Suzanne Anker (* 1946 in Brooklyn, New York) ist eine US-amerikanische Künstlerin und Kunsttheoretikerin.

Sie gilt als Pionierin der Bio Art und beschäftigt sich seit den 1990er Jahren mit dem Verhältnis von Kunst und Biowissenschaften. In ihrer künstlerischen Arbeit untersucht sie, wie sich die Natur im 21. Jahrhundert verändern wird. Dabei beschäftigt sie sich mit Themen wie Genetik, Klimawandel, Artensterben und Umweltverschmutzung. Anker arbeitet mit verschiedenen Materialien und Medien wie botanischen Exemplaren, Artefakten aus medizinischen Museen, Laborgeräten, mikroskopischen Bildern oder geologischen Präparaten. Ihre Arbeiten reichen von digitalen Skulpturen und Installationen über großformatige Fotografien bis hin zu mit LED-Licht gezüchteten Pflanzen.

Werk

Das Werk von Suzanne Anker ist an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst anzusiedeln. Ihr Œuvre ist durch ein Interesse an biologischen Systemen gekennzeichnet, die sie in ihren Arbeiten auf verschiedene Weise thematisiert. Die Wissenschaften dienen ihr dabei als eine Art Datenbank, der sie Bilder, Konzepte und Materialien für ihre Kunst entnimmt. Während ihre frühen Arbeiten aus den 1970er- und 1980er-Jahren überwiegend aus Papier gefertigt wurden, später auch in Kombination mit Materialien wie Kalkstein, Stein und Fossilien, weitete sich ihr Blick im Laufe der Zeit zunehmend auf die nicht-sichtbare Welt der Naturwissenschaften, allen voran den Chromosomen und Genen. 1994 kuratierte sie die Ausstellung Gene Culture: Molecular Metaphor in Contemporary Art an der Fordham University, die erste Ausstellung, die sich ausschließlich der Überschneidung von Kunst und Genetik widmete. Seit 2005 ist Anker Vorsitzende der Abteilung für Bildende Kunst an der School of Visual Arts in New York. 2011 gründete sie das SVA Bio Art Lab, ein Labor in Chelsea, in dem wissenschaftliche Werkzeuge und Techniken zur Herstellung von Kunst dienen. Die jüngsten Arbeiten von Suzanne Anker beschäftigen sich unter anderem mit der Gewebekultur von Pflanzen, dem Anbau von Gemüse mit LED-Beleuchtung, der Erstellung von digitaler Fotografie und computergenerierten Skulpturen.

Zoosemiotics

Zoosemiotics (1993–1995) ist eine Installation von Anker, die sich mit der Visualität von Chromosomen auseinandersetzt. Dafür konstruierte die Künstlerin einen "Text" unter der Verwendung von Chromosomen von Tieren wie Fledermäusen, Alligatoren oder Fischen, die als kleine silberne Objekte an der Wand angebracht wurden. Die visuellen Zeichen der Wissenschaft werden dabei ihrem ursprünglichen Kontext enthoben und nehmen in dem entkontextualisierten Umfeld verschiedene Bedeutungen an. So erscheinen die Chromosome von Fischen etwa wie glänzende Hosen, in einer Vielzahl an Variationen.

Astroculture

Astroculture (seit 2009) ist eine Installation, bestehend aus verschiedenen Pflanzen in Leuchtkästen und LED-Leuchten, die das Sonnenlicht simulieren. Die roten und blauen Lichter versorgen die Pflanzen dabei mit dem notwendigen Spektrum für die Photosynthese. Die eigentlich grünen Pflanzen erscheinen im bunten Licht unecht und gräulich, sind aber lebendig und essbar; es handelt sich unter anderem um Basilikum, Koriander oder Salat. Anker entlehnt den Titel der Arbeit einem NASA-Projekt von 2001, das erforschte, wie man Gemüse im Weltall anbauen kann. Die Arbeit signalisiert für sie somit eine alternative Methode des Nahrungsmittelanbaus, das in der Zukunft von Bedeutung sein könnte. Die Installation wurde unter anderem 2019 in der Einzelausstellung 1.5° Celsius im Everson Museum of Art, Syracuse, New York sowie 2015 in der Ausstellung The Value of Food: Sustaining a Green Planet in der Cathedral of Saint John the Divine in New York City gezeigt.

