Die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen ist ein deutsches Filmarchiv mit Sitz in Berlin, das wesentlich zu Erhalt und Vermittlung des deutschen und internationalen Filmerbes beiträgt.
Mit dem Einzug ins Filmhaus am Potsdamer Platz eröffnete die Deutsche Kinemathek im September 2000 das Filmmuseum Berlin, dem 2006 der Bereich Fernsehen angegliedert wurde. Es erfolgte die Umbenennung in Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen. Teile des Archivbestandes sind seither in der ständigen Ausstellung Film und Fernsehen sowie in wechselnden Sonderausstellungen im Museum für Film und Fernsehen der Deutschen Kinemathek ausgestellt.
Geschichte
Offiziell eröffnet wurde die Deutsche Kinemathek am 1. Februar 1963, die als eingetragener Verein am 6. April 1962 gegründet worden war. Den Grundstein bildeten zwei vom Berliner Senat angekaufte Sammlungen, die das Land Berlin dem neu eingetragenen Verein zur Verwaltung und Aufbewahrung anvertraute. Zum einen die umfangreiche Sammlung des Regisseurs Gerhard Lamprecht, die einen großen Bestand an Filmen, Dokumenten, Materialien und filmtechnischen Apparaturen umfasste sowie die Sammlung Albert Fidelius, der in der Nachkommenschaft eines Filmverleihers seit 1933 unter anderem kurze Spielfilme, Wochenschauen und Voranzeigen gesammelt hatte. Erster Direktor des Vereins wurde Gerhard Lamprecht. Schon damals gab man die Errichtung eines Filmmuseums, mit finanziellem Zuschuss des Bundes und des Landes Berlin, als Vereinsziel aus.
Nach provisorischer Unterbringung an wechselnden Standorten in Berlin und Umtragung des Vereins in eine Stiftungen des Privatrechts zum 1. Februar 1971, wechselte die Deutsche Kinemathek 1971 ins Deutschlandhaus an der Pommernallee 1, wo seit 1966 auch die Deutsche Film- und Fernsehakademie angesiedelt war.
Durch Ankauf, Tausch und Schenkungen brachte es die Stiftung zu einer der bedeutsamsten filmhistorischen Sammlungen Europas. Als solche beteiligt sie sich am nationalen wie internationalen Austausch von Filmkopien und Fachwissen, was sich bereits mit dem Beitritt in die Archivgemeinschaft Fédération Internationale des Archives du Film (kurz FIAF) 1965 ankündigte und was mit der Mitgliedschaft im Deutschen Kinemathekenverbund ab 1979, einem vertraglich geregelten Zusammenschluss deutscher Filmarchive, als Richtung Bestätigung fand.
Mit dem Einzug ins Filmhaus am Potsdamer Platz eröffnete die Deutsche Kinemathek im September 2000 das Filmmuseum Berlin, dem 2006 die Ausstellung Fernsehen angegliedert wurde. Es erfolgte die Umbenennung in Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen.
Aufgaben und Organisation
Die Stiftung Deutsche Kinemathek hat sich zur Aufgabe gesetzt, die Geschichte des Films und Fernsehens zu dokumentieren, aufzuarbeiten und die wissenschaftliche und pädagogische Auseinandersetzung damit zu fördern. Sie widmet sich dem Sammeln und dem Erhalt wertvollen Filmmaterials wie filmhistorisch bedeutsamer Materialien und fördert mit eigenen Ausstellungen, einem Bildungsangebot sowie Filmreihen und anderen Veranstaltungen die Vermittlung des audiovisuellen Erbes. Die Filme aus den Archivbeständen der Deutschen Kinemathek werden für nichtgewerbliche Zwecke verliehen. Als Verleih betreut die Kinemathek darüber hinaus auch die Produktionen der Deutschen Film- und Fernseh-Akademie Berlin (DFFB). Seit 1977 betreut die Kinemathek auch die filmhistorischen Retrospektiven im Rahmen der Internationalen Filmfestspiele Berlin.
