Supernova
Vela-Supernova
Aufnahme des durch die Vela-Supernova entstandenen Pulsar (weiß, mittig) und des ihn umgebenden Nebels im Röngtenbereich mithilfe des Satellitenobservatoriums ROSAT.

Die darin scheinbar überlagerte, jüngere Supernova Puppis A zeichnet sich recht oben hellblau ab.

Sternbild Segel des Schiffs
Position
Äquinoktium: J2000.0
Rektaszension 08h 35m 20,66s
Deklination −45° 10 35,2
Weitere Daten
Helligkeit (visuell)

12 mag
Pulsar: 23,6 mag

Winkelausdehnung

8,3°

Entfernung

936 Lj

Masse des Vorgängersterns

8-10 Sonnenmassen

Alter

< 12.000 Jahre

Periodizität des Pulsars

89 ms + 3,9 µs/Jahr

Geschichte
Datum der Entdeckung

1835 (filamentartiger Nebel)

1960 (Supernovaüberrest)

1968 (Pulsar)

Katalogbezeichnungen
Remnant
Gum 16 • Vela XYZ • SNR 263.9-3.3
Pulsar
PSR 0833-45
AladinLite

Die Vela-Supernova ist eine Supernova, die sich etwa 290 Parsec entfernt im südlichen Sternbild Vela vor wahrscheinlich weniger als 12.000 Jahren ereignet hat. Bei der Supernova ist aus dem Vorgängerstern von 8-10 Sonnenmassen der Vela-Pulsar (katalogisiert auch als PSR J0835-4510) und aus dem dabei abgestoßenen Gas ein sich ausdehnender, wolkenartiger Supernovaüberrest, auch als Vela-Nebel bezeichnet, entstanden.

Der Supernovaüberrest hat eine Ausdehnung von 35 Parsec oder rund 100 Lichtjahre. Er überlappt sich scheinbar mit dem von Puppis A, welcher aber vierfach weiter entfernt ist. Tatsächlich ist die Vela-Supernova eine der Erde am nächsten gelegenen – nur die vielfach ältere Supernova, aus der der Geminga-Pulsar entstanden ist, liegt etwas näher und möglicherweise auch die 1998 entdeckte RX J0852.0-4622, die sich wie Puppis A mit dem Erscheinungsbild der Vela-Supernova überlappt.

Entdeckung und Erforschung

Supernovaüberrest

Im Sternbild Vela entdeckte und verzeichnete John Herschel bereits im Jahr 1835 einen filamentartige Nebel, den Bleistiftnebel. Mithilfe von moderneren Instrumenten, fotografisch, mit einer Schmidtkamera und Hα-Filter, fand man in diesem Bereich im Jahr 1955 dann eine Vielzahl weitere Filamente und katalogisierte diese zusammen als den großflächigen Nebel Stromlo 16 oder Gum 16. Im Jahr 1958 konnte Henry Rishbeth an dieser Stelle radioastronomisch drei athermische Quellen identifizieren, als Vela-X, Vela-Y und Vela-Z bezeichnet, denen Robert Woodrow Wilson und John Gatenby Bolton 1960 eine gemeinsamen Ursprung aus einem Supernovaüberrest zuordneten. Douglas K. Milne bestätigte im Jahr 1968 die Klassifikation durch weitere radioastronomische Untersuchungen und zusätzlich an zwei Filamente durch optische Spektroskopien.

In ersten röntgenastronomischen Beobachtungen, die nur außerhalb der Atmosphäre möglich sind, konnten Anfang der 1970er durch Höhenforschungsraketen mit einfachen Strahlungsdetektor aus Zählrohr und Kollimator eine großflächige Röntgenstrahlung aus dem Supernovaüberrest festgestellt werden und, dass es eine der stärksten Quellen für weiche Röntgenstrahlung am Himmel ist. Mit dem Anfang der 1990er Jahre gestarteten, abbildenden und wesentlich empfindlicheren Weltraum-Röntgenteleskop ROSAT gelang es dann, die Größe des Überrestes der Vela-Supernova erstmals ganz zu erfassen, die Kontour sichtbar zu machen und den Durchmesser mit 8,3° zu bestimmen.

