The Satanic Temple | |
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Basisdaten | |
Art | Weltanschauliche Gemeinschaft |
Ausrichtung | Moderner Satanismus, Humanismus, Liberalismus |
Verbreitung | Vereinigte Staaten von Amerika, Australien, Deutschland, Finnland, Großbritannien, Kanada |
Gründungsdatum | 2013 |
Gründungsort | Vereinigte Staaten von Amerika |
Vorsitzender | Lucien Greaves (Gründer/Sprecher) |
Sprecher | Lucien Greaves |
Struktur | |
Gliederung | 40 Congregations (Gemeinden) |
Mitgliedschaften | >700.000 |
Adressen | |
Adresse | Salem Art Gallery, 64 Bridge Street Salem, 01970 Salem, Massachusetts, USA |
Website | thesatanictemple.com |
The Satanic Temple (dt. „Der Satanische Tempel“, kurz TST) ist eine atheistische satanische Organisation, die 2013 von Lucien Greaves (alias Douglas Mesner; bürgerlicher Name Douglas Misicko) und Malcolm Jarry (bürgerlicher Name Cevin Soling) gegründet wurde. Sie gehört zum modernen, atheistischen Satanismus wie auch die Church of Satan (CoS) von Anton LaVey, grenzt sich allerdings explizit von okkulten und esoterischen Praktiken ab und vertritt im Gegensatz zur CoS ein humanistisches Menschenbild sowie politischen Aktivismus.
Geschichte
In einem Interview mit der New York Times gab Malcolm Jarry an, dass die erste Idee auf George W. Bushs Gründung des White House Office of Faith-Based and Community Initiatives (OFBCI) (dt. Amt des Weißen Hauses für religiöse und kirchgemeindliche Initiativen) im Jahr 2001 zurückgeht.
Die Idee ruhte bis 2012, als Malcolm Jarry bei einem Vortrag an der Harvard University mit Douglas Mesner zusammentraf. Am 25. Januar 2013 kam es zu ersten aktivistischen Tätigkeiten. Der damalige Gouverneur von Florida, Rick Scott, setzte ein Gesetz durch, das Gebete in Schulen erlaubte. Nach der Verabschiedung des Gesetzes inszenierten Malcolm Jarry und Lucien Greaves eine vorgebliche Pro-Rick-Scott-Demonstration vor dem Parlamentsgebäude, um sich dafür zu bedanken, dass ihre „satanistischen“ Kinder jetzt auch in der Schule Satan anbeten dürfen.
Dabei wurde erstmals der Name The Satanic Temple öffentlich benutzt. Als Sprecher der Gruppierung trat damals noch ein Schauspieler auf. Nachdem die Aktion auf ein überdurchschnittlich großes Medienecho stieß, entschied sich Douglas Mesner dazu, unter dem Namen Lucien Greaves von nun an selbst als Vorsitzender des Satanic Temple aufzutreten:
“It just became obvious that you're not going to be able to coach somebody on what we think and feel. We couldn't constantly have a feed going into his ear.”
„Es wurde offensichtlich, dass man das, was wir denken und fühlen, nicht einfach jemandem beibringen konnte. Wir konnten ihm nicht permanent soufflieren.“
Die Organisation wuchs durch Spendenaufrufe und medienwirksame Aktionen in den folgenden Jahren weiter. Die zugrundeliegende Weltanschauung wurde in den Seven fundamental tenets festgehalten und ein literarischer Kanon etabliert. Durch die Arbeit in den Gemeinden geht die Tätigkeit heute auch über reinen Aktivismus hinaus, so werden z. B. auch satanische Veranstaltungen organisiert.
2019 wurde auf dem Sundance Film Festival erstmals der Dokumentarfilm Hail Satan? gezeigt, der von den ersten Jahren des TST berichtet. Er lief in Deutschland unter dem Namen Hail Satan? Amerika und seine Satanisten erstmals am 6. Juli 2021 auf ZDFinfo.
Hauptsitz
Der Satanic Temple hat 2016 seinen offiziellen Hauptsitz in Salem, Massachusetts, eröffnet. Das ehemalige viktorianische Beerdigungsinstitut ist anthrazitfarben gestrichen und dient auch als Salem Art Gallery.
