Valtellina Superiore DOCG ist die Bezeichnung (Denomination) für trockene italienische Rotweine, die im Veltlin (italienisch Valtellina) in der Provinz Sondrio (Region Lombardei) unter Einhaltung der hierfür maßgeblichen Produktionsvorschriften erzeugt und in den Verkehr gebracht werden.
Anbaugebiet
Das Anbaugebiet der Trauben liegt im Tal der Adda, einem etwa 100 Kilometer langen Tal der westlichen Ostalpen, und erstreckt sich dort über etwa 50 km in Ost-West-Richtung beiderseits der Provinzhauptstadt Sondrio. Bei den Anbauflächen handelt es sich ganz überwiegend um terrassierte Steillagen. Im Norden der besonnten Talseite schützen die Bernina-Alpen, eine Untergruppe der Rätischen Alpen (italienisch Alpi Retiche) gegen kalte Nordwinde. Im Süden, auf der Schattenseite des Tales, liegen die Bergamasker Alpen (italienisch Alpi Orobie), welche gegen die Feuchtigkeit der Po-Ebene schützen.
Die äußeren Grenzen des Anbaugebietes (richtigerweise der Anbaugebiete, da es sich um keine zusammenhängende Fläche handelt), liegen im Westen im Ortsteil Villapinta der Gemeinde Buglio in Monte, und im Osten etwas nordöstlich der Stadt Tirano. Die Grenzen und Flächen regelt das maßgebliche „Disciplinare“ (Produktionsvorschriften)], hier Artikel 3 (italienisch articolo). Eine Übersicht der Flächen ist aus der Kartenskizze des zuständigen „Consorzio di Tutela dei Vini di Valtellina“ ersichtlich. Sie zeigt die sechs Teilflächen der DOCG sowie ihre fünf Unterzonen (von West nach Ost) Maroggia mit etwa 25 Hektar (ha) Anbaufläche in einer Höhe zwischen 270 und 550 Meter über Meer (m. ü. M.), Sassella mit etwa 100 ha zwischen 270 und 600 m. ü. M., Grumello mit etwa 80 ha zwischen 350 und 600 m. ü. M., Inferno mit etwa 55 ha zwischen 300 und 500 m. ü. M. und Valgella mit etwa 140 ha zwischen 350 und 650 m. ü. M.
Erzeugung und Inverkehrbringung
Seit 2017 ist die Bestockung bei Neu- und Wiederanpflanzungen mit mindestens 3500 Rebstöcken je Hektar gefordert; zuvor waren es noch 4000 Rebstöcke. Altanpflanzungen genießen Bestandsschutz. Jede Maßnahme zur Steigerung der Traubenmenge ist verboten. Einzig eine Bewässerung im Notfall (z. B. bei Neuanpflanzungen) ist erlaubt. Der Traubenertrag je Hektar ist auf 8000 Kilogramm beschränkt. (Disciplinare Art. 4). Diese Maßnahmen dienen der Reduzierung der Traubenerträge zur Steigerung der Qualität der Trauben.
Die Weintrauben, die für die Vinifizierung von Wein der Bezeichnung „Valtellina Superiore DOCG“ vorgesehen sind, müssen einen natürlichen Mindestalkoholgehalt von 11% vol. aufweisen. Die Trauben aber, die für Weine mit Angabe einer Unterzone vorgesehen sind, müssen einen natürlichen Mindestalkoholgehalt von 11,50% vol. haben. (Disciplinare Art. 4 a.E.)
Die Vinifizierung und der Ausbau der Weine muss im Anbaugebiet erfolgen, wobei auch hier ein Bestandsschutz gilt. Der Ausbau ist aus Traditionsgründen aber auch in den beiden (der Stadt Tirano benachbarten) Schweizer Ortschaften Brusio und Poschiavo zulässig.
Die Traubenmostausbeute ist auf 56 Hektoliter (hl) je Hektar Anbaufläche beschränkt. Wird diese Grenze bis zu maximal 60 hl/ha überschritten, erfüllt die Übermenge nicht die Voraussetzungen für Weine der DOCG Valtellina Superiore. Übersteigt die Traubenmostausbeute jedoch 60 hl/ha, geht der Anspruch auf die DOCG Valtellina Superiore insgesamt verloren. (Disciplinare Art. 5). Dann wäre zu prüfen, ob die Weine noch die geringeren Anforderungen der DOC Valtellina Rosso oder der IGT Alpi Retiche erfüllen, damit sie wenigstens als solche in den Verkehr gebracht werden können.