Pulsar

Der Vela-Pulsar wurde von Astronomen der University of Sydney radioastronomisch mit dem Molonglo Cross Telescope im Jahr 1968 als erster direkter Beweis eines Neutronensterns als Resultat einer Supernova beobachtet. Dabei wurde auch erkannt, dass es ich um eine Typ II-Supernova gehandelt haben musste. Die Rotationsdauer des Pulsars beträgt 89 ms, ihre Zunahme 3,90 µs pro Jahr. Die durch die Abbremsung der Rotation abgegebene Leistung beträgt etwa 7·1029 Watt, im Vergleich zu 4·1026 Watt der Sonnenleuchtkraft. Das Spektrum des Pulsars entspricht dem eines thermischen schwarzen Strahlers mit einer Temperatur von 850.000 bis 1.000.000 Kelvin; er ist von einem Pulsarwind-Nebel umgeben und bildet einen Jet aus, wie Untersuchungen der Röntgenstrahlung mit dem Chandra-Weltraumteleskop zeigten. Der Jet hat eine helixförmige Struktur, die möglicherweise durch eine Präzession des Pulsars in einem Zeitraum von etwa 100 Tage hervorgerufen werden.

Das Pulsieren des Pulsars konnte optisch trotz der geringen scheinbaren Helligkeit in den 1970ern mithilfe des 3,9 Meter durchmessenden Anglo-Australian Telescope beobachtet werden, bei Gammaquantenenergien von 20 MeV bis 300 GeV mithilfe des im Jahr 2008 gestarteten Fermi Gamma-ray Space Telescope. Der Pulsar ist im Gammabereich eines der hellsten Objete des Sternenhimmels. Etwa zu dieser Zeit konnte mithilfe dem abbildenden Tscherenkow-Teleskopen H.E.S.S. – erstmals bei einem kosmischen Objekt – von der Vela-Supernova Gammaquanten sehr hoher Energie nachgewiesen werden, und dort einem als cocoon bezeichnetes Merkmal zugeordnet werden. Mit Nachfolgeuntersuchungen unter Verwendung des weiterentwickelnden H.E.S.S. II und dem Satelliten-Röngenobservatorium Suzaku konnte ermittelt werden, dass die Energien bis 100 TeV reichen.

Alter

Aus der Rotationsdauer des Pulsars und deren Zunahme wurde Ende der 1960er Jahre der Zeitpunkt der Supernova zurückgerechnet, und so ein Alter von etwa 10.000 Jahre, kurz darauf genauer von 11.400 Jahre bestimmt. In den 1970er Jahren wurde verschiedentlich nach Modellen der Nebelexpansion von Schklowski und Sedow unter Verwendung der Flächenhelligkeit des Nebels ein Alter von anfangs 30.000 - 50.000 Jahren berechnet, später 13.000-18.000 Jahren – aber auch das aus dem Pulsar ermittelte Alter mit Korrekturfaktoren versehen, die sich aus dem bekannten Alter des Krebsnebels ergeben, und so ein Alter von 5.000-8.000 Jahre ermittelt.

In der Folgezeit wurden die Methoden zur Altersbestimmung verfeinert und weitere entwickelt. Eine jüngere Übersicht stellt eine weitere Methode vor:

  • Anhand der Röntgenemission des Nebels kann ein plasma age durch Spektroskopie bestimmt werden, sofern die Supernova nicht mehr als etwa 10.000 Jahre zurückliegt. Für die Vela-Supernova ergeben sich hier 3.470 ± 190 Jahre.
  • Jüngere Modellrechnungen ergeben ein dynamic age von 9.500 ± 2.500 Jahre
  • Ein kinematic age errechnet die Zeit aus dem Strecke zwischen dem Nebelzentrum, an dem die Supernova stattgefunden haben muss, und der jetzigen Position des Pulsars, sowie der Eigenbewegung des Pulsars, also der Geschwindigkeit mit der diese Strecke zurückgelegt wurde. Für die Vela-Supernova ergeben sich damit eine Altersspanne von 19.000 ± 11.000 Jahre.