Am Abend des 10. Juni 2022 wurde auf das Gebäude ein Brandanschlag verübt. Da die Feuerwehr den Brand rechtzeitig löschen konnte, kam es nicht zu Verletzten. Als Brandstifter wurde ein Mann verhaftet, der ein T-Shirt mit der Aufschrift GOD trug und zugab, aus Hass gehandelt zu haben. In der Umgebung des Tatortes wurden Bibelseiten gefunden. Kimberly Driscoll, die Bürgermeisterin von Salem, verurteilte den Angriff umgehend. Lucien Greaves bemerkte, der Angriff habe den paradoxen Effekt gehabt, dass man sich in Salem willkommener denn je fühle. Er bedankte sich für die Anteilnahme, freiwillige Hilfsangebote und eine „herzliche Umarmung“ durch die örtliche Gemeinde.
Verbreitung
TST hatte im November 2016 ca. 50.000 Mitglieder in den USA. Nach der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten stiegen die Mitgliedszahlen innerhalb weniger Tage um mehrere Tausend an.
2022 gab der Satanic Temple die Zahl seiner weltweiten Mitglieder mit über 700.000 an. Außerhalb der USA existieren Congregations bisher in Australien, Deutschland, Finnland, Kanada und im Vereinigten Königreich.
Lehre
Aus Sicht des TST ist es möglich, Religion und den Glauben an Übernatürliches voneinander zu trennen. Wie in anderen Formen des modernen Satanismus wird Satan daher nicht als real existierende Wesenheit angebetet, sondern steht vielmehr als Symbol für Individualität, Freiheitswillen und das Aufbegehren gegen Tyrannei. TST lehnt jede Art von Okkultismus ab. Die satanische Symbolik dient dabei als kultureller und identitätsstiftender Rahmen.
TST sieht sich selbst als moderne Weiterentwicklung des Satanismus nach LaVey.
Auftrag bzw. Ziele von TST
Als ethische Leitlinie formuliert TST auf ihrer Website folgendes Ziel:
“The mission of The Satanic Temple is to encourage benevolence and empathy among all people. In addition, we embrace practical common sense and justice.”
„Der Auftrag von The Satanic Temple ist es, Güte und Einfühlungsvermögen zwischen allen Menschen zu fördern. Darüber hinaus treten wir für angewandten gesunden Menschenverstand und Gerechtigkeit ein.“
Darüber hinaus heißt es zu konkreten Aktivitäten und Zielen der Gemeinschaft:
“As an organized religion, we feel it is our function to actively provide outreach, to lead by example, and to participate in public affairs wheresoever the issues might benefit from rational, Satanic insights. As Satanists, we all should be guided by our consciences to undertake noble pursuits guided by our individual wills. We believe that this is the hope of all mankind and the highest aspiration of humanity.”
„Als religiöse Gemeinschaft sehen wir es als unsere Aufgabe, aktiv Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben, mit gutem Beispiel voranzugehen und an öffentlichen Angelegenheiten teilzunehmen, wann immer die Sache von rationalen, satanischen Erkenntnissen profitieren könnte. Als Satanisten sollte unser Gewissen uns dazu führen, ehrbare Anliegen zu verfolgen, bei denen uns unser individueller Wille leitet. Wir glauben, dass dies die Hoffnung und höchste Bestrebung der gesamten Menschheit ist.“
Die Sieben Grundsätze
TST formuliert in sieben Grundsätzen die wesentlichsten Eckpfeiler der von der Gemeinschaft vertretenen Ethik:
“There are seven fundamental tenets.
- One should strive to act with compassion and empathy towards all creatures in accordance with reason.
- The struggle for justice is an ongoing and necessary pursuit that should prevail over laws and institutions.
- One’s body is inviolable, subject to one’s own will alone.
- The freedoms of others should be respected, including the freedom to offend. To willfully and unjustly encroach upon the freedoms of another is to forgo your own.
- Beliefs should conform to our best scientific understanding of the world. We should take care never to distort scientific facts to fit our beliefs.
- People are fallible. If we make a mistake, we should do our best to rectify it and resolve any harm that may have been caused.
- Every tenet is a guiding principle designed to inspire nobility in action and thought. The spirit of compassion, wisdom, and justice should always prevail over the written or spoken word.”
„Es gibt sieben Grundsätze.
- Ein jeder sollte danach streben, gegenüber allen Lebewesen mit Mitgefühl und Einfühlungsvermögen im Einklang mit der Vernunft zu handeln.
- Das Streben nach Gerechtigkeit ist ein fortlaufendes und notwendiges Anliegen, das über Gesetzen und Institutionen stehen sollte.
- Der eigene Körper ist unantastbar, er unterliegt dem eigenen Willen allein.
- Die Freiheiten anderer sollten respektiert werden, einschließlich der Freiheit zu kränken. In die Freiheiten eines anderen vorsätzlich und zu Unrecht einzugreifen, heißt auf die eigenen zu verzichten.
