Die Straßenbaulast ist eine Verpflichtung im öffentlichen Straßen- und Wegerecht in Deutschland und umfasst alle Aufgaben, die zur Vorhaltung öffentlicher Straßen und Wege für den allgemeinen Gebrauch erforderlich sind. Zur Erfüllung dieser Aufgaben hat der Gesetzgeber verschiedene Träger der Straßenbaulast (auch kurz Straßenbaulastträger genannt) bestimmt. Im Regelfall handelt es sich dabei um Gebietskörperschaften der öffentliche Hand, also beispielsweise Bundesländer oder Gemeinden.
Zusammen mit der Widmung und dem Gemeingebrauch gehört die Straßenbaulast zu den traditionellen Inhalten des öffentlichen Straßen- und Wegerechts in Deutschland. Das Wesen der Straßenbaulast ist komplex und mitunter geprägt von Sonderfallkonstellationen. Diese können in diesem Artikel nicht erschöpfend behandelt werden. Ein Blick in die einschlägige Fachliteratur und die zugehörigen Kommentarwerke wird angeraten.
In den nachfolgenden Ausführungen wird vereinfachend der Begriff „Straße“ verwendet. Gemeint sind jedoch stets alle Arten von öffentlich gewidmeten Verkehrsflächen, also auch beispielsweise Geh- und Radwege, Plätze, Autobahnen usw.
Umgriff
Die Straßenbaulast und die damit verbundene Pflicht zum Bau und Unterhalt von öffentlichen Straßen erstreckt sich nicht nur auf den Straßenkörper an sich. Zum Umgriff gehört vielmehr alles was erforderlich ist, um die Straße der Öffentlichkeit als Verkehrsweg in tauglichem Zustand zur Verfügung zu stellen. Dies umfasst im Regelfall Kunstbauwerke im Verlauf der Straße (wie zum Beispiel Brücken, Tunnel, Stützwände etc.) und auch Teile der Straßenausstattung. Aber auch Nebenanlagen sowie Nebenbetriebe fallen meist in die Straßenbaulast der jeweils zuständigen Gebietskörperschaft. Darüber hinaus zählen übergeordnete Bereiche, wie etwa die Verkehrsplanung oder der Grunderwerb dazu. Es gibt jedoch auch Themen, die in den Straßen- und Wegegesetzen explizit nicht zum Umgriff der Straßenbaulast gerechnet werden. Dazu gehören die Straßenreinigung und der Winterdienst sowie teilweise die Beleuchtung. Bei den beiden erstgenannten Punkten handelt sich eigentlich um betriebliche Leistungen der Straßenbauverwaltungen, die auch an Dritte (beispielsweise private Grundstückseigentümer) übertragen werden können. Und die Beleuchtung von Gemeindestraßen gilt eher als kommunale Aufgabe im Rahmen der Selbstverwaltung. Einen Sonderfall stellen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen dar. Die Verpflichtung für deren Bau und Unterhaltung durch den Straßenbaulastträger wird nicht durch die Straßen- und Wegegesetze, sondern durch § 5b Straßenverkehrsgesetz festgelegt.
Räumliche Abgrenzung
Dem Territorialitätsprinzip folgend bedarf die Straßenbaulast einer räumlichen Abgrenzung. Die Baulastgrenzen werden im Regelfall durch Widmung festgelegt.
Wenn sich Straßen bzw. Verkehrsflächen unterschiedlicher Baulastträger berühren oder überschneiden, muss eine Baulastgrenze zwischen den beiden Körperschaften vereinbart werden. Sich berührende Straßenbaulasten treten beispielsweise häufig bei Ortsdurchfahrten in kleineren Gemeinden auf. In diesem Fall wird die Baulast für die Fahrbahn im Regelfall der Gebietskörperschaft übertragen, der auch die anschließende freie Strecke unterstellt ist. Die seitlichen Gehwege fallen dagegen in die Baulast der Gemeinde.