Die Stiftung Deutsche Kinemathek beschäftigt heute rund 60 Mitarbeiter. Nach dem Tod des langjährigen Direktors Heinz Rathsack übernahm 1990 der Filmhistoriker Hans Helmut Prinzler die Leitung der Kinemathek. 2006 wurde Rainer Rother zum Künstlerischen Direktor berufen. Bis März 2012 stand ihm als Verwaltungsdirektor Paul Klimpel zur Seite, ihm folgte 2012 bis 2017 Maximilian Müllner. Seit August 2017 ist Florian Bolenius Verwaltungsdirektor und bildet gemeinsam mit Rainer Rother den Vorstand der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen.
Publikationen
Die Deutsche Kinemathek gibt auch Literatur – vor allem zum deutschen Film und seiner Geschichte – heraus, darunter die Fachzeitschriften Recherche Film und Fernsehen und FilmExil (eingestellt). Daneben gibt sie die Publikationsreihe FilmHefte heraus sowie gemeinsam mit CineGraph den Film-Kurier-Index, die Buchreihe FILMtext und die Broschüren FilmMaterialien. 2010 erschien das Buch Fritz Langs Metropolis mit über 600 Abbildungen.
Filmarchiv
Die Archivierung, Rekonstruktion und Restaurierung filmhistorisch bedeutsamer Filme gehören zu den zentralen Aufgaben der Deutschen Kinemathek. Das Filmarchiv umfasst mit etwa 26.000 Titeln einen umfangreichen Bestand an deutschen und internationalen Stumm- und Tonfilmen der unterschiedlichsten Formate, Genres und Stile. Etliche Filme werden zur Sichtung bereitgestellt. Ein Teil des Filmbestandes fokussiert sich auf Experimental- und Dokumentarfilm. Daneben befinden sich im Filmarchiv Filme aus dem Kreis der Unterzeichner des Oberhausener Manifests von 1962, sowie das gesamte Filmschaffen der DFFB, zu dem die ausgesprochen politischen Filme der ersten Generation ebenso wie die Filme der sogenannten Berliner Schule zu rechnen sind.
Sammlungen
Filme hinterlassen im Verlauf ihrer Produktionsgeschichte Materialien der unterschiedlichsten Art wie dreidimensionale Plastiken und Modelle, Textilien, filmtechnische Apparaturen, Tondokumente, Fotografien darunter Szenen-, Portrait- und Werkfotos, aber auch schriftliche Aufzeichnungen wie Entwurfsskizzen, Vertragswerk, Plakate, Filmprogramme, Zulassungskarten, Zensurunterlagen, filmografische und biografische Materialien, Werbehinweise, Eintrittskarten und Kritiken. In ihren Sammlungen beherbergt die Deutsche Kinemathek etwa eine Million solcher filmhistorisch relevanter Materialien. Einen Schwerpunkt der Sammlungen bilden die Dokumente zum deutschen Film-Exil, die das Wirken deutscher Filmschaffender in der Emigration nachzeichnen und als international umfangreichste Sammlung dieser Ausrichtung gilt. Sammlungen aus dem Nachlass einflussreicher Filmlegenden wie F.W. Murnau, G.W. Pabst, Marlene Dietrich, Ken Adam oder Bernd Eichinger bieten daneben umfangreiche Einsicht in individuelle Biografien, Kultur-, Zeit- und Produktionsgeschichte. Ein besonderer Schwerpunkt der Sammlung stellen Materialien zur Filmarchitektur dar. Datenbanken erleichtern die gezielte Materialsuche. Einige Sammlungen, darunter das Archiv des einflussreichen Setdesigners Ken Adam, sowie das Archiv der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (DFFB) sind mittlerweile online zugänglich. Mit der Online-Darstellung des filmkulturellen Erbes zeigt die Deutsche Kinemathek neue Wege der Nutzbarmachung audiovisuellen Kulturguts auf und macht die dort präsentierten Inhalte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich.