- Überzeugungen sollten unserem besten wissenschaftlichen Verständnis der Welt entsprechen. Wir sollten darauf achten, niemals wissenschaftliche Fakten so zu verbiegen, dass sie zu unseren Überzeugungen passen.
- Menschen sind fehlbar. Wenn wir einen Fehler machen, sollten wir unser Bestes geben, ihn zu korrigieren und eventuell entstandenen Schaden zu beheben.
- Jeder dieser Grundsätze ist ein Leitprinzip, ausgelegt, um edles Handeln und Denken zu inspirieren. Der Geist von Mitgefühl, Weisheit und Gerechtigkeit sollte jederzeit über dem geschriebenen und gesprochenen Wort stehen.“
Organisation
Ursprünglich war der TST in sogenannten Chaptern (Ortsverbänden) organisiert. Mittlerweile wird von Congegrations (Gemeinden) gesprochen. Congregations werden von lokalen Mitgliedern unter der Aufsicht des Recognition and Onboarding Committee (RoC) aufgebaut.
Derzeit existieren 34 Congregations in den USA, 2 in Kanada und es gibt Congregations für Australien, Deutschland, Finnland und das Vereinigte Königreich. Dort wo (noch) keine Congregation existiert, haben sich Mitglieder oftmals unter dem Namen Friends of The Satanic Temple zusammengeschlossen.
Aktivitäten (Auswahl)
Seit der Gründung kam es zu einer Vielzahl von Aktionen und Kampagnen, die sich in der Regel direkt gegen eine politische Einflussnahme von christlichen Gruppierungen richteten. Dabei beruft sich der TST oftmals auf den 1. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, der das Recht auf freie Religionsausübung sowie der Gleichbehandlung von Religionsgemeinschaften garantiert.
Gebete in Schulen (2013)
Die Organisation erlangte erstmals im Januar 2013 mediale Aufmerksamkeit, als sich eine Gruppe von Satanisten vor dem Kapitol des Bundesstaates Florida versammelte, um ihre Zustimmung zu einem im Vorjahr von Gouverneur Rick Scott unterzeichneten Gesetzentwurf (Senate Bill 98) zu bekunden, der von Schülern geleitete Gebete in Schulversammlungen erlaubte. Die Gruppe erklärte weiter, dass der Gesetzentwurf keine Religion vorschreibe, so dass die Gebete von einem Schüler jeder Religion – einschließlich des Satanismus – geleitet werden könnten. Die TST-Mitglieder kündigten an, dass sie „auf die Straße gehen würden, um zu sagen, wie glücklich wir sind, weil unsere satanischen Kinder jetzt in der Schule zu Satan beten können.“
Projekt Protect Children (2014)
Das vom Satanic Temple im Frühjahr 2014 ins Leben gerufene Protect Children Project (Kinderschutz-Projekt) zielt darauf ab, „den Schutz des ersten US-Verfassungszusatzes zu gewährleisten, um Kinder zu unterstützen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie in der Schule von Lehrern und Verwaltungsangestellten durch den Einsatz von Einzelhaft, Fesseln und körperlicher Züchtigung psychisch oder physisch misshandelt werden“. Auf der Webseite des Protect Children Project wurden die Teilnehmer aufgefordert, vorgefertigte Briefe auszudrucken, die sie an einem Tag, der als „Protect Children Day“ (Tag zum Schutz der Kinder) bezeichnet wurde, als Protest an ihre jeweiligen Schulbehörden schicken sollten. Im März 2017 startete The Satanic Temple im Rahmen des Protect Children Project eine Anti-Prügel-Kampagne gegen körperliche Züchtigung in Schulen. Sie enthüllten Plakatwände in Texas, auf denen zu lesen war: „Lass dich nie wieder in der Schule schlagen. Übe deine religiösen Rechte aus.“
Baphomet-Statue (2015)
Besonderes Aufsehen erregte der Versuch, neben einer Statue der Zehn Gebote, die auf dem Gelände der Regierung von Oklahoma stand, eine Statue von Baphomet errichten zu lassen. Der Satanic Temple startete hierzu 2014 eine Crowdfunding-Kampagne, um ein Satansdenkmal zu schaffen, das Baphomet und zwei Kinder darstellt, mit der Absicht, dieses Denkmal im Oklahoma State Capitol aufzustellen. Die Gruppe sammelte Spenden, um die Statue als Antwort auf das Zehn-Gebote-Denkmal zu errichten, das 2012 von einem Staatsvertreter aus Oklahoma aufgestellt wurde. Der Künstler Mark Porter schmiedete die Skulptur in Florida nach einer Zeichnung von Eliphas Levi, die als Grundlage für Baphomet diente. Die Verantwortlichen reagierten, in dem die Statue der Zehn Gebote entfernt wurde. Die Baphomet-Statue steht heute im TST-Hauptquartier und ist Teil der Salem Art Gallery.
