Ulrich Wesselmann (* 1960; † November 1993) war ein deutscher Theater- und Filmschauspieler.
Leben und Karriere
Als 20-jähriger Student der Schauspielschule Bochum wurde Wesselmann 1980/81 von Thomas Brasch für die Hauptrolle Werner Gladow in seinem mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichneten Schwarz-Weiß-Film Engel aus Eisen für das ZDF besetzt. In den Rezensionen des Films im Spiegel und Theater heute wurde er gewürdigt.
Engagements am Schauspielhaus Bochum und dem Burgtheater Wien – unter der Intendanz von Claus Peymann – sowie auch an der Berliner Schaubühne, erbrachten die Zusammenarbeit mit den Regisseuren Alfred Kirchner, Manfred Karge, Matthias Langhoff, Andrea Breth, Jürgen Gosch u. a.
Wesselmann spielte u. a. in Die Räuber von Schiller, Robert Guiskard (Kleist), Ein Wintermärchen (Shakespeare), Weekend im Paradies (Arnold und Bach), Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny und Die Mutter (Brecht), John Lennon, Klassenfeind von Nigel Williams, Still Ronny von Heinrich Henkel, Die Kunst der Komödie von Eduardo De Filippo, Ödypus, Tyrann von Hölderlin/Heiner Müller, Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui von Bertolt Brecht, Ein Sommernachtstraum von Shakespeare und Elvis & John von Uwe Jens Jensen/Hansgeorg Koch (Musik: Thomas Rabitsch) sowie Trio in Es-Dur von Éric Rohmer. Daneben hat er auch Lesungen abgehalten und Regie geführt.
Seit Ende der 1980er Jahre wurde Wesselmann auch oft in Fernsehproduktionen und Serien besetzt. Seine letzten Auftritte fanden in der Rolle des Felix im September 1993 in Arthur Schnitzlers Der einsame Weg statt. Er nahm sich im November 1993 das Leben.
Rollen in Film, Fernsehen und Theateraufzeichnungen
- Engel aus Eisen (Buch und Regie: Thomas Brasch, 1981) als Gladow
- Die Hermannsschlacht nach Heinrich von Kleist (Regie: Claus Peymann, 1984) als Luitgar
- Peng! Du bist tot! (1987) als Junger Hotel-Portier
- Der Zug (mit Ben Kingsley, Regie: Damiano Damiani, 1988)
- Vera und Babs (Regie: Peter Adam, 1989) als Jürgen
- Der einsame Weg (Film nach Arthur Schnitzlers Drama, nach der Inszenierung von Andrea Breth in der Berliner Schaubühne, 1991) als Felix
- Ein besonderes Paar (mit Gila von Weitershausen und Susanne Evers, Regie: Helmut Förnbacher, 1992) als Ingo Friedrichsen
- Verflixte Leidenschaft (mit Iris Berben, Regie: Carlo Rola, 1992) als Felix
- Happy Birthday, Türke! (Regie: Doris Dörrie, 1991) als Assistent Harry Eiler
- Wolffs Revier (TV-Serie, Regie: Christine Wiegand, 1993) als Martin Lübke
- Letzte Gedanken vor dem Zitronenkauf (nach einer Erzählung von Robert Wolfgang Schnell), Regie: Ulrich Wesselmann, 7 min, 16mm, s/w (1991)
Weblinks
- Ulrich Wesselmann in der Internet Movie Database (englisch)
Literatur
- Hermann Beil, Uwe Jens Jensen, Claus Peymann (Hrsg.): Das Bochumer Ensemble. Ein deutsches Stadttheater 1979-1986. Königstein: Athenäum 1986. (Diverse Abbildungen in allen Bochumer Rollen).
- Claus Peymann, Hermann Beil u. a. (Hrsg.): Weltkomödie Österreich 13 Jahre Burgtheater. Band I (Bilder), Band II (Chronik). Wien 1999. (5 Abbildungen und Rollenverzeichnis Wien).