Remote Sensing

Remote Sensing (seit 2014 | zu Deutsch: Fernerkundung) ist eine skulpturale Serie, die sich auf zweidimensionale digitale Fotografien stützt. Der Titel der Arbeit bezieht sich auf einen Begriff aus der Satellitentechnologie, der computergenerierte Daten beschreibt, die zur Beurteilung geografischer Gebiete verwendet werden, die für Menschen nicht zugänglich oder der Zutritt zu gefährlich ist. Die Orte werden dabei rechnerisch abgebildet und stellen somit eine Erweiterung der Digitalfotografie dar. Anker stützt ihre Arbeiten auf diese Methode; die resultierenden Werke erscheinen wie Mikro-Landschaften und werden mit 3D-Druckern gefertigt.

Einzelausstellungen (Auswahl)

Gruppenausstellungen (Auswahl)

Schriften (chronologische Auswahl)

  • mit Dorothy Nelkin: The Molecular Gaze: Art in the Genetic Age. Cold Spring Harbor Laboratory, Cold Spring Harbor 2004, ISBN 978-0-87969-697-9
  • mit Sarah Franklin: Specimens as Spectacles: Reframing Fetal Remains. In: Interspecies, Band 29, Nr. 1, 2011, S. 103–125; doi:10.1215/01642472-1210283
  • The Extant Vamp (or the) Ire of It all: Fairy Tales and Genetic Engineering. (PDF; 8,6 MB) In: Mark W. Scala (Hrsg.): Fairy Tales, Monsters, and the Genetic Imagination. Vanderbilt University Press:, Nashville 2012, S. 37–46, ISBN 978-0-8265-1814-9
  • mit Sabine Flach: Embodied Fantasies: From Awe to Artifice. Peter Lang International Publishers, Bern 2013, ISBN 978-3-0343-1102-1
  • The Greening of the Galaxy. Deborah Colton Gallery, Houston 2014, ISBN 0-9916627-0-9
  • The Glass Veil: Seven Adventures in Wonderland. Peter Lang International Publishers, Bern 2015, ISBN 978-3-0343-1101-4
  • mit Sabine Flach: Naturally Hypernatural I: Concepts of Nature. Peter Lang International Publishers, Bern 2016, ISBN 978-3-0343-2124-2
  • The Biosphere Blues: Mending and Unhinged Earth. O’NewWall Publication, Seoul 2017, ISBN 979-11-87817-02-4
  • mit Sabine Flach: Axis of Observation I: Frank Gillette. Peter Lang International Publishers, Bern 2018, ISBN 978-3-0343-1215-8

Literatur

  • William Myers u. a.: Bio Art. Altered Realities. Thames & Hudson, London 2015, ISBN 978-0-500-23932-2
  • John Ash: Suzanne Anker at Greenberg Wilson, New York. In: Art in America, Band 78, 1990, S. 208.
Commons: Suzanne Anker – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Suzanne Anker: Biography. In: Suzanne Anker. Abgerufen am 10. August 2021.
  2. Lula Criado: SUZANNE ANKER and how to reimagine genetic laboratory fictions. In: CLOT. 29. Oktober 2015, abgerufen am 23. August 2021 (englisch).
  3. Judd Tully: Paper Case. In: Judd Tully. 1. Juni 1983, abgerufen am 23. August 2021 (englisch).
  4. Jane M Farmer, World Print Council, Sarah Campbell Blaffer Gallery: New American paperworks. The Council, San Francisco CA 1982, ISBN 978-0-9602496-1-9 (englisch).
  5. James Dobbins: Suzanne Anker. In: Issue in Science and Technology. Band 23, Nr. 1, 2006, S. 7.
  6. Suzanne Anker. In: School of Visual Arts. Abgerufen am 10. August 2021.
  7. Bio Art | SVA Bio Art Lab, BFA Fine Arts – New York City. In: bioart.sva.edu. Abgerufen am 10. August 2021 (amerikanisches Englisch).
  8. Stephanie Read: Suzanne Anker. In: Art & Science Journal. Abgerufen am 23. August 2021 (englisch).
  9. Suzanne Anker - Astroculture. Abgerufen am 23. August 2021 (englisch).
  10. Allie Wist: Who Cooked the Last Supper? Five Surprising Works of Art from The Value of Food Exhibition. In: MOLD. 13. Januar 2016, abgerufen am 23. August 2021 (englisch).
  11. Lydia Chain: Why an Artist is Growing Space Lettuce. In: Popular Science. 25. November 2015, abgerufen am 23. August 2021 (englisch).
  12. Remote Sensing. Suzanne Anker. Women Eco Artist Dialog, abgerufen am 23. August 2021 (englisch).
  13. Suzanne Anker: 1.5° Celsius. In: everson.org. Everson Museum, abgerufen am 9. Juli 2019.
  14. CAC·Exhibition | Growing. Abgerufen am 23. August 2021.
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