Tren Maya (spanisch für: Maya-Zug) ist ein im Bau befindliches Infrastrukturprojekt inklusive Zugstrecke in Mexiko. Die Projektentwicklung erfolgt unter Trägerschaft einer Tochterfirma der mexikanischen Streitkräfte. Dabei soll eine Eisenbahnstrecke mit einer Länge von 1525 Kilometern (60 % Reaktivierung bestehender Strecke für den Personenverkehr, 40 % Neubaustrecke) an den Stätten der Maya entlangführen. Das im September 2018 von Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador angekündigte Projekt soll neben dem Güterverkehr ab 2023 pro Jahr rund drei Millionen Menschen zu 15 Orten transportieren und nach Vorstellung der mexikanischen Regierung insbesondere den Ökotourismus fördern. An der Mehrheit der 19 Bahnstationen ist jedoch auch die Errichtung von Gewerbegebieten und Industrieparks vorgesehen.
Planung und bisherige Umsetzung
Die für eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h ausgelegte Trasse soll in Palenque in Chiapas beginnen, dann über Tenosique in Tabasco zum Bundesstaat Campeche nach Escárcega verlaufen. Von dort führen dem Vorhaben nach zwei Strecken bis zum Touristenort Cancún in Quintana Roo. Die westliche Route führt über die Stadt Campeche sowie über die in Yucatán liegenden Stationen Maxcanú, Mérida, Izamal, Chichén Itzá und Valladolid.
Der östliche Streckenast soll entlang der Maya-Plätze Calakmul, Xpuhil (Becán, Chicanná) führen und die Städte Bacalar, C. Puerto, Tulum, Playa del Carmen und Puerto Morelos anbinden.
Da die östliche Route an zahlreiche Cenotes sowie durch das Calakmul-Biosphärenreservat führt, sollte ursprünglich vor Baubeginn ein Umweltschutzgutachten erstellt und eine Anhörung der indigenen Gemeinschaften nach den Vorgaben der Internationalen Arbeitsorganisation und auf Grundlage der ILO-Konvention 169 durchgeführt werden. Ein Referendum, an dem im November 2018 nur ein Prozent der mexikanischen Bevölkerung teilnahm, sprach sich mit 89 Prozent für das Projekt aus, mit dem 20.000 Jobs entstehen sollen. Der UN-Menschenrechtsrat kritisierte die Abstimmung scharf. Die Wähler seien nur über die positiven Auswirkungen des Projekts informiert worden, nicht über die negativen. Außerdem fehlte eine Übersetzungen der Unterlagen, die Abstimmungsphase war zu kurz und die Beteiligung, besonders unter indigenen Frauen, extrem gering. Viele Wahlberechtigte hätten nicht die finanziellen Mittel gehabt, um zu den Wahllokalen zu reisen. Die Mehrheit der Wähler seien städtische Angestellte gewesen.
Im Dezember 2018 wurde mit dem Bau begonnen. Das mit einem Budget von 7,4 Milliarden US-Dollar veranschlagte Megaprojekt soll größtenteils mit Einnahmen aus dem Tourismus finanziert werden. 2021 wurde die Leit- und Sicherungstechnik (Stellwerke und ETCS) sowie 42 Triebzüge für insgesamt 36,6 Milliarden Pesos vergeben.
Ein Konsortium der spanischen Renfe mit den Ingenieurbüros Ineco und DB Engineering & Consulting wurde mit der Beratung über den zukünftigen Betrieb und der Überwachung der Herstellung, Lieferung und Inbetriebnahme der Schienenfahrzeuge und anderer Systeme beauftragt. Der Vertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren hat einen Auftragswert von 13,5 Millionen Euro.
Als Schienenfahrzeuge sind insgesamt 42 Triebzüge mit insgesamt 219 Wagen vom Typ Alstom X'Trapolis vorgesehen, die in die Untervarianten Xiinbal (Tageszüge), von denen 31 Triebzüge bestellt wurden, Janal (Tageszüge mit Speisewagen) sowie P'atal (Nachtzüge mit Schlafwagenabteilen) aufteilen und im Werk in Ciudad Sahagún gefertigt werden sollen. Der erste vierteilige Triebzug vom Typ Xiinbal wurde am 3. Juli 2023 ausgeliefert und am 10. Juli 2023 vorgestellt, wobei sämtliche Fahrzeuge bis Ende 2024 ausgeliefert werden sollen. Der Einsatz ist ab Dezember 2023 vorgesehen.
Im Juni 2023 ordnete der erste Bezirksrichter des Bundesstaates Yucatán die Einstellung der Arbeiten am Tren Maya in mehreren Bereichen zwischen Calkiní, Cancún, Playa del Carmen sowie Tulum und Chetumal an, da für die Abholzungs- und Rodungsarbeiten keine Genehmigungen eingeholt worden sei und diese dazu führen könnten, dass lokale Gemeinschaften und Organisationen irreparable Auswirkungen auf ihr Recht auf eine gesunde Umwelt erleiden.
Unterdessen bekräftigte der Generaldirektor des Tren Maya Óscar David Lozano Águila im September 2023, dass der erste Streckenabschnitt ab dem Corredor Interoceánico über Palenque, Boca del Cerro, Tenosique, El Triunfo und Candelaria bis Escárcega im Dezember 2023 eröffnen wird.