Bibliothek
Teil der Kinemathek ist außerdem eine der größten wissenschaftlichen Spezialbibliotheken zu den Themen Film und Fernsehen in Deutschland. Die Sammlung umfasst Film- und Fernsehgeschichte inklusive der Vor- und Frühgeschichte, Film- und Fernsehtheorie, Literatur zu einzelnen Personen und Filmen sowie zu Film- und Fernsehwirtschaft und Film- und Fernsehtechnik. Zur Verfügung stehen knapp 48.000 Bücher und rund 3800 Zeitschriftentitel, 180 davon laufend abonniert. Filmographische und bibliographische Datenbanken sowie 1500 DVDs können vor Ort benutzt werden. Hinzu kommen umfangreiche Sondersammlungen, unter anderem Festivalmaterialien, Filmtheaterprogramme und Verleihkataloge.
Sonderausstellungen
- 2022/23 Werner Herzog
- 2021 Brandspuren
- 2021 Du musst Caligari werden!
- 2021 Hautnah!
- 2018/19: Zwischen den Filmen – Eine Fotogeschichte der Berlinale
- 2017/18: Die Ufa. Geschichte einer Marke
- 2017: Robby Müller – Master of Light
- 2014: Licht und Schatten. Am Filmset der Weimarer Republik. Begleitband.
- 2014: The Unseen Seen. Film im neuen Licht.
- 2013: Bernd Eichinger – … alles Kino.
- 2013: Martin Scorsese.
- 2012: 40 Jahre Sesamstraße. Zu Gast im Museum für Film und Fernsehen
- 2012: Helden. Eine Ausstellung für Kinder von 4 bis 14 Jahren
- 2011: Am Set. Paris – Babelsberg – Hollywood, 1910 bis 1930
- 2011: Am Set. Berlin – Babelsberg, heute
- 2011: Zwischen Film und Kunst. Storyboards von Hitchcock bis Spielberg
- 2011: Experimentelles Fernsehen der 1960er und '70er Jahre
- 2011: Ingmar Bergman. Von Lüge und Wahrheit
- 2010: Das Nossendorf-Projekt. Eine Installation von Hans Jürgen Syberberg
- 2010: Im Dschungel. Eine Ausstellung für Kinder von 4 bis 14 Jahren
- 2010: The Complete Metropolis
- 2009: Romy Schneider. Wien – Berlin – Paris
- 2009: Casting a Shadow. Alfred Hitchcock und seine Werkstatt
- 2009: Wir waren so frei … Momentaufnahmen 1989/1990
- 2008: Wasserwelten. Eine Ausstellung für Kinder von 4 bis 14 Jahren
- 2008: Loriot. Eine Hommage zum 85. Geburtstag
- 2007: film.geschichte: „Wenn ich Sonntags in mein Kino geh“
- 2007: film.kunst: Ulrike Ottinger
- 2007: Auf heißen Spuren … Meisterdetektive im Museum. Eine Ausstellung für Kinder von 4 bis 14 Jahren
- 2007: Filmkostüme! Das Unternehmen Theaterkunst
- 2006: Kino im Kopf. Psychologie und Film seit Sigmund Freud
- 2006: Michael Jary. Präsentation des Nachlasses
- 2006: Tor! Fußball und Fernsehen
- 2005: Hildegard Knef. Eine Künstlerin aus Deutschland. Sonderausstellung zum 80. Geburtstag
- 2005: Volker Noth. Plakate 1977 bis 2005
- 2005: Marika Rökk (1913–2004). Präsentation des Nachlasses
- 2005: Henry Koster. Präsentation der Sammlung Henry Koster im Foyer
- 2005: Bewegte Räume. Production Design + Film
- 2004: Die Kommissarinnen
- 2004: Vom aufrechten Gang. 30 Jahre Basis-Filmverleih Berlin