Entfernung und Größe

Im Jahr 1962 nahm Daniel E. Harris verschiedene Entfernungsabschätzung vor und ermittelte dabei anhand des Erscheinungsbilds eine Entfernung von 700 parsec sowie 460 parsec und 1040 parsec nach zwei Methoden von Iossif Samuilowitsch Schklowski, die auf Radiointensitäten beruhen. Milne folgte im Jahr 1968 den Überlegungen von Harris teilweise und ermittelte Entfernungen von 375, 500 und 540 Parsec. Allerdings zeigte sich in der Folgezeit, dass diese Entfernungen zu unplausiblen Resultaten bei der Altersbestimmung, bei der Pulsarbewegung und bei der Gesamtenergie des Supernovaüberrest führten: Entfernungen von 250 oder 290 Parsec wären hier passender. Mehrere Entfernungsmessungen um das Jahr 2000 ergaben dann, dass die zuvor angenommene Entfernung von etwa 500 Parsec tatsächlich zu hoch war – genaue Messungen gelangen durch die Bezugnahme auf den Pulsar:

  • Spektroskopische Untersuchungen ergaben im Jahr 1999 einen Wert von 250 ±30 Parsec.
  • Parallaxenmessung des Pulsars mit dem Hubble-Weltraumteleskop ergaben im Jahr 2001 einen Wert von 294 +76/−50 Parsec.
  • Radioastronomische Parallaxenmessung des Pulsars mit dem VLBI ergaben im Jahr 2003 einen Wert von 287 +19/−17 Parsec.

Masse

Eine erste Abschätzung der Masse erfolgte durch Milne im Jahr 1968, er ermittelte als Massenobergrenze für zwei Filamente jeweils 1 Sonnenmasse, und daraus insgesamt eine Massenobergrenze von 30 Sonnenmassen. Eine weitere Massenabschätzung fand 2013 statt und ergab 20 Sonnenmassen. Eine Massenabschätzung aus dem Jahr 2022 ergab 8-10 Sonnenmassen.

Für den Pulsar konnte aus als glitches bezeichneten, gelegentlichen Sprüngen in seiner Rotationsfrequenz eine Massenobergrenze von 1,5 Sonnenmassen und ein Erwartungswert von 1,3 Sonnenmassen errechnet werden.

Beobachtbarkeit

Die südliche Himmelsregion der Vela-Supernova ist von Deutschland aus nicht beobachtbar. Ausgezeichnete amateurastronomische Aufnahmen des Supernovaüberrest gelingen mit einem Astrograph oder einem üblichen Teleobjektiv unter Verwendung von OIII und -Filter, CCD-Bildaufnehmern und langen Belichtungszeiten von 12 bis 38 Stunden beispielsweise aus Australien oder Namibia. Der hellste Teil des Supernovaüberrestes, der Bleistiftnebel, kann zum Beispiel mit einem Amateur-Refraktor mit 80 mm Objektiv, Brennweite 500 mm, fotografiert werden (Belichtungszeit 9 Stunden), falls wenig Störlicht den Nachthimmel beeinträchtigt.

Rezeption

Historische Beobachtungen und Einflüsse

In sumerischen Schriften gibt es Passagen, die mit Beobachtung der Vela-Supernova in Zusammenhang gebracht wurden; dies berichtet die Tageszeitung New York Times im Jahr 1978 – jedoch ist angesichts des Alters des verbliebenen Pulsares PSR J0835-4510 von 11.000 bis 12.000 Jahren ein Bezug auf die jüngere Supernova Puppis A vor 3700 Jahren in der gleichen Himmelsregion wahrscheinlicher.

Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel konstatiert im Jahr 1993, die Supernova sei zu Zeiten der Cro-Magnon-Menschen aufgetreten. Überlieferungen sind daher ausgeschlossen.

Die Supernova hatte bei einer Entfernung von 900 Lichtjahren keinen weiteren physikalischen Einfluss auf die Erde – als Gefahrengrenze gelten etwa 50 Parsec (163 Lichtjahre) Entfernung.

Neuzeitlich

Die Röntgenaufnahme des Supernovaüberrests wurde im Jahr 1999 als Motiv eines Postwertzeichens der Bundesrepublik Deutschland genutzt.

Einzelnachweise

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