität Erlangen-Nürnberg): „Staphylodermia superficialis diffusa exfoliativa“. dermis.multimedica.de (Memento des Originals vom 27. September 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 31. August 2007
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