Die Weine der DOCG Valtellina Superiore müssen, beginnend mit dem 1. Dezember nach der Traubenernte, während mindestens 24 Monaten reifen. Hiervon sind mindestens 12 Monate im Holzfass vorgeschrieben. Soll jedoch der Wein unter der Zusatzbezeichnung „Riserva“ in den Verkehr gebracht werden, muss der Ausbau während mindestens 36 Monaten erfolgen. (Disciplinare Art. 5)
Die Weine müssen zu mindestens 90% aus der Rebsorte Nebbiolo bestehen, welche im Veltlin (nach dem Städtchen Chiavenna) „Chiavennasca“ genannt wird. Eine Zugabe von bis zu 10 % nicht aromatischen roten Rebsorten, die für den Anbau in der Lombardei zugelassen sind, ist erlaubt. Diese Regelung ermöglicht, dass – aus lange zurückliegend bestockten Rebflächen – die Trauben der sich dort immer wieder vereinzelt findenden anderen roten Rebsorten bei der Traubenlese nicht ausgesondert werden müssen. Sie erlaubt ferner die Verwendung sogenannter Färbertrauben, deren Farbpigmente den sonst typischerweise eher „blassen“ Weinen mehr Farbe verleihen.
Die Abfüllung ist erlaubt in dunkelfarbige Bordeaux-Flaschen (italienisch bordolese) und Burgunder-Flaschen (italienisch borgognotta) mit minimal 0,375 und maximal 5,00 Liter Inhalt. (Disciplinare Art. 8).
Soweit alle Anforderungen des „Disciplinare“ erfüllt sind, dürfen die Weine mit einer der fünf Unterzonen (von West nach Ost: Maroggia, Sassella, Grumello, Inferno und Valgella) und / oder dem Prädikat Riserva gekennzeichnet werden. Weine, die traditioneller- und zulässigerweise in der benachbarten Schweiz auf Flasche gezogen werden, dürfen – neben der Bezeichnung „Valtellina Superiore DOCG“ – den Zusatz „Stägafässli“ tragen. Diesen Weinen bleibt jedoch die Angabe einer Unterzone und/oder des Prädikats „Riserva“ versagt (Disciplinare Art. 6 a.E.)
Die Confederazione Nazionale Dei Consorzi Volontari Per La Tutela Delle Denominazioni Dei Vini Italiani FEDERDOC veröffentlicht in Jahresberichten die statistischen Daten der Erzeugung. Hiernach wurden im Jahr 2019 18.853 Hektoliter (hl) Valtellina Superiore erzeugt. 2020 waren es 18.124 hl, 2021 15.306 hl und 2022 16.691 hl.
Organoleptik
Die Rotweine mit den Bezeichnungen „Valtellina Superiore DOCG“, „Valtellina Superiore Stägafässli DOCG“, oder „Valtellina Superiore DOCG unter Beifügung der Unterzone und / oder der Bezeichnung Riserva“, müssen folgende Eigenschaften aufweisen:
- Farbe: rubinrot, mit einer Tendenz zu granatrot
- Geruch: charakteristisch, anhaltend und angenehm
- Geschmack: trocken und leicht tanninhaltig, samtig, harmonisch und charakteristisch
- Alkoholgehalt: mindestens 12,0 Vol.-%
- Säuregehalt (seit 2017): mindestens 4,00 g/l (zuvor mindestens 4,5 g/l)
- Trockenextrakt: mindestens 23,0 g/l
Literatur
- Steffen Maus: Italiens Weinwelten – Wein, Vino, Wine. Gebrüder Kornmayer, Dreieich 2013, ISBN 978-3-942051-18-7.
- Burton Anderson: Italiens Weine 2004/05. Hallwag, Gräfe und Unzer, München 2004, ISBN 3-7742-6365-5.
- Jacques Orhon: Le nouveau guide des vins d’Italie. Les editions de l’homme, Montreal 2007, ISBN 978-2-7619-2437-5.
- Valeria Camaschella (Hrsg.): Lexikon der italienischen Weine – Sämtliche DOCG- & DOC-Weine. Hallwag, Gräfe und Unzer, München 2002, ISBN 3-7742-0756-9.
Einzelnachweise
- ↑ Disciplinare Di Produzione Dei Vini A Denominazione Di Origine Controllata E Garantita "Valtellina Superiore". (PDF) Ministero delle politiche agricole alimentari e forestali, abgerufen am 14. Oktober 2023 (italienisch).