Gegenproteste vor Planned-Parenthood-Standort (2015)
Am 22. August 2015 veranstaltete der Detroiter Ortsverband von The Satanic Temple einen Gegenprotest vor einem Planned-Parenthood-(Geplante-Elternschaft)-Standort in Ferndale als Reaktion auf Anti-Abtreibungsgruppen, die am selben Tag gegen Planned Parenthood protestieren wollten. Als Teil des Protests veranstaltete der Tempel eine Guerilla-Theater-Performance, bei der zwei als Geistliche verkleidete Männer Milch auf kniende Schauspielerinnen schütteten.
Dämonisierung von Junipero Serra (2015)
Das Los Angeles Chapter des Tempels hat auch gegen die Heiligsprechung von Junipero Serra durch Papst Franziskus protestiert und im Oktober 2015 eine Zeremonie abgehalten, bei der sie den christlichen Missionar „dämonisierten“, indem sie behaupteten, dass Serra bei der Versklavung tausender amerikanischer Ureinwohner geholfen habe und dass er „auch die spanische Inquisition in seinen Gebieten anführte und die Bewohner der Missionen wegen der Verbrechen der Zauberei, Hexerei und Teufelsanbetung verurteilte“.
Engagement für muslimische Flüchtlinge (2015)
Im November 2015 erregte der Tempel die Aufmerksamkeit der Medien, weil er anbot, Muslime oder Flüchtlinge aufzunehmen, die Angst hatten, wegen der Terroranschläge in Paris 2015 Repressalien zu erleben.
Satan nach der Schule (2016)
After School Satan wird von Reason Alliance LTD, einer US-amerikanischen gemeinnützige Organisation, unterstützt. Die Organisation wurde als Alternative zu christlich orientierten außerschulischen Gruppen wie dem Good News Club gegründet. Es gibt After School Satan Clubs in zahlreichen Städten in den Vereinigten Staaten, darunter Atlanta, Los Angeles, Salt Lake City, Pensacola, Washington. D.C., Tucson, Springfield, Seattle und Portland.
After School Satan Clubs „beinhalten Spiele, Projekte und Denkübungen, die Kindern helfen zu verstehen, woher wir wissen, was wir über unsere Welt und unser Universum wissen“. Der Sprecher des Satanic Temple, Finn Rezz, sagte, der Club werde sich auf Wissenschaft und rationales Denken konzentrieren und „Wohlwollen und Empathie für alle“ fördern – und gleichzeitig eine Alternative zum bibelzentrierten „Good News Club“ bieten. Die After School Satan Clubs lehren die Kinder nicht, an übernatürliche Kreaturen mit Namen Satan zu glauben oder satanische Rituale durchzuführen.
Religiöses Abtreibungsritual (2020)
Nach einer gescheiterten Abtreibungsklage im Juni 2020 kündigte der Satanic Temple am 5. August 2020 ein religiöses Abtreibungsritual an, das Mitglieder in RFRA-Staaten davon befreit, „medizinisch unnötige und unwissenschaftliche Abtreibungsvorschriften zu ertragen, wenn sie versuchen, ihre Schwangerschaft zu beenden“. Im September 2021 forderte der Satanic Temple in einem Schreiben an die US-Arzneimittelbehörde Food and Drug Administration das Recht, medizinische Abtreibungsmedikamente (Misoprostol, Mifepriston) an seine Mitglieder abzugeben. Die Anwälte des Tempels protestieren gegen ein texanisches Abtreibungsgesetz, das vom Obersten Gerichtshof der USA bestätigt wurde, und argumentierten, dass der Status des Tempels als atheistische religiöse Organisation den Zugang zur Abtreibung als ein glaubensbasiertes Recht gewährleisten sollte.
SatanCon (2022)
Am 12. Februar 2022 veranstaltete der Satanic Temple seinen ersten SatanCon-Kongress im Saguaro Hotel in Scottsdale, Arizona. Außerhalb des Hotels protestierten Hunderte von Christen mit Kruzifixen, Kreuzen und Schildern, die Satan anprangerten. Einem Bericht zufolge, der auf einem Tweet basierte, musste die Polizei einmal eingreifen, nachdem einige protestantische und katholische Demonstranten wegen ihrer theologischen Differenzen zu kämpfen begannen.
