Der Flaschenkobold (engl. The Bottle Imp), im deutschsprachigen Raum auch Das Flaschenteufelchen oder auch Der Flaschenteufel, ist eine Novelle des schottischen Schriftstellers Robert Louis Stevenson. Die Erzählung wurde 1891 in mehreren Teilen vorab gedruckt und erschien 1892 erstmals in Buchform. Im Jahr 1893 veröffentlichte Stevenson den Flaschenkobold mit weiteren Südseegeschichten in dem Erzählband Inselnächte (engl. Island Night's Entertainments).

Inhalt

Der Protagonist Keawe, ein hawaiischer Matrose, erwirbt für knapp fünfzig Dollar eine mysteriöse Flasche, die ihrem Besitzer jeden Wunsch erfüllt. Ihm wird aber geraten, sich beizeiten wieder von ihr zu trennen, denn wer sie im Augenblick des Todes noch besitzt, fährt unweigerlich zur Hölle. Auch ist sie unzerstörbar, man kann sie nur durch Verkauf loswerden, und zwar nur gegen Bargeld und billiger als zum Einkaufspreis, anderenfalls kehrt sie zurück. Außerdem müssen dem Käufer alle diese Bedingungen offenbart werden.

Nachdem Keawe sich ein schönes Haus gewünscht und prompt erhalten hat, verkauft er die Flasche an seinen Freund Lopaka. Wenig später begegnet er dem schönen Mädchen Kokua, das seine Zuneigung erwidert, und so ist sein Glück vollkommen, doch leider nur kurz. Keawe entdeckt, dass er von der unheilbaren Krankheit Lepra befallen ist. Leprakranke werden von der Gesellschaft gemieden und ausgestoßen, meist vegetieren sie dann kümmerlich in einem abgelegenen Winkel der Insel Molokaʻi. Keawes einzige Hoffnung, diesem Schicksal zu entgehen, besteht darin, noch einmal in den Besitz der Flasche zu gelangen. Er macht sich auf die Suche, denn die Flasche ist inzwischen durch viele weitere Hände gegangen. Als er sie endlich ausfindig gemacht hat, kostet sie nur noch einen Cent. Um seiner Liebe willen kauft Keawe sie dennoch und wird geheilt, versinkt danach aber in Verzweiflung, weil er sie nicht mehr billiger weiterverkaufen kann. Nach einiger Zeit kommt seine Frau Kokua hinter sein Geheimnis und schlägt vor, auf die französischen Südseeinseln zu fahren, wo die noch kleinere Währungseinheit Centime kursiert, mit der einige weitere Verkäufe möglich wären. Dort will jedoch niemand auf den Handel eingehen, worauf Kokua sich opfert, indem sie über einen Strohmann die Flasche heimlich selbst erwirbt. Als Keawe durch Zufall die Täuschung bemerkt, zögert er nicht, für Kokuas Rettung dasselbe zu tun, wenngleich der Preis dadurch bis auf einen einzigen Centime fällt. Doch der von Keawe vorgeschobene Scheinkäufer, ein roher und trunksüchtiger Bootsmann, will die Flasche nicht mehr herausgeben. Vergeblich warnt Keawe ihn vor der drohenden Verdammnis. Damit rechne er sowieso, meint der Bootsmann, und wankt mit der verhängnisvollen Flasche davon. Keawe und Kokua aber leben seitdem glücklich und zufrieden.

Verschiedenes

Stevenson, der die Novelle zur reinen Unterhaltung verfasst hat, greift mit der Geschichte eines Wünsche erfüllenden Koboldes das literarische Motiv des Teufelspaktes auf. Deutliche Parallelen zeigen sich zur Erzählung Eine Geschichte vom Galgenmännlein (1810) von Friedrich de la Motte Fouqué. Eine Reihe von Parallelen gibt es auch zum Motiv des Flaschengeistes in der Sage Spiritus familiaris der Brüder Grimm.

Deutlich werden Eindrücke seines fünfmonatigen Aufenthalts im Königreich Hawaiʻi im Jahre 1889 verarbeitet. So spielt ein Teil der Geschichte in Hoʻokena, einer Siedlung an der Kona-Küste der Insel Hawaiʻi, die der Schriftsteller besucht hatte. In einer Szene in Honolulu erwähnt er Heinrich Berger, den Kapellmeister der Royal Hawaiian Band. Der Name von Keawes Frau verweist auf das hawaiische Wort kōkua, das Hilfe bedeutet. Schließlich hatte Stevenson 1889 auch die Leprakolonie auf der Insel Molokaʻi besucht und Damian de Veuster getroffen. Er war daher aus eigener Anschauung mit dem Schicksal von Leprakranken vertraut. An verschiedenen Stellen verwendet Stevenson das hawaiische Wort haole, mit der Weiße bezeichnet werden, so auch in der Beschreibung des letzten Besitzers der Flasche.

Das Original des Flaschenkobolds schrieb Stevenson, der von 1890 an bis zu seinem Tod (1894) auf Samoa lebte, in der zeitgenössischen samoanischen Sprache. Er wurde daraufhin von den Einheimischen auch mit „Tusitala“ („der Erzähler“) betitelt.

Der Flaschenkobold ist in deutschen Übersetzungen zuerst als Das Flaschenteufelchen (Insel-Bücherei 302, mit Holzstichen von Hans Alexander Müller, 1925), dann als Der Flaschenteufel (Hamburg 1926) aufgelegt worden.

Im Jahr 1934 verfilmte die UFA den Stoff unter dem Titel Liebe, Tod und Teufel mit Käthe von Nagy und Albin Skoda in den Hauptrollen. Regie führten Heinz Hilpert und Reinhart Steinbicker.

Literatur

  • Robert Louis Stevenson: The Bottle Imp. Reclam, Ditzingen 1983, ISBN 3-15-009157-8
  • Robert Louis Stevenson: Der Flaschenkobold. Dt. Übersetzung, Reclam, Ditzingen, ISBN 3-15-006765-0
Commons: The Bottle Imp – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: The Bottle Imp – Quellen und Volltexte (englisch)

Einzelnachweise

  1. Zeno: Fouqué, Friedrich de la Motte, Erzählungen, Eine Geschichte vom Galgenmännlein. Abgerufen am 13. Dezember 2017.
  2. 85. Spiritus familiaris. In: Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsche Sagen. Zwei Bände in einem Band. München 1965, S. 121–123.
  3. Robert Louis Stevenson: Travels in Hawaii. edited and with an introduction by A. Grove Day. University of Hawaii Press, Honolulu 1991. ISBN 0-8248-1397-9
  4. vgl. seinen Brief an Charles Baxter (Honolulu, 10. Mai 1889): "I have just been a week away alone on the lee coast of Hawaii, the only white creature in many miles, riding five and a half hours one day, living with a native …"
  5. vgl. The Bottle Imp: "Thither he went, because he feared to be alone; and there, among happy faces, walked to and fro, and heard the tunes go up and down, and saw Berger beat the measure, and all the while he heard the flames crackle, and saw the red fire burning in the bottomless pit."
  6. kōkua in Hawaiian Dictionaries
  7. vgl. seinen Brief an Sidney Colvin (Honolulu, Juni 1889): "I am just home after twelve days journey to Molokai, seven of them at the leper settlement, where I can only say that the sight of so much courage, cheerfulness, and devotion strung me too high to mind the infinite pity and horror of the sights."
  8. haole in Hawaiian Dictionaries
  9. vgl. The Bottle Imp: "Now there was an old brutal Haole drinking with him, one that had been a boatswain of a whaler, a runaway, a digger in gold mines, a convict in prisons."
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