- 2004: Dem Licht bei der Arbeit zusehen. Helmut Herbst fotografiert Freunde und Kollegen 1964 bis 1990
- 2004: Lauras Stern. Ausstellung zum Zeichentrickfilm
- 2004: Die ideale Frau. Ruth Leuwerik und das Kino der fünfziger Jahre
- 2003: Flügelschlag – Engel im Film
- 2003: Die Welt des Hardy Krüger. Eine Hommage
- 2003: Wo Filmkarrieren beginnen. 40 Jahre Das kleine Fernsehspiel im ZDF
- 2003: Götterdämmerung. Luchino Visconti's deutsche Trilogie
- 2003: Oscars in Animation
- 2003: Hirschfeld’s Hollywood
- 2003: Friedrich Wilhelm Murnau. Ein Melancholiker des Films
- 2002: Fernsehen macht glücklich
- 2002: Hildegard Knef. Einblicke in den Nachlass
- 2002: Jeder für sich und Gott gegen alle. Der Regisseur Werner Herzog
- 2002: Ein guter Freund. Heinz Rühmann zum 100. Geburtstag
- 2002: Berlin – Sinfonie einer Großstadt
- 2001: Michael Ballhaus. Director of Photography
- 2001: Forever Young. Marlene Dietrich zum 100. Geburtstag
- 2001: Mathias Bothor, Joachim Gern. Porträtfotografie
- 2001: Starometer – Internetseite und Ausstellungslounge
- 2001: Bilder / Stories / Filme. Der Produzent Joachim von Vietinghoff
- 2001: Fritz Lang
- 2001: Andreas Neubauer: Fotografien
Siehe auch
Literatur
- Begleitband zur Ausstellung 2013: Licht und Schatten. Schirmer/Mosel, München 2012, ISBN 978-3-8296-0588-5.
- Rolf Aurich: Mosaikarbeit. Gerhard Lamprecht und die Welt der Filmarchive. edition text+kritik, München 2013, ISBN 978-3-86916-226-3. (Eine Darstellung der Filmsammlung der Deutschen Kinemathek und ihrer Entstehung aus der Sammlung Lamprechts)
- Wolfgang Jacobsen: Zeit und Welt. Gerhard Lamprecht und seine Filme. edition text+kritik, München 2013, ISBN 978-3-86916-227-0. (Eine Darstellung der Filme Lamprechts und ihrer Überlieferung u. a. in der Deutschen Kinemathek)
- Eva Orbanz: Miteinander und Gegenüber. Gerhard Lamprecht und seine Zeitzeugengespräche. edition text+kritik, München 2013, ISBN 978-3-86916-318-5. (Auswahl der transkribierten Fassungen einiger Zeitzeugengespräche zur deutschen Filmgeschichte, die Gerhard Lamprecht geführt hat und die in der Deutschen Kinemathek überliefert sind)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Rolf Aurich: Mosaikarbeit. Gerhard Lamprecht und die Welt der Filmarchive. edition text+kritik, München 2013, ISBN 978-3-86916-226-3.
- ↑ Deutsche Kinemathek: Satzung | Deutsche Kinemathek. Abgerufen am 21. April 2023.
- ↑ Rolf Aurich: Mosaikarbeit. Gerhard Lamprecht und die Welt der Filmarchive. edition text+kritik, München 2013, ISBN 978-3-86916-226-3.
- ↑ Deutsche Kinemathek: Bibliothek | Deutsche Kinemathek. Abgerufen am 30. November 2022.
- ↑ Deutsche Kinemathek: Werner Herzog | Deutsche Kinemathek. Abgerufen am 30. November 2022.
- ↑ Wo das weiße Blut der Leinwand fließt. In: FAZ. 23. Januar 2014, S. 29.