Eine Abgrenzung muss auch dann festgelegt werden, wenn die Straße an einen anderen öffentlichen Verkehrsweg (Eisenbahn, Wasserstraße etc.) angrenzt oder diesen kreuzt.
Aufgaben
Welche Aufgaben die Straßenbaulastträger in Deutschland zu erfüllen haben, lässt sich aus verschiedenen Gesetzen herleiten. Zum einen benennt Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 im Grundgesetz „den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr“ als konkurrierende Gesetzgebungskompetenz. Zum anderen führt § 3 Bundesfernstraßengesetz aus, dass zur Straßenbaulast alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Bundesfernstraßen zusammenhängenden Aufgaben gehören. Ferner haben die Straßenbaulastträger die Bundesfernstraße so zu bauen, zu unterhalten, zu erweitern oder sonst zu verbessern, dass sie einem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen. In der einschlägigen Literatur werden die genannten Aufgaben basierend auf den vorgenannten Gesetzen folgendermaßen konkretisiert:
- Neubau: Erstmalige Herstellung einer Straße
- Erweiterung oder sonstige Verbesserung: Ausbau oder bauliche Verbesserung einer Straße
- Unterhaltung: Instandhaltung und Instandsetzung von Straßen
- Erneuerung: Neuherstellung einer bestehenden Straße
- Wiederherstellung: Neuerrichtung einer beschädigten Straße in veränderter oder unveränderter Form
Bei der Erfüllung der Aufgaben sind neben den sonstigen öffentlichen Belangen auch der Umweltschutz und Belange von Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen zu berücksichtigen.
Schranken
Der Gesetzgeber hat den Straßenbaulastträgern zwei Schranken für ihr Handeln geben. So haben sie ihre Aufgaben „nach ihrer Leistungsfähigkeit“ zu erfüllen und gleichzeitig einen Zustand herzustellen, der einem „regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügt“ (§ 3 Bundesfernstraßengesetz). Leistungsfähigkeit meint hier allein die ausreichende Verfügbarkeit finanzieller Mittel. Aus den beiden genannten Schranken ergibt sich ein großer Ermessensspielraum für die Straßenbauträger. Weist beispielsweise eine öffentliche Straße gravierende Schäden auf und verfügt der Straßenbaulastträger über hinreichende finanzielle Mittel für eine Sanierung, so genügt nicht bloß das Aufstellen eines Gefahrenzeichens, sondern er muss die Straßensanierung vornehmen, um einen Straßenzustand (wieder) herzustellen, der einem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügt.
Aufteilung
In Deutschland wird die Straßenbaulast vom Gesetzgeber in Abhängigkeit der Straßenklasse auf verschiedene Gebietskörperschaften verteilt. So ist der Bund gemäß § 5 Bundesfernstraßengesetz Baulastträger der Bundesfernstraßen (Bundesautobahnen und Bundesstraßen) und die Baulast der Landesstraßen (in einigen Bundesländern auch Staatsstraßen oder auch Landstraßen I. Ordnung genannt) liegt beim jeweiligen Bundesland.
Die darunter liegenden Kreisstraßen (Landstraßen II. Ordnung) gehören zu den Landkreisen, den kreisfreien Städten oder Stadtkreisen (letzteres nur noch in Baden-Württemberg vorhanden). Eine Ausnahme bildet das Saarland, denn hier ist diese Straßenklasse ebenfalls dem Land zugewiesen (§ 46 Abs. 2 SaarlStrG). In den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen fallen alle Straßen mit Ausnahme der Bundesfernstraßen in die Baulast der jeweiligen Stadt (§ 7 Abs. 1 BerlStrG, § 12 Abs. 1 HWG, § 11 Abs. 1 BremLStrG).
