Stefanie Maria Beata Rabatsch, geborene Isak (* 26. Dezember 1887 in Niemes, Böhmen, Österreich-Ungarn; † 22. Dezember 1975), in der Literatur oft nur als „Stefanie“ bezeichnet, war eine Österreicherin, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Jugendschwarm Adolf Hitlers war. Die Geneigtheit blieb einseitig. Hitler nahm zu keiner Zeit persönlichen Kontakt zu Stefanie Isak auf. Sie wusste bis in die 1950er-Jahre hinein nicht, dass sie das Interesse Adolf Hitlers geweckt hatte. Sein Umgang mit ihr wurde und wird in wissenschaftlichen Abhandlungen vielfach zum Anlass für Betrachtungen über Hitlers Persönlichkeit im Allgemeinen und über sein Verhältnis zu Frauen im Besonderen genommen.

Biografie

Stefanie Rabatsch (Porträt)

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Stefanie Isak wurde 1887 in Böhmen geboren. Ihr Vater Emil Isak war k.k. Landesgerichtsrat, ihre Mutter war Amalia Isak geb. Schlegl. Sie hatte einen älteren Bruder, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Rechte studierte. Die Ähnlichkeit ihres Nachnamens mit dem hebräischen Vornamen Isaak gab zu Spekulationen Anlass, sie entstamme einer jüdischen Familie. Das trifft jedoch nicht zu.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebte die Familie Isak in der seinerzeit noch selbstständigen oberösterreichischen Gemeinde Urfahr im unmittelbaren Umfeld der Stadt Linz. Stefanie Isak legte 1904 die Matura ab, erhielt in den folgenden Jahren eine Ausbildung an Höheren Mädchenschulen in München und Genf und lebte mindestens seit November 1906 wieder bei ihrer Mutter in Urfahr.

1908 verlobte sich Stefanie Isak mit Maximilian Rabatsch, einem am 24. November 1872 in Wien geborenen Hauptmann des in Linz stationierten Hessenregiments, den sie am 24. Oktober 1910 in Wien-Währing heiratete. Ihr Mann starb am 15. Juli 1942 in Wien als Oberst. Nach Kriegsende lebte sie in Wien. Sie wurde am 9. Januar 1976 in Wien am Kalksburger Friedhof bei ihrem Mann bestattet.

Hitler in Linz

Der 1889 geborene Adolf Hitler lebte bis zum Sommer 1904 mit seiner Mutter im elterlichen Haus in Leonding, nach dessen Verkauf die Familie eine Wohnung in Linz bezog. Hitler besuchte seit September 1904 für etwa ein Jahr die Staatsrealschule in Steyr und wohnte dort bei einer Familie zur Untermiete. Nach dem Schulabbruch im Herbst 1905 zog er, 16-jährig, in die Linzer Wohnung seiner Mutter ein und nahm zwei Jahre lang keine weitere Ausbildung oder Tätigkeit auf. Hitler verbrachte ab 1905 einen Großteil seiner Zeit mit dem etwa ein Jahr älteren Tapeziererlehrling August Kubizek, der sein einziger Freund war. Erst 1907 bewarb sich Hitler um eine Ausbildung an der Akademie der bildenden Künste Wien, die im Oktober des gleichen Jahres abgelehnt wurde; wenig später starb seine Mutter.

In diese Jahre fällt Hitlers Affektion zu Stefanie Isak.

Stefanie Isak und Adolf Hitler

Quellenlage

Adolf Hitlers Zuneigung zu Stefanie Isak wird nur von einer einzigen zeitgenössischen Quelle berichtet: August Kubizek machte sie in seinem 1953 erstmals erschienenen Buch Adolf Hitler, mein Jugendfreund bekannt. Er widmet „Stefanie“ darin ein eigenes Kapitel. Weitere Zeitzeugen zu diesem Komplex gibt es nicht; Hitler selbst geht in seinem Buch Mein Kampf und auch an anderen Stellen nicht auf „Stefanie“ ein. Allerdings gibt es Hinweise, dass Hitler 1910 in Wien gegenüber Reinhold Hanisch und sogar noch 1913 in München gegenüber Rudolf Häusler „Stefanie“ als seine Linzer „Freundin“ bezeichnete.

Die Geschichte nach Kubizek

Wann Hitlers Interesse an Stefanie Isak begann, ist nicht geklärt. Nach Kubizek war es im Frühjahr 1905. Brigitte Hamann hingegen hält das Frühjahr 1906 für wahrscheinlich, weil Hitler im Frühjahr 1905 noch als Schüler in Steyr lebte, während es nach Franz Jetzinger unter Berücksichtigung der auswärtigen Ausbildung Stefanie Isaks keines der beiden Jahre gewesen sein könne.

Hitler kannte wesentliche Einzelheiten zu Stefanie Isak, darunter ihren vollen Namen, ihre Familienverhältnisse und ihre Stimmlage. Viele dieser Details ließ er durch Kubizek in Erfahrung bringen, der in Hitlers Auftrag Gespräche belauschte und Erkundigungen einholte. Ob Hitler Stefanie Isak wegen ihres Nachnamens für jüdisch hielt, ist nicht geklärt; allerdings war Hitler zu dieser Zeit zweifelsfrei noch kein Antisemit.