Weitere Aktivitäten
Zahlreiche Kampagnen dienen sozialen Zwecken entsprechend der TST-Lehre. So gibt es beispielsweise die Religious Reproductive Rights Campaign, die u. a. für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch in diversen US-Staaten eintritt. Eine weitere Initiative soll Kinder vor Körperstrafe durch Lehrer schützen, die in den USA noch in 19 Bundesstaaten legal ist, indem diese sich auf ihre religiösen Rechte als TST-Mitglied berufen.
Die Ortsverbände organisieren darüber hinaus auch Veranstaltungen wie Konzerte, Vorträge oder Kunstperformances. Es gibt lokal auch noch zahlreiche weitere Aktivitäten, so verteilt z. B. der TST-Ortsverband von Seattle regelmäßig Schriften aus dem Kanon an öffentlichen Plätzen.
Die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare ist im TST erlaubt.
Außerhalb der USA
Außerhalb der USA gibt es bisher nur vereinzelte Aktivitäten.
Im Mai 2018 führte das britische Chapter, in Zusammenarbeit mit dem Künstler Darren Cullen, eine Protestaktion gegen den Kreuzerlass des Freistaats Bayern durch, welcher die Anbringung von Kreuzen in öffentlichen Gebäuden vorsieht. Die Aktion bestand darin, an 40 bayerische Behörden Kruzifixe zu versenden, die mit einer Aufhängevorrichtung am unteren Ende versehen waren und von einem gefälschten Brief des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder begleitet wurden. Diese Aktion war jedoch im Vorfeld nicht mit der Leitung des Satanic Temple abgesprochen und verstieß damit gegen die Pflicht der lokalen Chapters, für öffentliche Aktivitäten das Einverständnis der Leitung einzuholen. Zeke Apollyon, der Leiter des Chapters, wurde zum Rücktritt aufgefordert und kurzzeitig durch Cain Abaddon ersetzt. Aufgrund persönlicher Differenzen trennte sich das damalige Chapter im Vereinigten Königreich jedoch kurz darauf vom TST. Zusammen mit anderen, vornehmlich europäischen Chaptern gründeten sie im Februar 2019 die Organisation Global Order of Satan.
Im August 2019 fand, unter dem Protest christlicher Gegendemonstranten, ein erstes Unbaptism Ritual des TST Ottawa statt.
Im August 2022 veranstaltete der TST Deutschland eine Untaufe in Köln.
Bedeutende Mitglieder
Durch ihre Tätigkeiten bei TST sind einige Vertreter öffentlich bekannt geworden. Neben Gründer Lucien Greaves so zum Beispiel die ehemalige Vorsitzende des Ortsverbandes Detroit und TST-Sprecherin Jex Blackmore, die über ihre Erfahrungen mit einem Schwangerschaftsabbruch in ihrem Blog schrieb. Auch die Vorsitzende des Ortsverbandes Seattle Lilith Starr tritt aktiv öffentlich auf. Sie veröffentlichte 2015 unter dem Titel The Happy Satanist: Finding Self-Empowerment eine Sammlung satanischer Essays.
Bekanntheit erlangte außerdem der demokratische Senatskandidat Steve Hill, der sich öffentlich zur Mitgliedschaft bei TST bekannte.
Kontroversen
Status als Religionsgemeinschaft
Nachdem ein Großteil der politischen Tätigkeiten sich auf die Religionsfreiheit in den Vereinigten Staaten beruft, ist der Status als Religionsgemeinschaft immer wieder Anlass zu Diskussionen. Insbesondere die ersten Aktivitäten ließen bei Außenstehenden den Eindruck entstehen, es würde sich lediglich um Satire oder Trolle handeln. Es wurden auch Parallelen zur Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters gezogen.
Von Seiten des TST wurde dem wiederholt widersprochen. Viele Mitglieder, z. B. auch Lucien Greaves und Jex Blackmore, waren laut eigener Aussage bereits vor ihrer TST-Mitgliedschaft Satanisten. Gegenüber der New York Times äußerte sich Lucien Greaves wie folgt:
“We’ve been talking a lot of comedy, […] but I genuinely feel this is every bit a religion — this cultural identity, this narrative that contextualizes your life, your works, your goals. And you have these deeply held beliefs, that if they are violated, it compromises your very self.”