Kritik und Proteste
Widerstand gegen den Tren Maya kündigte die Zapatistische Befreiungsarmee aus Sorge vor durch Right-of-way legitimierte Vertreibung an. Die SEDENA Leaks wiesen 2022 eine darauffolgend engmaschige Überwachung der Bewegung durch den mexikanischen Militärgeheimdienst nach. Auch andere indigene Gruppen, wie der Congreso Nacional Indigena lehnen das Projekt ab und fürchten Vertreibung, Ausbeutung als Arbeitskräfte, eine Bedrohung indigener Lebensweisen und ein ökologisches Desaster. Im April 2023 zog eine Karawane unter dem Slogan „El Sur resiste“ (Der Süden lehnt sich auf) entlang der Strecken in den Bundesstaaten Chiapas, Oaxaca, Veracruz, Tabasco, Campeche, Yucatán und Quintana Roo, die vom Großbauprojekt Corredor Interoceánico im Isthmus von Tehuantepec und dem Tren Maya betroffen sind. Der Protest richtet sich gegen die Militarisierung, Umweltzerstörung und Landraub in Zusammenhang mit den Großbauprojekten.
Im Juli 2023 wurde an einer Geschäftsstelle der Deutschen Bahn in Berlin Scheiben eingeschlagen und der Schriftzug „Stop Tren Maya“ aufgesprüht.
Auch die UN kritisierte das Projekt und befürchtet massive Menschenrechtsverletzungen. Mehrfach sollen Arbeiten an Bauabschnitten trotz Verboten örtlicher Gerichte fortgesetzt worden sein.
Siehe auch
Weblinks
- Maya-Zug (spanisch)
- The B1M: The $10BN Railway in the Jungle auf YouTube, 15. Juni 2022 (englisch).
Einzelnachweise
- ↑ Maya-Zug auf Yucatán: 1525 Kilometer, 15 Haltestellen - und viel Ärger. In: Spiegel Online. 8. April 2019 (spiegel.de [abgerufen am 9. April 2019]).
- ↑ Mexikos Militär plant Fluglinie für Touristen. In: Merkur. 5. Oktober 2022, abgerufen am 12. März 2023.
- ↑ poonal (npla): Mexiko: Armee soll Tren Maya verwalten - NPLA. In: Nachrichtenpool Lateinamerika. 31. Dezember 2020, abgerufen am 12. März 2023 (deutsch).
- ↑ Adriana Varillas: Everything you need to know about the Mayan Train project In: El Universal, 23. November 2018. Abgerufen im 23. Februar 2019. (englisch)
- ↑ Dawn Marie Paley: Wann kommt der Zug nach Yucatán? Abgerufen am 10. Juli 2020.
- ↑ Peter Clausing: Militär in Mexiko – "Mitgestalter" bei der Regionalentwicklung? In: amerika21. 4. Januar 2021, abgerufen am 12. März 2023.
- 1 2 Martha Pskowski: Mexico's 'Mayan Train' Is Bound for Controversy In: CityLab, 22. Februar 2019. Abgerufen im 23. Februar 2019. (englisch)
- ↑ Alexis Ortiz: Rechaza ONU consulta sobre el Tren Maya. (deutsch: UN rejects consultation on the Maya Train). In: El Universal. 20. Dezember 2019 (spanisch).
- ↑ Yngrid Fuentes: Tren Maya: así es el ambicioso proyecto que propone AMLO y tiene un costo de miles de millones de dólares para México, BBC Mundo, 15. November 2018. Abgerufen im 23. Februar 2019. (spanish)
- ↑ Tren Maya fleet ordered. In: Railway Gazette International. Band 177, Nr. 7, Juli 2021, ISSN 0373-5346, S. 8.
- ↑ Larazon vom 18. Dezember 2020
- ↑ The Mayan train project. Abgerufen am 11. Juli 2023 (englisch).
- ↑ jh: Mexiko: Erster X'trapolis für Tren Maya ausgeliefert. In: Eisenbahn-Revue International 10/2023, S. 476.
- ↑ Alstom delivers the first cars to the Tren Maya railway project. Abgerufen am 11. Juli 2023 (englisch).
- ↑ Josephine Cordero Sapién: Alstom Delivers First Train of the Tren Maya Railway Project. 11. Juli 2023, abgerufen am 11. Juli 2023 (britisches Englisch).
- ↑ poonal (npla): Arbeiten am Tren Maya werden eingestellt. In: Nachrichtenpool Lateinamerika. 7. Juni 2023, abgerufen am 27. Juli 2023 (deutsch).
- ↑ Tramo 1 del Tren Maya conectará con el Corredor Interoceánico centrourbano.com, 26. September 2023, abgerufen am 1. Oktober 2023 (spanisch)
- ↑ Massive Leak of Military Docs Reveals Mexico Armed Cartels, Surveilled Journalists & Zapatistas. In: Democracy Now. 12. Oktober 2022, abgerufen am 19. Oktober 2022 (englisch).
- ↑ Avispa: Guacamayaleaks: EZLN target of constant espionage by Sedena. In: Avispa Midia. 13. Oktober 2022, abgerufen am 19. Oktober 2022 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Inicio | ¡ El Sur Resiste ! Abgerufen am 27. Juli 2023.
- ↑ Lateinamerika Nachrichten (Hrsg.): Der Süden lehnt sich auf. Nr. 589/590, Juli 2023, S. 47–49.
- ↑ deutschlandfunk.de: "Tren Maya" - Angriff auf DB-Geschäftsstelle in Berlin - Protest gegen Bahnprojekt in Mexiko. Abgerufen am 27. Juli 2023.
- ↑ Die mexikanische Regierung, Deutsche Bahn und das Zug-Großprojekt „Tren Maya“: Widerstand der Selbstorganisation. In: LabourNet Germany. 2. Februar 2023, abgerufen am 12. März 2023.