Hitler näherte sich Stefanie Isak ausschließlich im öffentlichen Raum. Zu ihren Angewohnheiten gehörte es, mit ihrer Mutter nachmittags regelmäßig einen Spaziergang über die Linzer Landstraße zu machen. Hitler und Kubizek hielten sich an den Nachmittagen regelmäßig an der Straße auf und beobachteten Stefanie, wobei es in Hitlers Fall allerdings blieb. Er sprach Stefanie nie an und wies entsprechende Aufforderungen Kubizeks zurück, entweder indem er ein Ansprechen jeweils auf „morgen“ verschob oder sie mit der Begründung ablehnte, er könnte ihrer Mutter bei einer Vorstellung noch keinen standesgemäßen Beruf nennen. Soweit Hitler sich zeitweise nicht in Linz aufhielt, beauftragte er Kubizek, Stefanie Isak zu beobachten, und forderte von ihm regelmäßige schriftliche Berichte, in denen Kubizek für Stefanie den Tarnnamen „Benkieser“ zu verwenden hatte.

Gegenüber Kubizek sprach Hitler ausdrücklich davon, dass er „Stefanie“ liebe und sie als seine künftige Ehefrau sehe. Er ging davon aus, dass sie seinen Heiratsantrag beim ersten persönlichen Gespräch annehmen würde, und entwarf detaillierte Pläne für eine Villa im Renaissance-Stil, die er für sie bauen wollte. Hitler war eifersüchtig auf männliche Begleiter Stefanie Isaks, bei denen es sich vielfach um jüngere Offiziere handelte, missbilligte ihre Neigung zum Tanz und plante zeitweise, sie zu entführen oder mit ihr zusammen einen erweiterten Suizid zu begehen.

Äußerungen von „Stefanie“

Franz Jetzinger, der 1956 eine der ersten Abhandlungen über Hitlers Jugendzeit veröffentlichte, hatte im Rahmen seiner Recherchearbeiten persönlich Kontakt zu der mittlerweile verwitweten Stefanie Rabatsch. Sie erklärte seinerzeit, kaum oder keine Erinnerungen an einen jungen Mann zu haben, der sie in ihrer Jugend regelmäßig beobachtete und für sie schwärmte, ohne Kontakt zu ihr aufzunehmen. Sie bestätigte allerdings, in dieser Zeit einen anonymen Liebesbrief von jemandem erhalten zu haben, der behauptete, an der Akademie der bildenden Künste Wien zu studieren oder studieren zu wollen. Nach der Machtergreifung habe sie keine Verbindung zwischen dieser Person und Adolf Hitler hergestellt.

Unter der Regie von Axel Corti entstand 1973 der vom ZDF und vom ORF produzierte Dokumentarspielfilm Ein junger Mann aus dem Innviertel, der Hitlers Werdegang in der k.u.k.-Zeit bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges behandelt. In den Spielfilmsequenzen wird Stefanie von Marianne Nentwich dargestellt. In einer Interviewszene äußert sich die hoch betagte Stefanie Rabatsch persönlich und erklärt, sie habe Hitler damals nicht wahrgenommen.

Bewertung in der Geschichtswissenschaft

Obwohl ausschließlich Kubizek den „Stefanie“-Komplex unmittelbar bezeugt und ungeachtet der grundsätzlichen Zweifel, die seinem Buch teilweise entgegengebracht werden, ist Hitlers Affektion zu Stefanie Isak im Grundsatz in der Hitler-Forschung unbestritten. Unterschiede gibt es allerdings in der Einschätzung ihres Ausmaßes und ihrer Bedeutung.

Franz Jetzinger, Werner Maser und Ian Kershaw halten Kubizeks Darstellung für stark überspitzt. Nach Masers Einschätzung habe sich Hitlers Emotionslage nicht von den „Schwärmereien“ unterschieden, „die Jünglinge im Alter zwischen 15 und 17 Jahren üblicherweise für ein unerreichbar erscheinendes junges Mädchen empfinden“.

Joachim Fest sieht im Verhalten Hitlers gegenüber Stefanie Isak ein frühes Beispiel für seine lebenslange Neigung, sich in Traumwelten zurückzuziehen. Hitlers Weigerung, Stefanie Isak anzusprechen, folge nicht allein natürlicher Scheu, sondern dem „Wunsch, die Vorstellung gegenüber der Wirklichkeit zu verteidigen, die immer abgeschmackte Realität nicht ins Reich der Fantasie einzulassen“.

Brigitte Hamann nimmt eine anhaltende „Stefanie“-Fixierung Hitlers an, die ein Beleg für seinen mangelnden Kontakt zu Frauen generell sei: Dass Hitler 1910 als 21-Jähriger und 1913 sogar noch im Alter von 24 Jahren „diese alte eingebildete Liebe aus seiner Pubertät für erzählenswert hielt, deutet darauf hin, daß er sich auf diesem Gebiet in den dazwischenliegenden Jahren kaum weiterentwickelt hatte“.

