Der VST-Einheitstrolleybus war eine nach einheitlichen Konstruktionsprinzipien hergestellte Schweizer Trolleybus-Baureihe. Die zusammen 119 Wagen basierten auf einem 1971 vom Verband Schweizerischer Transportunternehmungen (VST) vorgestellten Konzept für landesweit einsetzbare Standardfahrzeuge, vergleichbar dem Schweizer Standardtram aus den 1940er Jahren. Als Nachfolger der hier behandelten Baureihe und der mit ihr verwandten Serien gelten die ab 1987 gebauten Typen NAW/Hess BGT 5-25 und BT 5-25 sowie der 1991 vorgestellte Hess Swisstrolley.

Gemeinschaftsbestellung

Bereits in den 1960er Jahren gab es erste Vereinheitlichkeitsbestrebungen im Schweizer Trolleybusbau. Aus dieser Zeit stammt der in 50 Exemplaren für vier Städte hergestellte APG-Trolleybus, der wiederum auf dem GTr51 von 1957 basierte. Nach den positiven Erfahrungen mit diesen beiden Typen folgte 1971 der Entscheid zur Beschaffung des VST-Einheitstrolleybusses. Er wurde in den Jahren 1974 bis 1977 produziert und nach Basel, Bern, Genf, Lausanne, Neuenburg und Zürich geliefert. Es handelte sich um die bis dahin schweizweit grösste Gemeinschaftsbeschaffung verschiedener Trolleybusbetriebe. Der VST-Einheitstrolley ersetzte dabei überwiegend die veralteten Fahrzeuge, die zur jeweiligen Betriebseröffnung während und nach dem Zweiten Weltkrieg beschafft wurden. Chassishersteller war FBW, die elektrische Ausrüstung lieferte eine Arbeitsgemeinschaft aus BBC und SAAS zu. Die Fahrzeugaufbauten wiederum stammten von Hess, Ramseier & Jenzer, Gangloff oder Tüscher. Es handelte sich in allen Fällen um eine – damals neuartige – geschweisste Aluminium-Karosserie in Grossprofilbauweise. Unterschiede bestanden hingegen bei der Frontgestaltung, die Berner Fahrzeuge wiesen als Besonderheit ausserdem Klapptrittstufen auf.

Die zusammen 101 Gelenkwagen – die anders als die Vorgängerbaureihen GTr51 und APG alle einmotorig waren – und 18 Solowagen verteilten sich wie folgt auf die sechs Betriebe, der Stückpreis betrug beim Gelenkwagen 546.000 Schweizer Franken:

UnternehmenNetzArtTypStückNummernBaujahreAbbildung
BVBBaselGelenk91 GTS10911–9201975
SVBBernGelenk91 GTL
91 GTL
26
6
30–55
56–61
1974
1977
CGTEGenfGelenk91 GTS18631–6481975
TLLausanneSolo
(teils mit Anhänger)
91 T18701–7181975–76
TNNeuenburgGelenk91 GTS10anfangs 51–60,
später 151–160
1976
VBZZürichGelenk91 GTL3170–1001974–75

Das T in der Typenbezeichnung stand für Trolleybus. Das Kürzel GTL entsprechend für Gelektrolleybus mit Lenkachse, das heisst die dritte Achse war zwangsgelenkt, GTS analog dazu für Gelektrolleybus mit Starrachse. Die Zürcher Wagen trugen ausserdem den Beinamen Jumbo. Lausanne beschaffte Solowagen, weil das Unternehmen im Winterbetrieb auf den dort vorhandenen steilen Streckenabschnitten Anhängerzüge gegenüber Gelenkwagen im Vorteil sah. Da die sechs Berner Wagen des Baujahrs 1977 einer Nachbestellung entstammten, werden sie in manchen Quellen nicht mehr dem VST-Einheitstrolleybus zugerechnet.

72 Fahrzeuge waren dabei anfangs in der sogenannten VST-Einheitslackierung in orange und weiss lackiert. Darunter die Wagen für Basel, Genf, Lausanne und Neuchâtel sowie 16 der Berner Wagen. In der Schweiz sind mittlerweile keine Fahrzeuge dieser Baureihe mehr im Einsatz. Nach ihrer Ausrangierung gelangten einige in die rumänischen Städte Brașov, Ploiești – wo sie sich teils noch im Einsatz befinden – sowie zum 2009 stillgelegten Betrieb in Sibiu. Ein weiteres Exemplar kam zum chilenischen Oberleitungsbus Valparaíso, ist aber bereits ausser Betrieb.