„Wir haben viel über die komische Seite gesprochen […] aber ich fühle aufrichtig, dass dies in jeder Hinsicht eine Religion ist – die kulturelle Identität, die Erzählstränge, die dein Leben, deine Arbeit, deine Ziele in einen Zusammenhang setzen. Und du hast diese tief verwurzelten Überzeugungen, die, wenn gegen sie verstoßen wird, dein innerstes Ich verletzen.“
In einem Interview mit dem Magazin Vice nutzte Lucien Greaves den Begriff “Religious Nonbeliever” (= „Religiöser Nicht-Glaubender“):
“It is our goal to separate religion from superstition. Religion can and should be a metaphorical narrative construct by which we give meaning and direction to our lives and works. Our religions should not require of us that we submit ourselves to unreason and untenable supernatural beliefs based on literal interpretations of fanciful tales. Non-believers have just as much right to religion—and any exemptions and privileges being part of a religion brings—as anybody else.”
„Es ist unser Ziel, Religion von Aberglauben zu trennen. Religion kann und sollte ein metaphorisches, erzählerisches Konstrukt sein, das unserem Leben und unserer Arbeit Bedeutung und Richtung gibt. Unsere Religionen sollten uns nicht abverlangen, dass wir uns unlogischen und unhaltbaren übernatürlichen Glaubenssätzen unterwerfen. Nicht-Glaubende haben die gleichen Rechte auf eine Religion – inklusive aller Sonderrechte und Privilegien, welche die Mitgliedschaft in einer Religion mit sich bringt – wie jeder andere auch.“
Vergleich zum LaVeyschen Satanismus
Lucien Greaves und der TST haben sich von Beginn an stark gegenüber dem Satanismus nach Anton Szandor LaVey und der von ihm gegründeten Church of Satan abgegrenzt. So äußerte sich Lucien Greaves abwertend gegenüber der Effektivität der CoS seit dem Tod von LaVey. Greaves beschreibt den Tempel als eine fortschrittliche und aktualisierte Version von LaVey's Satanismus. Der Tempel sieht sich selbst als getrennt und verschieden von seinem Vorgänger und repräsentiere „eine natürliche Entwicklung im satanischen Denken“. Laut Greaves stimmen die Elemente des Sozialdarwinismus und des Nietzscheismus im Satanismus von LaVey nicht mit der Spieltheorie, dem reziproken Altruismus und der Kognitionswissenschaft überein. Er kritisiert die Church of Satan für ihren Mangel an politischer Lobbyarbeit und ihre Exklusivität, indem er sie als autokratisch und hierarchisch bezeichnete, und behauptet, dass die Kirche den Autoritarismus verherrliche.
Auf der offiziellen TST-Website heißt es:
“TST has its own guiding principles and tenets, distinct from the LaVeyan school, that we feel represents a natural evolution in Satanic thought.”
„TST hat seine eigenen Leitprinzipien und Grundsätze, die von der LaVeyschen Schule abweichen, und von denen wir glauben, dass sie eine natürliche Evolution satanischen Denkens sind.“
Kritik durch die Church of Satan
Umgekehrt behauptet die Church of Satan, dass The Satanic Temple sich nur „als Satanisten ausgeben“ würde, und nicht den Satanismus repräsentiere.
Mitglieder der CoS haben auf die Aktivitäten des TST mit zum Teil scharfer Kritik reagiert. In einer offiziellen Pressemeldung reagierte die CoS mit „Schadenfreude“ und kritisierte diverse fragwürdige Aspekte des TST, so z. B. die lockeren Aufnahmekriterien, die Werbung des TST für den kommerziellen Hollywood-Film The Witch oder die widersprüchlichen Aussagen aus der Gründungszeit des TST.
Weiterhin wurde kritisiert, dass der TST die Symbolik und Metaphern der CoS für medienwirksame Streiche missbrauche, Kernelemente satanischer Philosophie nicht verstehe, und es sich insgesamt um nicht mehr als einen schlechten Witz handele:
“The important concept is, as an individualist religion, what we’re opposing depends entirely on your perspective. It’s a sign of intentional coattail riding that, rather than create distinctive terminology and iconography, these pranksters decided to crib ours, and this creates a giant hole in their joke for anyone looking.”
„Das wichtigste Konzept ist, dass bei einer individualistischen Religion ausschließlich deine eigene Perspektive den Ausschlag gibt, gegen was du dich stellst. Es ist ein klares Zeichen von bewusstem Trittbrettfahrertum, dass diese Witzbolde, statt eine eigenen charakteristischen Terminologie und Ikonografie zu erschaffen, unsere abgeguckt haben; und dies reißt ein riesiges Loch in ihren Witz für jeden, der hinschaut.“
Das Online-Magazin The Rooster verglich den Konflikt zwischen den beiden Organisationen mit der Reformation.