Anmerkungen

  1. Joachim Fest charakterisiert Hitlers Leben zu dieser Zeit als das „halb eines Rentiers, halb eines Taugenichts“; vgl. J. Fest: Das Gesicht des Dritten Reiches. Profile einer totalitären Herrschaft. Piper, München 2006, ISBN 3-492-21842-3, S. 20.
  2. Ian Kershaw vermutet in der Einleitung zur 2011 erschienenen englischen Ausgabe, dass das Buch in Wirklichkeit von einem Ghostwriter geschrieben wurde (Ian Kershaw: Introduction in: August Kubizek: The Young Hitler I Knew: The Memoirs of Hitler's Childhood Friend, Frontline Books, 2011, ISBN 978-1-84832-607-1, S. 9 ff), Brigitte Hamann vermutet zumindest die Arbeit eines sehr guten Lektors. Peter Longerich hält die Zuverlässigkeit von Kubizeks Schilderungen der gemeinsamen Linzer und Wiener Jahre generell für „höchst zweifelhaft“ (vgl. Peter Longerich: Hitler, Siedler Verlag, München, 2015, ISBN 978-3-8275-0060-1, S. 25), Werner Maser „für eine Mischung aus Dichtung und Wahrheit“ (Werner Maser: Adolf Hitler: Legende – Mythos – Wirklichkeit, Bechtle, 18. Auflage, München/Esslingen 2001, ISBN 3-7628-0521-0, S. 55). Dem tritt u. a. Brigitte Hamann entgegen, wenn sie bei Jetzinger persönliche – namentlich wirtschaftliche – Motive der Diskreditierung Kubizeks annimmt und bei Maser die unkritische Übernahme der Position Jetzingers sieht (vgl. Brigitte Hamann: Hitlers Wien: Lehrjahre eines Diktators. Piper, München 1996, ISBN 3-492-03598-1, S. 84).

Einzelnachweise

  1. 1 2 3 4 5 Trauungsbuch Wien-Währing, Bd. 34, S. 148
  2. 1 2 3 Gräbersuche Wien, Kalksburg, Gr. 7, Nr. 43. Abgerufen am 15. September 2022 (deutsch).
  3. Andrew Roberts: Hitler’s Secret Jewish Girlfriend. dailymail.co.uk, 8. September 2006, abgerufen am 21. August 2022.
  4. Anton Joachimsthaler: Hitlers Liste: Ein Dokument persönlicher Beziehungen, Herbig, 2003, ISBN 978-3-7766-2328-4, S. 46–52 ff.
  5. 1 2 Franz Jetzinger: Hitlers Jugend. Phantasien, Lügen und die Wahrheit. Europa-Verlag, Wien 1956. S. 143.
  6. Werner Maser: Adolf Hitler: Legende – Mythos – Wirklichkeit, Bechtle, 18. Auflage, München/Esslingen 2001, ISBN 3-7628-0521-0, S. 74, 75.
  7. Frederic Spotts: Hitler and the Power of Aesthetics, Overlook Press, 2009, ISBN 978-1-59020-178-7, S. XV-XVI.
  8. 1 2 Brigitte Hamann: Hitlers Wien: Lehrjahre eines Diktators. Piper, München 1996, ISBN 3-492-03598-1, S. 516 f.
  9. August Kubizek: Adolf Hitler, mein Jugendfreund, Leopold Stocker Verlag, Graz 1953 (9. Auflage 2002: ISBN 978-3-7020-0971-7), S. 64.
  10. Brigitte Hamann: Hitlers Wien: Lehrjahre eines Diktators. Piper, München 1996, ISBN 3-492-03598-1, S. 41.
  11. Joachim Riecker: Hitlers 9. November, Siedler, Berlin 2009, ISBN 978-3-937989-57-0, S. 74 f.
  12. August Kubizek: Adolf Hitler, mein Jugendfreund, Leopold Stocker Verlag, Graz 1953 (9. Auflage 2002: ISBN 978-3-7020-0971-7), S. 64–74.
  13. Besetzung des Films Ein junger Mann aus dem Innviertel auf imdb.com (abgerufen am 25. August 2022).
  14. Hitler-Film: Wie wurde der das? www.spiegel.de, 25. November 1973, abgerufen am 26. August 2022.
  15. 1 2 Werner Maser: Adolf Hitler: Legende – Mythos – Wirklichkeit, Bechtle, 18. Auflage, München/Esslingen 2001, ISBN 3-7628-0521-0, S. 310.
  16. Ian Kershaw: Introduction in: August Kubizek: The Young Hitler I Knew: The Memoirs of Hitler's Childhood Friend, Frontline Books, ISBN 978-1-84832-607-1, S. 11.
  17. Joachim Fest: Hitler. Eine Biografie, Ullstein, Berlin 1973, ISBN 3-548-26514-6, S. 55.
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