Die in der Klassifizierung darunterliegenden öffentlichen Straßen und Wege fallen in die Baulast der Gemeinden. Dazu gehören im Einzelnen Gemeindeverbindungsstraßen und Ortsstraßen und Wege. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass für gewisse Wegearten andere Baulastträger in Betracht kommen. Dies kann beispielsweise bei Teilnehmergemeinschaften von Flurbereinigungen bei Wirtschaftswegen der Fall sein.
Ortsdurchfahrten bilden zwar keine eigene Straßenklasse, bei der Straßenbaulast nehmen sie jedoch eine Sonderstellung ein. Nach dem Grundprinzip der ungeteilten Straßenbaulast bekommen Gemeinden die Straßenbaulast einer Ortsdurchfahrt übertragen, wenn sie eine gewisse Einwohnerzahl aufweisen und damit über entsprechende finanzielle Mittel verfügen. Bei den Bundesstraßen nennt das Bundesfernstraßengesetz entsprechende Einwohnerzahlen und bei Landesstraßen und Kreisstraßen das in dem Bundesland jeweils gültige Straßengesetz. Erreicht die Gemeinde nicht die maßgebende Einwohnerzahl, so wird die Baulast in Längsrichtung geteilt. Straßenbaulastträger der Fahrbahn ist der Straßenbaulastträger der freien Strecke und die Gemeinde übernimmt die Baulast für die Seitenbereiche (Geh- und Radwege, Parkstreifen etc.).
Erfolgt die Zuweisung der Straßenbaulast nicht an den gesetzlich vorgesehenen Träger, sondern an einen anderen Träger, so spricht man von einer Sonderbaulast.
Wechsel
Unter gewissen Voraussetzungen kann ein Wechsel des Straßenbaulastträgers notwendig werden. Dies tritt beispielsweise auf, wenn eine Straße einer Umstufung unterliegt und sie in der Folge einer anderen Straßenklasse zugeordnet wird.
Im Falle eines Wechsels des Straßenbaulastträgers legt der Gesetzgeber fest, dass für die finanzielle und rechtliche Überleitung zu sorgen ist (§ 6 Bundesfernstraßengesetz sowie das jeweilige Straßen- und Wegegesetz des Landes). Vorgesehen ist grundsätzlich ein entschädigungsloser Übergang des Eigentums mitsamt aller Rechte und Pflichten (beispielsweise Sondernutzungen, Planfeststellungsauflagen usw.). Wechselseitige Ansprüche werden nicht ausgelöst.
Literatur
- Kurt Kodal: Handbuch Straßenrecht. C. H. Beck, München, 2021, 8. Auflage, ISBN 978-3-406-70385-0.
- Michael Sauthoff: Öffentliche Straßen. C. H. Beck, München, 2020, ISBN 978-3-406-69103-4.
Einzelnachweise
- ↑ Kurt Kodal: Handbuch Straßenrecht. C. H. Beck, München, 2021, 8. Auflage, ISBN 978-3-406-70385-0, Seite 557.
- ↑ Kurt Kodal: Handbuch Straßenrecht. C. H. Beck, München, 2021, 8. Auflage, ISBN 978-3-406-70385-0, Seite 565.
- ↑ Kurt Kodal: Handbuch Straßenrecht. C. H. Beck, München, 2021, 8. Auflage, ISBN 978-3-406-70385-0, Seite 564 ff.
- ↑ Kurt Kodal: Handbuch Straßenrecht. C. H. Beck, München, 2021, 8. Auflage, ISBN 978-3-406-70385-0, Seite 568 ff.
- ↑ Kurt Kodal: Handbuch Straßenrecht. C. H. Beck, München, 2021, 8. Auflage, ISBN 978-3-406-70385-0, Seite 560.
- ↑ Kurt Kodal: Handbuch Straßenrecht. C. H. Beck, München, 2021, 8. Auflage, ISBN 978-3-406-70385-0, Seite 590 ff.
- ↑ Kurt Kodal: Handbuch Straßenrecht. C. H. Beck, München, 2021, 8. Auflage, ISBN 978-3-406-70385-0, Seite 620.