Feiertage
Der Satanic Temple feiert untenstehende fünf Feiertage.
Datum | Ereignis |
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15. Februar | Luperkalien |
30. April | Walpurgisnacht |
25. Juli | Enthüllungstag (der Baphomet-Statue) |
31. Oktober | Halloween |
25. Dezember | Sol Invictus |
Kanon
TST beruft sich auf die literarische Figur des Satans als Rebell gegen die (Schreckens-)Herrschaft Gottes. Zum Kanon gehören daher u. a. folgende Werke:
- John Milton: Paradise Lost, 1667
- Anatole France: Aufruhr der Engel („La révolte des anges“), 1914
Literatur
- Joseph P. Laycock: Speak of the Devil: How The Satanic Temple is Changing the Way We Talk about Religion. University Press, New York 2020, ISBN 978-0-19-094849-8 (englisch).
Weblinks
- The Satanic Temple
- Sinje Stadtlich: Vom Teufel reden: die Religionsgemeinschaft „The Satanic Temple“ in den USA. (mp3-Audio; 11 MB; 11:57 Minuten) In: Deutschlandfunk-Sendung „Tag für Tag“. 16. März 2023 .
Einzelnachweise
- ↑ Hail Satan? Amerika und seine Satanisten. (Nicht mehr online verfügbar.) In: zdf.de. Ehemals im ; abgerufen am 2. August 2021. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)
Lucien Greaves: Correcting the Church of Satan “Fact Sheet”. In: luciengreaves.com. 11. Oktober 2017, abgerufen am 17. März 2023 (englisch).
Dawn Eden: Updated with Action Item: Harvard can do better than give a platform to a “Black Mass” promoter who ridicules sex abuse victims. In: patheos.com. 8. Mai 2014, abgerufen am 17. März 2023 (englisch).
Dawn Eden: Take Action: Tell feds, already probing Harvard on sex abuse, that “Black Mass” adds to hostile environment. In: patheos.com. 9. Mai 2014, abgerufen am 17. März 2023 (englisch). - 1 2 3 4 5 6 Anna Merlan: Trolling Hell: Is the Satanic Temple a Prank, the Start of a New Religious Movement — or Both? In: Village Voice. 22. Juli 2014, abgerufen am 24. November 2018 (englisch).
- 1 2 3 4 Mark Oppenheimer: A Mischievous Thorn in the Side of Conservative Christianity. In: nytimes.com. 10. Juli 2015, archiviert vom am 12. Juli 2015; abgerufen am 17. März 2023 (englisch).
- 1 2 3 Michaela Haas: Trump hat einen mächtigen Gegner herausgefordert: den Teufel persönlich. In: sueddeutsche.de. 14. April 2017, abgerufen am 16. April 2017.
- ↑ Paige Lavender: Rick Scott Praised By ‘Satanists’ At Mock Rally. In: Huffington Post. 26. Januar 2013, abgerufen am 17. März 2023 (englisch).
- 1 2 Got Your Ticket? In: thesatanictemplelosangeles.com. 17. November 2016, archiviert vom am 17. April 2017; abgerufen am 17. März 2023 (englisch).
- ↑ USA-Doku: Hier kämpfen Satanisten offen gegen konservative Christen. In: TV Digital. 29. Juni 2021, abgerufen am 29. Juli 2022.
- ↑ La Carmina: Salem’s Satanic Temple hosts macabre art and movie nights in a former funeral home. In: Roadtrippers. 22. Januar 2021, abgerufen am 24. Januar 2021 (englisch).
- ↑ Sean Philip Cotter: Chelsea man in ‘GOD’ shirt lights Salem Satanic Temple ablaze, authorities say. In: Boston Herald. 11. Juni 2022, abgerufen am 1. August 2022.
- ↑ Lucien Greaves: I co-founded The Satanic Temple. After the arson attack on our HQ, I want to clarify what we stand for. In: The Independent. 14. Juni 2022, abgerufen am 1. August 2022.
- ↑ Reilly Capps: Membership in satanic churches soars in Trump’s America. In: Rooster Magazine. 11. November 2016, abgerufen am 16. April 2017 (englisch).
- ↑ New milestone: over 700,000 members! In: thesatanictemple.com. Abgerufen am 21. Juli 2022 (englisch).
- 1 2 Find A Congregation. In: thesatanictemple.com. Abgerufen am 21. Juli 2022 (englisch).