Einzelnachweise
- ↑ Für die Lebensdaten können lediglich folgende Informationen herangezogen werden: „Ulrich Wesselmann, hochbegabter Berliner Schauspieler, hat sich nach einer Pressemeldung vom November 1993 33-jährig das Leben genommen. [… Er] wurde an die Schaubühne geholt, spielte dort zuletzt im September 1993 den Felix im Schnitzler-Drama Der einsame Weg.“ In: Deutsches Bühnen-Jahrbuch, 1995, S. 780. Die Internet Movie Database gibt sein Sterbealter mit 32 und das Geburtsjahr 1960 an. Die taz Hamburg, S. 19, kündigte noch am 23. November 1993 ein Gespräch mit Anne Bennent, Wesselmann und Wolfgang Engel an.
- ↑ Information über den Bochumer Schauspielschüler Wesselmann in Engel aus Eisen.
- ↑ Zur Zeit der Berliner Luftbrücke baut der siebzehnjährige Werner Gladow (Ulrich Wesselmann) eine Gangsterbande auf. Als er den ehemaligen Scharfrichter Wölpel (Hilmar Thate) in seine Bande aufnimmt, entspinnt sich zwischen beiden ein merkwürdiges Verhältnis.
- ↑ Berliner Ballade. In: Der Spiegel. Nr. 18, 1981, S. 218 (online). Zitat: „Braschs Gladow, kaum glänzender Gangsterboß, ist ein schmaler, bleicher, abweisend wortkarger Junge (Ulrich Wesselmann), und Braschs Geschichte ist die der haßvollen Komplizenschaft, die den kindlichkeuschen Killer Gladow mit dem dreckigen Henker Völpel verbindet: eine dunkle Todeskumpanei.“ Peter von Becker schrieb in Theater heute: „Humor wird sonst nicht gegeben. Man sieht das an Werner Gladow. Ihn spielt Ulrich Wesselmann mit einer Mischung aus bubenhafter Schlaksigkeit in seinen Bewegungen und einem ihm zu Gesicht stehenden frühreifen biestigen Ernst. Dieser Mensch hätte eigentlich ein hübsch offenes, eher weiches Jungenantlitz, aber seine in älterem Sprachgebrauch mit Attributen wie frisch und sauber zu bezeichnende Reinheit ist die des Puritaners und Rigoristen. Ein sanfter Fanatismus wirkt in dem blonden Jungen, der unbeirrbar den Aufstieg vom Freizeittaschendieb zum Bandenchef und Großräuber verfolgt – nie lachend, bestenfalls von einer unverbindlichen Freundlichkeit: ein unbarmherziges und fischblütiges Wesen.“ In: Theater heute, Juni 1981, S. 27f. Eine ausführliche Beschreibung gibt auch Ulrich Greiner: Als Berlin Chicago war. In: Die Zeit, Nr. 19/1981, S. 40.
- ↑ „Ulrich Wesselmann spielt das Fräulein Amalia von Edelreich. Natürlich wird das auch eine Parodie: wie der Knabe im Mädchenkleide leidet und barmt, wie er ganz spitzig ‚itzt‘ sagt, die Augen jüngferlich niederschlägt oder flehend zum Himmel richtet. Eine Gaudi die aber erstaunlicherweise das Rührende der Figur nicht vernichtet, sondern erst richtig zum Vorschein bringt.“ Kind Schiller. In: Die Zeit, Nr. 26/1984, S. 42.
- ↑ Wesselmann spielte die Deutsche Erstaufführung des Zweipersonenstücks in der Regie von Jürgen Gosch mit Angela Schanelec. Rolf Michaelis: Trio zu Viert. In: Die Zeit, Nr. 20/1989, S. 76.
- ↑ Zahlreiche Rollenbilder finden sich in der Dokumentation des Bochumer Ensembles (1986, s. Bibliogr.), S. 50, 52f. 140, 166, 216, 261, 273f., 467.
- ↑ „Johannas Bruder Felix (Ulrich Wesselmann) ist ein kreidebleicher, todernster deutscher Jüngling. Er rebelliert noch gegen den Untergang, schlägt um sich, schlägt zu. Aber das ‚Glück‘ wird er gewiß nicht finden — eher schon einen schönen Heldentod, auf Marmorklippen.“ Benjamin Henrichs: Feuer im Haar, Wasser im Mund. In: Die Zeit, Nr. 42/1991, S. 66.