Der Berner Wagen 55 befand sich 1976 zu Vorführfahrten beim Oberleitungsbus Arnheim und beim Oberleitungsbus Solingen, zu einem Exportauftrag kam es dennoch nicht. Heute ist er in der Obhut des Obus-Museums Solingen. Weitere Vorführfahrten fanden schon 1974 beim Oberleitungsbus Vancouver und in Seattle statt.

Verwandte Bauserien

Über die Gemeinschaftsbestellung hinaus entstanden zwischen 1975 und 1990 einige weitere Serien, die konstruktiv mehr oder weniger mit dem VST-Einheitstrolley verwandt sind. Da sie sich aber in zahlreichen gestalterischen und technischen Details unterscheiden, werden sie nicht mehr zu den VST-Einheitstrolleybussen gezählt. Darunter auch zweimotorige Gelenkwagen und Fahrzeuge, an denen ausser den bereits bekannten Herstellern weitere Unternehmen beteiligt waren. Neben Nachbauten für Bern, Genf, Lausanne und Neuenburg wurden dabei auch Biel/Bienne, La Chaux-de-Fonds, Freiburg im Üechtland, Lugano, Luzern, Schaffhausen, St. Gallen, Winterthur und das norwegische Bergen beliefert:

UnternehmenNetzArtHerstellerElektrikTypStückNummernBaujahreAbbildung
SVBBernGelenkVolvo / Ramseier & JenzerBBC-SécheronB10M-55562–661985
VBBiel/BienneSoloFBW / Ramseier & JenzerSAAS91 T711–171980
VBBiel/BienneGelenkVolvo / Ramseier & JenzerBBC-SécheronB10M-551261–721985–89
Bergen SporveiBergenSoloVolvo / HessSAASB583321–3241978
tpfFreiburgSoloVolvo / HessSAASB582anfangs 41–42, später 341–3421981
TCLa Chaux-de-FondsSoloFBW / Hess / HaagSAAS91 T8101–1081978–82
TPGGenfGelenkSaurer / HessBBC-SécheronGT 560/620-2512663–6741982–83
TLLausanneSolo
(teils mit Anhänger)
FBW / Hess
NAW / Lauber
BBC-Sécheron
BBC-Sécheron
91 T
91 T
30
42
721–750
751–792
1981–84
1986–90
ACTLLuganoSoloVolvo / HessSAASB584118–1211974
ACTLLuganoGelenkVolvo / HessSAASB584122–1251975
VBLLuzernGelenkVolvo / HessSiemensB5814165–1781975
TNNeuenburgGelenkFBW / HessBBC-Sécheron91 GTS12161–1721983–84
VBSHSchaffhausenGelenkVolvo / HessSiemensB5811061975
VBSGSt. GallenGelenkSaurer / HessBBC-SécheronGT 560/620-2511101–1111984
VWWinterthurGelenkSaurer / Hess
Saurer / Frech-Hoch
Strömberg
Strömberg
GT 560/640-251
10
121
122–131
1978
1982–83

Die elektrische Ausrüstung der Wagen für La Chaux-de-Fonds stammte dabei aus abgebrochenen Genfer Wagen. Die letzten Einheitstrolley-Nachbauten in der Schweiz befanden sich bis Mai 2021 in Lausanne im Einsatz. Darüber hinaus gab es auch zahlreiche Autobusse mit dieser Einheitskarosserie.

Literatur

  • Dieter Schopfer: Verzeichnis der Trolleybusse in der Schweiz 1911–1997. VRS, Winterthur 1998
  • Neue Zürcher Zeitung vom 5. Januar 2005: Endstation für orangefarbene Trolleybusse – Schweizerische Einheitsfahrzeuge gehen in Pension.

Einzelnachweise

  1. Hess 1882-2007, 125 Jahre Tradition, Innovation, Emotion, 2007, ISBN 3-85962-147-5, S. 96–97
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