- ↑ FAQ: What Does Satan Mean to TST? In: thesatanictemple.com. 1. Mai 2015, abgerufen am 16. April 2017 (englisch).
- ↑ Philip Marcelo: Meet the Satanists who don’t believe in Satan. In: Independent Online. 28. Oktober 2016, abgerufen am 16. April 2017 (englisch).
- 1 2 FAQ: How Does TST’s Satanism Differ from Laveyan Satanism? In: thesatanictemple.com. 1. Mai 2015, abgerufen am 16. April 2017 (englisch).
Church of Satan vs. Satanic Temple. In: thesatanictemple.com. 1. Mai 2015, abgerufen am 17. März 2023 (englisch). - 1 2 About us. In: thesatanictemple.com. Abgerufen am 17. März 2023 (englisch).
- ↑ There are Seven Fundamental Tenets. In: thesatanictemple.com. Abgerufen am 17. März 2023 (englisch).
- ↑ Start A Congregation. Abgerufen am 21. Juli 2022 (englisch).
- ↑ Campaigns. In: The Satanic Temple. 1. Mai 2015 (englisch, thesatanictemple.com [abgerufen am 16. April 2017]).
- ↑ Mark Oppenheimer: A Mischievous Thorn in the Side of Conservative Christianity. In: The New York Times. 10. Juli 2015, ISSN 0362-4331 (englisch, nytimes.com [abgerufen am 29. November 2018]).
- 1 2 Protect Children Project – A Campaign of The Satanic Temple. Archiviert vom am 28. April 2019; abgerufen am 24. März 2023 (englisch).
- ↑ Emily Levy: The Satanic Temple, Now Wooing Kids and Moms. In: Vocativ. 6. Mai 2014, abgerufen am 29. November 2018 (englisch).
Brownie Marie: Satanic Temple launches school campaign to “protect” children and permit them to pray to Satan. In: Christian Today. 11. April 2014, abgerufen am 29. November 2018 (englisch). - ↑ Satanic Temple Billboard Targets North Texas School District’s Use of Corporal Punishment. In: NBC 5 Dallas-Fort Worth. Abgerufen am 28. Februar 2021 (englisch).
- ↑ Put a Satanic Monument at OK Capitol. In: Indiegogo. Abgerufen am 4. September 2021 (englisch).
- ↑ Jonathan Smith: Here Are the Latest Photos of the Satanic Statue Being Made for Oklahoma’s Statehouse. In: Vice News. 12. Dezember 2014, abgerufen am 24. März 2023 (englisch).
- ↑ Ryan Steadman: Sculpting Satan: A Chat With America’s Most Controversial Artist. In: Observer.com. 19. August 2015, abgerufen am 24. März 2023 (englisch).
- ↑ Baphomet. In: salemartgallery.com. Abgerufen am 24. März 2023 (englisch).
- ↑ Lee DeVito: The Satanic Temple countered Planned Parenthood protests with some guerrilla theatre. In: Detroit Metro Times. 24. August 2015, archiviert vom am 28. Oktober 2021; abgerufen am 24. März 2023 (englisch).
- ↑ Barbara Boland: Satanists drench women with milk for Planned Parenthood counter-protest. In: Washington Examiner. 25. August 2015, abgerufen am 29. November 2018 (englisch).
- ↑ Samuel Vargo: Nice try, Pope Francis, but to many, Junipero Serra is no saint. In: dailykos.com. Daily Kos, 5. November 2015, abgerufen am 30. Juli 2022 (englisch).
- ↑ Juliet Bennett Ryla: The Satanic Temple Is 'Demonizing' St. Junipero Serra Next Week. In: laist.com. 5. Oktober 2015, abgerufen am 30. Juli 2022 (englisch).
- ↑ Andrew Blake: Satanic Temple offers help to Muslims amid post-Paris backlash. In: The Washington Times. 19. November 2015, abgerufen am 29. November 2018 (englisch).
- ↑ Did the IRS 'Fast Track' Tax Exempt Status for After School Satan Clubs? Snopes, abgerufen am 21. Januar 2018 (englisch).
- ↑ FAQ. In: After School Satan. Archiviert vom am 16. Januar 2017; abgerufen am 5. Januar 2017 (englisch).
- ↑ Rick Anderson: Yes, an after-school Satan Club could be coming to your kid's grade school. In: LA Times. Archiviert vom am 9. Januar 2017; abgerufen am 5. Januar 2017 (englisch).
- ↑ Portland OKs "After School Satan" for elementary kids. In: CBS News. Archiviert vom am 16. Januar 2017; abgerufen am 5. Januar 2017.
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